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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §56;Betreff
N gegen Disziplinarkommission beim Bundesministerium für A vom 18. Dezember 1989, Zl. DK 64/5/89, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehende Beschwerdeführerin bekämpft mit ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde den als Bescheid zu wertenden Beschluß der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für A vom 18. Dezember 1989, mit dem die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin die Einleitung eines Disziplinarverfahrens verfügt hat.
Über die am 7. Februar 1990 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde wurde mit Verfügung vom 21. Februar 1990 das Vorverfahren eingeleitet.
Mit Bescheid vom 23. April 1990, Zl. DK 64/2-1990, beschloß die belangte Behörde, das (mit dem obigen Beschluß eingeleitete) Disziplinarverfahren gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 einzustellen. Dieser Bescheid ist laut der vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Auskunft der belangten Behörde vom 17. Mai 1990 (mangels Erhebung einer Berufung durch den Disziplinaranwalt) in Rechtskraft erwachsen.
Mit Verfügung vom 22. Mai 1990 forderte der Verwaltungsgerichtshof unter Bekanntgabe der Ermittlungsergebnisse die Beschwerdeführerin auf, sich zu einer allfälligen Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu äußern, weil auf Grund des in der Zwischenzeit ergangenen Einstellungsbescheides vom 23. April 1990, der das mit dem bekämpften Bescheid vom 18. Dezember 1989 eingeleitete Disziplinarverfahren abgeschlossen habe, das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin weggefallen sein könnte.
In ihren dazu abgegebenen Äußerungen ließ die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde aufrecht und stellte den Antrag, darüber inhaltlich zu entscheiden. Sie brachte im wesentlichen vor, als Folge der (ihrer Auffassung nach) gesetzwidrigen Einleitung des Disziplinarverfahrens habe sie dadurch einen konkreten Nachteil erlitten, weil ihre Beförderung in die Dienstklasse VIII, zu der sie richtlinienmäßig am 1. Jänner 1990 herangestanden wäre, allein wegen des Disziplinarverfahrens nicht vorgenommen worden sei. Zwar könne dieser Nachteil selbstverständlich nicht durch eine Aufhebung des bekämpften Einleitungsbeschlusses bei Stattgebung ihrer Beschwerde ausgeglichen werden. Ihre Situation stelle sich jedoch in Zukunft grundsätzlich anders dar, wenn im Rahmen, sei es einer Beförderung, sei es einer jener begünstigenden Maßnahmen, wie sie in Gehaltsgesetznovellen immer wieder vorgesehen würden, davon auszugehen sein werde, daß schon die Verfahrenseinleitung nicht hätte stattfinden dürfen. Da die Einstellung des Disziplinarverfahrens in sehr unbestimmter Weise mit Verjährung begründet worden sei, müsse sie nicht nur damit rechnen, daß die (unrichtige) Auffassung vertreten werde, es sei ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung für eine Verfahrenseinleitung zumindest vorübergehend gegeben gewesen, sondern auch, daß sie sich tatsächlich schuldig gemacht habe, jedoch nur wegen Verjährung nicht mehr verfolgbar gewesen wäre. Weiters sei zu berücksichtigen, daß die Einleitung des Disziplinarverfahrens als willkürliche Maßnahme zu werten sei, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen ergäbe. Da der Verfassungsgerichtshof infolge der nunmehrigen Fassung des Art. 144 Abs. 2 B-VG im Regelfall auch bei willkürlichen Verwaltungsakten keine meritorische Entscheidung mehr treffe, sondern erfahrungsgemäß in vergleichbaren Fällen die Behandlung der Beschwerde ablehne und diese an den Verwaltungsgerichtshof abtrete, sei der Rechtsuchende umsomehr auf die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes angewiesen. Dazu komme noch, daß für eine Reihe von im Ermessen der Dienstbehörde stehenden Personalmaßnahmen (wie z.B. bei Beförderung, Zuweisung von Posten und Verwendungen) das dienstliche Wohlverhalten einen entscheidenden Faktor darstelle.
Dazu hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner ständigen Rechtsprechung fest (vgl. den Beschluß vom 19. Jänner 1989, Zl. 88/09/0146 und die dort angeführte Judikatur), wonach nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung führt, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich im Zuge eines derartigen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, daß eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, auch eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes keine (weitere) Veränderung bewirken würde und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen damit nicht mehr fallbezogene, sondern nur noch theoretische Bedeutung besitzen, dann führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
So verhält es sich aber entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Meinung im vorliegenden Fall. Mit Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbescheides der belangten Behörde vom 23. April 1990 ist das mit dem bekämpften Bescheid eingeleitete Disziplinarverfahren gegenüber der Beschwerdeführerin endgültig abgeschlossen worden; es endete damit die mit dem von ihr bekämpften Einleitungsbescheid notwendig verbundene Rechtsfolge, nämlich die Anhängigkeit eines Disziplinarverfahrens. Eine ausdrückliche Aufhebung des Einleitungsbescheides ist im Fall der Beendigung des Disziplinarverfahrens durch Einstellung, Frei- oder Schuldspruch weder im Gesetz vorgesehen noch notwendig. Die mit dem Einleitungsbeschluß notwendig verbundene Folge der Anhängigkeit eines Disziplinarverfahrens ist mit dem (rechtskräftigen) Abschluß eines Disziplinarverfahrens beendet.
Mehr könnte im Beschwerdefall auch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht bewirken. Sie hätte nur dann nicht bloß theoretische Bedeutung, wenn durch sie allenfalls noch über die eingetretene Beendigung der Anhängigkeit eines Disziplinarverfahrens hinauswirkende Beeinträchtigungen subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführerin behoben würden. Solche Beeinträchtigungen sind nach der gegebenen Aktenlage für den Verwaltungsgerichtshof aber nicht erkennbar. Sie ergeben sich auch nicht aus den von der Beschwerdeführerin erstatteten Äußerungen: Abgesehen davon, daß auf eine Beförderung kein Rechtsanspruch besteht, könnte - wie die Beschwerdeführerin selbst zugesteht - selbst die Aufhebung des Einleitungsbeschlusses durch den Verwaltungsgerichtshof nicht die (angeblich aus diesem Grund) unterlassene Beförderung herbeiführen. Im Fall der von der Behörde bescheidförmig verfügten Einstellung besteht auch kein Recht der Beschwerdeführerin auf Einstellung aus einem anderen als dem von der Behörde herangezogenen Grund: Weder sind nach dem BDG 1979 noch nach einer anderen Rechtsvorschrift unterschiedliche nachfolgende Rechtswirkungen an die verschiedenen Einstellungsgründe geknüpft noch dürfen solche - wie sich aus einem Größenschluß aus § 121 BDG 1979 (keine nachteiligen Folgewirkungen einer Disziplinarstrafe über das BDG hinaus) - gezogen werden (so schon KUCSKO/STADLMAYER, Das Disziplinarrecht der Beamten, Seite 540). Auf allfällige künftige gesetzliche Regelungen, die Abweichendes vorsehen, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht Bedacht zu nehmen. Mögliche Auswirkungen im Faktischen vermögen gleichfalls eine Beeinträchtigung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht zu begründen.
Konkrete nachteilige Folgen, die als Folge des bekämpften Einleitungsbeschlusses über die rechtskräftige Einstellung des Disziplinarverfahrens hinauswirken würden und durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes beseitigt werden könnten, sind weder aktenkundig noch hat sie die Beschwerdeführerin vorgebracht.
Damit war das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen. Da das Gesetz für einen solchen Fall den Zuspruch von Aufwandersatz nicht vorsieht, war der darauf gerichtete Antrag der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die allgemeinen Bestimmungen des § 58 VwGG abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990090027.X00Im RIS seit
16.11.2000