TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/4 90/09/0058

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Veröffentlicht am 04.09.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §9 Abs1;

Betreff

R gegen Bundesminister für Arbeit und Soziales vom 2. Februar 1990, Zl. 843.505/1-5a/90, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit der Opferfürsorge

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1923 in Zemendorf (nunmehr: K/Burgenland) geborene Beschwerdeführerin, die mit ihrer Eheschließung 1957 die Deutsche Staatsbürgerschaft erworben hat, beantragte beim Amt der Wieder Landesregierung über die Gesellschaft für bedrohte Völker in G (BRD) (Katrin A) die Gewährung einer Entschädigung für ihre aus Gründen der Abstammung (Roma-Zigeunerin) erlittene Anhaltung im Internierungslager Lackenbach.

Nach Erhebungen und mehrfachem Schriftwechsel, teilweise mit der als Vertreterin der Beschwerdeführerin aufgetretenen obgenannten Person, teilweise mit der Beschwerdeführerin selbst, erging am 20. Oktober 1989 der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, mit dem dem Antrag der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben wurde.

Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin selbst im Wege der Österreichischen Vertretungsbehörden unter Einschaltung der Deutschen Bundespost durch diese nachweislich am 14. Dezember 1989 zugestellt.

Mit Schreiben vom 2. Jänner 1990 (Poststempel 3. Jänner 1990) wurde auf Kopfpapier der Gesellschaft für bedrohte Völker für die Beschwerdeführerin bzw. für die vorher genannte Bevollmächtigte von einer "Stephanie B, Sinti- und Roma-Referentin" Berufung, aber - trotz entsprechender Rechtsmittelbelehrung im Bescheid erster Instanz - ohne jegliche Begründung, erhoben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zurück, weil die Berufung weder begründet, noch rechtzeitig (Ende der Berufungsfrist wäre der 28. Dezember 1989 gewesen) eingebracht worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf meritorische Erledigung über ihren Antrag aus 1987 auf Leistung einer Entschädigung gemäß § 14 Abs. 2 lit. b des Opferfürsorgegesetzes verletzt.

Der Anwalt der Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, der im Verfahren bevollmächtigten Frau Katrin A sei das Original des Bescheides erster Instanz nie zugegangen. Die Entscheidung sei vielmehr am 14. Dezember 1989 "von der Schwiegertochter der Beschwerdeführerin" übernommen worden; diese habe die "Empfangnahme mit ihrem eigenen, von dem Namen der Beschwerdeführerin verschiedenen Namen unterschrieben". Solcherart sei der Bescheid erster Instanz mangels rechtswirksamer Zustellung überhaupt nicht erlassen worden und sei das Verfahren erster Instanz noch offen.

Dieses Vorbringen kann der Beschwerde im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes nicht zum Erfolg verhelfen.

Mit der Beschwerde wird also einerseits bestritten, daß als Empfängerin des Bescheides erster Instanz zu Recht die Beschwerdeführerin genannt ist, weil für sie im Verfahren primär eine Bevollmächtigte aufgetreten ist.

Dieses Vorbringen ist gemäß § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes in Übereinstimmung mit der der belangten Behörde nicht berechtigt. Nach der genannten Bestimmung besteht - soweit dies für den Beschwerdefall in Betracht kommt - nur dann eine Verpflichtung der Behörde die zustellungsbevollmächtigte Person als Empfänger zu bezeichnen, wenn es sich hiebei um eine im Inland wohnende Person handelt. Daraus folgt, daß, wenn eine im Ausland wohnende Person zum Zustellungsbevollmächtigten bestellt ist, nicht an diese, sondern an die Partei selbst zuzustellen ist (vgl. auch in diesem Sinne den Kommentar zum österreichischen Zustellrecht, Walter-Mayer, Wien 1983, Anm. 3 zu § 9).

Offen bleibt damit noch die Behauptung in der Beschwerde, der Bescheid sei nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von ihrer Schwiegertochter übernommen worden, die mit ihrem eigenen, vom Namen der Beschwerdeführerin verschiedenen Namen unterschrieben habe.

Diese Behauptung ist aktenwidrig. Auf Grund des von der Behörde vorgelegten Zustellnachweises ergibt sich eindeutig, daß der die Übernahme des Bescheides erster Instanz bestätigende Namenszug "R" lautet und daß es sich hiebei nach dem Zustellvermerk um den "Empfänger" gehandelt hat. Der Schriftzug ist im übrigen - soweit dies beurteilt werden kann - mit den sonst von der Beschwerdeführerin im Verfahren geleisteten Unterschriften ident.

Da der Bescheid erster Instanz somit ordnungsgemäß erlassen und in Rechtskraft erwachsen ist, kann die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht in ihrem Recht auf meritorische Entscheidung über ihren Antrag im Sinne des Beschwerdepunktes verletzt sein. Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090058.X00

Im RIS seit

04.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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