TE Vwgh Beschluss 1990/6/28 AW 90/04/0054

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Veröffentlicht am 28.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §77 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1) der N und 2) der O, der gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. April 1990, Zl. 312.683/1-III-3/90, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: S), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde der mitbeteiligten Partei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. April 1990 die gewerbebehördliche Genehmigung für eine gastgewerbliche Betriebsanlage (Espresso) im Standort T, X-Straße, gemäß § 77 GewO 1973 erteilt. Zur Begründung wurde - neben einer Erörterung der Bestimmung des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 in Ansehung der Belange der Flächenwidmung - in meritorischer Hinsicht u.a. ausgeführt, die Beschwerdeführerinnen hätten in der mündlichen Augenscheinsverhandlung der Behörde erster Instanz vom 26. Juli 1989 Einwendungen wegen unzumutbarer Lärmbelästigungen durch den Betrieb der Anlage einschließlich des Parkplatzes (auch im Zusammenhang mit anderen Betriebsanlagen) und unzumutbarer Geruchsbelästigung durch Kfz-Abgase erhoben, was bedeute, daß sie mit jedem darüber hinausgehenden Vorbringen gemäß § 42 Abs. 1 AVG 1950 als präkludiert anzusehen seien. Dies betreffe eine behauptete mögliche Grundwasserverseuchung durch Abwässer sowie einen befürchteten Einsturz einer Stahlkonstruktion und eine daraus möglicherweise resultierende Gefährdung von Nachbarn. Dazu sei anzumerken, daß die Errichtung einer Stahlkonstruktion (offenbar im Freien) in dem vorliegenden Projekt nicht vorgesehen sei und die Beschwerdeführerinnen als Nachbarn dadurch auch nicht gefährdet werden könnten. Laut der ebenfalls zum Spruch gehörigen und daher in Rechtskraft erwachsenen Betriebsbeschreibung seien die Abwässer in den städtischen Kanal einzuleiten. Es sei daher auch nicht erkennbar, worin eine allenfalls von Amts wegen zu berücksichtigende Möglichkeit einer Grundwassergefährdung durch den gegenständlichen Betrieb bestehen könnte. Das weitere Vorbringen ("bisherige Vorkommnisse") betreffe entweder andere Betriebsanlagen oder einen nicht im gegenständlichen Projekt vorgesehenen Ausschank im Freien. Zum Vorbringen, daß die gegenständliche Betriebsanlage ihrer Ausstattung nach nicht einem "Espresso", sondern einer "Diskothek" entspreche, sei auszuführen, daß aus dem dem Genehmigungsbescheid der Behörde erster Instanz zugrundeliegenden Grundrißplan zu entnehmen sei, daß in der Anlage keine Tanzfläche vorgesehen sei, was nach allgemeiner Verkehrsauffassung ein wesentliches Element einer Diskothek wäre. Darüber hinaus sei nach der mit dem Genehmigungsvermerk der Behörde erster Instanz versehenen Betriebsbeschreibung die Lautsprecheranlage mit einem Pegelbegrenzer, der den Innenpegel auf maximal 80 dB (plombiert) begrenze, ausgestattet, sodaß Schallpegel, wie sie für den Betrieb einer Diskothek erforderlich seien, gar nicht erreicht werden könnten. Dadurch seien auch die bei einer Diskothek eventuelle auftretenden höheren Lärmimmissionen bei den Nachbarn nicht möglich. Die Berufungsausführungen seien daher insgesamt nicht geeignet, die Behörde zu einer anders lautenden Entscheidung, als sie von den Behörden erster und zweiter Instanz getroffen worden seien, zu veranlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 90/04/0175 protokollierte Beschwerde, deren Beschwerdepunkte wie folgt bezeichnet werden:

"1. Geltend gemacht wird, daß bei Erlassung dieses Bescheides Verfahrensvorschriften

-

a) nämlich die Einbeziehung der Flächenwidmung in die Beurteilung der Ortsüblichkeit von Lärmbelästigungen und

-

b) die Einholung eines in sich schlüssigen und widerspruchsfreien, objektiven Sachverständigengutachtens als Grundlage für die verläßliche Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine Gesundheitsgefährdung oder eine unzumutbare Lärmbelästigung der Nachbarn einer Betriebsanlage gegeben ist, unterlassen wurde, bei dessen Vorliegen die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen.

2. Weiters ist der obgenannte Bescheid unzureichend begründet und geht von falschen Voraussetzungen aus."

Mit dieser Beschwerde ist der Antrag verbunden, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da dieser keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstünden und nach Abwägung aller berührten Interessen für die Beschwerdeführerinnen ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Über das Vermögen des Betreibers der Betriebsanlage sei in der Zwischenzeit zu GZ. 5 S n1 des Landesgerichtes Klagenfurt am 28. März 1990 der Konkurs eröffnet worden. Da die Aufrechterhaltung des Betriebes aus finanziellen Gründen ohnehin nicht möglich sei, werde das Interesse der Beschwerdeführerinnen an der Vermeidung von Immissionen und der damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen höher zu bewerten sein, als jenes des Betreibers der Betriebsanlage. Die aufschiebende Wirkung wäre für die Beschwerdeführerinnen ein weiteres Hilfsargument im Kampf gegen die ständigen (und aktenkundigen) Übertretungen des Bewilligungswerbers, die im Falle der Versagung neuen Auftrieb bekommen könnten.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst davon auszugehen, daß mit der Ausübung der mit Bescheid gemäß § 77 GewO 1973 eingeräumten Berechtigung durch die mitbeteiligte Partei für die Beschwerdeführerinnen ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht verbunden ist, wobei im übrigen darauf hinzuweisen ist, daß die Beschwerdeführerinnen laut ihrem Antragsvorbringen selbst davon ausgehen, daß eine Aufrechterhaltung des Betriebes "aus finanziellen Gründen ohnehin nicht möglich ist", und daß dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre "ein weiteres Hilfargument im Kampf gegen die ständigen (und aktenkundigen) Übertretungen des Bewilligungswerbers" im Hinblick auf die dargestellten Tatbestandsvoraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG keine Entscheidungsrelevanz zukommt.

Dem Aufschiebungsantrag war somit schon auf Grund dieser Erwägungen nicht stattzugeben (vgl. hiezu u.a. auch den hg. Beschluß vom 14. März 1990, Zl. AW 90/04/0015).

Schlagworte

Unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:AW1990040054.A00

Im RIS seit

28.06.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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