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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
JR und ER gegen Steiermärkische Landesregierung vom 10. Jänner 1990, Zl. 03-12 Ki 50-89/18, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. PK, 2. ChK, 3. Marktgemeinde X)
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. Dezember 1986 wurde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten die Widmungsbewilligung hinsichtlich einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 319 der KG S zur Schaffung eines Bauplatzes unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die gemäß § 25 Abs. 3 ROG im Freiland für die bestimmungsgemäße Nutzung zulässige Errichtung eines Gebäudes im Zusammenhang mit der Widmung einer Baufläche wurde auf die Größe von 185 m2 festgelegt. Die maximale Bebauungsdichte wurde mit 0,2 festgesetzt. Mit Bescheid vom 16. März 1987 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung des Erstbeschwerdeführers, dessen Grundstück an das Grundstück Nr. 319 angrenzt, als unzulässig zurück. Die dagegen eingebrachte Vorstellung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. April 1987 als unbegründet ab.
Mit Bescheid vom 3. Juni 1987 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten die Baubewilligung für den Neubau einer Unterkunftshütte für Fischer und Eisschützen auf dem genannten Grundstück. Die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 30. Juli 1987 als unzulässig zurück. Die belangte Behörde wies die Vorstellung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 29. Oktober 1987 als unbegründet ab. In der Folge errichteten die Erst- und Zweitmitbeteiligten ein Gebäude, dessen Größe deutlich die des bewilligten Projektes überstieg. Mit Ansuchen vom 22. März 1988 beantragten die Erst- und Zweitmitbeteiligten die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau einer Unterkunftshütte für Fischer und Eisschützen. Die seinerzeit bereits mit Bescheid vom 3. Juni 1987 erteilte Baubewilligung sollte aufgrund des vorliegenden Ansuchens abgeändert werden. Über dieses Vorhaben fand am 26. April 1988 eine mündliche Verhandlung statt. Aus dem Befund des Sachverständigen für Bautechnik geht hervor, daß die zulässige Bebauungsdichte von 0,2, bezogen auf die Bauplatzfläche des Grundstückes, bei der Errichtung des Gebäudes nicht eingehalten wurde und daher die Auflagen des Widmungsbewilligungsbescheides vom 22. Dezember 1986 nicht eingehalten wurden. Die Beschwerdeführer erhoben gegen das Bauvorhaben Einwendungen. Mit Bescheid vom 18. November 1988 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Erst- und Zweitmitbeteiligten einen auf § 73 Abs. 2 der Stmk. Bauordnung gestützten Beseitigungsauftrag hinsichtlich der errichteten Unterkunftshütte für Fischer und Eisschützen. Mit Ansuchen vom 12. Dezember 1988 beantragten die Erst- und Zweitmitbeteiligten die Erteilung einer Widmungsbewilligung (Widmungsänderung) für das gegenständliche Grundstück. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. Juni 1989, bei der die Beschwerdeführer Einwendungen gegen die beantragte Widmungsänderung erhoben, bewilligte der Bürgermeister mit Bescheid vom 28. Juli 1989 die beantragte Widmungsänderung. Die Bebauungsdichte wurde für die gegenständliche Widmungsfläche auf Grund der seit 27. Juli 1989 rechtskräftigen 5. Änderung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Marktgemeinde von 0,1 bis 0,2 auf 0,1 bis 0,4 abgeändert. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer wies der Gemeinderat mit Bescheid vom 25. August 1989 als unzulässig zurück bzw. als unbegründet ab. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 19. Oktober 1989 ab. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Nach einer weiteren mündlichen Verhandlung am 27. Juni 1989 über das eingereichte Baubewilligungsansuchen, bei der die Beschwerdeführer Einwendungen hinsichtlich der Widmungswidrigkeit, des Lärmes, sowie der nicht erforderlichen Größe des Gebäudes vorbrachten, erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 27. September 1989 unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen die beantragte Baubewilligung. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet ab - bzw. als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid brachten die beschwerdeführenden Anrainer durch ihren bevollmächtigten Vertreter die Berufung ein. In dieser führten sie im wesentlichen aus, wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Baubehörde erster Instanz darlege, daß die dem Projekt zugrundeliegende Widmungsbewilligung trotz der dagegen erhobenen Vorstellung formell rechtskräftig sei, so sei diese Vorgangsweise als bedenklich anzusehen. Die Beschwerdeführer hätten nämlich mit ihrer Vorstellung auch den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt, doch habe es die Baubehörde unterlassen, die am 12. September 1989 eingebrachte Vorstellung, gegen den Widmungsbescheid unverzüglich der Landesregierung vorzulegen. Damit sei den Beschwerdeführern das Recht genommen worden, noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (27. September 1989) über die aufschiebende Wirkung abzusprechen. Dem angefochtenen Bescheid liege auch eine Verhandlung zugrunde, in der das Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Das Gutachten des Dipl.-Ing. H.J.W. vom 26. Juni 1989 sei den Beschwerdeführern nicht zur Kenntnis gebracht worden. Dieser Gutachter sei kein Amtssachverständiger, die Baubehörde erster Instanz habe im gesamten Verfahren nicht begründet, warum sie zur Frage des § 25 Abs. 3 des Raumordnungsgesetzes, nämlich zur Übereinstimmung des gegenständlichen Bauprojektes mit der Flächenwidmungsplanausweisung Sondernutzung "Freizeit und Erholung" nicht einen amtlichen Sachverständigen beigezogen habe. Im Gutachten habe der Sachverständige Dipl. Ing. H.J.W. die Bebauungsdichte unrichtig berechnet, zur wesentlichen Frage, die ein Sachverständiger zu beurteilen gehabt hätte, nämlich, ob das gegenständliche Gebäude als Objekt eines Betriebes für eine bestimmungsgemäße Nutzung für die Erholungs- und Freizeitzwecke überhaupt erforderlich sowie in seiner standörtlichen Zuordnung und Gestaltung betriebstypisch sei, weise das Gutachten keine schlüssigen Angaben auf. Es liege ein diesbezüglich notwendiges eigenes Sachverständigengutachten im Sinne des § 25 Abs. 6 ROG nicht vor. Gerade im Hinblick auf das nunmehr wesentlich vergrößerte Projekt wäre es vorrangige Aufgabe eines Sachverständigen gewesen, zu beurteilen, warum nunmehr dieses Projekt um so vieles größer und anders ausgeführt als ursprünglich bewilligt, notwendig sei im Sinne des § 25 Abs. 3 Z. 1 ROG 1974. Es sei auch nochmals auf den Widerspruch des gesamten Projektes zur Flächenwidmungsplanausweisung und zur Widmungsbewilligung hinzuweisen, da die öffentliche Zugänglichkeit des Erholungswaldes und der Sondernutzungsfläche nicht gegeben sei. Mit Bescheid vom 21. November 1989 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab bzw. als unzulässig zurück. Die dagegen eingebrachte Vorstellung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 10. Jänner 1990 als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im wesentlichen ausgeführt, für die Berechnung der Bebauungsdichte gelte die Bebauungsdichteverordnung LGBl. Nr. 60/1987. Demnach gelte für die Geschoßqualifikation nicht die Zweckwidmung, sondern es sei zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Aufenthalts- oder Arbeitsraum gemäß §§ 31 und 47 Abs. 2 lit. d und e der Bauordnung gegeben seien. Beim eingereichten Objekt handle es sich um ein Kleinhaus. Für Aufenthaltsräume müsse sohin eine lichte Raumhöhe von 2,50 m gegeben sein. Für Aufenthaltsräume im Dachboden sei eine lichte Höhe von 2,40 m über der halben Fußbodenfläche Voraussetzung. Jedenfalls erfüllten Kühlraum, Lagerraum etc. sowie der Dachraum keinesfalls diese Voraussetzungen, sodaß unter Zugrundelegung des raumplanerischen Gutachtens mit Sicherheit festgestellt werden könne, daß die maximale Bebauungsdichte von 0,4 nicht überschritten werde. Zum Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs in bezug auf das ortsplanerische Gutachten sei auszuführen, daß die Beschwerdeführer im Berufungsverfahren Gelegenheit hatten, Akteneinsicht zu nehmen und auch vom Inhalt Kenntnis zu erlangen. Die Beschwerdeführer hätten zu Recht gerügt, daß gemäß § 51 Abs. 6 Raumordnungsgesetz (vgl. nunmehr § 51 Abs. 4 ROG) für die Sondernutzung im Freiland nicht ein Gutachten eines Sachverständigen für das jeweilige Fachgebiet (hier: auf dem Gebiet des Fischereiwesens) eingeholt worden sei. Dieser Mangel lasse jedoch nicht erkennen, inwieweit ein im § 61 Abs. 2 der Bauordnung taxativ aufgezähltes subjektiv-öffentliches Nachbarrecht verletzt werde. Das Freiland in seiner Sondernutzung kenne nach dem Gesetz keine Emissionsbeschränkungen, sodaß das Vorhaben in der Sondernutzung "Sportfläche" zulässig sei. Angelegenheiten, über die bereits bindend im Widmungsverfahren abgesprochen wurde (hier: Zufahrt), könnten im Baubewilligungsverfahren nicht neuerlich aufgerollt werden. Zusammenfassend könne daher gesagt werden, daß durch das Bauvorhaben bzw. durch die vorgebrachten Einwendungen eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten nicht festgestellt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor; sie verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer stützen ihre Beschwerde vor allem darauf, daß ihnen entgegen der Ansicht der belangten Behörde ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Einhaltung der Widmung "Freiland" zukomme. Die Bestimmungen des § 25 ROG über Freilandbauführungen seien auch zum Schutze der Nachbarn ausgelegt, da die Errichtung von Bauten nur in unbedingt notwendigem Ausmaß und Gestaltung unweigerlich auch das Ziel der Einschränkung von Belästigungen aller Art habe. Damit sei § 25 Abs. 3 Z. 1 ROG auch zum Schutze der Nachbarn normiert.
Gemäß § 25 Abs. 3 ROG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 15/1989 dürfen im Freiland nur solche Gebäude, Bauwerke und Anlagen errichtet werden, die als Objekte eines Betriebes für eine bestimmungsgemäße Nutzung gemäß Abs. 2 nachweislich erforderlich sowie in ihrer standörtlichen Zuordnung und Gestaltung betriebstypisch sind. Emissionsbeschränkungen sind in dieser Vorschrift nicht vorgesehen.
Nun hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß die Beschränkung der Immissionen nur im Zusammenhang mit der entsprechenden Flächenwidmung gesehen und geltend gemacht werden könne, da die Stmk. Bauordnung kein allgemeines Emissionsverbot kennt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1986, Zl. 85/06/0013, BauSlg. Nr. 740, sowie vom 6. Juli 1989, Zl. 88/06/0142,). Demgemäß kann die Immissionsbeschränkung von Betrieben stets nur im Zusammenhang mit der entsprechenden Flächenwidmung gesehen werden. Aus der Ausweisung als "Freiland mit der Sondernutzung Freizeit und Erholung" der gegenständlichen Grundfläche im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde im Zusammenhang mit § 25 ROG ist aber nicht ableitbar, welche Vorschrift den Beschwerdeführern einen subjektiv-öffentlichen Anspruch auf Beschränkung von Immissionen geben sollten.
Im § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989, die hier schon anzuwenden ist, sind die Einwendungen taxativ aufgezählt, die der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung erheben kann. Nach lit. b der genannten Bestimmung kann der Nachbar nur den Widerspruch des Bauvorhabens zum Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und den Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist (§ 3 Abs. 2), geltend machen. Da, wie bereits ausgeführt, mit der Ausweisung "Freiland mit der Sondernutzung Freizeit und Erholung" kein Immissionsschutz verbunden ist, besitzt der Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungs- und Nutzungsart. Das gesamte Beschwerdevorbringen, soweit es sich auf die Einhaltung der Widmung "Freiland" bezieht, einschließlich jenes zur Lärmbelästigung durch den Betrieb des Buffets sowie durch Ab- und Zufahren von Kraftfahrzeugen und der Überschreitung ortsüblicher Belastungen durch Immissionen, geht damit ins Leere. Einem diesbezüglichen Vorbringen käme nur in einem allfälligen gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren rechtliche Bedeutung zu. Selbst das zutreffende Beschwerdevorbringen wonach entgegen der Bestimmung des § 25 Abs. 6 ROG kein Gutachten eines Sachverständigen eingeholt wurde, sowie der Hinweis auf § 27 Abs. 5 ROG vermag der Beschwerde zu keinem Erfolg zu verhelfen, da auch diese Bestimmungen keinen Immissionsschutz gewährleisten. Die objektive Rechtswidrigkeit eines Baubewilligungsbescheides führt aufgrund der Beschwerde eines Nachbarn nicht zwangsläufig zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, ausgesprochen hat, ist das Mitspracherecht eines Nachbarn im Baubewilligungsverfahren auf jenen Themenkreis eingeschränkt, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Da das Mitspracherecht der beschwerdeführenden Nachbarn durch § 61 BO determiniert ist und diese Bestimmung ein subjektiv-öffentliches Recht der Nachbarn nur hinsichtlich der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan insoweit vorsieht, als damit ein Immissionsschutz verbunden ist, kommt dem Nachbarn bei der Frage der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 27 Abs. 5 ROG kein Mitspracherecht zu.
Die belangte Behörde hat somit zu Recht die Ansicht vertreten, daß die Beschwerdeführer durch die Erteilung der Baubewilligung in keinem ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden sind. Die Rechtskraft des Widmungsbewilligungsbescheides war sowohl von der belangten Behörde, als auch vom Verwaltungsgerichtshof zu berücksichtigen.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde haben die Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens keine Einwendungen hinsichtlich des Fehlens eines Abstandes des Bauprojektes gemäß § 4 Abs. 3 Stmk. BO vorgebracht. In der Beschwerde wird auch gar nicht konkret behauptet, daß der erforderliche Abstand zum Grundstück der Beschwerdeführer nicht eingehalten werde; ein derartiges Vorbringen wäre auch eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung. Die Beschwerde mußte somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990060035.X00Im RIS seit
03.05.2001