TE Vwgh Erkenntnis 1990/7/3 88/08/0248

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Veröffentlicht am 03.07.1990
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

BPVG 1971 §3 Abs1;
BPVG 1971 §3 Abs2;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §2 Abs2;
BSVG §2 Abs3;
BSVG §2a idF 1979/532;
BSVG §2a idF 1980/587;
BSVG §2a idF 1981/284;
BSVG §2a;
BSVG §5 Abs3;
BSVG §5 Abs4;

Betreff

N gegen Bundesminister für Arbeit und Soziales vom 1. Juli 1988, Zl. 1.121.316/2-7/88, betreffend Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung nach dem B-PVG und dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern )

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde unter anderem fest, daß der Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 des Bauern-Pensionsversicherungsgesetzes - B-PVG in der Zeit vom 1. Juni 1978 bis 31. Dezember 1978 und gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes - BSVG ab 1. Jänner 1979 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliege. Nach der Bescheidbegründung seien der Beschwerdeführer und seine Ehegattin vom 23. Mai 1978 bis zu dem am 28. Juli 1986 erfolgten Tod der Ehegattin je zur Hälfte Eigentümer des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes in T5 mit einem S 33.000,-- übersteigenden Einheitswert gewesen. Ab 29. Juli 1986 sei der Beschwerdeführer Alleineigentümer des Betriebes. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei er in der BRD unselbständig erwerbstätig gewesen. Aus den vorgelegten Dokumenten gehe hervor, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers (im folgenden Ehegattin) die Verwaltung des gesamten Betriebes und auch die faktische Bewirtschaftung durchgeführt habe. Entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung sei schon seitens der Einspruchsbehörde nicht in Frage gestellt worden, daß die Ehegattin sämtliche Rechtsgeschäfte und Arbeiten für den land- und fortwirtschaftlichen Betrieb getätigt und bewerkstelligt habe, d.h. Ein- und Verkauf für den Betrieb, Bestellung der Felder, die Betreuung des Viehs, die Abwicklung des Kontakts mit Behörden und Genossenschaften usw. Auch die belangte Behörde schließe sich dieser Sachverhaltsfeststellung an. Unterschiedliche Auffassungen gebe es jedoch hinsichtlich der rechtlichen Würdigung dieses Sachverhaltes: In Übereinstimmung mit der Auffassung der Einspruchsbehörde gehe die belangte Behörde davon aus, daß der gegenständliche Betrieb in dem in Frage kommenden Zeitraum auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der Ehegatten geführt worden sei, dies aus folgenden Erwägungen: Die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachte Tatsache, daß er sich an den landwirtschaftlichen Arbeiten auf Grund seiner Beschäftigung in der BRD nicht habe beteiligen können, spreche nicht gegen seinen Anteil an der Betriebsführung, da für eine selbständige Erwerbstätigkeit persönliche Mitarbeit keineswegs erforderlich sei und gerade die Tatsache, daß der Unternehmer die notwendige Arbeit durch Bevollmächtigte, Familienangehörige oder Dienstnehmer verrichten lassen könne, ein wesentliches Merkmal der selbständigen Erwerbstätigkeit sei. Die sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebende Zurechnung der das Rechtsverhältnis nach außen gestaltenden Betriebsführung sei im gegenständlichen Fall weder durch ein obligatorisches noch durch ein dingliches Rechtsverhältnis abgeändert worden. Ein solches Verhältnis sei im übrigen seitens des Beschwerdeführers auch nicht behauptet worden. Aus seinem Vorbringen lasse sich auch nicht ableiten, daß zumindest durch konkludente Handlungen die gesamte Betriebsführung an seine Ehegattin übergegangen sei; ein solcher Übergang der Betriebsführung hätte den Ausschluß des Miteigentümers von der Bewirtschaftung mit sich ziehen und die alleinige Berechtigung und Verpflichtung der Ehegattin aus der Betriebsführung bewirken müssen. In diesem Zusammenhang sei vor allem zu prüfen, wem die Einkünfte aus dem Betrieb zugeflossen seien. Die Ermittlungen hätten ergeben, daß sowohl die Einkünfte aus der unselbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers als auch die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb auf ein gemeinsames Konto geflossen seien, über das beide Ehegatten verfügungsberechtigt gewesen seien. Weiters sei zu klären, wer für die Verbindlichkeiten des Betriebes gehaftet habe. Auch in diesem Zusammenhang spreche die Tatsache, daß z.B. der Pachtschilling für die zugepachteten Flächen vom gemeinsamen Konto bezahlt worden sei, für die gemeinsame Betriebsführung. Die Einnahmen aus dem Verkauf an Milch seien dem gemeinsamen Konto zugeflossen, ebenso die Bundesmineralölsteuerrückvergütung. Einkäufe, wie z.B. jene bei der Lagerhausgenossenschaft Z, seien ebenfalls vom gemeinsamen Konto bezahlt worden. Zusammenfassend sei daher - unabhängig davon, ob die Rechnungen und sonstigen Belege auf den Namen des Beschwerdeführers, seiner Ehegattin oder auf beide Namen ausgestellt worden seien - festzustellen, daß die Ehegattin die Arbeiten im Betrieb erledigt und auf Grund einer internen Vereinbarung zwischen den Miteigentümern die Verwaltung des Betriebes innegehabt habe. Diese Tatsache bewirke jedoch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, daß damit das Recht auf die Betriebsführung des Miteigentümers an seine Ehegattin übergegangen wäre. Die Beurteilung, auf wessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt werde, sei nach den rechtlichen Verhältnissen zu beurteilen. Ausgehend von der Tatsache der gemeinsamen Betriebsführung sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheidausspruch richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Beschwerde. Darin bestreitet der Beschwerdeführer nicht, daß der bekämpfte Bescheidausspruch dann rechtmäßig ist, wenn der Betrieb auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der Ehegatten geführt wurde, stellt aber eine solche Betriebsführung in Abrede. Es gehe nicht nur aus den vorgelegten 198 Belegen, Dokumenten, Bestätigungen und sonstigen Schriftstücken, sondern auch aus der Willenserklärung anläßlich der Anmeldung am 29. Juni 1978 hervor, daß allein die Ehegattin sämtliche Rechtsgeschäfte für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb getätigt und bewerkstelligt und damit nicht nur im Außenverhältnis die Betriebsführung innegehabt habe, sondern auf Grund der getroffenen Vereinbarungen im Juni 1978 auch im Innenverhältnis beauftragt gewesen sei, die Betriebsführung zu übernehmen, was sie auch getan habe. Der Beschwerdeführer habe sich wegen seiner Vollbeschäftigung als unselbständig Erwerbstätiger in der BRD um die tatsächliche Betriebsführung gar nicht kümmern können. Die Ehegattin habe in eigener Verantwortung sämtliche Geschäfte für den Betrieb bewerkstelligt und abgewickelt. Sie habe überdies auch eine entsprechende landwirtschaftliche Ausbildung gehabt. Die Ableitung der gemeinsamen Betriebsführung aus dem gemeinsamen Konto gehe am Kern der Sache vorbei. Es sei wohl üblich, daß in einer ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft ein gemeinsames Konto geführt werde. In dieses Konto würden die Einkommen aus unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit von jedem der Ehegatten eingebracht. Versicherungspflicht in der Sozialversicherung werde jedoch auf Grund einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit unabhängig davon begründet, auf welches Konto die Einkommen und Verdienste überwiesen würden. Die belangte Behörde irre, wenn sie davon ausgehe, es sei nach den Bestimmungen des § 2a Abs. 1 BSVG nur für den Mann als Ehegatten Versicherungspflicht in der bäuerlichen Pensionsversicherung zu begründen, wenn Ehegatten ein und denselben land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf gemeinsame Rechnung und Gefahr führten. Die tatsächlichen Innen- und Außenverhältnisse, daß nämlich die Ehegattin Betriebsführerin gewesen sei, und der Umstand, daß die Feststellung der Versicherungspflicht grundsätzlich geschlechtsneutral zu erfolgen habe, seien unberücksichtigt geblieben. Der Gesetzgeber bestimme nämlich nicht, wer von den Ehegatten Betriebsführer und damit der Versicherungspflichtige nach dem BSVG sein solle. Die Versicherungspflicht treffe gleichermaßen Mann oder Frau.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sollte der Betrieb in der Zeit vom 23. Mai 1978 bis 28. Juli 1986 auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin (im Sinne der anzuwendenden Bestimmungen des § 3 Abs. 2 B-PVG, des § 5 Abs. 4 BSVG in der Stammfassung und des § 2a BSVG in der Fassung der zweiten Novelle, BGBl. Nr. 532/1979, der dritten Novelle, BGBl. Nr. 587/1980, und der vierten Novelle, BGBl. Nr. 284/1981) geführt worden sein, so hat die belangte Behörde sachverhaltsbezogen zu Recht und vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten seine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern und nicht jene seiner Ehegattin bejaht: für die Zeit vom 1. Juni 1978 bis 31. Dezember 1979 mangels Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes nach § 3 Abs. 1 B-PVG bzw. § 5 Abs. 3 BSVG in der Stammfassung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 B-PVG bzw. § 2 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 4 BSVG in der Stammfassung; für die Zeit vom 1. Jänner 1980 bis 31. Mai 1981 mangels Zutreffens der Voraussetzungen des § 2a erster Satz BSVG in der Fassung der zweiten und dritten Novelle nach dem letzten Satz dieser Bestimmung; für die Zeit ab 1. Juni 1981 mangels Zutreffens der Voraussetzungen des § 2a Abs. 1 BSVG nach Abs. 2 Z. 2 dieser Bestimmung, da der Beschwerdeführer der ältere Ehegatte war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 11. Oktober 1961, Slg. Nr. 5644/A, vom 27. März 1981, Zl. 08/0558/79, vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0051, und vom 20. Oktober 1988, Zl. 87/08/0119) wird ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb dann auf Rechnung und Gefahr einer Person (auf gemeinsame Rechnung und Gefahr mehrerer Personen) geführt, wenn sie aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird (werden). Wer in diesem Sinn aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Das Eigentum bzw. Miteigentum am Betrieb ist eine solche rechtliche Gegebenheit. Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten aus der Betriebsführung setzt voraus, daß durch rechtswirksame dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenußrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluß eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahekommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern) statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird. Die bloße tatsächliche Betriebsführung durch einen Miteigentümer reicht dazu nicht aus (vgl. zu der erforderlichen besonderen, im Außenverhältnis wirksamen Vereinbarung zwischen Miteigentümern die Erkenntnisse vom 8. Mai 1963, Zl. 93/63, vom 19. März 1969, Zl. 1516/68 und Zl. 1529/68, vom 27. März 1981, Zl. 08/0558/79, und vom 20. Oktober 1988, Zl. 87/08/0119).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist die Annahme einer Betriebsführung auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin durch die belangte Behörde nicht rechtswidrig. Denn der Beschwerdeführer war seit dem Erwerb des Hälfteeigentums am Betrieb auf Grund seines Miteigentums aus der Betriebsführung im obgenannten Sinn mitberechtigt und mitverpflichtet. Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung hätte einer entsprechenden, diese Zurechnung abändernden besonderen Vereinbarung mit seiner Ehegattin bedurft. Der Beschwerdeführer hat nun zwar im Verwaltungsverfahren wiederholt behauptet, die Ehegattin habe den Betrieb, wie vereinbart, auf alleinige Rechnung und Gefahr geführt; in seiner niederschriftlichen Vernehmung während des Berufungsverfahrens am 25. Februar 1988 hat er aber nur mehr von einer mündlichen Vereinbarung des Inhalts gesprochen, daß die Ehegattin den Betrieb allein führen solle, weil er in der BRD berufstätig sei und von der Landwirtschaft wenig verstehe; sie hätten ein gemeinsames Konto gehabt, über das beide in gleicher Weise verfügungsberechtigt gewesen seien; auf dieses Konto seien auch die Einnahmen aus der Landwirtschaft gegangen; weitere Details seien nicht vereinbart worden. Wenn die belangte Behörde diese behauptete Vereinbarung unter Bedachtnahme auf die übrigen, nicht bestrittenen Feststellungen als bloße Einräumung der Verwaltung des Betriebes an die Ehegattin wertete, so vermag der Verwaltungsgerichtshof in dieser Wertung, die als solche vom Beschwerdeführer in der Beschwerde gar nicht ausdrücklich bestritten wird, keine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Sofern den abschließenden Beschwerdeausführungen die Auffassung zugrundeliegen sollte, der tatsächliche Betriebsführer sei der Versicherungspflichtige nach dem BSVG, ist ihnen aus den schon dargelegten Gründen nicht beizupflichten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988080248.X00

Im RIS seit

03.07.1990

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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