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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs2;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Oberösterreich vom 7. Feber 1990, SV-1135/2-1990, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (Behebung eines Straferkenntnisses und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Strafbehörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950)
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als Strafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 10. Oktober 1989 einer Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 lit. a AuslBG schuldig erkannt, weil er in seinem Betrieb in A acht namentlich bezeichnete ausländische Staatsangehörige beschäftigt habe, für die weder ein Befreiungsschein ausgestellt, noch eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretung hatte die Strafbehörde erster Instanz über den Beschwerdeführer gemäß § 28 AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 80.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 80 Tage) verhängt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Bescheid behob der Landeshauptmann von Oberösterreich auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers dieses Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Strafbehörde erster Rechtsstufe. Zur Begründung wurde, soweit für die Beschwerde von Relevanz, ausgeführt, im Beschwerdefalle sei nicht geklärt worden, ob der Beschwerdeführer nachweislich vor dem Zeitpunkt der Tatbegehung einen verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 3 und 4 VStG bestellt habe. Weiters enthalte der erstinstanzliche Bescheid über das Vorliegen von Milderungsgründen iSd § 20 VStG keine Feststellungen. Darüber hinaus stehe auch nicht fest, ob die ausländischen Arbeitnehmer, die nur ganz kurze Zeit beschäftigt gewesen seien, überhaupt in einem Arbeitsverhältnis iSd § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG zum Beschwerdeführer gestanden seien. Der vorliegende Sachverhalt sei "daher so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung, die im wesentlichen eine Befragung des Beschwerdeführers und seines Bruders sein" könne, unvermeidlich erscheine.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in dem Recht auf Sachentscheidung dadurch verletzt, daß die belangte Behörde entgegen § 24 VStG iVm § 66 Abs. 3 (richtig wohl: Abs. 2) AVG 1950 das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren an die Behörde erster Rechtsstufe zurückverwiesen hat. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, ausschlaggebendes Kriterium bei Gebrauchnahme von der Zurückverweisungsmöglichkeit nach § 66 Abs. 2 AVG 1950 sei, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zur Feststellung des der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhaltes unvermeidlich sei. Diese Kriterien träfen auf die gegenständliche Verwaltungsstrafsache nicht zu. Die belangte Behörde wäre vielmehr verpflichtet gewesen, den oben aufgezeigten fehlenden Sachverhalt, der zur umfassenden Beurteilung der Rechtsfrage notwendig sei, möglichst zweckmäßig, rasch und kostensparend durch die Anordnung von zusätzlichen Einvernahmen durch die Behörde erster Rechtsstufe zu ergänzen und sodann in der Sache selbst zu entscheiden.
Die Beschwerde ist zulässig, weil ein verfahrensrechtlicher letztinstanzlicher Bescheid vorliegt, der der Unterinstanz eine neuerliche Entscheidung aufträgt. Ein solcher Bescheid kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Rechtssatz eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1951, VwSlg. Anhang 33/A, 5934/A und 9689/A) vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Gegenstand des angefochtenen Berufungsbescheides ist eine Entscheidung nach § 66 Abs. 2 AVG 1950. Nach der genannten Gesetzesstelle kann die Berufungsbehörde dann, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen; auch in einem solchen Fall kann jedoch die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 3 AVG 1950 die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme selbst durchführen, wenn hiemit ein Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Durch die in § 66 AVG 1950 getroffene Regelung soll gesichert werden, daß ein im Stadium der Berufung befindliches Verfahren möglichst auch zu einer Berufungsentscheidung in der Sache führt. Die (Rück-)Verweisung des Verfahrens in ein von der unteren Instanz zu besorgendes Stadium soll nur ausnahmsweise möglich sein. Es soll vermieden werden, daß die mit dem Zurücktritt eines Verfahrens in ein früheres Stadium verbundenen Rechtsfolgen, wie etwa die Wiedereröffnung des Instanzenzuges, zu einer Verlängerung des Verfahrensganges führen.
Daraus ergibt sich, daß die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung, wie der Beschwerdeführer zu Recht vorträgt, nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen darf, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (vgl. dazu VwSlg. 1926/A, 2743/A, 5586/A, 5653/A, 6463/A und 6807/A; VfSlg. 8153). Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens berechtigt demnach die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich dieser Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Form von Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen und aller sonst für seine Ermittlung (Erhebung der Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise) in Betracht kommenden Personen, die daher gleichzeitig am gleichen Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen, beheben läßt, was im Beschwerdefall bei den oben dargelegten Verfahrensmängeln nach Ansicht des erkennenden Senates nicht zutraf. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. VwSlg. 8893/A) und die dafür notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung der Behörde erster Rechtsstufe oder selbst vorzunehmen.
Da die belangte Behörde solcherart eine unzutreffende Vorstellung vom normativen Gehalt des im § 66 Abs. 2 AVG 1950 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffes der "Unvermeidlichkeit" (vgl. hiezu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1985, Zl. 84/05/0240 = Slg. Nr. 11795/A) zu erkennen gab, war der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß auf die fehlende Begründung in Hinsicht auf die Ermessenshandhabung bei der in Streit gezogenen Zurückverweisung einzugehen war.
Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung KassationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990090055.X00Im RIS seit
12.07.1990Zuletzt aktualisiert am
14.07.2009