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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FinStrG §89 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der G-regGenmbH, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 18. Mai 1990, Zl 153-6/90, betreffend Beschlagnahme von Unterlagen erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bekämpft die im Instanzenzug ergangene Beschlagnahmeanordnung. Hiebei bestreitet sie nicht, daß die angeordnete Beschlagnahme bereits am 23. Jänner 1990 durchgeführt wurde. Sie behauptet, die Abgabenbehörde werte offenkundig nach wie vor die beschlagnahmten Unterlagen (Tagesstrazzen) aus und mache insbesondere die solcherart gewonnen Ergebnisse zum Inhalt neuer Erhebungen und neuer Anfragen. Es drohe daher die weitere Verletzung des Bankgeheimnisses. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, diese Verwertungsmaßnahmen stellten einen Vollzug im Sinn des § 30 Abs 2 VwGG dar, weil hierunter alle Maßnahmen der Behörde zu verstehen seien, die der Entscheidung über die Beschwerde vorgreifen.
Unter Vollzug im Sinn des § 30 Abs 2 VwGG ist die Umsetzung eines Bescheides in die Wirklichkeit unter Herstellung der dem Bescheidinhalt entsprechenden materiellen Rechtslage und des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustandes während des Beschwerdeverfahrens zu verstehen (vgl Slg Nr 10381/A), wobei der Bescheid für die nachfolgenden Akte eine verbindliche Grundlage bildet (vgl Slg Nr 8719/A). Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verwertungsmaßnahmen sind daher nicht Vollzug in diesem Sinn. Sie haben nämlich ihre rechtliche Grundlage nicht in der mit Beschwerde bekämpften Beschlagnahmeanordnung, sondern nur allenfalls ihre faktische Grundlage in der bereits durchgeführten Beschlagnahme. Die behaupteten Verwertungsmaßnahmen sind in der Beschlagnahmeanordnung weder befohlen noch erlaubt worden. Ihre Rechtmäßigkeit ist auch durch die Beschlagnahmeanordnung nicht bedingt. Selbst dann, wenn die betreffenden Unterlagen ohne Beschlagnahmeanordnung in die Hände der Abgabenbehörde gelangt wären, wäre die Rechtmäßigkeit von Verwertungsmaßnahmen für sich allein zu prüfen. Die Beschlagnahmeanordnung ist daher im konkreten Fall ausschließlich tatsächliche Voraussetzung (Bedingung) für die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verwertungsmaßnahmen. Selbst das Beweisverwertungsverbot des § 98 Abs 4 FinStrG untersagt nur die Fällung des Erkenntnisses (der Strafverfügung) zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten unter Heranziehung von Beweismitteln, die unter Verletzung der Bestimmungen des § 84 Abs 2 erster und letzter Satz, des § 89 Abs 3, 4, 8 oder 9, des § 103 lit a bis c und des § 106 Abs 2 gewonnen wurden. Die allgemeinen Voraussetzungen einer Beschlagnahmeanordnung nach § 89 Abs 1 FinStrG finden sich in dieser Aufzählung nicht. Abgesehen davon verbietet auch § 98 Abs 4 FinStrG nicht die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verwertungsmaßnahmen, sondern nur die Fällung des Erkenntnisses (der Strafverfügung) unter Heranziehung unzulässig gewonnener Beweise.
Die Beschwerdeführerin hat daher nach dem eben Gesagten mit ihrem Vorbringen nicht dargetan, daß ihr durch den VOLLZUG des angefochtenen Bescheides (noch) ein unverhältnismäßiger Nachteil drohe.
Soweit die Beschwerdeführerin von einem das Bankgeheimnis Dritter verletzenden Zugriff spricht, ist im übrigen darauf hinzuweisen, daß der in § 30 Abs 2 VwGG genannte unverhältnismäßige Nachteil ein solcher der Beschwerdeführerin und nicht ein solcher Dritter sein müßte.
Die von der Beschwerdeführerin erwähnte Behinderung ihrer Geschäftstätigkeit durch das "Nichtzurverfügungstehen der Filmrollen" entzieht sich schon deshalb den Rechtsfolgen der aufschiebenden Wirkung im Sinn des § 30 Abs 3 VwGG, weil eine solche den gesetzten Vollzugsakt der Beschlagnahme nicht mehr beseitigen könnte.
Hat die Abgabenbehörde in die beschlagnahmten Unterlagen bereits eingesehen, so ist ihr Inhalt im übrigen nicht mehr geheim. Die von der Beschwerdeführerin ausgesprochene Befürchtung weiterer Verletzung des Bankgeheimnisses ist deshalb unbegründet, weil das Geheimnis nicht mehr besteht.
Schlagworte
Begriff der aufschiebenden Wirkung Unverhältnismäßiger Nachteil VollzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:AW1990140022.A00Im RIS seit
18.07.1990