TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/19 90/03/0100

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Veröffentlicht am 19.09.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;
99/03 Kraftfahrrecht;

Norm

ADR 1973;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
GGSt §22 Abs1 Z7 lita;
VStG §25;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 12. Jänner 1990, Zl. 11-75 Fo 2/89, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes-Straße

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer ein Schuldspruch gefällt, der im Spruchteil nach § 44a lit. a VStG 1950 wie folgt lautet:

    "Herr ..... hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der

Gesellschaft m.b.H., Sitz ........, und somit im Sinne des § 9

VStG 1950 satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes

Organ in seiner Eigenschaft als Beförderer nicht dafür gesorgt,

daß dem Lenker der Beförderungseinheit am 8. November 1988 um

ca. 12.00 Uhr auf der ...... bei Baukm. ...... eines

Tankwagenzuges mit dem Kennzeichen ....... (Zugfahrzeug) und .

(Anhänger), mit welchem Gefahrengut der Klasse 3, Z. 32c ADR (Dieselkraftstoff) transportiert wurde, nicht die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere vollständig übergeben worden sind, da diese Beförderungspapiere keine Klasse und Ziffer aufwiesen, obwohl gefährliches Gut befördert wurde."

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 42 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Z. 7 lit. a GGSt verletzt. Gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 GGSt wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Gefahrgutbeförderungsgesetz-Straße-GGSt, BGBl. Nr. 209/1979, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 181/1988, enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"§ 2. (1) Insofern in diesem Bundesgesetz und den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht anderes bestimmt ist, sind die Vorschriften der Anlagen A und B des ADR" (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. Nr. 522/1973) "und deren Anhänge auf nationale Beförderungen gefährlicher Güter sinngemäß anzuwenden."

"§ 3. (1) Für dieses Bundesgesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

10. Beförderer: derjenige, der ein gefährliches Gut auf Grund einer vertraglichen oder sonstigen Verpflichtung gegenüber dem Versender oder Absender zur Beförderung übernimmt oder auf eigene Rechnung befördert;"

    "§ 22. (1) Ein gefährliches Gut darf nur befördert werden,

wenn ........

    7. dem Lenker für jede Beförderungseinheit übergeben worden

sind:

    a) die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere," .......

    "§ 42. (1) Wer

    1. als Beförderer ein gefährliches Gut entgegen § 22 Abs. 1

befördert," ........

"begeht, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis S 600.000,-- zu bestrafen."

Im II. Teil der Anlage A zum Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR, Fassung BGBl. Nr. 154/1985) ist in Ansehung von Gefahrengut der Klasse 3, Z. 32c, im Abschnitt 2. B hinsichtlich der Vermerke im Beförderungspapier vorgesehen, daß die Bezeichnung des Gutes durch die Angabe der Klasse und der Ziffer zu ergänzen ist.

Der Beschwerdeführer wendet in der vorliegenden Beschwerde ein, die Gesellschaft m.b.H., als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer er zur Verantwortung gezogen worden sei, habe nicht die Eigenschaft als Beförderer gehabt. Mit diesem Vorbringen setzt sich der Beschwerdeführer mit der Aktenlage in Widerspruch. Zufolge der Ausführungen in der Anzeige vom 19. November 1988 sei der Lenker als Arbeitnehmer der Gesellschaft m.b.H., die der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer nach außen vertritt, tätig gewesen, und zufolge der Ausführungen im Bericht vom 27. Dezember 1988 habe der Beschwerdeführer dem Lenker den Auftrag gegeben, die Ladung zu befördern. Diesen Ausführungen in der Anzeige vom 19. November 1988 und im Bericht vom 27. Dezember 1988 trat der Beschwerdeführer nach Akteneinsicht durch seinen Rechtsvertreter am 2. März 1989 nicht entgegen, und zwar insbesondere nicht in seiner Stellungnahme vom 14. März 1989 und auch nicht in seiner Berufung. Die belangte Behörde durfte somit davon ausgehen, daß die Gesellschaft m.b.H., die der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer nach außen vertritt, im vorliegenden Fall die Pflichten des Beförderers wahrzunehmen hatte.

§ 22 Abs. 1 Z. 7 lit. a GGSt verlangt die Übergabe der "im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere". Die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde vertretene Auffassung, daß ein Papier, in welchem entgegen dem II. Teil der Anlage A, Abschnitt 2. B zu Klasse 3, die Angabe der Klasse und der Ziffer fehlt, nicht das "im ADR vorgeschriebene Begleitpapier" darstellt, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auf dem Boden der vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Feststellung, daß die betreffenden Angaben im vorliegenden Fall gefehlt hatten, kann dem Beschwerdevorbringen, der Fahrer habe sehr wohl die erforderlichen Begleitpapiere mitgehabt, nicht gefolgt werden. Auch die weiters in der Beschwerde vertretene Auffassung, daß im vorliegenden Fall eine Übergabe im Sinne des § 23 Abs. 1 Z. 7 lit. a GGSt nach der Aktenlage erfolgt sei, trifft auf dem Boden des vom Beschwerdeführer selbst zugestandenen Sachverhaltes, daß "die Papiere lediglich nicht ausgefüllt bzw. nicht ordnungsgemäß ausgefüllt" gewesen seien, nicht zu. Der Standpunkt des Beschwerdeführers, daß für das Ausfüllen der Lenker zuständig sei, ist durch die dargelegte, nach dem GGSt gegebene Rechtslage nicht gedeckt.

In Ansehung von juristischen Personen und von Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit bestimmt § 9 Abs. 2, zweiter Satz VStG 1950, daß für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen als die zur Vertretung nach außen Berufenen zu verantwortlichen Beauftragten, denen für die betreffenden Bereiche die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt, bestellt werden können.

Im Grunde des § 9 Abs. 4 VStG 1950 kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person sein, die unter anderem die Voraussetzungen erfüllen muß, daß sie ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und daß ihr für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Ein als Beschuldigter verfolgter, zur Vertretung nach außen Berufener kann sich nur dann auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der ihm angelasteten Übertretung stammender - Nachweis der Zustimmung eines verantwortlichen Beauftragten zu seiner Bestellung eingelangt ist (siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. N.F. Nr. 12.375/A).

Im gegebenen Zusammenhang enthält die vorliegende Beschwerde folgendes Vorbringen:

"Nach der Aktenlage wurde nunmehr vorgebracht, daß der jeweilige Lenker mit dieser Verantwortung beauftragt wurde, was auch naheliegend ist, wenn es um die Eintragung der Gefahrenklasse in die Begleitpapiere geht und hätte die Behörde daher diese Verantwortung prüfen müssen und keinesfalls negieren dürfen. Somit ist das Verfahren auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung auch mangelhaft geblieben, weil der Fahrer ....... nicht vernommen wurde."

Dieses Vorbringen ist nicht auf die im § 9 Abs. 2 und 4 VStG 1950 vorgesehenen Voraussetzungen für die Begründung der Rechtsstellung eines verantwortlichen Beauftragten abgestellt. Auch nach der Aktenlage vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde davon ausgehen hätte müssen, daß anstelle des Beschwerdeführers ein verantwortlicher Beauftragter verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung hätte gezogen werden müssen.

Eine nach § 9 Abs. 1 oder 2 VStG 1950 verantwortliche Person kann sich in Ansehung eines Verstoßes gegen eine die juristische Person oder Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit treffende Verpflichtung insoweit entlasten, als sie Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Im vorliegenden Fall läßt sich weder der Aktenlage noch dem Beschwerdevorbringen entnehmen, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter diesem Gesichtspunkt zubilligen hätte müssen, frei von Schuld zu sein. Damit, daß sich der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde darauf beruft, nicht selbst jeden Fahrer des Betriebes auf seinen Fahrten begleiten zu können, um zu kontrollieren, daß die Begleitpapiere ordnungsgemäß ausgefüllt wurden, und daß es ihm faktisch unmöglich sei, den Lenker des Tankfahrzeuges nach der Beladung an einem anderen Ort als dem Sitz des Unternehmens zu kontrollieren, ob die ADR-Eintragungen ordnungsgemäß durchgeführt wurden, vermag der Beschwerdeführer somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Auch das Vorbringen, daß bisher keine Beanstandungen erfolgt seien, ist im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliches Gewicht, sodaß auch die auf dieses Vorbringen abgestellte Verfahrensrüge, eine Einvernahme des Fahrzeuglenkers sei zu Unrecht unterlassen worden, nicht stichhältig ist. Da Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften schon von vornherein vermieden werden müssen, ist auch dem Beschwerdevorbringen nicht beizupflichten, daß die Überwachungsfunktion bzw. die Kontrollfunktion erst dann zum Tragen käme, wenn ein Lenker die ihm erteilten Anweisungen nicht einhalten sollte.

Soweit der Beschwerdeführer auf den Grundsatz, daß im Zweifel für den Beschuldigten zu entscheiden sei, verweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß diese Regel nur für jene Fälle gilt, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte; nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Schuldspruch zu unterbleiben (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zlen. 89/02/0177 bis 0180). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein Sachverhalt Beweiswürdigung Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Allgemein VwRallg10/1 freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990030100.X00

Im RIS seit

23.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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