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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §143;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 577;Betreff
N gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Mai 1989, Zl. GA 11 - 799/1/89, betreffend Kraftfahrzeugsteuer:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Einer Kontrollmitteilung des Gendarmeriepostens Baden zufolge hatte der Beschwerdeführer (ein Rechtsanwalt) am 6. August 1988 die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate März bis August 1988 für das mit dem Kennzeichen N 000.000 zugelassene Kraftfahrzeug nicht entrichtet. Der Beschwerdeführer gab an, das gar nicht bemerkt zu haben.
Das Finanzamt setzte eine Abgabenerhöhung von S 270,-- mit der Begründung fest, der Beschwerdeführer habe die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate März bis August 1988 im Betrag von S 540,-- nicht entrichtet.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Erhöhung sei überhöht, da er die S 540,-- in Form von Steuermarken entrichtet, aber die Karte nicht mitgehabt habe.
Der zu diesem Vorbringen um Stellungnahme ersuchte Meldungsleger teilte mit, der Beschwerdeführer habe die Kraftfahrzeugsteuerkarte für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug N nnn.nnn nicht mitgeführt. Er habe aber die Steuerkarte für sein zweites Kraftfahrzeug (N 000.000) vorgewiesen. Für dieses habe er, wie in der Kontrollmitteilung angeführt, für insgesamt sechs Monate keine Kraftfahrzeugsteuer entrichtet.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab.
In dem - mit Berufungen gegen zahlreiche andere Bescheide verbundenen - Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer aus, die Gendarmen seien keine Finanzprüfer und daher nicht berechtigt, Kontrollmeldungen an das Finanzamt zu schicken, welche Fahrzeuge beträfen, bei denen sie gar keine Verkehrskontrolle durchführten. Der Gendarmerieposten habe den Beschwerdeführer nicht betreffend seinen PKW Lada kontrolliert; vielmehr habe es sich um eine Verkehrskontrolle betreffend den LKW-Toyota gehandelt. Der Beschwerdeführer beantrage, Einsicht in die Kontrollmeldung. Er habe den Gendarmen anläßlich der Fahrzeugkontrolle zahlreiche "Pappendeckel" gegeben, aber nicht den "gepickten Pappendeckel" gezeigt. Es sei unrichtig, daß er die Kraftfahrzeugsteuer für März bis August 1988 nicht entrichtet hätte.
Das Finanzamt übermittelte dem Beschwerdeführer eine Ablichtung der Kontrollmitteilung. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin, der Gendarm sei nicht zur Kontrollmitteilung ermächtigt gewesen; das Finanzverfahren leide daher an einem Verfahrensfehler. Die Kontrollmitteilung sei im übrigen falsch. Der Beschwerdeführer habe nämlich den "Steuerpappendeckel", auf dem "die Monate März bis August gepickt waren", gar nicht mitgehabt, als die Gendarmerie "den LKW-Toyota geprüft" habe. Er beantrage die Vernehmung des Meldungslegers zum Beweis dafür, daß auf dem von ihm kontrollierten "Pappendeckel" sehr wohl "Kraftfahrzeugmarken in ausreichender Menge gepickt" gewesen seien, und die Gegenüberstellung der amtshandelnden Gendarmen mit dem Beschwerdeführer.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte sie begründend im wesentlichen aus, die den Organen der Polizei und Gendarmerie obliegende Verpflichtung, zu prüfen, ob die Vorschriften über die Kraftfahrzeugsteuer eingehalten werden, schließe eine Verständigung über eine Steuerkarte ein nicht den Gegenstand der Überprüfung bildendes Fahrzeug betreffend ein. Den Angaben des Meldungslegers käme eine höhere Glaubwürdigkeit zu als den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers. Dem Finanzamt könne nicht entgegengetreten werden, wenn es im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens eine Erhöhung im Ausmaß von lediglich 50 % festgesetzt habe.
In der - mit dem vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht in Zusammenhang stehenden - Berufung gegen den die Kraftfahrzeugsteuer für das Kraftfahrzeug N 000.000 festsetzenden Bescheid des Finanzamtes brachte der Beschwerdeführer vor, die Kraftfahrzeugsteuerkarte sei ihm gestohlen worden.
Mit der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerde ist die Kraftfahrzeugsteuerkarte des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen N 000.000 angeschlossen, die die mit dem Rundsiegel der Bezirkshauptmannschaft Baden versehene Bestätigung der behördlichen Zulassung am 16. Februar 1988 trägt und in dem für das Aufkleben der Stempelmarke für den Monat Februar 1988 bestimmten Raum ebenfalls den Rundsiegel der Behörde aufweist. Auf der Steuerkarte sind keine Stempelmarken aufgeklebt.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die Sicherheitswacheorgane seien nicht berechtigt gewesen, die Kraftfahrzeugsteuerkarte eines Fahrzeuges zu überprüfen, das vom überprüften Lenker "gar nicht betrieben" werde.
Gemäß § 9 Abs. 4 KfZStG 1952 sind die Organe der Polizei und Gendarmerie verpflichtet, im Rahmen ihrer sonstigen Dienstobliegenheiten auch zu prüfen, ob die Vorschriften über die Kraftfahrzeugsteuer eingehalten werden. Zur zitierten Vorschrift hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß es sich dabei um eine besondere Prüfungsmaßnahme im Sinne des § 153 BAO handelt, die durch die Vorschriften über abgabenbehördliche Prüfungs- und Aufsichtsmaßnahmen gemäß den §§ 143 bis 151 BAO nicht berührt wird. Die Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften über die Kraftfahrzeugsteuer durch Organe der Polizei und Gendarmerie ist daher als Amtshandlung im Rahmen der Dienstpflichten solcher Organe anzusehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. April 1967, Slg. 3603/F, vom 21. September 1984, Slg. 5920/F, und vom 28. Februar 1985, Zl. 84/17/0194).
Gemäß § 8 Abs. 3 KfZStG 1952 hat der Lenker eines Kraftfahrzeuges die Kraftfahrzeugsteuerkarte oder die Bescheinigung nach Abs. 1 oder nach Abs. 2 für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug mitzuführen und den Organen der Abgabenbehörden sowie den Organen der öffentlichen Sicherheit auf Verlangen zur Überprüfung vorzuweisen. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausgesprochen, daß zwischen dem Lenken eines Kraftfahrzeuges (und dem Mitführen der Kraftfahrzeugsteuerkarte) und der späteren Überprüfung derselben auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 KfZStG 1952 ein enger Zusammenhang in zeitlicher, räumlicher und sachlicher Hinsicht bestehen muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1984, Zl. 83/17/0121).
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß der Beschwerdeführer zwar nicht verpflichtet war, bei einer mit dem Lenken des Kraftfahrzeuges N nnn.nnn im Zusammenhang stehenden Verkehrskontrolle dem Organ der Gendarmerie die Kraftfahrzeugsteuerkarte des Kraftfahrzeuges N 000.000 vorzuweisen. Damit ist aber für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, denn die Abgabenerhöhung wurde nicht deswegen festgesetzt, weil der Beschwerdeführer anläßlich einer Überprüfung die Kraftfahrzeugsteuerkarte das Kraftfahrzeug N 000.000 betreffend nicht vorgewiesen hätte (vgl. § 8 Abs. 4 lit. a KfZStG 1952 erster Fall), sondern deshalb, weil der Beschwerdeführer die in Stempelmarken zu entrichtende Steuer für das Kraftfahrzeug N 000.000 nicht entrichtet hatte (§ 8 Abs. 4 lit. b KfZStG 1952). Dagegen, daß die Abgabenbehörde die von einem Sicherheitswacheorgan getroffene Wahrnehmung, wonach in einer vorgewiesenen Kraftfahrzeugsteuerkarte die Stempelmarken nicht (oder nicht vorschriftsmäßig) aufgeklebt waren, als Beweismittel auch dann verwertet, wenn zum Vorweisen der Kraftfahrzeugsteuerkarte mangels eines engen Zusammenhanges der Überprüfung in zeitlicher, räumlicher und sachlicher Hinsicht mit dem Lenken des in der Steuerkarte bezeichneten Kraftfahrzeuges keine Verpflichtung vorgelegen hätte, bestehen aber keine Bedenken. Gemäß § 166 BAO kommt im Abgabenverfahren als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Diese Voraussetzungen liegen im gegebenen Fall vor; in der Verwertung dieses Beweismittels durch die Abgabenbehörde liegt somit kein Verfahrensmangel.
Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, da ihm bisweilen Steuerkarten verlorengegangen seien, sei durch die gegenständliche Verkehrskontrolle nicht erwiesen, daß für den Zeitraum März bis August 1988 die Kraftfahrzeugsteuer für den PKW N 000.000 nicht entrichtet gewesen sei. "Zu seinem Erstaunen" finde er nun "den Pappendeckel, den der Gendarmeriebeamte las. Da waren überhaupt keine Marken gepickt". Bis jetzt sei der Beschwerdeführer der Meinung gewesen, daß er "Kraftfahrzeugmarken gepickt" habe; jetzt stelle er fest, daß er nur einen "Stempel auf einem Pappendeckel" habe. Im übrigen habe er das Gefühl, daß er für die Monate August bis Oktober 1988 dreimal Kraftfahrzeugsteuer entrichtet habe. Er müsse sich allerdings erst die entsprechenden Quittungen suchen.
Mit diesem Vorbringen gesteht der Beschwerdeführer nunmehr zu, daß er dem Meldungsleger eine Kraftfahrzeugsteuerkarte des Kraftfahrzeuges N 000.000 (offenkundig die der Beschwerde angeschlossene) vorgewiesen hat, auf der keine Stempelmarken aufgeklebt waren bzw. sind. In welcher Weise bei dieser Sachlage die Vernehmung des Meldungslegers und dessen Gegenüberstellung mit dem Beschwerdeführer dem im Berufungsverfahren noch vertretenen Standpunkt des Beschwerdeführers, auf dem vom Meldungsleger kontrollierten "Pappendeckel" seien "Kraftfahrzeugmarken in ausreichender Menge gepickt" gewesen, hätte dienlich sein können, ist nicht ersichtlich. Es kann daher schon aus diesem Grund der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie, ohne die vom Beschwerdeführer verlangte Vernehmung und Gegenüberstellung durchzuführen, nicht den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers folgte, sondern den dezidierten und stets gleichlautenden Angaben des Meldungslegers in der Meldung und seiner Stellungnahme zu den Behauptungen des Beschwerdeführers.
Im übrigen wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, auf jede geeignete Art und Weise - auch anders als durch Vorlage der Steuerkarte - darzutun, daß er die Kraftfahrzeugsteuer ordnungsgemäß entrichtet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1989, Zl. 88/15/0130, und die darin zitierte Vorjudikatur). Einen solchen Beweis hat der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren gar nicht angetreten, sondern lediglich die oben wiedergegebenen widersprüchlichen Behauptungen aufgestellt. Auch in der Beschwerde legt er nicht dar, auf Grund welcher Beweismittel die belangte Behörde die Entrichtung der strittigen Kraftfahrzeugsteuer hätte feststellen können.
Nach § 8 Abs. 4 lit. b KfZStG 1952 kann die Abgabenbehörde zur Sicherung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes nach ihrem Ermessen von den Personen, die zur Zahlung der Steuer verpflichtet sind, eine Abgabenerhöhung bis zum Zweifachen der fehlenden Steuer erheben, wenn eine nach diesem Bundesgesetz in Stempelmarken zu entrichtende Steuer nicht oder nicht vorschriftsmäßig entrichtet wird. Nach Abs. 5 der zitierten Vorschrift ist bei Festsetzung der Abgabenerhöhung insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem Abgabenschuldner bei Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Steuerpflicht und der Besonderheit der Steuerentrichtung zugemutet werden konnte und ob er die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erstmalig oder bereits wiederholt nicht eingehalten hat. Bei Festsetzung einer Abgabenerhöhung wegen Überschreitung einer Frist ist zu berücksichtigen, ob die Frist nur geringfügig oder beträchtlich überschritten wurde.
Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Erhöhung als überhöht ansieht, kann der Beschwerde nicht entnommen werden. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die belangte Behörde von ihrem Ermessen in einer nicht dem Gesetz entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte, wenn sie unter Berücksichtigung der Rechtskundigkeit des Beschwerdeführers und der Nichtentrichtung der Kraftfahrzeugsteuer während der Dauer von sechs Monaten eine Erhöhung von 50 % (im Rahmen der zulässigen Erhöhung bis zum Zweifachen der fehlenden Steuer) für angemessen erachtet hat.
Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht an. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989150093.X00Im RIS seit
27.08.1990Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008