TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/7 90/18/0074

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Veröffentlicht am 07.09.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §24 Abs3 litb;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

N gegen Berufungssenat der Stadt Wien vom 20. Februar 1990, Zl. MA 70-12/247/89, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89 a StVO

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einem von der Bundespolizeidirektion Wien geführten Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Beschwerdeführer zunächst mit Strafverfügung vom 2. März 1988 vorgeworfen, er habe am 11. Februar 1988 von 7 bis 7.20 Uhr in Wien 1, Josefsplatz, gegenüber Nr. 5 vor dem Redoutensaal ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug vor einer Grundstückseinfahrt geparkt und dadurch die Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 3 lit. b der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen. In dem infolge Einspruchs des Beschwerdeführers durchgeführten ordentlichen Verfahren wurde dieser sodann mit Straferkenntnis vom 14. Juli 1988 einer anderen Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, nämlich der nach § 24 Abs. 3 lit. a StVO, weil er zur oben genannten Zeit am oben genannten Ort seinen Pkw in einem deutlich sichtbar beschilderten Parkverbot abgestellt habe. Dieses Straferkenntnis wurde rechtskräftig. In diesem Verwaltungsstrafverfahren hatte der Beschwerdeführer unter anderem vorgebracht, sein Pkw sei wohl vor einem Tor der Hofburg gestanden, es bestünde auch kein Niveauunterschied zwischen der Fahrbahn und der Fläche bis zur Hausmauer, doch habe sich vor dem Tor eine Sperrlinie befunden, sodaß die Benützung des Tores als Ein- oder Ausfahrt verboten gewesen sei, worauf er habe vertrauen können. Der Sicherheitswachebeamte P sagte im Verwaltungsstrafverfahren als Zeuge aus, es seien am Tatort keine Sperrlinien vorhanden, die vom Beschwerdeführer angeführten gelben Linien seien reine Bodenmarkierungen für das Abstellen von Fahrzeugen in der Kurzparkzone. Eine ähnliche Zeugenaussage legte der Sicherheitswachebeamte S dahin ab, daß es sich um keine Sperrlinien, sondern um Begrenzungslinien für den ruhenden Verkehr gehandelt habe. Der Beschwerdeführer brachte im Verwaltungsstrafverfahren unter anderem vor, daß auf dieser Seite der Hofburg sich 5 Tore befänden und daß einige hievon als Ein- und Ausfahrt dadurch gekennzeichnet seien, daß entweder ein weißes Andreaskreuz vor dem Tor angebracht sei oder daß die "Parkfläche" - gemeint ist offenbar die Bodenmarkierung - vor dem Tor unterbrochen sei. Das sei aber nicht bei jenem Tor der Fall gewesen, vor dem er seinen Pkw abgestellt gehabt habe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 20. Februar 1990 wurden dem Beschwerdeführer die Kosten für die am 11. Februar 1988 um

8.15 Uhr vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung seines Pkws vorgeschrieben. Die Berufungsbehörde stellte aus dem Verwaltungsstrafakt fest, daß durch das vorschriftswidrig geparkte Fahrzeug des Beschwerdeführers ein Lastkraftwagen am Einfahren zum Redoutenhof gehindert worden sei; dies sei der Grund für die Entfernung des Pkws des Beschwerdeführers gewesen. Das rechtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers erblickte die Berufungsbehörde nicht im Verstoß gegen § 24 Abs. 3 lit. a, sondern im Verstoß gegen § 24 Abs. 3 lit. b StVO, wegen welcher Übertretung der Beschwerdeführer nicht bestraft worden war. Hinsichtlich der äußeren Merkmale des Tores als Aus- oder Grundstückseinfahrt stellte die Berufungsbehörde fest, daß sich weiße Bodenmarkierungen für das Abstellen von Fahrzeugen am Tatort befunden hätten, was einem Parkverbot nicht entgegenstehe. Das Tor sei hoch und breit genug für eine Einfahrt gewesen. Aus der Aussage des Zeugen S im Verwaltungsstrafverfahren ergebe sich, daß die vom Beschwerdeführer in seiner im Einspruch gegen die Strafverfügung enthaltenen Skizze eingezeichneten Linien reine Begrenzungslinien für den ruhenden Verkehr (die Parkordnung) seitn.

Da der Beschwerdeführer sein Fahrzeug vorschriftswidrig (§ 24 Abs. 3 lit. b StVO) und behindernd aufgestellt habe, sei die Entfernung zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Da der Beschwerdeführer nicht wegen der Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 3 lit. b StVO verurteilt wurde, mußte die belangte Behörde dartun, inwiefern der Beschwerdeführer gegen das Verbot, mit einem Fahrzeug vor Haus- und Grundstückseinfahrten zu parken, verstoßen hat. In dieser Frage erscheint der Sachverhalt aber in zweifacher Hinsicht als ergänzungsbedürftig:

Nach § 5 Abs. 1 der Bodenmarkierungsverordnung, BGBl. Nr. 226/1963, in der geltenden Fassung, sind Sperrlinien nicht unterbrochene Längsmarkierungen in gelber Farbe. Hingegen sind nach § 7 a dieser Verordnung Randlinien nicht unterbrochene Längsmarkierungen in weißer Farbe, Begrenzungslinien nach § 7 b dieser Verordnung aber unterbrochene Längsmarkierungen in weißer Farbe.

Die Behauptung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren, die Bodenmarkierungen am Tatort bestünden sowohl aus einer gelben Sperrlinie als auch einer weißen Randlinie, wurde von der belangten Behörde nicht ausdrücklich als unrichtig erklärt; der Zeuge P gab sogar indirekt zu, daß die "reinen Bodenmarkierungen" "gelbe Linien" seien; auch der Zeuge S bestritt nicht ausdrücklich die gelbe Farbe der am Tatort vorhandenen Linien, sondern qualifizierte sie nur rechtlich anders, sie seien keine Sperrlinien, sondern "reine Begrenzungslinien" für den ruhenden Verkehr. Da auch aus dem Verordungsakt MA 46 t V-1-149/79 diesbezüglich keine Klarheit gewonnen werden kann, wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, eine eindeutige Feststellung darüber zu treffen, ob nun eine nichtunterbrochene Längsmarkierung in gelber Farbe, also eine Sperrlinie, vor der Haus- und Grundstückseinfahrt angebracht war oder nicht. War dies der Fall, so durfte der Beschwerdeführer darauf vertrauen, daß kein Fahrzeug diese Sperrlinie, auch nicht zum Zwecke der Ein- und Ausfahrt, überfahren durfte. Dem Verwaltungsgerichtshof erscheint aber auch weiter klärungsbedürftig, auf welche allenfalls andere Art die insgesamt 5 Tore der Hofburg auf dem Josefsplatz, in Richtung Nationalbibliothek betrachtet, als Ein- und Ausfahrten gekennzeichnet sind; es wird also die Behauptung des Beschwerdeführers zu prüfen sein, eines der Tore sei durch ein weißes Andreaskreuz vor dem Tor, das andere aber durch das Fehlen jeder Bodenmarkierung eindeutig als Ein- und Ausfahrt gekennzeichnet, während das bei den anderen Toren nicht der Fall sei.

Erst nach Klärung dieser Tatfragen wird sich die Rechtsfrage entscheiden lassen, ob der Beschwerdeführer sein Fahrzeug in rechtswidriger Weise, dies in Beziehung auf die Verhinderung der Ein- und Ausfahrt gesehen, abgestellt hatte.

Da der Sachverhalt in diesen wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180074.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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