TE Vwgh Erkenntnis 1990/7/13 90/19/0097

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.1990
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §16 Abs2;
AZG §28 Abs1;
VStG §5 Abs1;

Betreff

F gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 14. April 1989, Zl. 5-212 Fi 21/3-89, betreffend Übertretung des Arbeitszeitgesetzes.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es laut Strafantrag des Arbeitsinspektorates Graz vom 10. Juni 1986, als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Arbeitgebers "T-Gesellschaft m.b.H.", mit dem Standort Graz, zu verantworten, daß, wie anläßlich einer Kontrolle des Lkw G 7.690 am 7. Mai 1986 am Rastplatz S 35 festgestellt worden sei, die Einsatzzeit des Fahrzeuglenkers J, geboren am 6. März 1952, vom 6. Mai auf den 7. Mai 1986, 24 Stunden und 45 Minuten betragen habe, obwohl die Einsatzzeit 12 Stunden nicht überschreiten dürfe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969 in der geltenden Fassung, begangen, und es werde über ihn gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzarreststrafe drei Tage) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, vom Beschwerdeführer sei nicht der ihm angelastete Sachverhalt, sondern nur sein Verschulden bestritten worden. Sein Vorbringen sei jedoch nicht geeignet, die von ihm zu verantwortende Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 genüge zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, zumal das Arbeitszeitgesetz über das Verschulden nichts anderes bestimme. Da überdies zum gegenständlichen Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre, ziehe schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Entsprechend dieser den Beschwerdeführer treffenden Behauptungs- und Beweislast hätte er initiativ alles, was für seine Entlastung spräche, darlegen und glaubhaft machen müssen, um seine Schuldlosigkeit zu erweisen. In jenen Maßnahmen, die der Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen zum Zwecke der Gewährleistung der Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes getroffen habe, könne die Einrichtung eines tauglichen Kontrollsystems nicht erblickt werden. Die Delegierung der Verpflichtung zur angemessenen Kontrolle an einen Angestellten und die persönliche Nachkontrolle der Fahrtenbücher, welche lediglich stichprobenartig in unregelmäßigen Zeitabständen erfolgt sei, sei auch in Verbindung mit einer Belehrung der Fahrzeuglenker und der Aufforderung derselben, das Arbeitszeitgesetz einzuhalten, und der Androhung von Konsequenzen nicht als taugliches Kontrollsystem zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes anzusehen. Dem Beschwerdeführer sei es somit nicht gelungen, den Entlastungsbeweis dafür zu führen, daß er ein einer Überprüfung standhaltendes, den Anforderungen des Arbeitszeitgesetzes und seinem Betrieb entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, es hätten die beiden Zeugen R. und J. einander gegenübergestellt werden müssen, weil diese Zeugen in der Frage, ob den beschäftigten Fahrern bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz Konsequenzen angedroht worden seien, widersprüchliche Angaben gemacht hätten. Dieser Vorwurf ist aber schon deshalb nicht stichhältig, da der Zeuge R. in seiner Vernehmung vom 29. September 1988 nur allgemein und nicht in bezug auf den Zeugen J. erklärt hat, daß nach insgesamt drei Verwarnungen "die Entlassung durchgeführt wird", und der Zeuge J. in seiner Aussage vom 16. Dezember 1988 nur für seine Person zum Ausdruck gebracht hat, daß ihm keinerlei Konsequenzen bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz angedroht worden seien. Der behauptete Widerspruch in den Zeugenaussagen liegt somit nicht vor. Im übrigen ist es auch nicht richtig, daß die belangte Behörde das Nichtbestehen eines wirksamen Kontrollsystems deshalb als gegeben erachtet hat, weil dem Fahrer J. für den Fall der Überschreitung der gesetzlich erlaubten Fahrzeit keine Konsequenzen angedroht worden seien. Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vermag der Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu erkennen.

Aber auch der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ist nicht berechtigt. Unter diesem Gesichtspunkt wird vom Beschwerdeführer gerügt, die belangte Behörde habe den Verschuldensbegriff weitaus überspannt interpretiert und die Gegebenheiten im Unternehmen, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, in keiner Weise entsprechend berücksichtigt. Bei einem Unternehmen mit rund 180 Fahrzeugen sei es einem Geschäftsführer einfach nicht zumutbar, mehr als stichprobenartige Kontrollen durchzuführen, wenn ohnehin bereits die Pflicht zur Kontrolle auf einen anderen verläßlichen Mitarbeiter übertragen worden sei. Der Beschwerdeführer sei daher der Ansicht, daß er durch die Androhungen von Sanktionen sowie stichprobenartige Kontrollen die ihm durch das Arbeitszeitgesetz auferlegten Verpflichtungen erfüllt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem einen vergleichbaren den Beschwerdeführer betreffenden Fall der Übertretung des Arbeitszeitgesetzes zu der auch hier vom Beschwerdeführer angeschnittenen Rechtsfrage, unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargelegt, daß es die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung nicht zuläßt, daß sich der Arbeitgeber aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Es muß ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch eine angemessene Kontrolle. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus, entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgt (siehe das Erkenntnis vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0095). Schon in diesem Verfahren hat sich der Beschwerdeführer wie auch im gegenständlichen Verfahren lediglich darauf berufen, er habe die Kontrolle der Fahrtenbücher dem Fuhrparkleiter übertragen und habe sich selbst auf stichprobenartige Kontrollen beschränkt. Daß diese vom Beschwerdeführer zur Einhaltung der geltenden Arbeitszeitvorschriften getroffenen Maßnahmen nicht als ausreichend angesehen werden können, hat der Verwaltungsgerichtshof schon in dem genannten Erkenntnis zum Ausdruck gebracht. Da im Beschwerdefall vom Beschwerdeführer nicht behauptet wird, weitere Maßnahmen getroffen zu haben, kann der Verwaltungsgerichtshof auch im gegenständlichen Fall keine Rechtswidrigkeit darin erblicken, wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein Verschulden an der in Rede stehenden Übertretung des Arbeitszeitgesetzes angelastet hat.

Da sich sohin die Beschwerde als zur Gänze unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190097.X00

Im RIS seit

13.07.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten