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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §110 Abs2;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 212; AnwBl 4/1991, S 262;Betreff
N gegen den Vorsitzenden des Berufungssenates II der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 11. Juli 1989, Zl 31.068-3/84, betreffend Zurücknahme der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 und 1981 sowie die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1981 (§ 275 BAO):
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer brachte gegen die am 8. Juni 1984 zugestellten, im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheide am 18. Juni 1984 eine Berufung ein, die den Erfordernissen des § 250 Abs 1 lit b bis d BAO nicht entsprach. Mit Bescheid vom 5. Juli 1984, zugestellt am 10. Juli 1984, forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der von diesem erbetenen Frist auf, die inhaltlichen Mängel der Berufung bis zum 15. August 1984 zu beheben, widrigenfalls die Berufung als zurückgenommen gelte. Am 16. August 1984, dem letzten Tag der Mängelbehebungsfrist (der 15. August 1984 war ein Feiertag), ging beim Finanzamt ein Fernschreiben ein, in dem der Beschwerdeführer unter Hinweis auf "Urlaub und Krankheit" um kurze Fristerstreckung zur Erfüllung des ihm erteilten Auftrages ersuchte. Das Finanzamt sprach über diesen Antrag nicht ab. Mit dem am 21. August 1984 beim Finanzamt eingelangten ergänzenden Schriftsatz behob der Beschwerdeführer die seiner Berufung anhaftenden Mängel. Ohne weitere Maßnahmen zu treffen legte das Finanzamt die Berufung der belangten Behörde vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, die Berufung gelte als zurückgenommen, wobei sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens unter Hinweis auf die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung und die hg Rechtsprechung zur Begründung ausführte, die Frist zur Mängelbehebung könne auf Antrag verlängert werden; mangels ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung komme jedoch einem derartigen Antrag keine hemmende Wirkung zu. Durch den am 16. August 1984 gestellten Fristverlängerungsantrag sei der Ablauf der Mängelbehebungsfrist nicht aufgehalten worden. Die Berufung gelte daher als zurückgenommen.
In der vorliegenden Beschwerde wird sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer rügt, die Zurücknahme der Berufung sei zu Unrecht ausgesprochen worden, weil er die dieser Berufung anhaftenden Mängel innerhalb der von ihm beantragten Frist behoben habe. Da Fristen zur Behebung von Mängeln grundsätzlich verlängerbar seien, entspreche die Versagung der Fristverlängerung nicht dem Gesetz, weil er keineswegs beabsichtigt habe, das Berufungsverfahren zu verschleppen. Eine "Nichtigkeit" des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer in dem Umstand, daß über sein Fristverlängerungsansuchen vom 16. August 1984 bis heute nicht entschieden worden sei, weswegen die belangte Behörde gar nicht berechtigt gewesen wäre, den angefochtenen Bescheid zu erlassen.
In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde insbesondere unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 28. Feber 1989, Zl 86/14/0026, die Beschwerde möge als unbegründet und kostenpflichtig abgewiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Unbestritten ist, daß einem Antrag auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist keine fristhemmende Wirkung zukommt. Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers kann jedoch die Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages nicht schon dann als fristgerecht angesehen werden, wenn zwar innerhalb der von der Abgabenbehörde gesetzten Frist ein Fristverlängerungsansuchen gestellt, jedoch erst nach Ablauf der von der Abgabenbehörde gesetzten Frist dem Mängelbehebungsauftrag entsprochen wird, wobei das Fristverlängerungsansuchen noch nicht abgewiesen worden ist. Denn in einem solchen Fall stünde es im Belieben des Abgabepflichtigen, Fristsetzungen seitens der Abgabenbehörde zu unterlaufen. Der Abgabepflichtige kann auch nicht darauf vertrauen, daß eine bereits gesetzte Frist verlängert wird. Es spielt daher für die zu lösende Frage keine Rolle, wenn die Abgabenbehörde über einen Antrag auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist nicht abspricht, sondern gemäß § 275 BAO vorgeht (vgl das bereits von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zitierte hg Erkenntnis vom 28. Feber 1989, Zl 86/14/0026). Der am 21. August 1984 eingebrachte ergänzende Schriftsatz war daher in bezug auf die Fristsetzung durch das Finanzamt verspätet, sodaß die belangte Behörde grundsätzlich zu Recht die Zurücknahme der Berufung aussprechen konnte.
Die für die Erledigung des Fristverlängerungsantrages vom 16. August 1984 zuständige Behörde trifft allerdings Entscheidungspflicht, zu deren Erzwingung dem Beschwerdeführer die entsprechenden verfahrensrechtlichen Mittel zu Gebote stehen. Nach der Aktenlage wurden diese bisher nicht genutzt. Für den Fall der Stattgebung des besagten Fristverlängerungsantrages und der Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages innerhalb der erstreckten Frist hätte dies kraft Größenschlusses die in § 310 Abs 3 BAO für den Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung vorgeschriebenen Folgen. Der Vorwurf der "Nichtigkeit" des angefochtenen Bescheides geht daher ins Leere. Bemerkt wird, daß der Aufhebungsgrund der "Nichtigkeit" im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgesehen ist (vgl § 42 VwGG), es sich bei dem geltend gemachten Aufhebungsgrund jedoch um einen solchen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides handelt.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte es sich, auf die Ausführungen betreffend die mögliche bescheidmäßige Verlängerung der gesetzten Mängelbehebungsfrist einzugehen, weil ein derartiger Bescheid - wie bereits ausgeführt - nach der Aktenlage bisher nicht ergangen ist und diese Frage daher nicht Gegenstand dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein kann.
Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, ohne jedoch konkret auszuführen, in welchem Punkt der dem angefochtenen Bescheid zu Grund gelegte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll, noch welche Ermittlungen vermißt werden, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid ergehen hätte können. Es erübrigte sich daher, auf die nur behauptete, jedoch nicht ausgeführte Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206.
Hinsichtlich des (noch) nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen zitierten hg Erkenntnisses wird an Art 14 Abs 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl Nr 45/1965, erinnert.
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989140232.X00Im RIS seit
07.09.1990Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008