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22 Zivilprozeß, außerstreitiges Verfahren;Norm
ZPO §146 Abs1Leitsatz
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist; der Berufungsbescheid enthält den Hinweis, daß eine von einem Rechtsanwalt zu unterschreibende Beschwerde an den VfGH erhoben werden kann; keine Wiedereinsetzung bei Einbringung einer selbstverfaßten Beschwerde bei der bescheiderlassenden Behörde - kein bloß minderer Grund des Versehens; keine Stattgebung des Antrages, Zurückweisung der Beschwerde als verspätetSpruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde wird keine Folge gegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Dem Bf. wurde im Rahmen des vom Bezirksgericht Freistadt durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahrens über die Liegenschaft EZ 64 KG Matzelsdorf am 19. Jänner 1987 als Meistbietendem der Zuschlag erteilt.
Mit Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Freistadt vom 27. Feber 1987 wurde die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden grundverkehrsbehördlich genehmigt.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich gab die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der O.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 6. August 1987 Folge und sprach aus, daß die "Übertragung des Eigentumsrechtes . . . aufgrund des . . . ergangenen Zuschlages der sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des §4 Abs1 O.ö. Grundverkehrsgesetz 1975" widerspricht. Dieser Bescheid wurde dem Bf. nach seinen eigenen Angaben am 12. August 1987 zugestellt.
II. Der Bf. begehrt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den VfGH und bringt zur Begründung seines Antrages im wesentlichen vor: Seine Mutter und er seien im gesamten Zwangsversteigerungsverfahren von einem "in rechtlichen Dingen versierter(en)" Nachbarn unterstützt worden. Der Bf. habe mit Hilfe dieses Nachbarn eine Beschwerde verfaßt, die von diesem am 17. September 1987 - somit noch innerhalb der sechswöchigen Frist - irrtümlich nicht an den VfGH, sondern an die Landesgrundverkehrskommission in Linz abgeschickt worden sei. Die Belehrung auf dem Bescheid der Landesgrundverkehrskommission sei nach Meinung des Bf. nicht ausreichend, weil nicht darauf hingewiesen werde, "daß die Beschwerde an den Gerichtshof nach Wien geschickt werden" müsse.
Die Mutter des Bf. habe bei einer Vorsprache in der Geschäftsstelle des VfGH am 1. Dezember 1987 erfahren, daß die Beschwerde beim VfGH nicht eingelangt sei. Am folgenden Tag brachte der Bf. die Beschwerde in Verbindung mit dem Wiedereinsetzungsantrag unmittelbar beim VfGH ein.
III. Der Wiedereinsetzungsantrag ist nicht begründet. Die Versäumung der Frist ist nicht auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zurückzuführen (§146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrensnovelle 1983 iVm §35 VerfGG). Nach §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrensnovelle 1983 ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Hiebei hindert ein Verschulden der Partei an einer Versäumung die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der VfGH hat keinen Anlaß, die Angaben des Bf. in Zweifel zu ziehen und geht daher vom behaupteten Sachverhalt aus. Er kann aber im Irrtum des Bf. nicht mehr einen bloß minderen Grad des Versehens erblicken:
Der bekämpfte Bescheid enthält den Hinweis, daß innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den VfGH erhoben werden kann und den zusätzlichen Hinweis, daß die Beschwerde von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein muß.
Aus dieser Formulierung ist auch für einen nicht Rechtskundigen erkennbar, daß eine an den VfGH gerichtete Beschwerde bei diesem selbst und nicht bei der Verwaltungsbehörde, deren Entscheidung bekämpft wird, einzubringen ist und daß es sich um eine Angelegenheit handelt, die wegen ihrer Bedeutung der Mitwirkung eines Rechtsanwaltes bedarf. Sollten trotzdem Zweifel bestehen, so ist es dem Bescheidadressaten im allgemeinen zumutbar, sich genaue Kenntnis über die Rechtslage zu verschaffen. Besondere Umstände, auf Grund derer es dem Bf. unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, sich über die Rechtslage zu informieren, wurden nicht geltend gemacht.
Es sind somit die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht erfüllt, weshalb dem Antrag nicht Folge zu geben ist (§149 Abs2 ZPO iVm §35 VerfGG).
IV. Die Beschwerde ist verspätet. Der mit ihr angefochtene Bescheid wurde dem Bf. nach seinen eigenen Angaben am 12. August 1987 zugestellt. Die in §82 Abs1 VerfGG normierte sechswöchige Beschwerdefrist ist am 23. September 1987 abgelaufen. Die an den VfGH adressierte Beschwerde wurde laut Poststempel am 2. Dezember 1987, somit nach dem Ablauf der Beschwerdefrist, zur Post gegeben. Sie ist daher als verspätet zurückzuweisen.
V. Unter diesen Umständen entfällt ein Ausspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
VI. Diese Beschlüsse konnten ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden (§19 Abs3 Z2 litb und §33 VerfGG).
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B1307.1987Dokumentnummer
JFT_10128791_87B01307_00