Index
10 Verfassungsrecht;Norm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Bescheid der Datenschutzkommission nach teilweiser Verweigerung der begehrten Auskunftserteilung (mit verschiedenen Aufträgen an den Magistrat, ua. Auftrag zu Nachforschungen im Vorfeld der Datenverarbeitung); Inhalt des Auskunftsbegehrens ist gerade die Befriedigung eines nicht weiter begründungsbedürftigen Interesses; Beschwerdelegitimation gegeben; keine Verfassungsverletzung dadurch, daß die Datenschutzkommission dem Magistrat sich aus ihrer Rechtsmeinung ergebende Aufträge erteilt; nur Geheimhaltungsrecht in der Verfassung selbst garantiert; Auskunftsrecht nur unter Gesetzesvorbehalt; Auskunftspflicht schafft Anspruch auf Leistung - nur Art und Weise der Geltendmachung und Durchsetzung einfachgesetzlich auszugestalten; in §11 Abs3 DSG enthaltene Ermächtigung, durch V einen pauschalierten Kostenersatz vorzuschreiben, widerspricht nicht §1, selbst wenn diese Kosten bei umfangreichen Auskunftsersuchen eine Höhe erreichen, welche die Erlangung der Auskünfte wesentlich erschwert; hier keine Vorschreibung eines Ersatzbetrages - mangelnde Präjudizialität der DatenschutzV; Auskunftsrecht nicht schon durch jeden Fehler bei der Anwendung des einfachen G verletzt; Ersatzbetrag für jede getrennt geführte Verarbeitung - nicht verfassungswidrig; kein Zwang zur Verknüpfung aller Verarbeitungen); nach §1 Abs3 ist nicht jedermann schlechthin berechtigt, sämtliche öffentlichen Datenvearbeitungen in Bewegung zu setzen, um herauszufinden, ob nicht etwas über ihn gespeichert sei - keine Bedenken gegen die hier vorgenommene Vorfeldprüfung; keine RechtsverletzungSpruch
Die Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
und dem VwGH zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt wurde.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die in Schwarzau (Niederösterreich) wohnende Bf. begehrte 1983 beim Magistrat der Stadt Wien gemäß §1 Abs3 Datenschutzgesetz, BGBl. 565/1978 (DSG), die Mitteilung aller über sie gespeicherten personenbezogenen Daten aus den aktuellen und historischen Verarbeitungen des Magistrats sowie Auskunft über deren Herkunft und die Rechtsgrundlage für die Ermittlung, Verarbeitung, Benützung und Übermittlung. Diesem Begehren kam der Magistrat für eine Reihe von Verarbeitungen, nämlich die Wählerevidenz, die Wahlauswertung, die Personendatenbank einschließlich einer Selektion daraus für Zwecke der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit, die Verwaltungsstrafen, die Kontoführung und Rückstandsermittlung, die Dateiauswertungen für Stadtentwicklungsplanung und Stadterneuerung, die Administration des Wohnbauförderungsgesetzes, die Patientenverwaltung, -verarbeitung und -abrechnung der Krankenanstalten der Stadt, die Kontroll- und Reklamationsbögen der Volkszählung 1981, die Abgabenhauptverrechnung - sonstige Landes- und Gemeindeabgaben, Kontoführung, Vorschreibung und Rückstandsverfolgung, und schließlich für die baubehördlichen Bewilligungsverfahren (Protokollführung, Ladung, Verhandlungsschrift, Bescheiderstellung bei Publikation, Aufforderung, Mahnung, Strafantrag) antragsgemäß nach. In bezug auf die übrigen Verarbeitungen wurde der Magistrat nach Anrufung der Datenschutzkommission mit Bescheid dieser Behörde vom 14. Dezember 1984 verpflichtet, binnen vier Wochen Auskunft zu erteilen oder der Bf. unter Angabe des Grundes mitzuteilen, daß dem Antrag nicht vollinhaltlich stattgegeben werde.
Am 5. Feber 1985 teilte der Magistrat der Bf. mit, daß hinsichtlich der Verarbeitungen aus dem Aufgabengebiet "Wiener Stadtwerke", für das mit Rücksicht auf den früheren Wohnsitz der Bf. eine zielführende Untersuchung erwartet werden könne, ein Kostenersatz von zusammen 1.800 S erforderlich sei. Über diese Verarbeitungen hinaus sei die Erteilung einer Auskunft mit den "berechtigten Interessen eines anderen" (§1 Abs2 DSG) nicht vereinbar, weil die Erarbeitung einer Vollauskunft selbst bei zusätzlichem Einsatz finanzieller Mittel außergewöhnliche Behinderungen und nicht zu verantwortende Verzögerungen und Gefährdungen besorgen ließe; der tatsächliche Aufwand reiche an vier Millionen Schilling heran.
Aufgrund der gegen die Verweigerung der Auskunftserteilung erhobenen Administrativbeschwerde stellte die Datenschutzkommission gemäß §14 Abs1 DSG eine Verletzung des Rechtes auf Auskunft nach §11 des Gesetzes fest (Spruch Teil I) und trug dem Magistrat auf (Spruch Teil II),
"1. gemäß §1 Abs3 und Abs5 DSG i.V.m. §11 Abs1 DSG kostenlos im Vorfeld der Datenverarbeitung zu prüfen, ob Daten der Bf. im Sinne des §3 Zif. 1 DSG gespeichert sind oder sein können;
2. im Falle des positiven Ergebnisses dieser Prüfung die Kosten für die dann durchzuführende Auskunftserteilung aus diesen Verarbeitungen gemäß §11 Abs3 DSG i.V.m. §12 der WDSV, LGBl. Nr. 4/1981, vorzuschreiben;
3. im Falle eines negativen Ergebnisses dieser Prüfung dies der Bf. gemäß §11 Abs2 DSG (kostenlos) mitzuteilen;
4. für den Fall, daß die Bf. im Zuge des Auskunftserteilungsverfahrens konkrete Hinweise für eine Speicherung in einer Verarbeitung erbringt, insoweit die Kosten für die Auskunftserteilung gemäß §11 Abs3 DSG i.V.m. §12 und §13 WDSV vorzuschreiben."
Der Gesetzgeber habe im §1 Abs5 DSG eine Abwägung zugunsten des Auftraggebers vorgeschrieben. Dieser sei zwar verpflichtet, seine automatische Datenverarbeitung so zu organisieren, daß er der Pflicht zur Auskunftserteilung nachkommen könne, und müsse daher unter Beachtung des Gebotes der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit in der Lage sein, gewöhnlich zu erwartenden und vorhersehbaren Auskunftsersuchen zu entsprechen, brauche sich aber nicht an außergewöhnlichen Spitzenanforderungen ausrichten. Insbesondere sei aus dem Gesetz kein Gebot abzuleiten, die Verarbeitung so zu organisieren, daß ein Abruf aller zu einer Person gespeicherten Daten auf "Knopfdruck" möglich wird: durch eine solche Organisation würden Datenverknüpfungen - die es im Interesse des Schutzes der Betroffenen einzuschränken bemüht sei - entgegen dem Sinn des Gesetzes im größten Ausmaß erforderlich. Allerdings sei dem Magistrat zumutbar, ein solches Maß an Aufstockung der Hardware und Software sowie der personellen Ausstattung vorzunehmen, daß Auskunft über die aktuellen Datenbestände hinsichtlich jener Verarbeitungen gegeben werden kann, in denen der Betroffene "mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit - die nach den Angaben im Auskunftsbegehren zu beurteilen ist - enthalten sein" könne. Dieses Maß an Aufstockung werde zwar nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ausreichen, um der verlangten Vollauskunft ohne Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit nachkommen zu können. Das jeder Grundrechtsbeschränkung innewohnende Verhältnismäßigkeitsprinzip gebiete aber doch eine beschränkte Auskunft. Dazu sei eine (kostenlose) "Vorfeldprüfung" vorzunehmen, die sich nicht auf den hard- und softwaremäßig organisierten Zugriff mittels Ordnungs- und Suchbegriffen beschränken dürfe, sondern alle jene Aufzeichnungen einschließen müsse, aus denen zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann, daß der Bf. zuzuordnende Angaben gespeichert sind.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den VfGH rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Auskunft über automationsunterstützt verarbeitete Daten und die denkunmögliche Anwendung des §11 Abs1 DSG (gemeint offenbar: die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit durch willkürliche Berufung auf diese Vorschrift) sowie eine Rechtsverletzung durch Anwendung gesetzwidriger Bestimmungen der Wiener Datenschutzverordnung.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Entscheidungen der Datenschutzkommission unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege (§36 Abs4 DSG). Ein Instanzenzug kommt also nicht in Betracht.
In der Gegenschrift wird die Beschwerdeberechtigung mit dem Hinweis bezweifelt, die Bf. sei nur an der Beschaffung von Material für literarische Arbeiten ihres Sohnes interessiert:
Dieser habe 1984 ein Buch mit dem Titel "Überwachungsstaat Österreich" veröffentlicht, worin er berichte, er habe seine Mutter zu einem Auskunftsbegehren veranlaßt, um zu ermitteln, "was der Gemeindecomputer alles speichert", und ausführe, gleichzeitige Auskunftsbegehren mehrerer Personen dürften den Rathauscomputer auf Tage hinaus blockieren, was eine kostspielige Angelegenheit sei, weil dort über 300 Angestellte an Computern im Wert von mehreren Milliarden S werkten; er habe beschlossen, diesen Fall "zu einem Härtetest für das Auskunftsrecht im Datenschutzgesetz zu machen". Gehe es aber nur um eine experimentelle Auslotung des DSG, fehle ähnlich dem Falle VfSlg. 8951/1980 die Prozeßvoraussetzung der Legitimation.
Der VfGH kann diesem Einwand nicht beipflichten. Abgesehen davon, daß die Befriedigung eines nicht weiter begründungsbedürftigen Interesses gerade der Inhalt des Auskunftsbegehrens ist, kann das allfällige wissenschaftliche Interesse einer anderen Person an der Einleitung und am Ausgang eines bestimmten Verfahrens allein die Beschwerde gegen einen auf Antrag ergangenen verwaltungsbehördlichen Bescheid auch dann nicht unzulässig machen, wenn es das Verfahren faktisch ausgelöst hat. Umstände, die ein ausschließlich wissenschaftliches und nicht auf Rechtsschutz gerichtetes Interesse an der Beschwerdeführung beim VfGH dartun würden (wie in dem von der Behörde angezogenen Fall), liegen nicht vor.
III. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
1. Zunächst ist festzuhalten, daß die Datenschutzkommission im öffentlichen Bereich über Beschwerden wegen Verletzung von Bestimmungen des DSG oder der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Durchführungsbestimmungen entscheidet, sofern der Bf. behauptet, dadurch in seinen Rechten verletzt worden zu sein (§14 DSG). Wenn die Kommission eine Rechtsverletzung festgestellt hat, so sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Kommission entsprechenden Zustand herzustellen; die Behörde, die den Bescheid zu vollstrecken hat, ist darin zu bestimmen (§37 Abs1 DSG).
Der VfGH kann nicht finden, daß eine Bestimmung der Verfassung verletzt wäre, wenn die bel. Beh. dieser Aufgabe dadurch nachzukommen meint, daß sie im Spruch des angefochtenen Bescheides dem Magistrat Wien die sich aus ihrer Rechtsanschauung ergebenden Aufträge erteilt hat.
Ob die Behörde richtig vorgegangen ist, hat nicht der VfGH zu beurteilen.
2. Die Beschwerde wendet sich hauptsächlich gegen den Auftrag, kostenlos (bloß) im Vorfeld der Datenverarbeitung zu prüfen, ob Daten der Bf. gespeichert sind oder sein können: Er entbehre jeder gesetzlichen Grundlage, konkrete Hinweise für eine Speicherung stellten keine Voraussetzung der Auskunftserteilung dar und die in der Datenschutzverordnung vorgesehene Vervielfachung der Kosten nach der Zahl der "Verarbeitungen" sei gesetzwidrig, weil nur die Erteilung einer Auskunft an den Betroffenen über (alle) seine Daten ersatzpflichtig sein könne. Die Belastung mit einem Kostenersatz von zusammen 140.000 S (bei Sätzen von 100 S für aktuelle und von 500 S für nicht mehr aktuelle Bestände) schaffe das Recht auf Auskunftserteilung praktisch ab.
Diesen - zusammenhängenden - Vorwürfen kann der VfGH insgesamt nicht beipflichten:
a) Die Verfassungsbestimmung des §1 DSG gewährleistet jedermann die Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privatund Familienlebens hat (Abs1); Beschränkungen dieses Rechtes sind nur zur Wahrung berechtigter Interessen eines anderen oder aufgrund von Gesetzen zulässig, die aus den im Art8 Abs2 MRK genannten Gründen notwendig sind (Abs2). Darüber hinaus hat jedermann (Abs3),
"soweit Daten automationsunterstützt verarbeitet werden, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Auskunft darüber, wer Daten über ihn ermittelt oder verarbeitet, woher die Daten stammen, welcher Art und welchen Inhaltes die Daten sind und wozu sie verwendet werden".
Auch Beschränkungen des Rechts nach Abs3 sind nur unter den in Abs2 genannten Voraussetzungen zulässig (Abs5).
Wenngleich also beide in §1 DSG verankerten Rechte aus den in Art8 Abs2 MRK genannten Gründen beschränkt werden können, ist nur das Recht auf Geheimhaltung (Abs1) schon in der Verfassung selbst wirksam garantiert, das Recht auf Auskunft (Abs3) nur "nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen". Anders als die Pflicht zur Geheimhaltung schafft die Pflicht zur Auskunft einen Anspruch auf Leistung, der seiner Natur nach näherer Konkretisierung bedarf. Die Verfassung umschreibt den Inhalt des Rechtes daher nicht selbst abschließend, sondern überläßt die nähere Ausformung dem einfachen Gesetzgeber und räumt ihm so einen gewissen Spielraum ein. Dieser Spielraum ist allerdings ein eng begrenzter: Er betrifft nur die Art und Weise der Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs. Inhaltliche Beschränkungen des Auskunftsrechtes sind nicht Gegenstand des in Abs3 enthaltenen Auftrages an den Gesetzgeber. An solche Beschränkungen ist (wie für die Geheimhaltungspflicht des Abs1) erst in Abs5 gedacht: sie sind an die dort bestimmten Voraussetzungen geknüpft. Aus dem Aufbau des §1 DSG und der unterschiedlichen Zielsetzung seiner einzelnen Teile folgt somit, daß der Inhalt des Gesetzgebungsauftrages sich aus Abs3 ergibt und nur die Grenze für Beschränkungen dieses Anspruchs Abs5 zu entnehmen ist.
Ob eine einfachgesetzliche Regelung der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Auskunftrechtes entspricht, hängt also davon ab, ob es sich bloß um eine Regelung der Art und Weise handelt, in welcher dieses Recht geltend zu machen ist (§1 Abs3), oder ob damit eine Beschränkung im Sinne des §1 Abs5 verbunden ist. Zwar kann auch die Regelung der Art und Weise der Geltendmachung des Rechtes auf Auskunft im Vergleich mit dem verfassungsrechtlichen Modell eine Beschränkung bewirken, deren Zulässigkeit an §1 Abs5 zu messen ist. Eine gesetzliche Regelung aber, die das Recht auf Auskunft derart ausgestaltet, wie es den Vorstellungen des Verfassungsgebers entspricht, kann den in §1 Abs5 bezogenen Erfordernissen des Art8 Abs2 MRK nicht widersprechen.
Der VfGH kann unter diesen Umständen nicht finden, daß die in §11 Abs3 DSG enthaltene Ermächtigung, durch V einen pauschalierten Kostenersatz vorzuschreiben, der Verfassungsbestimmung des §1 widerspräche. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zeigt nämlich, daß immer nur an einen Anspruch gegen Kostenbeteiligung gedacht war. Schon die Regierungsvorlage (72 BlgNR, 14. GP) hatte die Vorschreibung einer unter Bedachtnahme auf die durchschnittlichen tatsächlichen Kosten pauschaliert festgesetzten Verwaltungsabgabe vorgesehen (§10 Abs3) und in den Erläuterungen auf Vorbilder des Auslandes mit der Bemerkung hingewiesen, daß die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bei häufiger Inanspruchnahme zu einem wesentlichen Kostenelement der Datenverarbeitung werden könne, weshalb die Möglichkeit geschaffen werden müsse, den Kosten einer Auskunftserteilung entsprechende Verwaltungsabgaben einzuheben (28). Gleichwohl ist der in den Erläuterungen zur Diskussion gestellte Entwurf für eine Verfassungsbestimmung bezüglich des Auskunftsrechtes ohne jede Einschränkung in dieser Richtung formuliert (17). Der Bericht des Verfassungsausschusses (1024 BlgNR, 14. GP) betont in seinen allgemeinen Feststellungen, daß die dem einzelnen zustehenden Informations- und Berichtigungsrechte je nach der Zahl der Antragstellungen unterschiedliche Kosten verursachen werden, der Entwurf hier aber die Möglichkeit des Kostenersatzes vorsehe (3 Pkt. 10). Sowohl §1 Abs3 wie auch §11 Abs3 DSG sind nach dem Antrag des Ausschusses formuliert. Der VfGH geht daher davon aus, daß ein solcher Kostenersatz zu den Modalitäten der Auskunftserteilung gehört, die festzulegen der Verfassungsgeber dem einfachen Gesetzgeber überlassen hat. Die Vorschreibung eines die tatsächlich erwachsenden Kosten deckenden Ersatzes kann folglich selbst dann nicht verfassungswidrig sein, wenn diese Kosten bei umfangreichen Auskunftsbegehren insgesamt eine Höhe erreichen sollten, welche die Erlangung der Auskünfte wesentlich erschwert oder unerschwinglich macht - was insbesondere im Falle eines Begehrens nach Auskunft auf Grund umfassender Prüfung sämtlicher beim Rechtsträger vorhandener Verarbeitungen eintreten kann. Selbst Art8 Abs2 MRK würde ja Beschränkungen erlauben, die für das wirtschaftliche Wohl des Landes notwendig sind. Nichts spricht dafür, daß der Verfassungsgeber ein Grundrecht geschaffen hätte, dessen Erfüllung die Allgemeinheit mit unabsehbaren Kosten belastet, und daß solches gerade in bezug auf das Recht auf Auskunft über automationsunterstützt verarbeitete Daten beabsichtigt gewesen wäre.
b) Geht man aber von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Überwälzung der Kosten der Auskunftserteilung an den Betroffenen aus, so bleibt die Rüge, die bel. Beh. unterstelle dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt, wenn sie die Vorschreibung eines Ersatzbetrages für jede getrennt geführte Verarbeitung für notwendig halte. Diese Annahme liegt dem angefochtenen Bescheid unausgesprochen zugrunde (Spruch Teil II Pkt. 2 und 4). Er wendet zwar nicht die Datenschutzverordnung an, weil er Kosten nicht vorschreibt und auch noch nicht vorzuschreiben hatte, sondern nur angibt, unter welchen Voraussetzungen der Magistrat zur Kostenvorschreibung schreiten soll (weshalb der VfGH die Gesetzmäßigkeit der V mangels Präjudizialität hier nicht zu prüfen hat); aber die von der bel. Beh. ins Auge gefaßte Vorgangsweise ist in der Tat nur sinnvoll, wenn Kostenersatz an sich für jede einzelne Verarbeitung gefordert werden kann.
Ob die Behörde diese Frage richtig gelöst hat, ist indessen nicht vom VfGH zu entscheiden. Zwar scheint §1 Abs3 DSG dadurch, daß er die Auskunft "nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen" verfassungsgesetzlich garantiert, jede Verletzung einschlägiger Bestimmungen zur Verfassungsverletzung zu machen. Diesem Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen kommt aber nicht dieselbe Bedeutung zu, wie sie der VfGH einer ähnlichen Formulierung im Art12 StGG 1867 für die Vereins- und Versammlungsfreiheit entnimmt. Sie ist nämlich nur die Folge der Notwendigkeit, die nähere Ausgestaltung des Auskunftsrechtes dem einfachen Gesetzgeber aufzutragen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die verfassungsrechtliche Garantie über diesen Auftrag an den Gesetzgeber hinausgehen sollte. Ist schon das Recht auf Geheimhaltung (Abs1) nur unter dem Vorbehalt der Möglichkeit gesetzlicher Einschränkungen nach Maßgabe des Art8 Abs2 MRK gewährleistet (und die unrichtige Anwendung dieser Gesetze als solche noch keine Verfassungsverletzung), so wäre es ungereimt, wenn das den gleichen Schranken unterworfene, in erster Linie der Verwirklichung des Geheimhaltungsrechts dienende Recht des Betroffenen auf Auskunft schon durch jeden Fehler bei der Anwendung des einfachen Gesetzes verletzt würde. §1 Abs3 DSG gewährleistet nur gesetzliche Bestimmungen, die ein konkretes Recht auf Auskunft einräumen, und steht jeder Auslegung solcher Bestimmungen entgegen, die §1 Abs3 nicht Rechnung trägt oder das Auskunftsrecht in einer den Anforderungen des Art8 Abs2 MRK nicht genügenden Weise beschränkt.
Verfassungswidrig ist die Auslegung der bel. Beh. hier aber nicht. Einerseits erlaubt das Gesetz nämlich die Deckung der tatsächlichen Kosten und andererseits sieht es die Verarbeitung eines Rechtsträgers insgesamt nicht als eine Einheit an. Schon das Recht auf Auskunftserteilung besteht nur, soweit Daten über jemanden automationsunterstützt verarbeitet werden (§1 Abs3 DSG), die Datenschutzverordnung hat "je nach Art der zu verarbeitenden Daten die Grundsätze für deren Ermittlung, Verarbeitung, Benützung und Übermittlung ... festzulegen" (§9 Abs1 DSG) und die Auskunft hat sich auf die - jeweilige Rechtsgrundlage für die Ermittlung, Verarbeitung, Benützung und Übermittlung zu erstrecken.
Der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit könnte unter diesen Umständen nur auf eine verfehlte Organisation der Datenverarbeitung gestützt werden, die Verarbeitungen unnötig oder gar zur Erschwerung der Auskunftserteilung - trennt oder allgemein leicht zu verknüpfende Verarbeitungen gesondert hält, träfe aber erst die konkrete Vorschreibung von Kostenersatz, nicht den von dieser Frage abstrahierenden angefochtenen Bescheid. Ein Zwang zur Verknüpfung aller Verarbeitungen in der Weise, daß - nach der Formulierung der bel. Beh. - ein Abruf aller zu einer Person gespeicherten Daten "auf Knopfdruck" möglich wird (sodaß immer nur ein Pauschalbetrag anfallen könnte), ist dem DSG keineswegs zu entnehmen. Der VfGH pflichtet im Gegenteil folgenden Überlegungen der bel. Beh. in der Gegenschrift bei:
"Eine solche ungeheuer umfassende Ermächtigung zu Datenverknüpfungen, die im datenschutzrechtlichen Sinn als Übermittlungen zu qualifizieren sind, stünde aber ohne Zweifel ... im krassen Widerspruch zur gesamten Idee des Datenschutzes. Mäße man dem Datenschutzgesetz einen solchen Inhalt bei, so würde das Gesetz nicht den Schutz der personenbezogenen Daten des Einzelnen, sondern geradezu das Gegenteil - den Aufbau gigantischer Dateien zum Zweck der Erfüllung datenschutzgesetzlicher Verpflichtungen - bewirken. Ein solches Verständnis des Gesetzes widerspräche aber - über teleologische Überlegungen hinaus - auch dem System des §1 in Verbindung mit §7 Datenschutzgesetz, die für die als Übermittlungen zu qualifizierenden Verknüpfungen von Daten strenge Voraussetzungen normieren. Diesem System widerspricht es, anzunehmen, der Gesetzgeber des Datenschutzgesetzes habe mit der Normierung des Auskunftsrechts implizite eine Verknüpfungsermächtigung größten Ausmaßes schaffen wollen".
c) An eben dieser Überlegung scheitert dann aber auch der Vorwurf der Willkür, den die Beschwerde gegen den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Auftrag an den Magistrat erhebt, kostenlos im Vorfeld der Datenverarbeitung zu prüfen, ob Daten der Bf. gespeichert sind oder sein können. Die bel. Beh. listet in der Gegenschrift aus dem Verzeichnis des Magistrats Verarbeitungen auf, in denen schon auf den ersten Blick keine Daten der Bf. gespeichert sein können (so im Voranschlag der Gemeinde, in der Straßendatenbank, bei den Umwelterhebungen, beim Lärmschutz an Bundesstraßen, der betriebsinternen Verwaltung der Magistratsabteilung 48/Stadtreinigung und Fuhrpark, der Rohrlagerverwaltung der Magistratsabteilung 31/Wasserwerke, der betriebsinternen Verwaltung der Magistratsabteilung 33/öffentliche Beleuchtung, dem internen Planungs- und Kontrollsystem der Magistratsdirektion/ADV, der Dispositionsunterstützung für die Materialbewirtschaftung, der EDV-Geräteübersicht und der Verbrauchsstatistik), und führt in bezug auf andere Verarbeitungen aus, es sei doch
"... Voraussetzung für das Bestehen des Auskunftsanspruches die Verarbeitung personenbezogener Daten des Betroffenen. Das Vorhandensein einer solchen Verarbeitung zu prüfen, ist eine wesentliche Aufgabe des auskunftspflichtigen Auftraggebers. Der Magistrat der Stadt Wien als Auftraggeber ist der Ansicht, daß diese Prüfung nur durch eine Direktabfrage aus den einzelnen Verarbeitungen erfolgen kann. Unter Direktabfrage wird hiebei das maschinelle Suchen in den Datenbeständen einer Verarbeitung in Form des direkten Zugriffes verstanden. Suchkriterium für den Zugriff ist dabei ein Identifikationsmerkmal, in der Regel der Name des Betroffenen. Für den Fall, daß der Datenbestand so organisiert ist, daß nicht direkt sondern nur mittels sequentiellen Lesens der gesamten Datei ein Betroffener gefunden werden könne, bestehe kein Auskunftsrecht.
Nach Auffassung der Datenschutzkommission entspricht diese Auslegung des Auskunftsrechtes nicht dem Gesetz. Vielmehr besteht das Auskunftsrecht unabhängig von der jeweiligen Organisation der Datenbestände (direkter Zugriff oder sequentielles Lesen). Voraussetzung ist allerdings jedenfalls die Tatsache der Speicherung von Daten des Auskunftswerbers."
Da eine umfassende Verknüpfung der Daten nicht erwartet werden könne und eine Interessenabwägung es verbiete, eine automationsunterstützte Abfrage danach zu verlangen, ob überhaupt Daten gespeichert sind, müsse dieses Ziel durch eine Vorfeldprüfung erreicht werden, die ohne datenschutzwidrige Folgen zum selben Ergebnis führe.
Dem kann der VfGH nicht entgegentreten. Auf welche Weise sich das zur Auskunft verpflichtete Organ die für eine negative Auskunft bzw. Auskunftsverweigerung erforderliche Gewißheit verschafft, daß Daten über eine bestimmte Person in einer bestimmten Verarbeitung nicht gespeichert sind, ist im DSG nicht näher umschrieben. Wenn die Behörde meint, in den von ihr aufgelisteten und weiteren, vom Magistrat noch "im Vorfeld der Datenverarbeitung zu prüfenden" Fällen könne der Bf. ohne (unzumutbar teuren) Einsatz der automatisierten Datenverarbeitung ein "negatives Ergebnis" mitgeteilt (Spruch Teil II Pkt. 3) bzw. "die Auskunft verweigert" werden (Begründung des Bescheides), so ist diese Überlegung keineswegs unsachlich und im Hinblick auf den Zweck der Auskunftserteilung auch nicht schlechthin unvertretbar. Daß jedermann berechtigt sein sollte, sämtliche öffentlichen Datenverarbeitungen in Bewegung zu setzen, um herauszufinden, ob nicht wider Erwarten über ihn etwas gespeichert sei, ist der Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 DSG jedenfalls nicht zu entnehmen. Ob das einfache Gesetz damit auch richtig ausgelegt wurde, ist nicht vom VfGH zu prüfen. Zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung ist der VwGH berufen (Art129 B-VG).
d) Sind die Überlegungen zur Vorfeldprüfung aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so kann der Auftrag der bel. Beh. an den Magistrat, für den Fall konkreter Hinweise auf eine Speicherung sogleich Kostenersatz vorzuschreiben (bei dessen Entrichtung das Auskunftsersuchen insoweit unter Einsatz der automatisierten Datenverarbeitung bearbeitet werden muß), die Verfassungssphäre umso weniger berühren.
Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen also nicht vor. Das Verfahren hat auch keinen Anhaltspunkt für eine Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm ergeben.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
und antragsgemäß dem VwGH abzutreten.
Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG idF BGBl. 297/1984).
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Datenschutz, Grundrechte, Gesetzesvorbehalt, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B342.1986Dokumentnummer
JFT_10128870_86B00342_00