TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/19 90/03/0043

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Veröffentlicht am 19.09.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §102 Abs2;
KFGNov 03te Art3 Abs5 lita idF 1984/253;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a litb;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 22. Jänner 1990, Zl. 11-75 E 12-90, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 30. November 1989 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 2. Februar 1988 an dem durch die Ortsgemeinde, die Straßenstrecke, die Fahrtrichtung und das nächststehende Haus bezeichneten Tatort als Lenkerin einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Betrieb genommen gehabt, obwohl dieses Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften nicht entsprochen habe, da 1. alle am Fahrzeug vorhandenen Beleuchtungseinrichtungen, wie Scheinwerfer, Leuchten, Rückstrahler, Bremsleuchten und Fahrtrichtungsanzeiger durch eingetrockneten Straßenschmutz derart bedeckt gewesen seien, daß dadurch die vorgeschriebenen Lichtaustrittsstärken beeinträchtigt gewesen seien, und sie habe 2. ebenfalls nicht dafür gesorgt, daß die Kennzeichen vollständig sichtbar und nicht durch Verschmutzung unlesbar seien, und sie habe

3. außerdem auf dieser Fahrt den zum bestimmungsgemäßen Gebrauch vorhandenen Sicherheitsgurt nicht benützt. Sie habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1. § 102 Abs. 1 KFG in Verbindung mit den §§ 14, 18 und 19 KFG, 2. § 102 Abs. 2 KFG, 3. Art. III Abs. 1 in Verbindung mit Art. III Abs. 5 lit. a der dritten KFG-Novelle, BGBl. Nr. 352/1976, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 253/1984. Gemäß § 134 KFG wurde zu 1. eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 108 Stunden), zu 2. eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) und gemäß Art. III Abs. 5 der dritten KFG-Novelle wurde zu 3. eine Geldstrafe in der Höhe von S 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Stunden) verhängt.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung in den Punkten 2. und 3. abgewiesen. Der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses wurde, soweit er die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 enthält, in Punkt 2. insofern abgeändert, als dies eine Übertretung des § 102 Abs. 2 zweiter Satz KFG darstelle, und in Punkt 3. eine Übertretung der Verwaltungsvorschrift des Art. III Abs. 5 der dritten KFG-Novelle, BGBl. Nr. 253/1984. Gemäß § 45 VStG 1950 wurde betreffend Punkt 1. des erstbehördlichen Straferkenntnisses von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen und dessen Einstellung verfügt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine Aussage der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten, im Iran lebenden Person als Zeuge stand der belangten Behörde nicht zur Verfügung. Nach § 19 Abs. 1 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) ist die Behörde lediglich berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben ...., vorzuladen. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung war es somit schon im Hinblick auf diese innerstaatliche verfahrensrechtliche Vorschrift nicht möglich, die namhaft gemachte Person mittels internationalen Rückscheinbriefes vor die Erstbehörde vorzuladen. Es war aber auch, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführte, mangels eines bestehenden Übereinkommens eine zeugenschaftliche Einvernahme im Rechtshilfeweg nicht möglich. Dem Beschwerdevorbringen ist im gegebenen Zusammenhang weiters entgegenzuhalten, daß für eine Vernehmung durch einen Beamten der österreichischen Botschaft in Teheran keine Rechtsgrundlage bestanden hätte (vgl. hiezu den die Aufgaben einer diplomatischen Mission betreffenden Artikel 3 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966). Das Unterbleiben einer Einvernahme der namhaft gemachten Person als Zeuge belastet den angefochtenen Bescheid somit nicht mit Rechtswidrigkeit.

Als Beweismittel insbesondere für die unter Punkt 2 des Schuldspruches als erwiesen angenommene Tat standen der belangten Behörde insbesondere die Anzeige vom 17. Februar 1988, die Zeugenaussage des Meldungslegers vom 26. April 1988, die Zeugenaussage des Beamten, der die Anzeige mitunterfertigt hatte, vom 2. Mai 1988, der Auszug aus einer einen anderen Vorfall betreffenden, jedoch auf die Witterungs- und Straßenverhältnisse am 2. Februar 1988 um ca. 11.20 Uhr Bezug nehmenden Anzeige und das meterologische Gutachten der Zentralanstalt für Meterologie und Geodynamik vom 6. April 1989 zur Verfügung. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Meldungsleger seine Zeugenaussge vom 26. April 1988 frei aus dem Gedächtnis oder mittels der Anzeige als Gedächtnisstütze abgelegt hatte. Unabhängig davon kann der Verwaltungsgerichtshof nämlich nicht finden, daß die belangte Behörde wegen der Zeitspanne zwischen dem Tag des Vorfalles, nämlich dem 2. Februar 1988, und dem Tag der Zeugenaussage, nämlich dem 26. April 1988, der Aussage des als Zeugen einvernommenen Meldungslegers nicht hätte folgen dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die belangte Behörde die Richtigkeit der Zeugenaussage durch den im meterologischen Gutachten enthaltenen Satz, daß zeitweise leichte Schneeschauer niedergegangen seien, als widerlegt ansehen hätte müssen. Zutreffend führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, daß die von der Beschwerdeführerin angeführten gerichtlichen Strafverfahren in keinem Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren standen, und daß die betreffenden Akten der gerichtlichen Strafverfahren daher nicht beizuschaffen waren. Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde der Zeugenaussage des Meldungslegers im Hinblick auf dessen Ausführungen über das Alter des Beifahrers in Ansehung der Ausführungen über die Straßen- und Witterungsverhältnisse und in Ansehung der Beeinträchtigung der Lesbarkeit der Kennzeichen durch Verschmutzung nicht hätte folgen dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im gegebenen Zusammenhang nicht zu erkennen, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides in sich widersprüchlich wäre.

Eine die Verjährung unterbrechende Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG 1950 muß sich auf alle einer späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen (siehe u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, in dem in Slg. NF. Nr. 11.894/A nicht veröffentlichten Teil).

Wie in der zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Ladung vom 14. März 1988 so wurde auch in Punkt 2. des Schuldspruches das Verhalten der Beschwerdeführerin nur insoweit erfaßt, als es sich am 2. Februar 1988, um 10.20 Uhr, am angegebenen Tatort abgespielt hatte. Ein Verharren in der Fortsetzung des strafbaren Verhaltens wurde der Beschwerdeführerin mit dem insofern im Verwaltungsrechtszug bestätigten Punkt 2. des Schuldspruches nicht zur Last gelegt. Ob die Beschwerdeführerin am Tag der Tat, nämlich am 2. Februar 1988, über den angegebenen Zeitpunkt von 10.20 Uhr hinaus ein solches Verharren an den Tag gelegt habe, war mangels Einbeziehung eines derartigen Sachverhaltes in den Schuldspruch (§ 44a lit. a VStG 1950) für die Beurteilung der Frage nach ungenütztem Ablauf oder Unterbrechung der Frist für die Verfolgungsverjährung somit ohne rechtliche Bedeutung.

Insbesondere auch in Ansehung des Punktes 2. des Schuldspruches wurde bereits im Wege der Ladung vom 14. März 1988 die Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 1 und 2 VStG 1950 unterbrochen. Daß die belangte Behörde im Spruchteil nach § 44a lit. b VStG 1950 die verletzte Verwaltungsvorschrift genauer als die Erstbehörde dahin anführte, daß es sich um den zweiten Satz des § 102 Abs. 2 KFG handle, stellt einen Ausspruch dar, zu dem die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) berechtigt war, ohne daß dem die nur die (der Verfolgung unterliegenden) Sachverhaltselemente betreffenden Bestimmungen des § 31 Abs. 1 und 2 VStG 1950 über die Verjährung entgegengestanden wären.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990030043.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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