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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §119 Abs1;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 264;Betreff
N gegen Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 8. Juni 1989, Zl. B 43-6/86, betreffend Haftung gemäß §§ 9, 80 BAO:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid als Geschäftsführer der X-Gesellschaft m. b.H. gemäß § 9 BAO zur Haftung für folgende Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft herangezogen:
Eg 93 1983 S 586,--
Vermögensteuer 1983 S 250,--
Lohnsteuer 1983 S 36.643,--
Dienstgeberbeitrag 1983 S 23.711,--
Zuschlag zum DB 1983 S 617,--
Umsatzsteuer 1983 S 139.059,05
Säumniszuschläge 1983 S 2.523,--
Z und O 1984 S 500,--
Eg 93 1984 S 995,--
Lohnsteuer 1984 S 49.330,--
Dienstgeberbeitrag 1984 S 32.019,--
Zuschlag zum DB 1984 S 2.125,--
Umsatzsteuer 1984 S 277.423,--
Säumniszuschläge 1984 S 6.842,--
Eg 95 1984 S 13,--
Vermögensteuer 1984 S 1.000,--
zusammen S 573.636,05
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Die belangte Behörde führte im wesentlichen aus, die Stellung des Beschwerdeführers als alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft während des maßgeblichen Zeitraums sowie die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt habe und im Handelsregister gelöscht worden sei, sei unstrittig. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, schlüssig darzustellen, warum er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die von ihm geleitete Gesellschaft die Abgabenschulden rechtzeitig entrichte, und nicht Sache der Behörde, ihm doloses Verhalten nachzuweisen. Auf die Ursachen der Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft komme es nicht an, da nicht die Schuldlosigkeit des Beschwerdeführers an den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft nachgewiesen werden müsse, sondern die Gleichbehandlung der Abgabenschulden mit anderen Verbindlichkeiten in bezug auf ihre Bezahlung. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, dies unter Beweis zu stellen. Aus seinen niederschriftlichen Angaben, Glaslieferungen und Einkauf seien immer bar bezahlt worden, folge, daß die Abgabenschulden gegenüber den Lieferantenverbindlichkeiten schlechter behandelt worden seien. Liquiditätsaufstellungen bzw. eine Gegenüberstellung der flüssigen Mittel und der Verbindlichkeiten der Gesellschaft habe er nicht vorlegen können. Schon aus diesem Grund sei anzunehmen, daß er seiner Pflicht schuldhaft nicht nachgekommen sei. Der Einwand des Beschwerdeführers, er sei nur mit gewerberechtlichen und praktischen Tätigkeiten befaßt gewesen, er sei schon von seiner Ausbildung her nicht in der Lage die Vorhalte des Finanzamtes zu beantworten, sei nicht zielführend. Als gesetzlicher Vertreter einer Kapitalgesellschaft müsse er sich die entsprechenden Kenntnisse verschaffen. Es treffe ihn die Pflicht, Abgaben aus den von ihm verwalteten Mitteln zu entrichten. Wenn er zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung der Gesellschaft von seiner Ausbildung her nicht in der Lage sei, habe er jedenfalls schuldhaft gehandelt, wenn er sich zum Geschäftsführer habe bestellen lassen bzw. seine Funktion nicht zurückgelegt habe. Als solcher hafte er für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausgereicht hätten, es sei denn, er weise nach, daß er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschuldigkeiten daher nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten. Da der Beschwerdeführer trotz eines umfangreichen Vorhalteverfahrens keine Gründe habe darlegen können, wieso er die ihm als Geschäftsführer obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt habe, sei die schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO als erwiesen anzusehen.
Der Beschwerdeführer beantragt in der vorliegenden Beschwerde, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die dem von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Sie haften gemäß § 9 Abs. 1 BAO neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Abgaben, für die der Beschwerdeführer haftbar gemacht wurde, bei dem durch ihn vertretenen Abgabepflichtigen nicht eingebracht werden können. Der Beschwerdeführer vermißt aber Feststellungen der Abgabenbehörden darüber, welche Zahlungen er im Haftungszeitraum 1983 und 1984 als Geschäftsführer der Gesellschaft überhaupt geleistet habe.
Es ist aber Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht wie den Abgabepflichtigen, sodaß er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat das Fehlen ausreichender Mittel nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1989, Zl. 89/14/0043, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer wurde in einem umfangreichen Vorhalteverfahren aufgefordert, für den Haftungszeitraum eine Gegenüberstellung der ihm zur Verfügung gestandenen Mittel und der jeweils offenen Verbindlichkeiten mit den darauf geleisteten Zahlungen vorzulegen. Hiezu hat sich der Beschwerdeführer nicht in der Lage gesehen. Er kann sich daher nicht dadurch beschwert erachten, daß die belangte Behörde im gerügten Umfang keine Feststellungen treffen konnte.
Der Beschwerdeführer meint weiters, die belangte Behörde hätte sich mit den Ursachen der Illiquidität der Gesellschaft befassen müssen. Diese Ausführungen gehen schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht die Herbeiführung der Illiquidität der Gesellschaft angelastet hat, sondern ihm vorwirft, daß er nicht wenigstens für die anteilige Erfüllung der Abgabenverbindlichkeiten gesorgt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, Zl. 88/13/0223).
Bei der Behauptung, im Zeitraum 1983/84 wären keine Gehälter und Löhne mehr ausbezahlt worden, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung. Noch am 13. Juli 1988 hatte der Beschwerdeführer niederschriftlich angegeben, erst ab JÄNNER 1986 seien keine Lohnzahlungen mehr geleistet worden. Der belangten Behörde kann daher keine Rechtswidrigkeit angelastet werden, wenn sie im Verwaltungsverfahren keine Ermittlungen darüber geführt hat, ob die Gesellschaft die der Berechnung der Lohnsteuer zu Grunde gelegten Löhne an ihre Arbeitnehmer auch tatsächlich ausbezahlt hat, sondern von der tatsächlichen Auszahlung der Löhne im maßgeblichen Zeitraum ausgegangen ist. Die Unterlassung der Abfuhr der Lohnsteuer stellt schon im Hinblick auf die Bestimmung des § 87 Abs. 3 EStG 1972 eine schuldhafte Verletzung der den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft treffenden abgabenrechtlichen Pflichten dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1990, Zl. 89/13/0189).
Dem Beschwerdeführer kann auch nicht darin beigepflichtet werden, eine Verletzung der Gleichbehandlung von Gläubigern könne sich nur bei der Abzahlung bereits bestehender Verbindlichkeiten ergeben, nicht aber in der Barzahlung neuer Materialien, d.h. in der Verwendung vorhandener Mittel für die Bezahlung neu eingegangener Verbindlichkeiten gelegen sein. Für eine solche Privilegierung jüngerer Verbindlichkeiten vermag der Beschwerdeführer nur eine außerrechtliche Begründung zu geben (vgl. auch das bereits zitierte Erkenntnis vom 30. Mai 1989).
Richtig ist zwar, daß § 9 BAO keine Erfolgshaftung eines Geschäftsführers einer GmbH. vorsieht, jedoch reicht entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bereits dessen leichte Fahrlässigkeit zur Haftungsbegründung aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1986, Zl. 84/13/0198).
Wiederholt wird in der Beschwerde vorgebracht, die hohen Umsatzsteuerschulden würden aus der Nichtbezahlung von Großfakturen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Konkurs der Firma Z. herrühren. Im Verwaltungsverfahren hatte der Beschwerdeführer auf die ihm hiezu gestellte Frage, ob die betraglich genannte Umsatzsteuer 1983 und 1984 vereinnahmt worden sei, am 2. März 1989, - zwar undeutlich aber noch verständlich - ausgeführt, aus den durch den Konkurs der Firma Z. offenen Rechnungen entfalle auf Umsatzsteuer für 1984 ein Betrag von etwas mehr als S 200.000,--; für 1983 wird ein Betrag von S 100.000,-- genannt. Diese Beträge seien von der Firma Z. nicht überwiesen worden.
Hätte der Beschwerdeführer mit den für die Leistungen der Gesellschaft erzielten Preisen auch die entsprechende Umsatzsteuer vereinnahmt, diese aber nicht abgeführt, sondern zu anderen Zwecken verwendet, so würde schon darin ein abgabenrechtliches Verschulden liegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1985, Zlen. 84/13/0085 und 84/13/0086, sowie vom 22. Februar 1989, Zl. 85/13/0214). Wurden hingegen von der Gesellschaft gelegte Rechnungen nicht bezahlt, sodaß die darin enthaltene Umsatzsteuer nicht vereinnahmt wurde, wäre der Beschwerdeführer - was seine Haftung gemäß § 9 BAO anlangt - nicht schon allein aus diesem Grunde exkulpiert. Vielmehr hätte er im Haftungsverfahren darstellen müssen, daß ihm schon bei (oder nach) Fälligkeit der Umsatzsteuerverbindlichkeiten (sonstige) Mittel für ihre Tilgung nicht zur Verfügung standen (vgl. Stoll, BAO Handbuch S. 29). Daß sich Rechnungen in späterer Folge als uneinbringlich erwiesen, vermag nichts daran zu ändern, daß er für die Bezahlung der Umsatzsteuer bei Fälligkeit zu sorgen hatte. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren aber nicht im einzelnen nachvollziehbar darstellen können, daß ihm hiezu die Mittel fehlten. Vielmehr hat er die ihm vom Finanzamt abgeforderte Gegenüberstellung der flüssigen Mittel und der Verbindlichkeiten zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten nicht vorgelegt.
Konnten entsprechend den Behauptungen des Beschwerdeführers Rechnungsbeträge samt der darin enthaltenen Umsatzsteuer nicht vereinnahmt werden, so wäre Abhilfe im Abgabenverfahren der Gesellschaft durch Berichtigung wegen Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs. 3 UStG zu suchen. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist hingegen allein die Haftungsfrage, nicht die Frage nach Grund und Höhe der Abgabenforderung gegen die Gesellschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1989, Zl. 89/14/0044). Im Haftungsverfahren ist daher von der - nach der Aktenlage unberichtigten - Umsatzsteuerschuld der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft auszugehen.
Da dem angefochtenen Bescheid somit keine Rechtswidrigkeit anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989140132.X00Im RIS seit
07.09.1990