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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §66 Abs4;Beachte
Vorgeschichte: 89/03/0296 E 9. Mai 1990;Betreff
A-Gesellschaft m.b.H. gegen Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Taxikonzessionsangelegenheit
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 5 zweiter Satz und § 62 VwGG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950, den §§ 9 Abs. 1, 25 Abs. 1 und 2 und 39 Abs. 2 GewO 1973 sowie den §§ 1 bis 5 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. Nr. 85/1952, wird der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. Oktober 1988, Zl. MA 63-C 66/88, keine Folge gegeben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin richtete am 19. Mai 1987 an den Magistrat der Stadt Wien das Ansuchen, ihr die Konzession für das auf 100 Personenkraftwagen eingeschränkte Taxi-Gewerbe mit dem Standort in Wien X-Gasse, zu erteilen.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 1988 verweigerte der gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 zur Entscheidung zuständig gewordene Landeshauptmann von Wien der Beschwerdeführerin die beantragte Konzession gemäß § 25 Abs. 2 GewO 1973 in Verbindung mit den §§ 1 bis 5a und § 10 Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes sowie mit den §§ 2 bis 5 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Mai 1987, LGBl. Nr. 22/1987, betreffend die Verhältnis- und Höchstzahl der für das mit Kraftfahrzeugen betriebene Platzfuhrwerksgewerbe zuzulassenden Kraftfahrzeuge in Wien.
Da über die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung nicht entschieden wurde, erhob die Beschwerdeführerin gemäß Art. 132 B-VG Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Mai 1990, Zl. 89/03/0296-5, wurde gemäß § 42 Abs. 5 erster Satz VwGG dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr aufgetragen, binnen sechs Wochen den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung zu erlassen, daß die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Mai 1987, LGBl. Nr. 22/1987, betreffend die Verhältnis- und Höchstzahl der für das mit Kraftfahrzeugen betriebene Platzfuhrwerksgewerbe zuzulassenden Kraftfahrzeuge in Wien (Wiener Taxi-Kraftfahrzeug Verhältnis- und Höchstzahl-Verordnung) nicht anzuwenden ist.
Da die belangte Behörde diesem Auftrag nicht nachkam, hat der Verwaltungsgerichtshof über die Säumnisbeschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst gemäß § 42 Abs. 5 zweiter Satz VwGG zu entscheiden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 3 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes gelten für die in diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1), soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973. Gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. darf die Konzession - unter anderem für das Taxi-Gewerbe (§ 3 Abs. 1 Z. 3 leg. cit.) - nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes (§ 25 GewO 1973) erfüllt sind. Gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1973 können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben. In diesem Zusammenhang wird in § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 als Voraussetzung einer Bewilligung für ein konzessioniertes Gewerbe u.a. die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15 leg. cit.) normiert, das heißt, daß die Konzessionserteilung an eine juristische Person insbesondere auch von der erfolgten Bestellung eines Geschäftsführers abhängig ist. Über den Geschäftsführer bestimmt § 39 Abs. 2 GewO 1973 u.a., daß dieser in der Lage sein muß, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen.
Bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes der "entsprechenden" Betätigungsmöglichkeit eines Geschäftsführers ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in erster Linie auf die Bestimmungen des § 39 Abs. 1 und 6 GewO 1973 Bedacht zu nehmen, aus denen hervorgeht, daß der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer der Behörde gegenüber anstelle des Gewerbeinhabers für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Eine entsprechende Betätigung im Sinne der angeführten Bestimmungen kann danach nur dann angenommen werden, wenn durch sie eine gesetzmäßige Gewerbeausübung sichergestellt und somit unter Bedachtnahme auf die im Einzelfall in Betracht zu ziehende gewerbliche Betätigung die bloße Scheinerfüllung dieses Erfordernisses ausgeschlossen wird. Dem Tatbestandselement der entsprechenden Betätigung im Betrieb zufolge muß sohin unter Bedachtnahme auf die Art oder auch den Umfang des Gewerbebetriebes und auf die Lebensumstände des Geschäftsführers die Beurteilung gerechtfertigt sein, daß der Geschäftsführer zu einer derartigen Betätigung in der Lage ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 2. Februar 1977, Slg. Nr. 9240/A, vom 14. November 1980, Slg. Nr. 10296/A, und vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0052, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur).
Nach Lage der Akten übt die Beschwerdeführerin als Gewerbetreibende (Pächterin) eine große Zahl von Konzessionen für das Taxi-Gewerbe und das Mietwagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen aus. Der von ihr in Aussicht genommene Geschäftsführer ST ist hauptberuflich beim Bundesamt für Zivilluftfahrt, Flughafen Wien-Schwechat beschäftigt. Dieses Beschäftigungsverhältnis ist, wie die Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof auf Anfrage mitteilte, nach wie vor aufrecht. Der Genannte ist ferner, wie die Beschwerdeführerin des weiteren dem Verwaltungsgerichtshof auftragsgemäß bekanntgab, bei 42 der von ihr im Standort Wien X-Gasse, betriebenen Konzessionen (und zwar bei 39 Taxikonzessionen und bei 3 Mietwagenkonzessionen mit Personenkraftwagen) und darüberhinaus bei 42 der von der B-Gesellschaft m.b.H. im Standort Wien Y-Gasse, ausgeübten Konzessionen (und zwar ebenfalls bei 39 Taxikonzessionen und bei
3 Mietwagenkonzessionen mit Personenkraftwagen) gewerbebehördlich genehmigter Geschäftsführer.
In Hinsicht auf die vollberufliche Tätigkeit des von der Beschwerdeführerin zur Genehmigung beantragten Geschäftsführers im Zusammenhalt mit der Vielzahl der Fälle (insgesamt 84), in denen er bereits Geschäftsführer der von der Beschwerdeführerin und von der B-Gesellschaft m.b.H. nicht nur für das Taxi-Gewerbe, sondern auch für das Mietwagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen ausgeübten Konzessionen ist, nimmt der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die Art und vor allem auf den Umfang der beantragten Konzession an, daß der Genannte im Hinblick auf die den gewerberechtlichen Geschäftsführer treffende Verantwortlichkeit nicht (mehr) in der Lage sein wird, sich in dem von der Beschwerdeführerin mit der erbetenen Konzession angestrebten Betrieb mit weiteren 100 Fahrzeugen entsprechend zu betätigen. Vor allem der Umstand, daß der in Aussicht genommene Geschäftsführer neben seiner beruflichen Tätigkeit die Funktion eines Geschäftsführers bei verschiedenen Gewerbetreibenden ausübt, die zudem jeweils verschiedene Gewerbe (Taxi-Gewerbe und Mietwagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen) betreiben, rechtfertigt die Annahme, der Geschäftsführer werde eine seiner Verantwortlichkeit entsprechende Betätigung, insbesondere hinsichtlich der erforderlichen Kontrolle der Tätigkeit seiner Mitarbeiter, in diesem Unternehmen nicht entfalten können. Dem steht nicht entgegen, daß von der Beschwerdeführerin - wie sie im Zusammenhang mitteilte -, "ein zweiter gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt wurde, welcher diese Funktion hauptberuflich ausübt und zwar ... gemeinsam mit Herrn ST", zumal dieser Geschäftsführer offenbar für weitere von der Beschwerdeführerin ausgeübte Konzessionen der in Rede stehenden Art bestellt wurde, wie sich aus den bekanntgegebenen diesbezüglichen Genehmigungsdaten ergibt, und der namhaft gemachte Geschäftsführer ST dadurch jedenfalls nicht der Verantwortlichkeit in Ansehung der Konzessionen, deren Geschäftsführer er ist, entbunden wird. Da es sohin dem von der Beschwerdeführerin bestellten Geschäftsführer schon an der Voraussetzung des § 39 Abs. 2 erster Satz GewO 1973 mangelt, kann dahinstehen, ob seiner Genehmigung nicht etwa auch der zweite Satz des § 39 Abs. 2 leg. cit. entgegenstünde.
Im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in der Sache selbst zu treffenden Entscheidung obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung des Vorliegens aller Konzessionsverleihungsvoraussetzungen. Die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes ist daher nicht auf den in der Berufung erörterten Gesichtspunkt eingeschränkt (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1984, Zl. 84/16/0046).
Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung der von der Beschwerdeführerin beantragten Konzession nicht erfüllt sind, war der Berufung keine Folge zu geben.
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch den Berufungsantrag Umfang der Anfechtung Teilrechtskraft Teilbarkeit der vorinstanzlichen Entscheidung Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030296.X00.1Im RIS seit
11.07.2001