TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/19 89/03/0303

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Veröffentlicht am 19.09.1990
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4;

Betreff

N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 17. Oktober 1989, Zl. 11-75 He 28-88, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe am 18. März 1988 um 16.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Gemeindestraße von einem bestimmten Punkt in der bezeichneten Ortsgemeinde kommend in eine bestimmte Richtung gelenkt. Vor dem bezeichneten Wohnhaus habe er den vorschriftsmäßig abgestellten Pkw der namentlich bezeichneten Person gestreift. Am Pkw dieser Person sei ein Sachschaden in der Höhe von

S 3.500,-- entstanden. Der Beschwerdeführer habe seinen Pkw nicht angehalten, sondern sei in eine bestimmte Richtung weitergefahren und nach ca. 80 bis 100 m nach links abgebogen. Obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, habe er 1. sein Fahrzeug nicht sofort angehalten und 2. es unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.

§ 99 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 4 Abs. 1 lit. a StVO;

2.

§ 99 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit § 4 Abs. 5 StVO. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Ausführungen über die als erwiesen angenommene Tat enthalten abschließend folgende Aussage: "In der Frage, ob es überhaupt zu der vom Berufungswerber bestrittenen Streifung der beiden Fahrzeuge gekommen ist, folgt die erkennende Behörde den Aussagen des Meldungslegers und des unabhängigen Zeugen ..., da keinerlei Anlaß besteht, deren Angaben in Zweifel zu ziehen."

In der vorliegenden Beschwerde meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte nicht einmal mit Sicherheit nachweisen können, daß es überhaupt zu einer Streifung seines Fahrzeuges mit dem anderen Fahrzeug gekommen sei. Diese Verfahrensrüge ist nicht stichhältig. Zur Frage, ob eine Streifung, und zwar unabhängig davon, ob und gegebenenfalls welche Schäden dabei entstanden seien, stattgefunden hatte, stand der belangten Behörde - abgesehen von der Rechtfertigung des Beschwerdeführers - nur die vom erwähnten Zeugen am 25. August 1988 abgelegte Zeugenaussage zur Verfügung. Es war nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde auf Grund dieser Zeugenaussage die Tatsache der Streifung als erwiesen annahm.

Der Beschwerdeführer rügt in der vorliegenden Beschwerde weiters, weder die belangte Behörde noch die Erstbehörde hätten festgestellt, ob der andere Pkw überhaupt auf einer Verkehrsfläche mit öffentlichem Verkehr abgestellt gewesen sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß in der gegen den Beschwerdeführer erstatteten Anzeige angeführt worden war, der Beschwerdeführer sei auf der Gemeindestraße unterwegs gewesen. Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß sich das vom Spruch des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis erfaßte Verkehrsgeschehen, und zwar insbesondere die festgestellte Streifung, nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, nämlich der angeführten Gemeindestraße, zugetragen hätte. Die belangte Behörde durfte dem angefochtenen Bescheid somit zugrunde legen, daß die Streifung auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr stattfand.

Der Amtssachverständige wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 13. August 1985 u.a. um Erstattung eines Gutachtens darüber ersucht, "ob überhaupt eine Streifung auf Grund der beiliegenden Fotos als gegeben anzunehmen ist". Im Gutachten vom 20. September 1989 finden sich hiezu folgende Ausführungen:

"Auf Grund der im Akt enthaltenen Angaben kann aus technischer Sicht nicht eindeutig festgestellt werden, ob die Beschädigungen, welche am Fahrzeug von ... auftraten vom Fahrzeug des Berufungswerbers verursacht wurden. Es wäre hiezu insbesonders erforderlich, die Höhe der Eindellungen von der Fahrbahnoberfläche bekanntzugeben bzw. das Ausmaß und die Länge der Eindellungen."

Ferner enthält das Gutachten folgende - hypothetisch gehaltenen - Ausführungen: "Geht man jedoch davon aus, daß die Beschädigungen am Fahrzeug ... vom Berufungswerber verursacht wurden, so ist es als technisch sicher anzusehen, daß das beim Anprall entstandene Geräusch, welches durch Resonanzwirkung im Inneren verstärkt auftrat, vom Berufungswerber bei zumutbarer Aufmerksamkeit hätte bemerkt werden müssen."

Im angefochtenen Bescheid fehlen Feststellungen zur Frage, ob und gegebenenfalls welche Schäden und in welcher Höhe von der Fahrbahnoberfläche an den Fahrzeugen anläßlich der Streifung entstanden sind. Die belangte Behörde unterließ insbesondere Feststellungen in Hinsicht auf das in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 5. Oktober 1988 enthaltene Vorbringen, am anderen Fahrzeug seien erhebliche und zahlreiche Vorschäden vorhanden gewesen.

Der Sachverhalt bedarf somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes und nichterforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030303.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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