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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FinStrG §89 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der B-regGenmbH, der gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) des Vorsitzenden des Berufungssenates VII bei der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 30. April 1990, Zl 123-6/90, betreffend Beschlagnahme von Beweismitteln im Sinn des § 89 Abs 5 FinStrG erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bekämpft die im Instanzenzug ergangene Entscheidung im Sinn des § 89 Abs 5 FinStrG über die Beschlagnahme von Beweismitteln. Hiebei bestreitet sie nicht, daß die angeordnete Beschlagnahme bereits am 23. Jänner 1990 durchgeführt wurde. Sie behauptet, die Abgabenbehörde werte offenkundig nach wie vor die beschlagnahmten Unterlagen (Tagesstrazzen) aus und mache insbesondere die solcherart gewonnen Ergebnisse zum Inhalt neuer Erhebungen und neuer Anfragen. Es drohe daher die weitere Verletzung des Bankgeheimnisses. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, diese Verwertungsmaßnahmen stellten einen Vollzug im Sinn des § 30 Abs 2 VwGG dar, weil hierunter alle Maßnahmen der Behörde zu verstehen seien, die der Entscheidung über die Beschwerde vorgreifen.
Unter Vollzug im Sinn des § 30 Abs 2 VwGG ist die Umsetzung eines Bescheides in die Wirklichkeit unter Herstellung der dem Bescheidinhalt entsprechenden materiellen Rechtslage und des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustandes während des Beschwerdeverfahrens zu verstehen (vgl Slg Nr 10381/A), wobei der Bescheid für die nachfolgenden Akte eine verbindliche Grundlage bildet (vgl Slg Nr 8719/A). Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verwertungsmaßnahmen sind daher nicht Vollzug in diesem Sinn. Sie sind in der Entscheidung nach § 89 Abs 5 FinStrG weder befohlen noch erlaubt worden. Diese Entscheidung hatte zur Folge, daß die beschlagnahmten Unterlagen von der Behörde nicht weiterhin gemäß der eben zitierten Bestimmung unter Siegel zu halten waren, in diese also eingesehen werden durfte. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verwertungsmaßnahmen werden im konkreten Fall durch die Entscheidung im Sinn des § 89 Abs 5 FinStrG zwar tatsächlich ermöglicht. Ihre Rechtmäßigkeit ist aber durch die getroffene Entscheidung nicht bedingt. Selbst das Beweisverwertungsverbot des § 98 Abs 4 FinStrG untersagt nur die Fällung des Erkenntnisses (der Strafverfügung) zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten unter Heranziehung von Beweismitteln, die unter Verletzung der Bestimmungen des § 84 Abs 2 erster und letzter Satz, des § 89 Abs 3, 4, 8 oder 9, des § 103 lit a bis c und des § 106 Abs 2 gewonnen wurden. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten neuen Erhebungen und neuen Anfragen sind durch das Beweisverwertungsverbot nicht betroffen. Abgesehen davon verbietet auch § 98 Abs 4 FinStrG nicht die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verwertungsmaßnahmen, sondern nur die Fällung des Erkenntnisses (der Strafverfügung) unter Heranziehung unzulässig gewonnener Beweise.
Die Beschwerdeführerin hat daher nach dem eben Gesagten mit ihrem Vorbringen nicht dargetan, daß ihr durch den VOLLZUG des angefochtenen Bescheides (noch) ein unverhältnismäßiger Nachteil drohe.
Soweit die Beschwerdeführerin von einem das Bankgeheimnis Dritter verletzenden Zugriff spricht, ist im übrigen darauf hinzuweisen, daß der in § 30 Abs 2 VwGG genannte unverhältnismäßige Nachteil ein solcher der Beschwerdeführerin und nicht ein solcher Dritter sein müßte.
Hat die Abgabenbehörde in die beschlagnahmten Unterlagen bereits eingesehen, so ist ihr Inhalt im übrigen nicht mehr geheim. Die von der Beschwerdeführerin ausgesprochene Befürchtung weiterer Verletzung des Bankgeheimnisses ist deshalb unbegründet, weil das Geheimnis nicht mehr besteht.
Schlagworte
Begriff der aufschiebenden Wirkung Unverhältnismäßiger Nachteil VollzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:AW1990140019.A00Im RIS seit
18.07.1990