TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/19 90/03/0056

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Veröffentlicht am 19.09.1990
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Index

92 Luftverkehr;

Norm

LVR 1967 §136;
LVR 1967 §146 Abs1;
LVR 1967 §4 Abs1;
LVR 1967 §75;
ZSV §2;
ZSV §3 Abs1;
ZSV §4;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Wien vom 7. Dezemer 1989, Zl. MA 64-46/89/Str., betreffend Übertretungen luftfahrrechtlicher Vorschriften

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer der Übertretungen I. des § 146 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes in Verbindung mit den §§ 75 und 4 der Luftverkehrsregeln 1967 (LVR) und II. des § 146 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes in Verbindung mit § 136 leg. cit.und § 3 ZSV 1978 bestraft, weil er als verantwortlicher Pilot eines nach Type und Kennzeichen bestimmten Luftfahrzeuges I. am 6. Juni 1987 von 11.36 Uhr bis 11.42 Uhr UTC bei einem Flug über dem Stadtgebiet von Wien die Anordnung bzw. Freigabe der Flugplatzkontrollstelle Wien (Wien Tower) auf eine Höhe von 5.000 Fuß (ft) über dem mittleren Meeresspiegel über dem Stadtgebiet von Wien zu steigen, nicht befolgt, sondern entgegen dieser Anordnung mit seinem Luftfahrzeug die zugewiesene Flughöhe um 500 Fuß (ft) überschritten habe und auf eine Höhe von 5.500 Fuß (ft) gestiegen sei, und II. im Zeitraum vom 6. Juni 1987 bis zum 5. Oktober 1987 es unterlassen habe, beim Bundesamt für Zivilluftfahrt eine bei dem am 6. Juni 1987 über dem Stadtgebiet von Wien durchgeführten Flug, bei dem er verantwortlicher Pilot gewesen sei, aufgetretene Störung am Communication Equipment ONE (Funkgerät 1) des Luftfahrzeuges, die einen Funkausfall in der Zeit von 11.02 Uhr bis 11.07 Uhr UTC zur Folge gehabt habe, in der im § 3 ZSV 1978 vorgesehenen Art und Weise zu melden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu Punkt I.:

Gemäß § 4 Abs. 1 LVR hat der Pilot den Anordnungen der Flugverkehrskontrollstellen (§ 69) und - bezüglich Ausnahmebereiche - den Anordnungen der Militärflugleitungen Folge zu leiten. Er entscheidet jedoch selbständig über die Führung des Luftfahrzeuges.

Im Beschwerdefall ist es strittig, ob die dem Beschwerdeführer von der Flugverkehrskontrollstelle erteilte Freigabe, auf eine Höhe von 5.000 Fuß zu steigen, als Anordnung im Sinne der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist. Der Versuch des Beschwerdeführers, aus dem allgemeinen Sprachgebrauch abzuleiten, daß sich Freigaben von Anordnungen dadurch unterschieden, daß erstere dem Adressaten ein bestimmtes Verhalten anheim stellten, letztere für ihn hingegen verbindlich seien, scheitert daran, daß - wie er selbst einräumt - unter dem Begriff der Freigabe nach § 2 Z. 17 LVR nicht nur dem verantwortlichen Piloten von einer Flugverkehrskontrollstelle erteilte Zustimmungen, sondern auch Anordnungen, sein Luftfahrzeug unter den von der Flugverkehrskontrollstelle mit Rücksicht auf die Sicherheit der Luftfahrt festgelegten Bedingungen, Auflagen und Befristungen zu führen, fallen. Der belangten Behörde kann vor dem Hintergrund der im § 68 Abs. 1 Z. 1 und 3 LVLR umschriebenen Aufgaben des Flugverkehrskontrolldienstes, Zusammenstöße zwischen Luftfahrzeugen zu vermeiden und für einen raschen, flüssigen und geordneten Ablauf des Luftverkehrs zu sorgen, nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, daß eine Freigabe, auf eine bestimmte Höhe zu steigen, den Piloten zur Einhaltung dieser Flughöhe verpflichte, weshalb ihr der Charakter einer Anordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 LVR innewohne. Stünde es dem Piloten - wie der Beschwerdeführer meint - trotz Freigabe einer bestimmten Flughöhe frei, sein Luftfahrzeug auf einer anderen Höhe zu führen, würde dies den mit der Einrichtung des Flugverkehrskontrolldienstes verbundenen, oben angeführten Zielsetzungen zuwiderlaufen. Die Nichtfolgeleistung einer solcherart erteilten Anordnung zur Einhaltung einer Flughöhe von 5.000 Fuß durch den Beschwerdeführer erfüllte daher den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung.

Wenn sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der subjektiven Tatseite auf "Unklarheiten" dahin beruft, ob es sich bei der "Äußerung" der Flugverkehrskontrollstelle um eine "schlichte Freigabe" oder eine Anordnung gehandelt habe, ist ihm zu entgegnen, daß ihn ein allfälliger diesbezüglicher Rechtsirrtum nicht zu entschuldigen vermag, weil er als Pilot gehalten ist, sich über die einschlägigen Vorschriften zu informieren.

Zu Punkt II.:

Gemäß § 3 Abs. 1 erster Satz ZSV 1978 sind verantwortliche Piloten und die Zivilluftfahrzeughalter verpflichtet, dem Bundesamt für Zivilluftfahrt unverzüglich - bei Störungen außerhalb des österreichischen Hoheitsgebietes spätestens unverzüglich nach der Rückkehr nach Österreich - alle ihren Betrieb von Zivilluftfahrzeugen bzw. den Betrieb ihrer Luftfahrzeuge betreffenden Störungen zu melden. Als Störung gilt gemäß § 2 leg. cit. jeder ungewollte Ablauf oder jede erzwungene Unterbrechung des Betriebes von Zivilluftfahrzeugen und seiner unmittelbaren Vorbereitung, durch welche die Sicherheit des Flugbetriebes nachteilig beeinflußt werden könnte. Gemäß § 4 leg. cit. können Störungsmeldungen - von hier nicht in Betracht kommenden Fällen abgesehen - bei Störungen unterbleiben, die sich als geringfügig erweisen (z.B. Ausfall einer Kontrollampe) und die Sicherheit des Flugbetriebes daher nicht unmittelbar berühren (Z. 2).

Im Beschwerdefall konnte der Beschwerdeführer - nach seinem Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren infolge der unbeabsichtigten Zuschaltung einer zweiten Flugfrequenz - mehrere Minuten lang Funksignale der Flugverkehrskontrollstelle nicht empfangen. Wenn die belangte Behörde diesen Vorgang als ungewollten Ablauf des Betriebes des vom Beschwerdeführer geführten Luftfahrzeuges wertete, durch welchen die Sicherheit des Flugbetriebes nachteilig beeinflußt hätte werden können, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Eine ununterbrochen dauernde Hörbereitschaft ist im Interesse einer sicheren und geordneten Abwicklung des Flugverkehrs bei kontrollierten Flügen notwendig (vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht II, 37.1.3.LVR). Eine auch nur wenige Minuten dauernde Unterbrechung der Sprechfunkverbindung kann daher nicht als geringfügige und die Sicherheit des Flugbetriebes nicht unmittelbar berührende Störung angesehen werden. Da es nicht zum Tatbestand der Störung im Sinne des § 2 ZSV 1978 gehört, daß es durch den ungewollten Ablauf des Betriebes von Luftfahrzeugen zu tatsächlichen Sicherheitsbeeinträchtigungen gekommen ist, erübrigt es sich, die konkreten Auswirkungen des im Beschwerdefall aufgetretenen Funkausfalles zu untersuchen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe eine Störung "nicht registriert", sodaß ihn keine Meldepflicht treffen könne, steht im Widerspruch zu dem hinsichtlich seiner Richtigkeit nicht bestrittenen Tonbandprotoll über den zwischen der Flugverkehrskontrollstelle und dem Beschwerdeführer abgewickelten Funkverkehr, aus dem sich ergibt, daß der Beschwerdeführer von der Funkverkehrskontrollstelle auf die Funkunterbrechnung hingewiesen wurde. Daß er sich - wie er in seiner Vernehmung am 15. April 1988 angab - subjektiv nicht gestört gefühlt habe, ist in Ansehung des ihm zur Last gelegten Deliktes unerheblich.

Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990030056.X00

Im RIS seit

05.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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