Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
MEG 1950 §13 Abs2 Z2;Betreff
A gegen Tiroler Landesregierung vom 5. Juli 1989, Zl. IIb2-V-7061/7-1989, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 3. August 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 11. November 1987 um 14.19 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf der näher bezeichneten Autobahn gelenkt. Auf einer hinsichtlich des Beginnes und des Endes durch die Anführung der betreffenden Straßenkilometer bezeichneten Strecke habe er die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h um mindestens 70 km/h überschritten. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 20 Abs. 2 StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs. 2 lit. c StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die Bestrafung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO erfolge und die Geldstrafe auf S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) herabgesetzt werde.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Berufungswerber sei beizupflichten, daß genaue Angaben über die tatsächlich von einem Fahrzeug eingehaltene Geschwindigkeit nur dann gemacht werden könnten, wenn es gelinge, diesem Fahrzeug in einem gleichbleibenden Abstand über eine längere Strecke nachzufahren. Gelinge dies nicht, sondern vergrößere sich, wie im verfahrensgegenständlichen Fall, der Abstand, so könnten keine exakten Angaben über die tatsächliche Geschwindigkeit des Fahrzeuges, dessen Geschwindigkeit es zu bestimmen gelte, gemacht werden. Wenn das nachfahrende Dienstfahrzeug jedoch konstant eine Geschwindigkeit von 200 km/h oder darüber einhalte und sich der Abstand zum Fahrzeug dennoch vergrößere, so könne daraus nur der Schluß gezogen werden, daß sich das Fahrzeug, dessen Geschwindigkeit es zu messen gelte, ebenfalls mit einer Geschwindigkeit von mindestens 200 km/h bewege. Sowohl der als Zeuge einvernommene Meldungsleger, als auch der ebenfalls als Zeuge einvernommene zweite Gendarmeriebeamte hätten übereinstimmend zu Protokoll gegeben, daß sie mit dem Zivilstreifenfahrzeug auf einer Strecke von 1,5 km mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h hinter dem Fahrzeug des Beschwerdeführers gefahren seien. Trotz dieser hohen Geschwindigkeit habe sich der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zusehends vergrößert. Die Fahrgeschwindigkeit des Zivilstreifenfahrzeuges sei sowohl von der geeichten Traffipaxanlage als auch vom Tacho abgelesen worden. Sowohl der Meldungsleger als auch der zweite Gendarmeriebeamte versähen schon seit Jahren bei der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos Dienst. Auf Grund ihrer Erfahrung sei ihnen durchaus zuzumuten, aus der mit Hilfe des Tachometers und der Traffipaxanlage ermittelten Geschwindigkeit des Streifenkraftwagens in Verbindung mit der Tatsache, daß sich der Abstand zwischen dem Streifenkraftwagen und dem Fahrzeug des Beschwerdeführers noch vergrößert habe, die Schlußfolgerung zu ziehen, daß der Beschwerdeführer die Höchstgeschwindigkeit um mindestens 70 km/h überschritten habe. Wie der Meldungsleger in der Anzeige festgehalten habe, zeige die Digitalanzeige der Traffipaxanlage bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h die Geschwindigkeit nicht mehr an. Wenn er anläßlich seiner Zeugeneinvernahme angebe, er habe die Geschwindigkeit des Dienstfahrzeuges sowohl vom Tacho als auch von der Traffipaxanlage abgelesen, so sei darin kein Widerspruch zu entdecken, zumal der Aktenlage zu entnehmen sei, daß die Exekutivorgane dem Fahrzeug des Beschwerdeführers mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h gefolgt seien und somit die Geschwindigkeit auf der Traffipaxanlage noch eingeblendet gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, daß die Traffipaxanlage nicht ordnungsgemäß bedient worden wäre, lägen nicht vor.
Bei der Strafbemessung sei auch berücksichtigt worden, daß der Beschwerdeführer bereits wiederholt einschlägig habe bestraft werden müssen. Strafmilderungsgründe seien dem Akt nicht zu entnehmen. Als Schuldform sei bedingter Vorsatz anzunehmen gewesen, da bei einer Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit in diesem Ausmaß fahrlässiges Handeln nicht mehr glaubhaft zu machen sei. Unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungsgründe erscheine die verhängte Geldstrafe auch unter Bedachtnahme auf zumindest durchschnittliche Einkommensverhältnisse dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden angemessen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt (§ 43 Abs. 2) oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt (§ 43 Abs. 4) darf der Lenker eines
Fahrzeuges gemäß § 20 Abs. 2 StVO ... auf Autobahnen nicht
schneller als 130 km/h fahren.
Zum Tatbild einer Verwaltungsübertretung nach dieser Gesetzesbestimmung gehört somit lediglich der Umstand der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ohne Rücksicht auf das Ausmaß einer Überschreitung (siehe u.a. die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1985, Zl. 85/02/0172, und vom 29. März 1989, Zl. 88/03/0119). Sofern der Beschwerdeführer eine genaue Feststellung der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit verlangt, geht er somit am Tatbild einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO vorbei.
Die belangte Behörde hatte keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer selbst davon ausgehen würde, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h eingehalten zu haben. In der Gendarmerieanzeige vom November 1987 war als Rechtfertigung des Beschwerdeführers festgehalten worden, daß er nur mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h gefahren sei und daß es nicht den Tatsachen entspreche, wenn ihm eine Geschwindigkeit von 200 km/h angelastet werde. Weiters hatte der Beschwerdeführer in der Rechtfertigung vom 28. April 1988 festgehalten, daß es unmöglich sei, daß der Lenker mit 200 km/h gefahren sein sollte.
Auch die Ausführungen in der vorliegenden Beschwerde stellt der Beschwerdeführer auf eine Geschwindigkeit von 200 km/h ab, erstattet in diesem Zusammenhang aber nicht etwa ein Vorbringen dahin, daß und weshalb die belangte Behörde bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes zumindest als möglich zugestehen hätte müssen, er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h eingehalten, vielmehr beschränkt er sich in der vorliegenden Beschwerde im gegebenen Zusammenhang auf den Hinweis, es sei allgemein bekannt "daß Fehlanzeigen gerade im oberen Geschwindigkeitsbereich in nicht unerheblichem Maß auftreten können", und auf den weiteren Hinweis, daß die Traffipaxanlage über 200 km/h ausblende. Mit diesen Hinweisen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des über ihn im Verwaltungsrechtszug gefällten Schuldspruches, soweit er nach dem Tatbild des § 20 Abs. 2 StVO rechtserheblich ist, nämlich, daß er die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h überschritten habe, darzutun.
Wenn die belangte Behörde von einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in einem hohen Ausmaß ausging, vermag der Verwaltungsgerichtshof darin weiters auch insofern - im Hinblick auf den dargelegten normativen Gehalt des Tatbildes einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO, in Ansehung dessen es im gegebenen Zusammenhang einer "Bestimmung der Geschwindigkeit" im Sinne des § 13 Abs. 2 Z. 2 des Maß- und Eichgesetzes nicht bedurfte - keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen, als keine Feststellung darüber erforderlich war, ob die von den Gendarmeriebeamten im Zivilstreifenwagen verwendeten Geschwindigkeitsmeßgeräte geeicht waren (siehe hiezu u.a. die bereits vorstehend zitierten hg. Erkenntnisse Zlen. 85/02/0172 und 88/03/0119; siehe ferner das hg. Erkenntnis vom 28. März 1990, Zl. 89/03/0261). Es ist auch nicht zu erkennen, daß für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, nämlich die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, im gegebenen Zusammenhang nähere Feststellungen über den Abstand zwischen dem Zivilstreifenwagen und dem PKW des Beschwerdeführers erforderlich gewesen wären.
In der Art der Zeugeneinvernahme des zweiten Gendarmeriebeamten vermag der Verwaltungsgerichtshof keinen wesentlichen Verfahrensmangel zu erkennen, zumal der Beschwerdeführer in seiner vorliegenden Beschwerde nicht darlegt, welche entlastende Tatsache bei einer anderen Art der Einvernahme hätte unter Beweis gestellt werden können.
Die verhängte Strafe wurde von der belangten Behörde auf S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) herabgesetzt. Ein Verstoß gegen das Verbot einer reformatio in peius liegt im Hinblick auf die Herabsetzung der Strafe nicht vor. Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie als Schuldform bedingten Vorsatz als erwiesen annahm und wenn sie weiters von einer wiederholten einschlägigen Bestrafung ausging. Wenn der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde meint, daß diese Feststellung der wiederholten einschlägigen Bestrafung "im Verwaltungsverfahren keinen Ursprung" habe und "daher nicht vorgeworfen werden" könne, liegt darin kein Vorbringen, daß die wiederholte einschlägige Bestrafung tatsachenwidrig festgestellt worden wäre. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde der Strafbemessung die aus der Aktenlage ersichtlichen Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretungen nach § 20 Abs. 2 StVO und nach § 52 Z. 10a StVO (insgesamt vier Fälle) nicht zugrunde legen hätte dürfen. Angesichts der von der belangten Behörde im vorliegenden Fall festgestellten Strafbemessungsgründe vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Festsetzung der Geldstrafe mit S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) innerhalb des Strafrahmens bis zu S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen) nach § 99 Abs. 3, Einleitung, StVO keine von ihm wahrzunehmende Rechtswidrigkeit zu erkennen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Feststellen der GeschwindigkeitÜberschreiten der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030235.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
02.07.2014