TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/19 90/03/0132

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.1990
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §57 Abs3;
KFG 1967 §75a;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §44a litb;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 1. März 1990, Zl. 11-75 Bi 5-90, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer der Übertretung des § 75 a KFG 1967 schuldig erkannt, weil er am 30. Juni 1989 um 14.03 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Motorfahrrad an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in Weiz gelenkt habe, obwohl ihm zum damaligen Zeitpunkt das Lenken von Motorfahrrädern mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 26. Juni 1989, Zl. 11 F 2 B 52-89, untersagt gewesen sei. Hiefür wurde über ihn gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde "wegen formeller und materieller Rechtswidrigkeit".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der oben erwähnte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 26. Juni 1989 wurde gemäß § 57 Abs. 1 AVG 1950 erlassen und enthält im Spruch unter anderen folgende Aussprüche:

"Das Lenken von Motorfahrrädern wird ausdrücklich verboten. Diese Maßnahme gilt für den Zeitpunkt von 2 Jahren, gerechnet ab der Zustellung des Bescheides." Nach der Begründung handle es sich um eine unaufschiebbare Maßnahme bei Gefahr im Verzug. Unbestritten ist, daß dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 29. Juni 1989 zugestellt wurde. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß der Bescheid gemäß § 57 Abs. 3 AVG 1950 "ex tunc" außer Kraft getreten sei, weil die Behörde erster Instanz innerhalb der in der genannten Bestimmung normierten Frist kein Ermittlungsverfahren "im Verfahrensgegenstand § 75 a KFG" eingeleitet habe. Damit verkennt er die Rechtslage: Gemäß § 57 Abs. 3 erster Satz AVG 1950 hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung gegen einen nach § 57 Abs. 1 leg. cit. erlassenen Bescheid das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers tritt der Bescheid in einem solchen Fall aber nicht "ex tunc", sondern mit Ablauf der für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens offengestandenen zweiwöchigen Frist außer Kraft (vgl. Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren8, Erster Halbband, 308; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 708). Daraus folgt für den Beschwerdefall, daß der Bescheid vom 26. Juni 1989 unabhängig davon, ob innerhalb von 2 Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde oder nicht, zum Tatzeitpunkt, nämlich am 30. Juni 1989, jedenfalls in Kraft gestanden ist und die entsprechende normative Wirkung entfaltet hat.

Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, wenn er meint, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides dem § 44 a (lit. b) VStG 1950 widerspreche. Aus dem mit dem angefochtenen Bescheid übernommenen Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geht eindeutig hervor, daß durch die Tat - dem Lenken eines Motorfahrrades entgegen einem ausdrücklichen Verbot - § 75 a KFG 1967 verletzt worden ist, nach dessen zweiten Satz das Lenken eines Motorfahrrades entgegen einer behördlichen Verfügung nach lit. a, b oder c unzulässig ist. Damit entsprach der Spruch den Anforderungen des § 44 a lit. b VStG 1950, ohne daß es notwendig gewesen wäre, darin eine ausdrückliche Sumption des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Verbotes unter § 75 a lit. a KFG 1967 aufzunehmen.

Der Beschwerdeführer kann sich auch hinsichtlich des Inhaltes des ihm erteilten Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen. Sollte ihm der Mandatsbescheid vom 26. Juni 1989 nicht klar gewesen sein, so hätte er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit entsprechende Erkundigungen einziehen müssen, deren Unterlassung ihm zumindest als fahrlässiges Verhalten zur Last fällt.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde nicht auf die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG 1950 eingegangen sei, vermag er gleichfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Nach der genannten Bestimmung kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutet sind. Die Schuld des Beschuldigten ist nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts - und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1990, Zl. 89/03/0084). Daß diese Voraussetzung im Beschwerdefall vorläge, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Gegen die Strafbemessung wendet der Beschwerdeführer ein, die belangte Behörde hätte die Strafe herabsetzen müssen, weil sie den von der erstinstanzlichen Behörde angenommenen Erschwerungsgrund der mangelnden Schuldeinsicht nicht als gegeben betrachtet habe. Ferner sei es unterlassen worden, ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den von der belangten Behörde berücksichtigten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu geben, welche nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen. Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde nicht nur den angeführten Erschwerungsgrund, sondern auch das Vorliegen der von der erstinstanzlichen Behörde herangezogenen Milderungsgründe, nämlich den Umstand, daß das Delikt vor Absolvierung der Alkoholventwöhnungsbehandlung gesetzt worden sei und daß eine "einschlägige Unbescholtenheit" vorliege, verneint hat. Wenn sie die verhängte Strafe unter dem Gesichtspunkt des Wegfalles sowohl des in erster Instanz berücksichtigten Erschwerungsgrundes als auch der von der erstinstanzlichen Behörde angenommenen Milderungsgründe für angemessen angesehen hat, kann ihr auf der Grundlage des § 134 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 19 VStG 1950 keine Rechtsverletzung vorgeworfen werden. Was die von der belangten Behörde zugrundegelegten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers anlangt, so hat es dieser verabsäumt, den entsprechenden, bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthaltenen Feststellungen im Berufungsverfahren entgegenzutreten. Auf sein nunmehriges Vorbringen kann zufolge des Neuerungsverbotes des § 41 Abs. 1 VwGG nicht Bedacht genommen werden.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Schuldform

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990030132.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten