TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/17 89/14/0130

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Veröffentlicht am 17.09.1990
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §22 Abs1 Z1 litb;
EStG 1972 §22 Abs1;
EStG 1972 §23;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §4 Abs4;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 195;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 11. Mai 1989, Zl. B 189-3/86, betreffend Einkommensteuer 1981

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Rechtsanwältin, war seit 1976 als Kommanditistin an einer GmbH & Co KG (Hotel- und Kurbetrieb) und als Gesellschafterin an der Komplementär-GmbH beteiligt. Für 1981 machte sie im Rahmen der Gewinnermittlung ihrer Rechtsanwaltskanzlei unter anderem einen "außerordentlichen Aufwand" für die Kommanditgesellschaft als Betriebsausgabe geltend.

Hiezu brachte sie im Verwaltungsverfahren im wesentlichen vor, die Beteiligung an der KG habe sich für ihre Anwaltskanzlei im Hinblick auf die Knüpfung von beruflichen Kontakten als fördernd und notwendig erwiesen. Der Hauptgesellschafter, der 60 % aller Investitionskosten hätte tragen müssen, habe das begonnene Unternehmen zunächst seinem Schicksal überlassen. Um eine Insolvenz zu vermeiden, hätten die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte ca. S 3 Mio zur Sanierung des Betriebes bar aufgebracht, indem sie ihre Investitionsanteile geleistet und weitere nötige Beträge unter der Bedingung der jederzeitigen Rückforderbarkeit aus Gesellschaftsmitteln vorgestreckt hätten. Da eine gütliche Zusammenarbeit mit dem Hauptgesellschafter, der das mühsam Aufgebaute in der Folge wieder zerstört habe, nicht mehr möglich gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin die vorgestreckten Beträge aus Gesellschaftsmitteln zurückgefordert und auf eine Liegenschaft des Kurhauses Darlehen aufgenommen, um aus dem Realisat einen Teil ihrer Ansprüche zu befriedigen. Nach der Konkurseröffnung über das Vermögen beider Gesellschaften habe der Masseverwalter gegen die Beschwerdeführerin einen Anfechtungsprozeß angestrengt und den aus dem Darlehensrealisat stammenden Betrag von S 2,6 Mio rückgefordert. Da die Beschwerdeführerin durch die Darlehensaufnahme ohne Gesellschafterbeschluß gegen den Gesellschaftsvertrag verstoßen habe, sei sie auch aus dem Titel des Schadenersatzes in Anspruch genommen worden. Im Frühjahr 1981 habe sie im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches S 560.000,-- an die Konkursmasse bezahlt. Als Geschäftsführerin ohne Anwaltseigenschaft wäre sie nicht zur Haftung herangezogen worden und hätte sich nicht vergleichen müssen; sie hätte vielmehr Chancen gehabt, den Prozeß zu gewinnen. Die Beschwerdeführerin hätte mit disziplinären Konzequenzen von Seiten der Rechtsanwaltskammer zu rechnen gehabt, wenn sie nicht alles unternommen hätte, um als Geschäftsführerin zumindest einen Zwangsausgleich, der "de facto" durchgeführt worden sei, zu erreichen. Ein Regreß beim zweiten Geschäftsführer sei nicht möglich gewesen. Insgesamt sei sowohl die Beteiligung an der Gesellschaft als auch die Zahlung von S 560.000,-- zur Förderung bzw. Erhaltung ihrer Existenz als Rechtsanwalt nötig gewesen. Hilfsweise wurde dieser Betrag als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde der Zahlung des Vergleichsbetrages von S 560.000,-- die steuerliche Anerkennung. Sie führte im wesentlichen aus, die selbständigen und die gewerblichen Betätigungen der Beschwerdeführerin seien voneinander zu trennen. Auch die der Beschwerdeführerin drohenden disziplinären Maßnahmen würden nichts daran ändern, daß die Vergleichszahlung in Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Gewerbebetrieb erfolgt sei. Die Zahlung stelle auch im Rahmen der Einkünfte der Beschwerdeführerin aus Gewerbebetrieb (ein Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO hinsichtlich der Einkünfte der KG für 1981 ist nicht ergangen) keinen Abzugsposten dar, da die durch die Beschwerdeführerin "vorgestreckten Beträge" im Rahmen der KG steuerlich Einlagen darstellten. Die vertragswidrige "Rückholung" dieser "Vorleistungen" sei als (unrechtmäßige) Entnahme, die Vergleichszahlung als Korrektur der Entnahme, also wiederum als Einlage zu betrachten. Diesen gesellschaftsrechtlichen Vorgängen komme keinerlei Gewinnauswirkung zu. Eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG liege nicht vor; es fehle an der "Zwangsläufigkeit", da die Verpflichtung zur Rückzahlung des Betrages von S 560.000,-- einer gesellschaftsvertragswidrigen Darlehensaufnahme (Entnahme) entspringe.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf einkommensmindernde Anerkennung des Betrages von S 560.000,-- im Zuge ihrer Veranlagung als Rechtsanwalt für das Jahr 1981 verletzt. Sie beantragt, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einen Verfahrensmangel erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß die belangte Behörde ihrem Beweisantrag auf Vernehmung des Disziplinaranwaltes der Rechtsanwaltskammer (ihres nunmehrigen Rechtsfreundes) zum Beweis dafür, daß sie bei Nichterfüllung der Forderung des Masseverwalters mit disziplinären Konzequenzen zu rechnen gehabt hätte, nicht gefolgt ist. Ein wesentlicher Verfahrensmangel kann hierin aber schon deshalb nicht gelegen sein, weil die belangte Behörde die Möglichkeit solcher Konsequenzen ausdrücklich außer Streit gestellt hat.

In ihrer Rechtsrüge bringt die Beschwerdeführerin vor, die Durchführung des Zivilprozesses hätte ihre berufliche Existenz als Rechtsanwalt bedroht und zumindest schwer beeinträchtigt. Während der jahrelangen Dauer des Zivilprozesses hätte das Konkursverfahren über das von ihr als Rechtsanwalt mitbetriebene Unternehmen nicht abgeschlossen werden können und wäre sie jahrelang als Prozeßpartei bei Gericht aufgeschienen. Ein nach Jahren gewonnener Prozeß hätte die Folge gehabt, daß das Unternehmen keinen Zwangsausgleich zustande gebracht hätte, sondern ein Konkurs mit einer ganz geringen Quote hätte abgewickelt werden müssen, was für die Rechtsanwaltskanzlei der Beschwerdeführerin äußerst negative Folgen gehabt hätte. Mit der Zahlung von S 560.000,-- habe die Beschwerdeführerin den Zwangsausgleich ermöglicht und sei ihr Ruf als Rechtsanwalt unbeeinträchtigt geblieben.

Dieser Versuch der Beschwerdeführerin, ihre selbständige und ihre gewerbliche Tätigkeit miteinander zu vermengen, vermag den Gerichtshof nicht zu überzeugen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1972 sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt werden. Übt ein Steuerpflichtiger - wie die Beschwerdeführerin - neben seiner selbständigen Tätigkeit eine gewerbliche Tätigkeit aus, sind diese Betätigungen nach allgemeinen Grundsätzen voneinander zu trennen (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 § 22 EStG Tz 8). Daß die beiden Tätigkeiten der Beschwerdeführerin miteinander so eng verknüpft wären, daß ein einheitlicher Betrieb vorliegen würde, behauptet die Beschwerdeführerin selbst nicht.

Das Berufsbild eines Rechtsanwaltes ergibt sich aus seinem Standesrecht (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer § 22 EStG 1972 Tz 41, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg aaO Tz 23, sowie zur Darlehensgewährung durch Rechtsanwälte aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 4. April 1990, Zl. 86/13/0116). Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß eine Beteiligung an einem Hotel- und Kurbetrieb keinesfalls zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes gehört. Aus dem Umstand, daß sich ein Rechtsanwalt auch durch ein außerberufliches Verhalten disziplinär verantwortlich machen kann (vgl. § 2 des Disziplinarstatutes), kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht der Schluß gezogen werden, daß Aufwendungen, die ein Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einem außerberuflichen Verhalten getätigt hat, um disziplinäre Folgen zu vermeiden, damit in steuerlicher Hinsicht seiner freiberuflichen Tätigkeit zuzurechnen wären. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die disziplinäre Verantwortlichkeit von Rechtsanwälten vermag die grundsätzliche Trennung zwischen ihrer selbständigen Arbeit (§ 22 EStG) und ihrer gewerblichen Mitunternehmerschaft (§ 23 EStG) nicht aufzuheben. Auch wenn Sorge vor einer Beeinträchtigung ihres Rufes als Rechtsanwalt und vor einem Disziplinarverfahren das Motiv für den eindeutig der gewerblichen Sphäre zuzuordnenden Vergleichsabschluß war, kann von einer betrieblichen Veranlassung der Zahlung von S 560.000,-- durch den Betrieb ihrer Rechtsanwaltskanzlei keine Rede sein.

Soweit die Beschwerdeführerin die Ausführungen von Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg zu Schadenersatzleistungen, die auf ein Fehlverhalten des Betriebsinhabers zurückzuführen sind (aaO § 4 EStG Tz 72), für sich in Anspruch nehmen will, vermengt sie wiederum in unzulässiger Weise ihre berufliche mit ihrer gewerblichen Tätigkeit. Ob schließlich der zweite Geschäftsführer der Gesellschaft in Anspruch genommen wurde, ist für den Beschwerdefall ohne Bedeutung.

Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführerin auch darin nicht beizupflichten, die Berücksichtigung der Vorteile aus dem Eingehen des Gesellschaftsverhältnisses für die Rechtsanwaltskanzlei könnten zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.

Eine Anerkennung der Zahlung von S 560.000,-- als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1972 kommt - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer Zwangsläufigkeit dann nicht gesprochen werden kann, wenn die Verhältnisse, die die Aufwendungen bedingen, sich als Folge eines Verhaltens darstellen, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (vgl. Hofstätter-Reichel aaO § 34 Abs. 3 EStG Tz 1, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg aaO § 34 EStG Tz 22, sowie auch das hg. Erkenntnis vom 12. April 1983, Zl. 82/14/0342).

Im Beschwerdefall ist die Rückzahlung des nunmehr strittigen Betrages an die Konkursmasse die Folge der vom Masseverwalter angefochtenen, von der Beschwerdeführerin "freiwillig" vorgenommenen Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der Vereinnahmung des Darlehensrealisates. Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG ist daher nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Beschwerdeführerin sich schließlich zur Zahlung des Vergleichsbetrages "gezwungen" gesehen hat, um nicht als Anwalt in Mißkredit zu geraten und disziplinären Maßnahmen ausgesetzt zu sein (vgl. zu Aufwendungen, um eine Rufschädigung zu vermeiden, das hg. Erkenntnis vom 20. September 1988, Zl. 86/14/0015). Ein direkter Zusammenhang zwischen der seinerzeitigen Darlehensaufnahme und der Zahlung des Vergleichsbetrages ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auf Grund ihres eigenen Vorbringens im Verwaltungsverfahren sehr wohl gegeben.

Der Beschwerdeführerin ist es somit nicht gelungen, im Rahmen des Beschwerdepunktes eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb ihre Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989140130.X00

Im RIS seit

17.09.1990

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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