TE Vwgh Erkenntnis 1990/7/11 89/03/0242

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Veröffentlicht am 11.07.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AtemalkoholmeßgeräteV;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §8;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §5 Abs6;
StVO 1960 §5 Abs7;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

Betreff

N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 19. Juli 1989, Zl. 11-75 De 13-88, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 27. Oktober 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 28. Mai 1988 um 00.25 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in einem bestimmten Ortsgebiet auf der näher bezeichneten Straßenstrecke in einer bestimmten Richtung vor dem der Hausnummer nach bezeichneten Haus in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand "(0,62 mg/l)" gelenkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung insoweit Folge gegeben, als die Strafe mit S 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe neun Tage) bemessen wurde; im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.) Der angefochtene Bescheid wurde "für die .... Landesregierung" erlassen und ist somit der - für die Vollziehung der Straßenverkehrsordnung 1960

zuständigen - .... Landesregierung zuzurechnen.

2.) Im Grunde des ersten Satzes des § 5 Abs. 1 StVO besteht das Tatbild einer Verwaltungsübertretung nach dieser Gesetzesstelle darin, daß eine Person, die sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt. Im Schuldspruch (§ 44 a lit. a VStG 1950) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO bedarf es somit nicht der Angabe des Alkoholgehaltes, sei es des Blutes, sei es der Atemluft. Abgesehen von dieser Rechtslage sei dem Beschwerdevorbringen auch entgegengehalten, daß die Angabe "in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,62 mg/l)" zufolge der in Beziehung zu einer Beeinträchtigung durch Alkohol gesetzten Angabe der Maßeinheit in mg/Liter hinlänglich erkennen läßt, daß es sich um den Alkoholgehalt der Atemluft handelt. Inwiefern in der Anführung des § 5 Abs. 1 StVO die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, ein Widerspruch zur Bestimmung des § 44 a lit. b VStG 1950 liegen sollte, wird vom Beschwerdeführer nicht dargetan und ist für den Verwaltungsgerichtshof unerfindlich.

3.) Auf der Anzeige über den Verkehrsunfall wurde die Unfallszeit mit dem 28. Mai 1988 um 00.25 Uhr angegeben. Darin, daß im Schuldspruch diese Zeit noch als Lenk- und damit als Tatzeit angegeben wurde, liegt jedenfalls in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO keine Rechtswidrigkeit (zur Gewährleistung des Rechtsschutzes in Ansehung der Tatumschreibung im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11.894/A).

4.) Insoweit der Beschwerdeführer in Ansehung des Ergebnisses der Atemalkoholmessung ein Beweisverwertungsverbot als gegeben annimmt, sind ihm die im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. November 1979, Slg. N.F. Nr. 9975/A, angeführten Kriterien für das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes entgegenzuhalten, denen zufolge einem Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren die Stellung als Partei, d.h. als Rechtssubjekt, eingeräumt und die Freiheit seiner Verantwortung zu beachten sei, weshalb ein Beschuldigter nicht als ein den Beweiszielen der Behörde dienstbares Untersuchungsobjekt behandelt und das Ergebnis einer Blutalkoholuntersuchung, wenn dem Beschuldigten das Blut ohne dessen Verlangen und ohne dessen Zustimmung abgenommen worden war, nicht für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 5 Abs. 1 StVO herangezogen werden dürfe. Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer - wenn auch vermutlich in der Annahme, eine Rechtspflicht zu erfüllen - an der Atemalkoholmessung mitgewirkt. Es war, da es sich nicht etwa um ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO wegen einer Verweigerung des Alkotests handelt, nicht zu klären, ob der Beschwerdeführer anläßlich der gegen ihn durchgeführten Amtshandlung vom 28. Mai 1988 verpflichtet war, der Aufforderung betreffend die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt nachzukommen, oder ob er hiezu mangels Berechtigung des Exekutivorganes nicht verpflichtet war. Unter Bedachtnahme auf die Kriterien des angeführten hg. Erkenntnisses vom 27. November 1979, Slg. N.F. Nr. 9975/A, war es vielmehr entscheidend, daß durch die unter Mitwirkung des Beschwerdeführers durchgeführte Messung und durch die Verwertung des Meßergebnisses im Verwaltungsstrafverfahren die Stellung des Beschwerdeführers als Rechtssubjekt nicht beeinträchtigt wurde. Die belangte Behörde durfte dem angefochtenen Bescheid somit das Ergebnis der Atemalkoholmessung zugrunde legen, ohne ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten.

5.) Das im Verwaltungsstrafverfahren erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, vom Verlassen des Elternhauses bis zum Verkehrsunfall, abgesehen von der angeführten Weinmischung, keinen Alkohol zu sich genommen zu haben, wurde entgegen der in der vorliegenden Beschwerde vertretenen Auffassung nicht durch solche Beweisanbote untermauert, die das Verhalten des Beschwerdeführers während der gesamten in Betracht kommenden Zeit lückenlos erfaßt hätten. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn der angefochtene Bescheid erlassen wurde, ohne daß die vom Beschwerdeführer als Zeugen namhaft gemachten Personen, wie der Gastwirt, bei welchem der Beschwerdeführer den von ihm erwähnten beruflichen Auftrag zu erledigen hatte, einvernommen worden waren.

6.) Erst durch das diesbezüglich gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des 30. Dezember 1988 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 13. Dezember 1988, BGBl. Nr. 742, mit dem das Maß- und Eichgesetz geändert wird, wurde der neue § 13 Abs. 2 Z. 8 des Maß- und Eichgesetzes geschaffen, dem zufolge unter bestimmten Voraussetzungen der Eichpflicht unterliegen:

"8.) Meßgeräte zur Bestimmung des Gehaltes von Alkohol in der Atemluft". In den Erläuterungen zur betreffenden Regierungsvorlage, 662 d.B. zu den sten. Prot.

des NR XVII. GP., wurde hiezu ausgeführt, daß hiemit dem "Bedürfnis nach Einführung der Eichpflicht" Rechnung getragen werde. Am 28. Mai 1988, dem Tag der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat, bestand eine solche Eichpflicht noch nicht.

7.) Hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des verwendeten Meßgerätes und hinsichtlich der besonderen Schulung des Meldungslegers zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt finden sich im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen:

    "Wenn nun der Berufungswerber einwendet, daß das Gerät

defekt gewesen wäre, so steht dem die im Berufungsverfahren

ergänzend eingeholte Zeugeneinvernahme" des Meldungslegers vom

7. April 1989 "entgegen, der angibt, daß der Alkomat von

Februar 1988 bis zum Tatzeitpunkt einwandfrei funktionierte und

auch noch in der folgenden Zeit bei mehreren Einsätzen keinen

Anlaß zur Beanstandung gab. .... Die Richtigkeit der

Alkomatmessung ergibt sich auch daraus, daß der Alkomat laut

Aussage des Zeugen .... in regelmäßigen Abständen zur

Firma .... eingeschickt wird und sodann eine am Gerät

angebrachte Plakette den aktuellen Überprüfungsstand aufweist.

Der Alkomat hat ein sechsmonatiges Überprüfungsintervall, wobei die letzte Überprüfung im Februar 1988 stattfand und somit der Tatzeitpunkt innerhalb der sechsmonatigen Gebrauchszeit lag. .... Zum weiteren Vorbringen des Berufungswerbers," der Meldungsleger "besitze keine Ermächtigungsurkunde, wird auf dessen Zeugenaussage verwiesen, in der er angibt, daß er eine gesonderte Ermächtigung zur Durchführung des Alkotestes mittels Alkomaten von der Behörde erhalten habe. Auch sei er bei der Bezirkshauptmannschaft .... zur Durchführung des Alkomatentestes eingeschult worden."

Darin, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auf den Sachverhalt, der sich aus diesen der Aktenlage entsprechenden Ausführungen ergibt, stützte, vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erblicken. Es ist nicht ersichtlich, daß - wie es in der vorliegenden Beschwerde heißt - "allein schon die Beischaffung der Bedienungsanleitung des .... Gerätes .... nicht nur vermutlich zahlreiche Störfaktoren vor und während des Meßvorganges offengelegt" hätte. Wie der Beschwerdeführer selbst zum Ausdruck bringt, geht er von einer bloßen Vermutung aus, ohne bestimmte Anhaltspunkte aufzuzeigen, die der belangten Behörde Anlaß hätten geben müssen, die Richtigkeit des mit dem Alkomat erzielten Meßergebnisses anzuzweifeln. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß sich im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens irgendwelche konkreten Umstände ergeben hätten, denen zufolge die belangte Behörde dem mit dem Alkomaten erzielten Meßergebnis nicht hätte folgen dürfen. Auch mit dem bloßen Hinweis darauf, "daß Datum und Uhrzeit beliebig manipulierbar" scheinen, zeigt der Beschwerdeführer keinen Umstand auf, dem zufolge die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid eine ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes ohne Manipulation nicht hätte zugrunde legen dürfen. Der Heranziehung des mit dem Alkomaten erzielten Meßergebnisses stand auch der Umstand nicht entgegen, daß der Meßstreifen - entsprechend der damaligen Behördenpraxis - vom Beschwerdeführer nicht unterfertigt wurde.

8.) Für die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO schuldig erkannt werden durfte, war es nicht entscheidend, ob sich vor der Kollision, an der der Beschwerdeführer beteiligt war, Bremsspuren abgezeichnet hatten. Die betreffenden Beschwerdeausführungen gehen somit ins Leere.

9.) Der Strafrahmen für Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs. 1 StVO, in der Fassung der 13. StVO-Novelle, reicht von

S 8.000,-- bis S 50.000,--. Im Hinblick auf die über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse aus der Gendarmerieanzeige ersichtlichen Angaben, auf die sich bereits die Erstbehörde gestützt hatte, ohne daß sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung dagegen gewandt hätte, ferner im Hinblick auf den in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise festgestellten Alkoholgehalt im Ausmaß von 0,62 mg pro Liter vermag der Verwaltungsgerichtshof in Ansehung der Festsetzung der Geldstrafe mit S 9.000,-- keinen von ihm wahrzunehmenden Ermessensmißbrauch bei der Strafbemessung zu erkennen. Der Beschwerdeführer vermag mit seiner Anspielung auf die Milderungsgründe nach § 34 Z. 1 und Z. 17 StGB (§ 19 Abs. 2 VStG 1950) nicht aufzuzeigen, daß die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 20 VStG 1950 betreffend eine außerordentliche Milderung der Strafe vorgelegen gewesen wären (siehe hiezu den Tatbestand, daß der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, im Verhältnis zum Gewicht des bloß einzelnen Milderungsgrundes nach § 34 Z. 1 StGB, daß der Täter die Tat nach Vollendung des 18., jedoch vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen hat, und den Umstand, daß der Beschwerdeführer, abgesehen davon, daß er am Tag der Tat knapp vor der Vollendung seines 21. Lebensjahres gestanden war, durch ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in seiner Eigenschaft als Lenker eines Kraftfahrzeuges betroffen war, für den nach § 64 KFG die Vollendung des 18. Lebensjahres eine maßgebende Rolle spielt; siehe ferner den bloßen Hinweis des Beschwerdeführers darauf, daß er die Gendarmerie vom Unfall verständigt und sich solcherart "selbst gestellt" habe, im Verhältnis zur Bedeutung des Milderungsgrundes nach § 34 Z. 17 StGB, daß der Täter ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, unter Berücksichtigung des im gegebenen Zusammenhang maßgebenden Tatbildes des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand).

10.) Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkomat Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Blutabnahme Tatbild Verfahrensrecht Beweismittel Verfahrensrecht Beweiswürdigung rechtswidrig gewonnener Beweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030242.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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