TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/18 90/05/0092

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.1990
beobachten
merken

Index

L80402 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
OrtsbildpflegeG Krnt 1979 §6 Abs3 litc;
OrtsbildpflegeG Krnt 1979 §6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

A-Gesellschaft m.b.H. gegen Kärntner Landesregierung vom 29. März 1990, Zl. Ro-244/1/1990, betreffend Versagung der Bewilligung zur Anbringung von Plakattafeln nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister).

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 24. November 1989 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der Bewilligung zur Anbringung von zwei Ankündigungsanlagen im Ausmaß von je 3,40 x 2,60 m an der Ostfassade des Hauses Klagenfurt, Y-Straße 5, unter Berufung auf § 6 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes abgewiesen.

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 29. März 1990 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.

Über die dagegen eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes, LGBl. Nr. 81/1979, bedürfen die Errichtung und die Änderung von Anlagen, die für die Anbringung wechselnder Ankündigungen bestimmt sind (Plakatwände, Litfaßsäule u.dgl.) - ausgenommen nichtortsfeste Plakatständer - und die Widmung baulicher oder sonstiger Anlagen oder von Teilen hievon für die Anbringung von gleichbleibenden oder wechselnden Ankündigungen einer Bewilligung. Nach § 6 Abs. 5 leg. cit. ist die Bewilligung zu erteilen, wenn durch das Vorhaben nach Abs. 1 unter Berücksichtigung der darauf vorzunehmenden Ankündigungen das erhaltenswerte Ortsbild weder gestört oder verunstaltet noch der Schaffung eines erhaltenswerten Ortsbildes abträglich ist. Zur Sicherstellung dieser Erfordernisse kann die Bewilligung auch unter Auflagen gegeben werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 11. Juni 1987, Zl. 84/06/0183, BauSlg. Nr. 934, ausgesprochen, daß die Behörde zur Frage, ob eine Plakattafel das Ortsbild stört, das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen und dieses auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen habe.

Bei der während des Berufungsverfahrens an Ort und Stelle im Beisein auch des Vertreters der Beschwerdeführerin abgehaltenen mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 1989 erstattete der Amtssachverständige zur Frage der Störung des Ortsbildes durch die in Rede stehenden Ankündigungsanlagen das nachstehende Gutachten:

"An der etwa 4,5 m breiten ostseitigen Feuermauer des Hauses Y-Straße 5 sind in der Höhe des Erdgeschoßes und des Obergeschoßes je eine hölzerne Werbetafel (Plakatwand) mit Abmessungen von 3,40 m x 2,60 m angebracht. Diese Tafeln sind durch Schrauben oder Dübel mit dem Mauerwerk fest verbunden. Auf die hölzernen Tafeln sind Plakate aufgeklebt, dzt. im Erdgeschoß 'Post, PSK' und im 1. Obergeschoß eine Werbefläche für 'Fenster aus Holz'.

Das Ortsbild am Beginn der Y-Straße wird durch eine noch gut erhaltene 'Vorstadtbebauung' geprägt. Diese Objekte wurden vorwiegend im 19. Jahrhundert errichtet. Typisch für diese Bauten ist die kleinteilige Bauweise sowie die reiche Gliederung mit Putzfassaden, Gesimsen, Fensterflächen und Putznuten. Nach Abbruch des früher an der Ecke Y-Straße - Y-Ring vorhandenen Gasthauses 'X' kommt dem Gebäude Y-Straße 5 durch die Ecklage an der Südseite der Y-Straße eine besondere Bedeutung zu.

Gemeinsam mit der innerhalb des Ringes an der Nordseite der Y-Straße gegebenen Bebauung, beginnend vom Dorotheum bis zum Stauderhaus am Beginn des Z Platzes, bildet die Bebauung beidseits entlang der Y-Straße westlich des Ringes ein städtebaulich bedeutsames Ensemble.

Die Ostfassade des Hauses Y-Straße 5 wird zum Teil durch die noch erhaltene Feuermauer des abgebrochenen Gebäudes verdeckt. Das von dieser Feuermauer bis zur Gebäudeecke am Gehsteig Y-Straße reichende Mauerwerk des Hauses Nr. 5 hat über dem Erdgeschoß ein um das Eck verlaufendes Putzgesims. Im Erdgeschoß wird die reduzierte Mauerfläche beidseitig durch vorspringende verputzte Pfeiler mit Nutengliederung begrenzt. Diese vom Gelände bis zur Dachtraufe reichende Ost-Fassade bildet mit der nach Westen anschließenden Hauptfassade des Hauses eine architektonische Einheit.

Jede auf dieser schmalen Mauerfläche aufgebrachte großflächige Werbetafel wird als Fremdkörper empfunden. Solche Werbeanlagen können sich nicht harmonisch in die Umgebung einfügen und stellen eine große Störung für das in diesem Bereich vorhandene charakteristische Ortsbild dar. Dies gilt sowohl für die im Erdgeschoß angebrachte Tafel, wie im vermehrten Maße für die oberhalb des Putzgesimses im Obergeschoß angebrachte 2. Tafel.

Nach Abbruch des Eckgebäudes (ehemaliges Gasthaus 'X') wurde an dieser Ecke ein öffentlich benützbarer Parkplatz als Provisorium bis zur Neubebauung dieses Eckgrundstückes eingerichtet. Durch den Gebäudeabbruch wurden im Westen und Süden dieses Grundstückes Feuermauern verschiedener Höhen und ein Garagentrakt freigelegt. Diese Mauerflächen wurden gefärbelt und im Einvernehmen mit der Stadtplanung im Erdgeschoß durch eine befristet bewilligte Plakatwand abgedeckt. Dabei wurde besonders darauf geachtet, daß diese Plakatflächen weder im Bereich der Y-Straße noch am Y-Ring bis zum Gehsteig verlaufen. In beiden Fällen wurde der Werbefirma vorgeschrieben, etwa 4 bis 5 m Abstand zw. äußerem Rand dieser Plakatfläche und der Straßengrundgrenze (rückwärtige Gehsteigkante) einzuhalten. Dadurch tritt diese Plakatwand an der Hinterseite des Parkplatzes nicht voll ins Erscheinungsbild der beiden Straßen ein; vielmehr war für das Orts- und Straßenbild noch die frei gehaltene Fläche der jeweiligen Eckgebäude maßgebend. Durch die erst Ende 1988 ohne Konsens an der Ostseite des Hauses Y-Straße 5 angebrachten 2 Werbetafeln wird nun dieser architektonische Eindruck zunichtegemacht und das Straßenbild an der Y-Straße nicht mehr vom Eckgebäude, sondern von den beiden Plakatwänden stark beeinflußt und geprägt. Dies widerspricht aber dem in diesem Bereich beabsichtigten und erhaltenswerten Ortsbild, das wie eingangs erwähnt, vorwiegend von Putzfassaden aus dem vergangenen Jahrhundert geprägt wird.

Aus diesem Grunde kann aus Ortsbildschutzinteressen zur Anbringung dieser beiden Tafeln keine positive Stellungnahme abgegeben werden."

Die belangte Behörde stellte dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, es sei damit dokumentiert, daß durch die "beantragten Werbetafeln" das erhaltenswerte Ortsbild gestört werde.

Die Beschwerdeführerin bemängelt nun in diesem Zusammenhang, die Feststellung des Sachverständigen, wonach das Ortsbild am Beginn der Y-Straße durch eine noch gut erhaltene "Vorstadtbebauung" geprägt sei, sei auf Grund der späteren Feststellungen dieses Sachverständigen, an der Südostecke der Kreuzung Y-Ring - Y-Straße befinde sich das sogenannte "R-Hochhaus", Y-Straße 1a, aus den 70iger-Jahren, wobei dieser 15-geschoßige Hochhausteil eine Höhe von etwas 50 m über dem Straßenniveau aufweise, und in unmittelbarer Nähe befinde sich ein altes, zum Abbruch bestimmtes und stark baufälliges Gebäude, nicht nachzuvollziehen. Mit diesem Widerspruch des Gutachtens habe sich die Behörde nicht auseinandergesetzt, sondern dieses als eindeutig und schlüssig erachtet.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Widersprüchlichkeit aufzuzeigen, weil die entsprechend der Niederschrift über die in Rede stehende Verhandlung im Anschluß an das Gutachten auf Befragen des Beschwerdevertreters getroffenen Feststellungen des Sachverständigen über das "R-Hochhaus" und das zum Abbruch bestimmte Gebäude nichts daran ändern können, daß der Sachverständige mit der Ansicht, das Ortsbild am Beginn der Y-Straße werde durch eine noch gut erhaltene "Vorstadtbebauung" geprägt, entsprechend dem im Akt erliegenden Lichtbild offenbar jenen in westlicher Richtung gelegenen Teil der Y-Straße gemeint hat, welcher im Anschluß an den im Gutachten erwähnten Parkplatz mit dem Haus Y-Straße 5 beginnt, an welchem die in Rede stehenden Ankündigungsanlagen bereits - konsenslos - angebracht worden sind. Eine Unschlüssigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlußfolgerung, wonach aus Gründen des Interesses am Ortsbildschutz in bezug auf die Anbringung der Ankündigungsanlagen "keine positive Stellungnahme abgegeben werden" könne, läßt sich daraus jedenfalls nicht ableiten.

Der weiteren Kritik der Beschwerdeführerin an diesem Gutachten ist zu entgegnen, daß der Sachverständige nicht erklärt hat, daß jene Werbetafeln, welche an dem in der Nähe des Hauses Y-Straße 5 befindlichen abbruchreifen und desolaten Gebäude angebracht sind, geeignet seien, sich im Gegensatz zu den von der Beschwerdeführerin beantragten Werbeanlagen "harmonisch in die Umgebung einzufügen" und keine große Störung des in diesem Bereich vorhandenen charakteristischen Ortsbildes darstellten. Der Sachverständige hat vielmehr, wie dem wiedergegebenen Wortlaut seines Gutachtens zu entnehmen ist, darauf hingewiesen, es sei besonders darauf geachtet worden, daß diese Plakatflächen weder im Bereich der Y-Straße noch am Y-Ring bis zum Gehsteig verlaufen. In beiden Fällen sei der Werbefirma vorgeschrieben worden, etwa 4 bis 5 m Abstand zwischen dem äußeren Rand dieser Plakatfläche und der Straßengrundgrenze (rückwärtige Gehsteigkante) einzuhalten. Dadurch trete diese Plakatwand an der Hinterseite des Parkplatzes nicht voll ins Erscheinungsbild der beiden Straßen ein; vielmehr sei für das Orts- und Straßenbild noch die freigehaltene Fläche der jeweiligen Eckgebäude maßgebend. Die Beschwerdeführerin ist dieser Ansicht des Sachverständigen während des Verwaltungsverfahrens nicht wirksam entgegengetreten. Im übrigen soll nicht unerwähnt bleiben, daß selbst das Vorhandensein einzelner störender Objekte noch nicht dazu führen kann, daß ein weiterer Eingriff in das Ortsbild nicht mehr als störend angesehen werden kann, soweit ein solches noch schutzwürdig vorhanden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. März 1980, Slg. N. F. Nr. 10.067/A, und die darin zitierte Vorjudikatur). Schließlich bedurfte es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keiner näheren Feststellungen hinsichtlich des Zustandes jenes Teiles der Fassade des Hauses Y-Straße 5, der durch die bereits angebrachten Ankündigungsanlagen der Beschwerdeführerin verdeckt wird, weil im Rahmen des Bewilligungsverfahrens nicht der bauliche Zustand dieser Feuermauer, sondern die Wirkung der Ankündigungsanlagen auf das Ortsbild zu beurteilen war. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob auch von diesem Teil der Fassade nach Entfernung der Ankündigungsanlagen der Beschwerdeführerin eine negative Wirkung auf das Ortsbild ausgehen könnte.

Ob in dem Umstand, daß für den schon erwähnten Bereich des in Rede stehenden Parkplatzes anderen Unternehmungen einschlägige Bewilligungen zur Errichtung von Werbeanlagen erteilt worden sind, eine als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zu qualifizierende Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin gelegen ist, wäre allenfalls im Rahmen eines Verfahrens auf Grund einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof zu klären gewesen, weshalb sich für das verwaltungsgerichtliche diesbezügliche Erörterungen erübrigen.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, die Behörde hätte im Bewilligungsverfahren auf den zwischen ihr und der Hauseigentümerin abgeschlossenen befristeten Mietvertrag Bedacht nehmen und der Beschwerdeführerin zumindest eine befristete Bewilligung erteilen müssen, ist zu erwidern, daß dieser Mietvertrag nicht die nach der eingangs wiedergegebenen Rechtslage erforderliche behördliche Bewilligung ersetzen kann, weshalb ihm für das gegenständliche Bewilligungsverfahren nur als Beleg im Sinne des § 6 Abs. 3 lit. c des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes über die Zustimmung des Grundeigentümers Bedeutung zukommen konnte.

Abschließend ist in Erwiderung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen festzuhalten, daß die - irrtümliche - Zitierung des § 10 Abs. 3 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes (über die Beseitigung von Ankündigungsanlagen) im Spruch des angefochtenen Bescheides keine Rechtswidrigkeit desselben zu begründen vermag, weil ein Bescheid nicht schon dann rechtswidrig ist, wenn er die tragende Rechtsnorm nicht angibt, sondern nur dann, wenn eine solche überhaupt nicht vorhanden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1959, Zl. 278/59). Die die Abweisung des Ansuchens der Beschwerdeführerin tragenden Bestimmungen des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes wurden vorstehend bereits wörtlich wiedergegeben.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild Landschaftsbild

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990050092.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten