Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §45 Abs1;Betreff
Antrag der Marktgemeinde E auf Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1987, Zl. 87/17/0203-9, abgeschlossenen Säumnisbeschwerdeverfahrens gegen die Niederösterreichische Landesregierung in Angelegenheit der Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages, hinsichtlich des im zitierten Beschluß festgesetzten Prozeßkostenersatzes
Spruch
Der auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich des Ausspruches über den Prozeßkostenersatz gerichtete Antrag wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 30. Juli 1986 behob die Niederösterreichische Landesregierung den Bescheid des Gemeinderates der antragstellenden Gemeinde vom 10. Jänner 1986, womit dieser dem Dr. Herbert H als Bauwerber einen Aufschließungsbeitrag vorgeschrieben hatte, und verwies die Rechtssache neuerlich an die Gemeinde. Der Bescheid langte dort am 8. August 1986 ein. Die vom Bauwerber (im folgenden: Beschwerdeführer) erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Gemeinderates wurde am 24. April 1987 zur Post gegeben. Der Gemeinderat der antragstellenden Gemeinde holte den versäumten Bescheid innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß verlängerten Nachholungsfrist durch Erlassung des Bescheides vom 12. November 1987 nach.
1.2. Mit Beschluß vom 11. Dezember 1987, Zl. 87/17/0203, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Säumnisbeschwerdeverfahren ein und sprach aus, daß die antragstellende Gemeinde dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.235,-- zu ersetzen habe.
1.3. Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 1988 stellte die Gemeinde hinsichtlich des zuletzt genannten Beschlusses über die Verfahrenskosten den "Antrag auf Bewilligung der Wiederaufnahme gem. § 45 (1) lit. a und (4) VwGG 1965 und beantragt im weiteren, dem Beschwerdeführer Dr. Hatze die Tragung des Kostenaufwandes im Verfahren VwGH Zl. 87/17/0203 der Marktgemeinde Eichgraben in der Höhe von S 460,-- aufzuerlegen und den Antrag auf Zuspruch des Kostenaufwandes Dris Hatze als unbegründet abzuweisen.
In der Begründung dieses Antrages heißt es unter anderem, der Beschwerdeführer habe in dem Zeitpunkt, als im Zuge des Säumnisbeschwerdeverfahrens der Gemeinde die Nachholung der Entscheidung aufgetragen wurde, gewußt, daß die Gemeinde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den wahren Sachverhalt, betreffend den Gebäudealtbestand auf der Liegenschaft, ermittelt hatte. Mit Schreiben vom 7. August 1987 habe der Beschwerdeführer seine Ansicht dahingehend zum Ausdruck gebracht, daß die Klärung weiterer Details dem Verwaltungsgerichtshof vorbehalten bleiben müßte, womit er schlüssig zum Ausdruck gebracht habe, im weiteren nicht mitwirken zu wollen, und, in Verkennung seiner Stellung als Partei, wie bis dahin, Beweise zu würdigen beabsichtige. Es ergebe sich daher, daß sämtliche Verfahren ab dem 21. Jänner 1986 vom Beschwerdeführer erschlichen worden seien, da er, bei Wahrheitskenntnis, sowohl den Gemeinderat der antragstellenden Gemeinde als auch die Aufsichtsbehörde bewußt getäuscht und seine Rechtsmittelbefugnis mißbraucht habe.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. d VwGG erwogen:
2.1. Die Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG, auf die die beschwerdeführernde Gemeinde ihren Wiederaufnahmeantrag betreffend den hg. Kostenbeschluß vom 11. Dezember 1987 stützt, lautet:
"Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist."
"§ 55. (1) In den Fällen einer Säumnisbeschwerde, in denen der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 5 vorgeht, ist die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, wie wenn der Beschwerdeführer obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 wäre. Im Fall einer Säumnisbeschwerde, in dem das Verfahren wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt wurde, ist der Pauschbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes in der Verordnung gemäß § 49 Abs. 1 um die Hälfte niedriger festzusetzen als der sonst auf Grund dieser Bestimmung für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes festzustellende Pauschbetrag.
(2) Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die belangte Behörde Gründe nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich gemacht haben, und diese Gründe von ihr dem Beschwerdeführer vor der Einbringung der Säumnisbeschwerde bekanntgegeben worden sind.
(3) Abs. 1 ist weiters nicht anzuwenden, wenn die Verzögerung der behördlichen Entscheidung ausschließlich auf das Verschulden der Partei zurückzuführen war."
2.2. Aus dem von der antragstellenden Gemeinde offenbar in Betracht gezogenen § 55 Abs. 3 VwGG folgt, daß die belangte säumige Behörde nur dann von der Kostenersatzpflicht (sowohl für den Fall eines Erkenntnisses nach § 42 Abs. 5 VwGG als auch für den Fall eines Einstellungsbeschlusses wegen Klaglosstellung) befreit ist, wenn die Verzögerung der behördlichen Entscheidung ausschließlich auf das Verschulden der Partei zurückzuführen ist. Anders als für die Frage des Überganges der Zuständigkeit auf den Verwaltungsgerichtshof kommt es also im Kostenersatzrecht auf eine Verschulden an.
Wenn nun aber die antragstellende Gemeinde meint, unrichtige Angaben des Beschwerdeführers bzw. seine nicht gehörige Mitwirkung an der Ermittlung des Sachverhaltes hätte die Säumnis des Gemeinderates bewirkt, so verkennt sie, daß es Sache des Gemeinderates gewesen wäre, das von der Vorstellungsbehörde aufgetragene Verfahren zu ergänzen, den Sachverhalt entsprechend zu würdigen und fristgerecht eine Erledigung zu treffen. Nach der Aktenlage hat der Gemeinderat innerhalb der Entscheidungsfrist jedoch schlechthin keinerlei Tätigkeit entfaltet, sondern erst nach ihrem Ablauf mit 8. Februar 1987 mit Erhebungsschritten begonnen. Es kann somit keine Rede davon sein, daß der Partei (dem Beschwerdeführer) das ausschließliche Verschulden an der Verzögerung der behördlichen Entscheidung anzulasten gewesen wäre.
Bei dieser Sachlage ist das im Wiederaufnahmeantrag genannte Verhalten des Beschwerdeführers für die vom Verwaltungsgerichtshof getroffene Kostenentscheidung nicht kausal; diese Entscheidung wurde dadurch nicht "herbeigeführt oder sonstwie erschlichen". Der Wiederaufnahmetatbestand nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG ist daher schon aus diesem Grund nicht gegeben, ohne daß auf die Frage der besonderen Qualifikation des Verhaltens des Beschwerdeführers im Zuge des Abgabenverfahrens einzugehen war.
Dem Wiederaufnahmeantrag war infolge dessen nicht stattzugeben.
2.3. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, der antragstellenden Gemeinde eine Verbesserung der dem Antragsschriftsatz anhaftenden formellen Mängel aufzutragen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990170315.X00Im RIS seit
25.07.1990