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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §73;Betreff
N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX), vom 27. Dezember 1988, Zl. 6/4-2386/7/85, betreffend Umsatzsteuer 1979:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, die im Streitzeitraum Rechtsanwältin war, teilte dem Finanzamt X mit Eingabe vom 11. Juni 1979 mit, daß sie ihren Kanzleisitz seit 1. Juni 1979 von Y nach X verlegt habe. Am 18. Oktober 1979 trat das Finanzamt für Y die die Beschwerdeführerin betreffenden Abgabenakten dem Finanzamt X ab. Mit Bescheid vom 23. Oktober 1981 setzte das Finanzamt X gegenüber der Beschwerdeführerin unter anderem (im Schätzungsweg von einem Gesamtbetrag der Entgelte von S 500.000,-- ausgehend) die Umsatzsteuer für 1979 mit S 35.462,-- fest.
Mit ihrer dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, die Abgabenbehörde habe den Gesamtbetrag der Entgelte ihrer Meinung nach unrichtig angenommen.
Nach Erlassung einer die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1979 als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie führte unter anderem aus, sie habe ihren Kanzleisitz in X bereits im Juli 1979 aufgegeben und das Reihenhaus, in dem sich die Kanzlei befunden habe, im April 1980 verkauft. Gleichzeitig habe sie sich in Wien 22 polizeilich angemeldet. Für die Festsetzung der Bescheide sei daher nicht das Finanzamt X, sondern das Finanzamt in Wien 22 zuständig gewesen. Für die Festsetzung der Umsatzsteuer für 1979 sei das Finanzamt in Y zuständig gewesen, an welches sie auch die Umsatzsteuererklärungen geschickt habe. Auf Grund der Tatsache, daß eine unzuständige Behörde "die Umsatzsteuer erlassen" habe, werde gemäß § 207 Abs. 2 BAO Verjährung eingewendet.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1979 teilweise Folge und setzte die Umsatzsteuer von einem Gesamtbetrag der Entgelte von S 300.000,-- ausgehend fest. Begründend führte sie, soweit dies im Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, nach Darstellung der Rechtslage im wesentlichen aus, für die Erhebung der Umsatzsteuer sei im Hinblick auf die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 11. Juni 1979 das Finanzamt X zuständig gewesen. Die fünfjährige Verjährungsfrist sei den am 31. Dezember 1979 entstandenen Abgabenanspruch betreffend bei der Festsetzung der Umsatzsteuer für 1979 am 23. Oktober 1981 noch nicht abgelaufen gewesen.
Die Beschwerdeführerin erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 13. Juni 1989, Zl. B 395/89).
Mit der vorliegenden, als unbegründet abzuweisenden Teil gegen den die Berufung des angefochtenen Bescheides gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Sie vertritt die Auffassung, über ihre Steuerpflicht habe in erster Instanz eine unzuständige Behörde entschieden; überdies sei die Verjährung des Abgabenanspruches nicht beachtet worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 50 BAO haben die Abgabenbehörden ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Nach § 61 BAO ist für die Erhebung der Umsatzsteuer mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer das Finanzamt örtlich zuständig, von dessen Bereich aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Die Zuständigkeit eines Finanzamtes für die Erhebung der Abgaben (u.a.) vom Umsatz endet gemäß § 73 BAO mit dem Zeitpunkt, in dem ein anderes Finanzamt von den seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen Kenntnis erlangt. Entscheidend ist, ob die Voraussetzungen für die Zuständigkeit im Zeitpunkt der Vornahme der Amtshandlung gegeben sind (vgl. Stoll, BAO - Handbuch 166).
Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, soweit sie sich an den Verwaltungsgerichtshof richten, kann nicht entnommen werden, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin die Zuständigkeit des Finanzamtes X im Zeitpunkt der Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 1979 in Abrede stellt. Ebenso können den Verwaltungsakten Umstände, die zum Übergang der Zuständigkeit für die Abgabenfestsetzung auf ein anderes Finanzamt geführt hätten, nicht entnommen werden. Auch die im Berufungsverfahren von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Umstände waren nicht geeignet, eine Unzuständigkeit des Finanzamtes X im relevanten Zeitpunkt aufzuzeigen. Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit des Finanzamtes für die Erhebung der Umsatzsteuer ist der Ort der Leitung des Unternehmens, der sich nach der Erklärung der Beschwerdeführerin seit 1. Juni 1979 in X befand. Der von der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag hervorgehobene Umstand, daß sie ihren Kanzleisitz zuvor in Y hatte, ist im Hinblick auf den der Anordnung des § 73 BAO entsprechenden Übergang der Zuständigkeit auf das Finanzamt X ohne Bedeutung. Ebensowenig konnte die von der Beschwerdeführerin behauptete "polizeiliche Anmeldung" in Wien 22 die örtliche Zuständigkeit des Finanzamtes X für die Erhebung der Umsatzsteuer beenden, weil diese nicht von der behördlichen Meldung bzw. dem Wohnsitz des Abgabepflichtigen, sondern gemäß § 61 BAO vom Ort der Leitung des Unternehmens abhängt. Daß sie diesen in den Bereich eines anderen Finanzamtes verlegt hätte, hat die Beschwerdeführerin aber nicht behauptet; auch den Verwaltungsakten kann derartiges nicht entnommen werden. Es bestand daher für die belangte Behörde kein Anlaß, den bekämpften Umsatzsteuerbescheid aus dem Grunde der örtlichen Unzuständigkeit aufzuheben.
Den Verjährungseinwand begründet die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis, die Umsatzsteuer 1979 sei erstmals in der (am 17. Februar 1989 zugestellten) Berufungsentscheidung und somit fast 10 Jahre nach Entstehen des Anspruches festgesetzt worden. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Festsetzung der Abgabe durch die Abgabenbehörde erster Instanz vor Ablauf der Verjährungsfrist erfolgte, und gemäß § 209a BAO einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung erfolgt, der Eintritt der Verjährung nicht entgegensteht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 198, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989150095.X00Im RIS seit
04.07.1990