TE Vfgh Beschluss 2006/10/13 B236/06

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2006
beobachten
merken

Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
FremdenpolizeiG 2005 §2 Abs4 Z11, §9 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung der Anträge Unabhängiger Verwaltungssenate auf Aufhebung der Legaldefinition des Begriffes "begünstigter Drittstaatsangehöriger" im Fremdenpolizeigesetz 2005 mangels Präjudizialität; Beurteilung der Zuständigkeit der antragstellenden Unabhängigen Verwaltungssenate ausschließlich aufgrund einer Verfassungsbestimmung des Fremdenpolizeigesetzes über die Zuständigkeit von Unabhängigen Verwaltungssenaten einerseits und Sicherheitsdirektionen andererseits zur Entscheidung über Berufungen; keine Ausweitung einer verfassungsgesetzlichen Zuständigkeitsregelung durch den einfachen Gesetzgeber, auch nicht - wie hier - bei Vorliegen eines Gesetzesvorbehalts

Spruch

Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Begründung:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen (zur Frage der in §87 Fremdenpolizeigesetz 2005 angeordneten Anwendung der Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige auf Familienangehörige von nicht freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizern und Österreichern

s. etwa VwGH 31. August 2006, Zl. 2006/21/0088; 5. September 2006, Zl. 2006/18/0186).

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur Interpretation des §9 Abs1 Fremdenpolizeigesetz 2005 vgl. den hg. Beschluss vom 13. Oktober 2006, G26/06 ua.) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, zumal der Verfassungsgerichtshof der Auffassung ist, dass die Wortfolge "die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben" in §2 Abs4 Z11 Fremdenpolizeigesetz 2005 einer Auslegung zugänglich ist und im Ergebnis den Anforderungen des Art18 B-VG entspricht (vgl. dazu auch VwGH 18. Mai 2006, Zl. 2006/18/0119; VfSlg. 16.999/2003 und 17.479/2005; Art17 EGV, Rz 10 f. und Art18 EGV, insb. Rz 1 ff. und 7 in: Hans von der Groeben / Jürgen Schwarze [Hrsg.], Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Bd. I6, 2003; EuGH 17. September 2002, Rs. C-413/99, Baumbast und R).

Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 VfGG).

Schlagworte

Fremdenrecht, Fremdenpolizei, Behördenzuständigkeit, Unabhängiger Verwaltungssenat, VfGH / Präjudizialität, Gesetzesvorbehalt, Novellierung, Auslegung verfassungskonforme, EU-Recht, Auslegung Verfassungs-, Inländerdiskriminierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B236.2006

Dokumentnummer

JFT_09938987_06B00236_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten