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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §39;Beachte
Besprechung in: SWI 1996/12, 539;Betreff
N-Bank gegen Bundesminister für Finanzen vom 3. Februar 1989, Zl. C 477/1/1-IV/4/89, betreffend Anordnung gemäß § 48 BAO (Erbschaftssteuer),
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Der am 11. Jänner 1982 in den USA verstorbene ledige Universitätsprofessor ... (in der Folge: Erblasser) war Staatsangehöriger der USA gewesen und hatte sowohl in den USA als auch im Inland (in Innsbruck) einen Wohnsitz.
Der Erblasser hatte in seiner am 21. April 1981 in den USA verfaßten außergerichtlichen Erklärung des letzten Willens seiner in der BRD wohnenden Schwester höchstens drei von ihr auszuwählende, in seiner Wohnung in Innsbruck befindliche Perserteppiche, der "... Bibliothek der Universität ..." (in den USA) seine gesamte (Bücher und Schriften umfassende) persönliche Bibliothek und der Beschwerdeführerin (einer Kreditunternehmung mit Sitz in den USA) den "Restnachlaß" zugedacht, und zwar im wesentlichen mit der Auflage, als Treuhänderin die jährlichen Nettoerträge des ganzen "Restnachlasses" (zusammen als "trust
estate" = Treuhandnachlaß) auf die juridischen Fakultäten dreier bestimmter Universitäten in den USA als Stipendien für "Jus"studenten aufzuteilen. Die gleichzeitig zur Testamentsvollstreckerin bestimmte Beschwerdeführerin war unter einem ersucht worden, alle Steuern zu bezahlen, die ihr auf Grund des Ablebens des Erblassers "von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika oder einem anderen Staat" ... aufgelaufen sind. Nach der - der Finanzlandesdirektion für Tirol mit Vorhaltbeantwortung vom 5. September 1988 samt Beilagen von der Beschwerdeführerin mitgeteilten - berichtigten Übersetzung der Schlußklausel dieser Erklärung des letzten Willens sei es die Absicht des Erblassers gewesen, daß die Ausschüttungen des Trust unter die Steuerbefreiung für wohltätige Zwecke fielen. Die Beschwerdeführerin sei dementsprechend angewiesen, alle Rechte, Vollmachten und Vorrechte des Erblassers in Übereinstimmung mit dieser Zielsetzung auszuüben. Daraus ergebe sich nach der in dieser Vorhaltbeantwortung vertretenen Auffassung der Beschwerdeführerin lediglich, daß es die Absicht des Erblassers gewesen sei, die Möglichkeiten für Steuerbefreiungen auszuschöpfen, die in den USA für wohltätige Zwecke gewährt werden. Es könne jedoch nicht daraus geschlossen werden, daß die Zuwendungen nicht den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Z. 13 ErbStG dienten.
Nachdem das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck mit (bis zur Vorlage der Erbschaftssteuererklärung für das im Ausland befindliche Vermögen) vorläufigem Bescheid vom 16. Jänner 1987 gegenüber der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der erwähnten Zweckzuwendung - ausgehend von dem im Inland befindlichen (auf Grund des am 3. März 1982 errichteten Nachlaßinventars einen Wert von S 506.084,76 repräsentierenden) Teil des Reinnachlasses - Erbschaftssteuer festgesetzt und die Beschwerdeführerin in dem diesen erstinstanzlichen Bescheid betreffenden (bisher nicht abgeschlossenen) Berufungsverfahren Steuerfreiheit gemäß § 15 Abs. 1 Z. 13 ErbStG geltend gemacht hatte (u.a. in dem Ergänzungsschreiben vom 18. Oktober 1988 zu der erwähnten Vorhaltbeantwortung unter Vorlage mehrerer Schriftstücke mit dem Hinweis, daraus sei zu entnehmen, daß die Erträge des Trust dem Testament entsprechend verwendet werden und der Trust unter dem Namen des Erblassers tätig sei), war am 7. November 1988 beim Bundesminister für Finanzen (in der Folge: belangte Behörde) der auf § 48 BAO gestützte Antrag der Beschwerdeführerin vom 2. November 1988 eingelangt, das in den USA "lebende" Vermögen des Erblassers aus der Besteuerung nach dem ErbStG auszuscheiden.
In diesem Antrag hatte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgebracht, dieser Trust entspräche einer Stiftung nach österreichischem Recht. Er diene dem Gedenken des Namens des Erblassers. Auf Grund des Umstandes, daß die Erträgnisse dazu bestimmt seien, an Studenten Stipendien auszubezahlen, habe die Beschwerdeführerin die erwähnte Steuerfreiheit in Anspruch genommen. Unabhängig von diesem Rechtsstandpunkt strebe die Beschwerdeführerin gemäß § 48 BAO die Ausscheidung des im Ausland befindlichen Nachlasses aus der österreichischen Abgabepflicht an. Dazu werde ausgeführt, dies sei zur Angleichung der in- und ausländischen Besteuerung und zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich. Der Erblasser habe den "Inhalt" seiner Lebensinteressen in den USA gehabt. Seine Wohnung in Österreich habe er "kaum mehr" benützt. Es entspräche nicht der Billigkeit, seinen gesamten Nachlaß der Besteuerung zu unterziehen.
Weiters führte die Beschwerdeführerin in diesem Antrag unter Hinweis auf das - in der Folge noch näher zu bezeichnende - mit 1. Juli 1983 in Kraft getretene Abkommen (BGBl. Nr. 269/1983) aus, es liege nur bewegliches Vermögen vor. Der Erblasser sei nach Art. 4 jedenfalls in den USA, wo er seinen ständigen Wohnsitz und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt habe, zu besteuern. Dort sei er berufstätig gewesen und habe seine Pension "verbracht". Er sei auch innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tod insgesamt weniger als fünf Jahre in Österreich wohnhaft gewesen. Es erscheine wohl angemessen, nach so langer Zeit nach Inkrafttreten dieses Abkommens nicht auf die davor geltende Rechtslage zurückzugreifen.
Schließlich hatte die Beschwerdeführerin noch das inländische Verlassenschaftsgericht und die das dort in bezug auf den im Inland befindlichen Teil des Nachlasses des Erblassers durchgeführte Verlassenschaftsabhandlungsverfahren betreffende Aktenzahl bekanntgegeben.
Auf Grund dieses Antrages ordnete die belangte Behörde mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid gemäß § 48 BAO in Ausübung des freien Ermessens an, daß bei der die Verlassenschaft nach dem Erblasser betreffenden Erbschaftssteuerbemessung die in den USA befindlich gewesenen Vermögenswerte einschließlich der damit im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Schulden aus der inländischen Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Erbschaftssteuer ausgeschieden werden, wenn der vorstehend angeführte Vorgang in den USA einer Erbschaftsbesteuerung unterliege. Der Nachweis über den Bestand einer "amerikanischen" Erbschaftsbesteuerung sei den für die Steuererhebung zuständigen Abgabenbehörden gegenüber zu erbringen. Für die Ermittlung der aus der inländischen Besteuerungsgrundlage auszuscheidenden Vermögenswerte seien die international üblichen Grundsätze, wie sie bei der Vollziehung der vergleichbaren Regelungen der österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschafts- und Schenkungssteuer anzuwenden seien, maßgebend. Die erteilte Begünstigung stehe der Berücksichtigung der auszuscheidenden Vermögenswerte bei der Ermittlung des Steuersatzes nicht entgegen, der auf die übrigen, im Inland zu besteuernden Vermögenswerte anzuwenden sei (Progressionsvorbehalt).
Als Begründung führte die belangte Behörde aus, gemäß § 48 BAO könne sie bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterlägen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung erforderlich sei, anordnen, daß bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht ausgeschieden werden. Von dieser gesetzlichen Ermächtigung sei im Hinblick auf die Antragsangaben in positivem Sinn Gebrauch gemacht worden.
Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin, die die Beschwerdepunkte im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG zum Teil mit den Aufhebungsgründen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGG verwechselt, erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten, daß der in den USA befindlichen Teil des Nachlasses des Erblassers ganz (unbedingt und ohne Progressionsvorbehalt) aus der Erbschaftssteuerpflicht ausgeschieden und der angefochtene Bescheid (im Sinne des § 93 Abs. 3 lit. a erster Fall BAO) begründet werde, verletzt.
Obwohl Gegenstand des angefochtenen Bescheides der oben dargestellte Antrag der Beschwerdeführerin vom 2. November 1988 und nicht die erwähnte (noch nicht rechtskräftige) vorläufige Erbschaftssteuerfestsetzung das zentrale Thema des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, bedarf es schon zur Überprüfung der Antragslegitimation der Beschwerdeführerin zunächst eines Überblicks über die hier wesentlichen Bestimmungen des ErbStG.
Gemäß § 1 Abs. 1 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz 1. der Erwerb von Todes wegen, 2. Schenkungen unter Lebenden, 3. Zweckzuwendungen.
Nach § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Auf Grund des § 4 Z. 1 lit. a ErbStG gilt als Zweckzuwendung bei einer Zuwendung von Todes wegen eine der Zuwendung beigefügte Auflage zugunsten eines Zweckes, soweit die Bereicherung des Erwerbers durch die Anordnung gemindert wird.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 ErbStG ist die Steuerpflicht gegeben für den gesamten Erbanfall, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes oder der Erwerber zur Zeit des Eintrittes der Steuerpflicht ein Inländer ist.
Nach § 6 Abs. 2 Z. 2 ErbStG gelten als Inländer im Sinne dieses Bundesgesetzes Ausländer, die im Inland einen Wohnsitz oder in Ermanglung eines solchen einen gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Zum Begriff des (jedenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittigen) Wohnsitzes im Sinn des auch für das ErbStG maßgebenden § 26 Abs. 1 BAO wird z.B. auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführten Erkenntnisses vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0020, verwiesen.
Auf Grund des § 12 Abs. 1 Z. 3 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Zweckzuwendungen mit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Verpflichtung des Beschwerten.
Gemäß § 13 Abs. 1 letzter Fall ErbStG ist Steuerschuldner bei einer Zweckzuwendung der mit der Ausführung der Zuwendung Beschwerte.
Nach § 48 BAO kann das Bundesministerium (d.h. der Bundesminister - siehe z.B. die Erkenntnisse vom 28. Jänner 1980, Zl. 1430/78, ÖStZB 19/1980, S. 231, und vom 14. März 1990, Zl. 89/13/0115) für Finanzen bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist, anordnen, bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht auszuscheiden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die inländischen Abgaben anzurechnen.
Die dargestellte Rechtslage erweist die Legitimation der Beschwerdeführerin zur Antragstellung gemäß § 48 BAO.
Die Notwendigkeit einer derartigen unilateralen Maßnahme zur Milderung bzw. Vermeidung der Doppelbesteuerung (siehe z.B. Taucher, Internationale Erbschaften, Wien 1987, S. 57/8.) ist zwar auch im (von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde für den vorliegenden Fall gleichzeitig bejahten) Geltungsbereich internationaler Doppelbesteuerungsabkommen denkmöglich (siehe z. B. Loukota, Vermeidung internationaler Doppelbesteuerungen gemäß § 48 BAO, in Steuern im Rechtsstaat, Festschrift für Gerold Stoll zum 65. Geburtstag, herausgegeben von Doralt u.a., Wien 1990, insbesondere S. 407 unten), die Beschwerdeführerin übersieht jedoch folgendes:
Auf Grund des Art. 14 Z. 2 des Abkommens vom 21. Juni 1982, BGBl. Nr. 269/1983, zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Nachlaß-, Erbschafts- und Schenkungssteuern sowie der Steuern auf generationswechselnde Vermögensübertragungen (in der Folge: DBA USA) tritt das Abkommen am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht wurden, und seine Bestimmungen finden Anwendung auf Nachlässe natürlicher Personen, deren Tod an oder nach diesem Tag eingetreten ist und auf Schenkungen ... .
Da der Austausch der Ratifikationsurkunden am 13. April 1983 stattfand, trat dieses Abkommen am 1. Juli 1983 in Kraft (siehe z.B. Philipp, Österreichisch-amerikanisches Doppelbesteuerungsabkommen für das Gebiet der Erbschafts- und Schenkungssteuern, ÖStZ 15/1983, S. 179 links Abs. 1, und Philipp-Loukota, Internationales Steuerrecht2, Wien - mit
11. Lieferung Juli 1989, Erster Teil, Zweiter Abschnitt, USA 59).
Entgegen der von der Beschwerdeführerin nunmehr in der Beschwerde vertretenen Auffassung ist das DBA USA daher nicht auf den Nachlaß des (hier in Rede stehenden) Erblassers anzuwenden, weshalb es im vorliegenden Fall weder der Wiedergabe noch der Erörterung seiner weiteren Bestimmungen bedarf.
Vor dem DBA USA bestand auf dem Gebiet der Erbschafts- und Schenkungssteuern mit den USA noch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung - siehe z.B. I. Abs. 2 der Erläuterungen zur Regierungsvorlage des DBA USA (1241 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XV. GP) und Satz 1 des betreffenden Berichtes des Finanz- und Budgetausschusses (1365 der zitierten Beilagen).
Wenn Sachverhaltselemente - wie im vorliegenden Fall schon der Natur der Sache nach - im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Abgabenbehörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihm, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (siehe z.B. Stoll, Bundesabgabenordnung-Handbuch, Wien 1980, S. 270 Abs. 1, und die dort zitierte Rechtsprechung, und Loukota, Internationale Steuerfälle, Wien 1989, Tz 429 ff, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Für eine individuelle "Anordnung" gemäß § 48 BAO setzen Rechtsprechung (jedenfalls im Bereich des Erbschaftssteuerrechts) und Lehre ein Ansuchen bzw. einen Antrag bzw. ein Begehren voraus (siehe z.B. das Erkenntnis vom 8. März 1990, Zl. 89/16/0012; Stoll, a.a.O., S. 114 vorletzter Abs.; Jirousek, Unilaterale Maßnahmen zur Steuerentlastung gem § 48 BAO, ÖStZ 4/1985, S. 44/2.1.; Philipp-Loukota, a.a.O., Z 00 32; Loukota in dem erwähnten Festschriftbeitrag, S. 418/3.1. Abs. 1), womit die Erlassung eines Bescheides mit privilegierendem Charakter (siehe z.B. Stoll, a.a.O., S. 115 Abs. 3) bzw. eines Begünstigungsbescheides (siehe z.B. Philipp-Loukota, a.a.O., Z 00 34; Loukota, a. zuletzt a.O., S. 418/3.1. Abs. 2) angestrebt wird.
Bei Begünstigungstatbeständen tritt aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (siehe z.B. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1989, Zl. 88/16/0015, ÖStZB 15/16/1989, S. 263, mit weiterem Hinweis).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsvoraussetzung des § 48 BAO "Abgabenhoheit mehrerer Staaten" im völkerrechtlichen Sinn zu verstehen und es geht hiebei bloß um die völkerrechtliche Berechtigung der Staaten, Steuertatbestände zu schaffen. Es kommt sonach nicht auf die tatsächliche Besteuerung, sondern bloß auf die potentielle (virtuelle) Besteuerung an. Es geht einzig und allein darum, daß der andere Staat die völkerrechtliche Berechtigung besitzen muß, dies zu tun (siehe z.B. Loukota, a. zuletzt a.O., S. 408 unten, und die dort zitierten - z.B. in der ÖStZB 13/14/1973 S. 154, 10/1984, S. 205, und 11/1988, S. 274, veröffentlichten - Erkenntnisse).
Das Vorliegen einer bloß "virtuellen Doppelbesteuerung" reicht aber nicht aus, um auf der Grundlage des § 48 BAO eine Steuerentlastungsmaßnahme nach dem Ermessen (§ 20 BAO) der belangten Behörde vorzunehmen. Es muß nämlich neben der Rechtsvoraussetzung "Abgabenhoheit mehrerer Staaten" noch eine zweite Rechtsvoraussetzung erfüllt sein. Diese ist alternativ formuliert:
a) es muß entweder die steuerliche Entlastungsmaßnahme "zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung" erforderlich sein; oder
b) es muß eine solche Maßnahme "zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung" erforderlich sein.
Ein "Ausgleich der in- und ausländischen Besteuerung" kann nur dann stattfinden, wenn eine ausländische Besteuerung erfolgt ist; denn nur dann kann begrifflich von einem "Ausgleich" hiefür bei der inländischen Besteuerung gesprochen werden. Mit anderen Worten, das Gesetz verlangt mit dieser zweiten Rechtsvoraussetzung ausdrücklich das Bestehen einer tatsächlichen internationalen Doppelbesteuerung; die bloße Möglichkeit, im Ausland auch in Anspruch genommen zu werden, sonach die bloße "virtuelle Doppelbesteuerung", ist hier nicht ausreichend (siehe z.B. Loukota, a. zuletzt a.O., S. 409 f).
Eine tatsächliche internationale Doppelbesteuerung läge somit z. B. auch bei einer - etwa trotz ausländischer Steuerfreiheit - rechtswidrig erfolgten ausländischen Besteuerung vor. Deshalb bedarf es bei der Entscheidung über einen auf eine erforderliche steuerliche Entlastungsmaßnahme "zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung" gerichteten Antrag - anders als bei einem (in der Folge noch zu behandelnden) im Sinn der oben unter b) angeführten Alternative gestellten - für den Fall, daß die betreffenden ausländischen Rechtsnormen der belangten Behörde nicht bekannt wären, weder deren ERMITTLUNG im Sinne des nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z. B. die Erkenntnisse vom 16. Dezember 1987, Zl. 86/01/0043, Slg. Nr. 12.595/A, und vom 21. Dezember 1987, Zl. 87/10/0157) im öffentlichen Recht analog anzuwendenden § 4 Abs. 1 IPRG (§ 271 Abs. 2 ZPO verlor durch § 51 Abs. 1 Z. 4 IPRG - soweit er die Ermittlung fremden Rechtes betraf - seine Wirksamkeit) noch deren ANWENDUNG.
Dem Abgabepflichtigen ist - überdies in Erfüllung seiner oben dargestellten erhöhten Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht - durchaus zuzumuten, die TATSÄCHLICHE ausländische Besteuerung unter Beweis zu stellen.
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung liegt es im Wesen der (z.B. auf Grund des § 48 BAO erfolgenden) Ermessensübung, daß mit der Ausnahmeverfügung Auflagen und Bedingungen verbunden werden können, die aber mit dem verfolgten Ziel vereinbar sein und dem angestrebten Zweck entsprechen müssen (z.B. Progressionsvorbehalt, Gleichbleiben der Verhältnisse) - siehe z.B. Stoll, a.a.O., S. 115 Abs. 1.
Der angefochtene Bescheid läßt nicht erkennen, ob die hier in Betracht kommenden ausländischen Rechtsnormen der belangten Behörde bekannt waren oder nicht. Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten versuchte die belangte Behörde jedenfalls nicht, diese Rechtsnormen im Sinne des § 4 Abs. 1 IPRG zu ermitteln. Eine solche - noch nicht in den RechtsANWENDUNGSbereich fallende und daher einerseits der erhöhten Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Beschwerdeführerin, andererseits der Verpflichtung der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin Parteiengehör im Sinne der §§ 115 Abs. 2 und 183 Abs. 4 BAO zu gewähren, unterliegende - Ermittlungspflicht (bzw. bei der belangten Behörde bekannten ausländischen Rechtsnormen Pflicht, Parteiengehör zu gewähren) ist aber grundsätzlich - wenn nicht ein besonderer Fall vorliegt, in dem eine positive Ermessensübung aus ganz bestimmten, von der belangten Behörde in einer der Überprüfung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzulegenden Gründen von vornherein nicht in Betracht kommen kann - zu erfüllen, weil eine erforderliche steuerliche Entlastungsmaßnahme "zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung" die Kenntnis derjenigen ausländischen Rechtsnormen voraussetzt, auf Grund derer Gegenseitigkeit von der belangten Behörde hergestellt werden soll. Zur Verschaffung der Kenntnis des angloamerikanischen Rechtes siehe z.B. Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationalen Privatrechts, Wien-New York 1975, S. 70 letzter Abs., allgemein z.B. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2, Wien 1990, Rz 835 f, und Duchek-Schwind, Internationales Privatrecht, Wien 1979, S. 16 f.
Die Beschwerdeführerin, die im oben dargestellten Abgabenverfahren in gleicher Weise wie der Erblasser in der erwähnten Erklärung seines letzten Willens von einer Steuerpflicht in den USA auszugehen schien, behauptet erstmals in der Beschwerde, "die Verlassenschaft" unterliege in den USA nicht der Erbschaftssteuer, weil sie erbschaftssteuerfrei sei, und es sei Erbschaftssteuer auch nicht "vorgeschrieben" worden. Diese Behauptung der Erbschaftssteuerfreiheit in den USA stellt im Sinne der vorstehenden Ausführungen über die Ermittlung und Anwendung ausländischer Rechtsnormen keine Neuerung, sondern eine Rechtsausführung dar.
Nun räumt die belangte Behörde in der von ihr erstatteten Gegenschrift - in Übereinstimmung mit der oben dargestellten Aktenlage - zwar ein, daß die Beschwerdeführerin in dem hier in Rede stehenden Antrag allgemein ausführte, die Ausscheidung der im Ausland befindlichen Vermögensteile sei auch zur "Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung" erforderlich. Gleichzeitig versucht sie aber, das Übergehen dieses Vorbringens in der Begründung des angefochtenen Bescheides und damit die Unterlassung einer Begründung der in diesem Zusammenhang für die Beschwerdeführerin im Ergebnis negativen Ermessensübung in der Gegenschrift nachzuholen.
Selbst unter Bedachtnahme auf die oben erwähnte erhöhte Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Abgabepflichtigen bei Begünstigungstatbeständen in Verbindung mit Sachverhaltselementen, die ihre Wurzeln im Ausland haben, liegt eine rechtswidrige Unterlassung der belangten Behörde in bezug auf eine von der Beschwerdeführerin letztlich angestrebte "Doppel-Nichtbesteuerung" (siehe z.B. das Erkenntnis vom 14. Oktober 1987, Zl. 85/13/0014, ÖStZB 11/1988, S. 274) bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides vor, weil die nachgeholte Begründung in der Gegenschrift die dem angefochtenen - von einer vergleichbaren Steuerpflicht in den USA ausgehenden - Bescheid anhaftende Mangelhaftigkeit (im Sinn der z.B. von Dolp-Dolp, a.a.O., S. 533 vorletzter Abs., zitierten Rechtsprechung) nicht beheben kann. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich nicht auszuschließen, daß die belangte Behörde - ganz abgesehen von der Frage des vor Rechtsanwendung zu gewährenden Parteiengehörs zum Ergebnis der Ermittlung der (bzw. zu den der belangten Behörde bekannten) ausländischen Rechtsnormen - unter dem Druck der einer Überprüfung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Erfüllung ihrer gesetzlichen Begründungspflicht im Rahmen des § 20 BAO zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin) günstigeren Bescheid hätte kommen können. Zum Begriff "Trust" wird z.B. auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1988, Zl. 87/14/0167, ÖStZB 4/1989, S. 56, Philipp, a.a.O., S. 180 links Mitte, Philipp-Loukota, a.a.O., USA 46 f, Loukota, a. a.O., Tz 486 ff, verwiesen.
Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Ein von der Beschwerdeführerin angestrebter Ausspruch in der Sache selbst ist dem Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer sogenannten Bescheidbeschwerde verwehrt. Für das fortgesetzte Verfahren gilt die von der Beschwerdeführerin offensichtlich bei ihrem Antrag auf Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung übersehene Bestimmung des § 63 Abs. 1 VwGG.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Für jede Ausfertigung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ist eine - von deren Umfang unabhängige - feste Gebühr in der Höhe von S 120,-- zu entrichten. Die im vorliegenden Fall vorgelegte (nicht beglaubigte) Ablichtung der (bei den Verwaltungsakten befindlichen) Vollmacht ist nicht als Vollmacht mit S 120,-- sondern als Beilage mit S 30,-- zu vergebühren (siehe z.B. das Erkenntnis vom 11. Februar 1982, Zl. 81/15/0047, ÖStZB 22/1982, S. 333).
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12 Ermessen besondere Rechtsgebiete Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Unrichtige Höhe der Stempelgebühren Erstattung bzw Notionierung ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989160069.X00Im RIS seit
11.07.2001