TE Vwgh Erkenntnis 1990/7/3 89/08/0287

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Veröffentlicht am 03.07.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §59;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
NotstandshilfeV §2;
NotstandshilfeV §6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

N gegen Landesarbeitsamt Wien vom 6. Juli 1989, Zl. IVb/7022/7100 B (920/3552 040944), betreffend Feststellung in einer Angelegenheit nach dem AlVG

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.672,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der seit längerem im Bezug der Notstandshilfe stehende Beschwerdeführer beantragte am 23. Jänner 1989 neuerlich die Gewährung von Notstandshilfe. Nach Aufforderung, verschiedene Unterlagen über das Einkommen seiner Ehegattin vorzulegen, stellte der Beschwerdeführer am 8. Februar 1989 den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, warum trotz getrennter Haushaltsführung das Einkommen seiner Ehegattin auf den Notstandshilfebezug angerechnet werde.

Mit Bescheid vom 22. Februar 1989 sprach das Arbeitsamt Versicherungsdienste (Wien) aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 2 lit. c des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, mangels Notlage ab 1. Februar 1989 keinen Anspruch auf Notstandshilfe habe. Begründet wurde dieser Bescheid damit, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers ab 1. Jänner 1989 ein gleichbleibendes Einkommen von S 17.309,-- netto beziehe. Dieses ab 1. Februar 1989 anrechenbare Einkommen übersteige trotz Berücksichtigung allfälliger Freigrenzen die Notstandshilfe des Beschwerdeführers.

Mit Bescheid vom 3. März 1989 stellte das Arbeitsamt Versicherungsdienste (Wien) auf Grund der Eingabe des Beschwerdeführers vom 8. Februar 1989 fest, daß das Einkommen seiner Gattin gemäß § 33 Abs. 2 lit. c und § 36 AlVG anzurechnen sei. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, daß das Einkommen der Ehegattin des Beschwerdeführers nach Auffassung der erstinstanzlichen Behörde ein überdurchschnittliches im Sinne des § 2 Abs. 2 der Notstandshilfeverordnung (NHV) sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Begründend wird ausgeführt, daß das Einkommen der Ehegattin des Beschwerdeführers zwar nicht als ein überdurchschnittliches im Sinne des § 2 Abs. 2 NHV anzusehen sei, der Beschwerdeführer aber im gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehegattin lebe. Deshalb sei deren Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 NHV auf die Notstandshilfe des Beschwerdeführers anzurechnen. Durch diese Entscheidung erfahre auch der Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 22. Februar 1989 seine Bestätigung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtanrechnung des Einkommens seiner Ehegattin auf seine Notstandshilfe verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn diese entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegen und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen. Ein solches Interesse besteht dann nicht, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden ist. Im übrigen ist ein rechtliches Interesse der Partei nur dann zu bejahen, wenn der Feststellungsantrag im konkreten Fall als geeignetes Mittel zur Beseitigung der Rechtsgefährdung angesehen werden kann. Aus diesem Gesichtspunkt ergibt sich auch die Notwendigkeit, das Element der Klarstellung für die Zukunft als Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides anzuerkennen, weil der Feststellungsbescheid zur Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung Rechte oder Rechtsverhältnisse klarstellen soll. Nur dort, wo eine Klarstellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses eine Rechtsgefährdung des Antragstellers beseitigen kann, kommt der Klarstellung für die Zukunft rechtliche Bedeutung zu (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1978, Slg. Nr. 9662/A, und vom 13. September 1982, Zl. 82/12/0011).

Wendet man diese Grundsätze auf den Beschwerdefall an, so ergibt sich daraus, daß ein Feststellungsanspruch des Beschwerdeführers schon deshalb nicht gegeben war, weil die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage (Berücksichtigung des Einkommens der Ehegattin des Beschwerdeführers bei Beurteilung seiner Notlage) im Rahmen eines anderes gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens (Nichtanerkennung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit § 59 AlVG) zu entscheiden war (und auch mit dem Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste Wien vom 22. Februar 1989 entschieden wurde). Ein darüber hinaus gehendes Feststellungsinteresse ist zu verneinen, weil die Frage der Anrechnung des Einkommens der Ehegattin des Beschwerdeführers entsprechend den §§ 2 und 6 der Notstandshilfeverordnung nicht abstrakt (also losgelöst von einem konkreten, den Notstandshilfeanspruch des Beschwerdeführers betreffenden Verfahren) zu klären ist. Die belangte Behörde hätte daher über Berufung des Beschwerdeführers den ihn (wegen der Nichtbeschränkung auf einen bestimmten Zeitraum) belastenden erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 beheben und seinen Feststellungsantrag zurückweisen müssen.

Der in Verkennung dieser Rechtslage ergangene angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 609/1989, begrenzt durch das Begehren des Beschwerdeführers.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989080287.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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