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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AZG;Betreff
G gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 12. Februar 1990, Zl. 5-212 Ga 38/4-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau (BH) vom 11. Oktober 1989 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es am 13. und 14. Juni 1988 als Arbeitgeber des Lenkers und Arbeitnehmers W unterlassen, dafür zu sorgen, daß die maximal zulässige Einsatzzeit zwischen zwei Ruhezeiten des genannten Arbeitnehmers von 14 Stunden nicht überschritten werde, da diese tatsächlich 24 Stunden betragen habe (vom 13. Juni 1988, 11.00 Uhr bis 14. Juni 1988, 11.00 Uhr). Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs. 3 des Arbeitszeitgesetzes, BGBl. Nr. 461/1969, (AZG) begangen. Es wurde deshalb über ihn gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzarrest in der Dauer von 16 Tagen) verhängt.
2. Mit Bescheid vom 12. Februar 1990 gab der Landeshauptmann von Steiermark (die belangte Behörde) der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung vom 30. Oktober 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 teilweise Folge und änderte das Straferkenntnis dahingehend ab, daß über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.500,-- (Ersatzarrest in der Dauer von vier Tagen) verhängt und der vom Beschwerdeführer zu leistende Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit S 350,-- bestimmt wurde.
Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für die Erledigung der Beschwerde von Belang - zusammengefaßt folgendes aus: Der Beschwerdeführer habe das Vorliegen des inkriminierten Sachverhaltes nicht bestritten, sondern lediglich sein Verschulden in Abrede gestellt. Da es sich bei der gegenständlichen Überschreitung der zulässigen Einsatzzeit durch den Lenker W um ein dem Beschwerdeführer als Arbeitgeber vorzuwerfendes Ungehorsamsdelikt handle, und über das Verschulden im Arbeitszeitgesetz nicht anderes bestimmt sei, sei vom fahrlässigen Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen, da es diesem außerdem nicht gelungen sei, das Fehlen seines Verschuldens glaubhaft zu machen. Dazu hätte er initiativ alles das darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spreche. Der Beschwerdeführer habe hingegen lediglich vorgebracht, den genannten Fahrer so eingeteilt zu haben, daß die zulässige Einsatzzeit nicht überschritten werde, wobei er als Beweismittel die Ablichtung einer handschriftlichen Kalenderaufzeichnung vorgelegt habe. Der Beschwerdeführer hätte zu seiner Entlastung vielmehr das Bestehen und Funktionieren eines in seinem Betrieb eingerichteten Kontroll- und Maßnahmensystems darzulegen und glaubhaft zu machen gehabt, welches er zur Vermeidung von Übertretungen des Arbeitszeitzeitgesetzes allenfalls eingerichtet habe. Das Vorliegen eines derartigen Systems habe der Beschwerdeführer jedoch nicht einmal behauptet.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, wobei der Sache nach Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (unvollständige Ermittlung des Sachverhaltes, Verletzung des Parteiengehörs) behauptet und der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde eine Verletzung des Parteiengehörs vor; weder die Erstinstanz noch die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt gehört.
1.2. Dieses Vorbringen ist aktenwidrig. Der Beschwerdeführer wurde von der Erstinstanz mit Ladungsbescheiden vom 28. November 1988, 16. Dezember 1988 und 17. Juli 1989 jeweils unter Vorhalt des ihm zur Last gelegten strafbaren Verhaltens sowie unter ausdrücklichem Hinweis auf die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens zur Vernehmung als Beschuldigter am 12. Dezember 1988 bzw. am 12. Jänner 1989 bzw. am 11. August 1989 geladen. Der Beschwerdeführer hat nach Ausweis der vorgelegten Akten bis zur Erlassung des Ladungsbescheides vom 17. Juli 1989 keine Stellungnahme abgegeben und letztlich diesem Ladungsbescheid keine Folge geleistet. Diese mangelnde Bereitschaft, an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, kann der Behörde nicht mit Erfolg als Nichtgewährung des Parteiengehörs zum Vorwurf gemacht werden. Im übrigen hat der Beschwerdeführer vor der Behörde erster Instanz am 30. Oktober 1989 gegen das Straferkenntnis vom 11. Oktober 1989 mündlich Berufung erhoben und hiebei die ihm zweckdienlich erscheinenden Einwände vorgebracht. Daß der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde des weiteren behauptet - niemals die Möglichkeit gehabt habe, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spreche, trifft somit nicht zu.
Wenn der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde den Versuch unternimmt, i.S. des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der (von der Strafbehörde als verletzt erachteten) Verwaltungsvorschrift (§ 16 Abs. 3 AZG) ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei, so ist dieses Vorbringen schon im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) zum Scheitern verurteilt. Abgesehen davon wären die diesbezüglichen Ausführungen - im wesentlichen das Vorbringen, daß und weshalb es dem Beschwerdeführer unzumutbar sei, den Lenker "ständig" zu überwachen - in keiner Weise geeignet gewesen darzulegen, daß der Beschwerdeführer seiner gesetzlichen Verpflichtung, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem betreffend die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften einzurichten, und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen (dazu eingehend das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1987, Zlen. 86/08/0172, 0173), nachgekommen sei.
2. Auch der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe geirrt, wenn sie davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer habe den inkriminierten Sachverhalt zugegeben, steht mit der Aktenlage nicht in Einklang. Insoweit sei auf die von der BH niederschriftlich festgehaltene Begründung der mündlich erhobenen Berufung des Beschwerdeführers vom 30. Oktober 1989 verwiesen, in der es u.a. heißt: "Ich habe keine Erklärung dafür, warum durch Herrn W die Einsatzzeit trotzdem überschritten wurde und fühle ich mich keiner Verwaltungsübertretung schuldig." Die Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid (S. 2), daß der Beschwerdeführer "das Vorliegen des inkriminierten Sachverhaltes nicht bestritten, sondern lediglich sein Verschulden in Abrede gestellt hat", kann demnach nicht als irrig angesehen werden.
3. Die schließlich in der Beschwerde vertretene Ansicht, es wäre "wohl auch zweckmäßig gewesen, W als denjenigen einzuvernehmen, der letzten Endes den inkriminierten Sachverhalt verwirklicht hat, wofür allerdings nach den Bestimmungen des AZG nunmehr der Beschwerdeführer verantwortlich gemacht wird", ist - sollte sie als Beweisantrag zu verstehen sein - deshalb nicht zielführend, weil, abgesehen vom erstmaligen Vorbringen in der Beschwerde, mit diesem Antrag nicht zum Ausdruck gebracht worden wäre, zu welchem Thema dieser Beweis hätte erhoben werden sollen. Für den Fall aber, daß der Beschwerdeführer damit geltend machen wollte, daß der genannte Lenker als derjenige anzusehen sei, dem der inkriminierte Sachverhalt als Übertretung anzulasten sei, so hätte die Beschwerde damit die Rechtslage verkannt:
Normadressat der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes ist nämlich immer nur der Arbeitgeber (Bevollmächtigte) und nicht der Arbeitnehmer, der bei seiner beruflichen Tätigkeit für den Arbeitgeber Arbeitszeitvorschriften verletzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1988, Zl. 88/08/0123, mit weiteren Judikaturhinweisen).
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
6. Im Hinblick darauf, daß bereits in der Hauptsache entschieden worden ist, erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190227.X00Im RIS seit
02.07.1990Zuletzt aktualisiert am
23.07.2012