Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs1;Betreff
N gegen Kärntner Landesregierung vom 12. Dezember 1989, Zl. 8V-1017/8/89, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe am 14. Juli 1988 um 05.05 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer nach Straßenstrecke, Fahrtrichtung, topographischer Bezeichnung und Straßenkilometer bestimmten Straßenstelle in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Tage) verhängt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, darf nach § 5 Abs. 1 StVO ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.
Der Beschwerdeführer weist in der Begründung seiner vorliegenden Beschwerde zunächst darauf hin, er habe in Ansehung der Einnahme von Medikamenten und der Vornahme von Spülungen mit Arnika für die Zeit zwischen 01.00 Uhr und dem Unfall um 05.05 Uhr die Einvernahme eines Zeugen beantragt, welcher jedoch nicht einvernommen worden sei.
Was das Beweisthema, zu dem dieser Zeuge nach dem im Verwaltungsstrafverfahren erstatteten Vorbringen nach Ansicht des Beschwerdeführers einvernommen hätte werden sollen, und was die mit diesem Beweisthema zusammenhängenden Fragen anlangt, ergeben sich aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens insbesondere folgende Feststellungen:
a) Im Abschnitt 2b seiner Rechtfertigung vom 10. August 1988 führte der Beschwerdeführer aus, auf Grund seiner Kiefer- und Zahnbeschwerden habe er, nachdem er den Zeugen nach Hause gebracht habe, in dessen Haus die letzte Spülung mit Arnika vorgenommen.
b) In der mit Beweisantrag verbundenen Stellungnahme vom 28. September 1988 führte der Beschwerdeführer aus:
"Meines Erachtens ist der größte Teil des Alkohols, der durch den Alkomaten festgestellt wurde, auf die Spülung und Behandlung mit Arnika zurückzuführen. Die Menge des verwendeten Arzneimittels kann ich konkret nicht angeben, ich kann jedoch auf Grund des Fläschchens, das ich seinerzeit verwendet habe und das ich bei meinen Verteidigern deponiert habe, dartun, wieviel dieser Arzneimittelflüssigkeit zum Spülen und Behandeln der Operationsnarben in meinem Kiefer verwendet wurde.
Derzeit befindet sich in dieser Flasche eine Arnzeimittelmenge von sogenannter "Arnika" in der Höhe von 2,5 bis 3 cm. Bei den Spülungen damals dürfte ich die Hälfte der heute noch in der Flasche vorhandenen Menge konsumiert haben."
c) In der Stellungnahme vom 23. Dezember 1988 führte der Beschwerdeführer aus:
"Es ist medizinisch unrichtig, daß nach einer erfolgten Mundspülung 75 Minuten vor Durchführung des Alkotestes eine Beeinflussung des Alkomatwertes praktisch ausgeschlossen ist. Dies ist schon deshalb unrichtig, weil bei einem Alkoholkonsum auch noch nach zwei oder drei Stunden, solange Alkohol im Blut oder in der Atemluft vorhanden ist, solche Werte festgestellt werden können.
In meinem Schriftsatz vom 28.09.1988 habe ich darüber hinaus ausgeführt, daß bei den Spülungen damals die Hälfte der heute noch in der Flasche vorhandenen Menge konsumiert worden sein soll. Es ist daher nicht nur von einer Spülung auszugehen, sondern auch vom Konsum des Arzneimittels, welches jedenfalls eine Erhöhung des Blutalkoholwertes nach sich gezogen hat."
d) In der Berufung vom 26. Februar 1989 führte der Beschwerdeführer unter anderem aus:
"3. Ich bekämpfte die Feststellung, daß zur Zeit der Messung eine Atemluft-Alkoholkonzentration von 0,85 mg/l vorgelegen hat, zwar nicht, verweise aber nochmals darauf, daß diese Atemluft-Alkoholkonzentration von dem Konsum der Arnika-Tinktur fünf Minuten vor Beginn der Abfahrt herrührt. Eine Feststellung in der Richtung hat die Behörde erster Instanz nicht getroffen, sodaß das Verfahren mangelhaft geblieben ist. Maßgebend für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 5 Abs. 1 StVO ist nicht die Atemluft-Alkoholkonzentration ca. 1 Stunde nach der Tatzeit, sondern die Atemluft-Alkoholkonzentration zur Tatzeit.
4. In meiner Stellungnahme vom 23. Dezember 1988 habe ich die Ergänzung des Gutachtens ..... vom 9.12.1988 unter Zugrundelegung meiner Behauptung, daß bei den Spülungen die Hälfte der heute noch in der Flasche vorhandenen Menge konsumiert worden ist und daß sich dadurch jedenfalls eine wesentliche Erhöhung des Blutalkoholwertes ergeben hat, beantragt. Die Behörde erster Instanz ist auf diesen Teil der Rechtfertigung nicht eingegangen, sodaß derzeit mangels konkreter Feststellungen und infolge Mangelhaftigkeit des Verfahrens eine richtige rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes nicht möglich ist."
e) In der Stellungnahme vom 26. April 1989 führte der Beschwerdeführer aus:
"2. Die Alkoholmenge, die durch den Alcomaten in meiner Atemluft festgestellt wurde, ist nicht auf einen Alkoholkonsum zurückzuführen, sondern auf die Einnahme der flüssigen Medikamente 'Resyl mit Codein', der Tabletten 'Parkemed' und der Spülungen mit Arnika. Insbesondere die letzte Spülung, die ich unmittelbar vor dem Befahren .... um ca. 05.00 Uhr oder fünf Minuten vor 05.00 Uhr vorgenommen habe, hat die am Alcomaten ausgewiesene Alkoholmenge bewirkt. Mir war und ist die Wirkung der Medikamente nicht bekannt gewesen, im nachhinein kann ich aber mir das Ergebnis am Alcomaten nur so erklären, daß diese Umstände und insbesondere die Spülung mit Arnika die Alkoholmengen in der Atemluft angezeigt haben.
Ich habe über Aufforderung ... vom 9.12.1988 zur Zl. ..... die von mir verwendete Arnika-Tinktur auf den Alkoholgehalt untersuchen lassen. Es wurde von der Bundesstaatlichen-Bakteriologisch-Serologischen Untersuchungsanstalt ein Alkoholgehalt zwischen 65 % und 68 % bei dieser Arnika-Tinktur festgestellt."
f) Schließlich hielt der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 10. August 1989 die "Anträge zur Ermittlung des Blutalkoholgehaltes auf Grund der Spülung mit der Arnika-Tinktur zur Tatzeit" und den "Antrag ....., den Blutalkoholgehalt der Atemluft, weil er durch die Spülung mit der Arnika-Tinktur entstanden ist, zu ermitteln und bei Rückrechnung auf den Blutalkoholgehalt in Abzug zu bringen", aufrecht. Für dieses Beweisthema beantragte der Beschwerdeführer die Ergänzung des Gutachtens vom 9. Dezember 1988 bzw. die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen "aus dem Fachgebiet der Ermittlung des Blutalkoholgehaltes bzw. des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Verkehrszuverlässigkeit".
In Ansehung dieses gesamten Vorbringens des Beschwerdeführers, insbesondere unter Bedachtnahme auf das darin enthalte Sachverhaltsvorbringen, ist nunmehr dem Beschwerdevorbringen entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde in Ansehung der Medikamente, deren Einnahme der Beschwerdeführer behauptet hatte, wie es bereits die Erstbehörde getan hatte, von der dem Gutachten vom 9. Dezember 1988 zugrunde gelegten Unterscheidung zwischen einerseits der Alkoholkonzentration im Blut oder in der Atemluft und andererseits sonstigen Wirkungen ausgehen durfte. Die belangte Behörde durfte dem angefochtenen Bescheid im Sinne des Gutachtens zugrunde legen, daß das Medikament "Parkemed" Schläfrigkeit und das Medikament "Resyl mit Codein" Müdigkeit, Schwindel, eventuelle Übererregbarkeit und eine Verstärkung der Wirkung hinsichtlich eines durch Alkohol beeinträchtigten Zustandes bewirken können. Darüberhinaus ist es im Sinne des Gutachtens nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde eine Auswirkung der angeführten Medikamente auf die Alkoholkonzentration in der Atemluft verneinte. Insofern war es auch nicht rechtswidrig, wenn der Zeuge über die Einvernahme dieser Medikamente in der Zeit zwischen 01.00 Uhr und dem Unfall um 05.05 Uhr nicht einvernommen wurde.
Was den Kosum der alkoholhältigen Arnika-Tinktur anlangt, ist dem Beschwerdevorbringen zunächst entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde auf Grund des Gutachtens vom 9. Dezember 1988 davon ausgehen durfte, daß das Meßergebnis von 06.20 Uhr von einem Mund-Haft-Alkohol nicht beeinflußt wurde.
Dem Beschwerdevorbringen ist weiters entgegenzuhalten, daß ein - allfälliger, hinsichtlich der Resorption von nach § 5 Abs. 1 StVO tatbestandsmäßig erheblichen Mengen auch nur fahrlässig vorgenommener - Konsum der Arnika-Tinktur, sofern er sich auf die Alkoholkonzentration der Atemluft zur Lenkzeit ausgewirkt hatte, nach dem Tatbild der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO zu Lasten des Beschwerdeführers geht.
Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid einen Alkoholgehalt der Atemluft um 06.20 Uhr von 0,85 mg/l, also einen den Wert von 0,4 mg/l um 0,45 mg/l übersteigenden Wert des Alkoholgehaltes der Atemluft zugrunde. Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers, insbesondere auf Grund dessen Hinweises, daß die letzte Spülung um ca. 05.00 Uhr stattgefunden habe, hatte die belangte Behörde keine Anhaltspunkte dafür, daß die Überschreitung des bereits Strafbarkeit bewirkenden Wertes von 0,4 mg/l allein durch die vom Beschwerdeführer behauptete letzte Spülung und erst nach der Lenkzeit um 0,45 mg/l überschritten worden sei. Die belangte Behörde durfte nach den von ihr dargelegten Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens vielmehr davon ausgehen, daß der Alkoholgehalt der Atemluft zur Lenkzeit den im § 5 Abs. 1 StVO festgelegten Grenzwert nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten hatte.
Im gegebenen Zusammenhang erweist sich somit nicht nur das unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes erstattete Beschwerdevorbringen über die Zeitspanne zwischen dem Lenken des Fahrzeuges und dem Meßzeitpunkt als nicht stichhältig, sondern auch die beantragte Zeugeneinvernahme über die Frage der nach der Behauptung des Beschwerdeführers vorgenommenen Behandlung auch in Ansehung der Verwendung der Arnika-Tinktur als entbehrlich.
Es trifft nicht zu, daß die belangte Behörde den Aussagen der im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens einvernommenen Zeugen keine Glaubwürdigkeit zugesprochen hätte. Vielmehr führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich ins Treffen, daß einer der Zeugen bekundet habe, nicht zu wissen, wann der Beschwerdeführer tatsächlich die Medikamente eingenommen habe, ein anderer Zeuge, daß er am
13. und 14. Juli 1988 mit dem Beschwerdeführer nicht beisammen gewesen sei, eine Zeugin, daß sie keine entsprechenden Wahrnehmungen gemacht habe, und ein weiterer Zeuge, daß er nicht wisse, ob der Beschwerdeführer Tropfen und wann er das letzte Mal Tabletten eingenommen habe. Die betreffenden Ausführungen der belangten Behörde sind insbesondere nicht als aktenwidrig zu erkennen. Auch mit dem auf die Frage der Verwertung der Zeugenaussagen abgestellten Beschwerdevorbringen vermag der Beschwerdeführer somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Der Beschwerdeführer wurde wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO, nicht hingegen wegen Verschuldens im Hinblick auf einen Verkehrsunfall schuldig gesprochen. Die belangte Behörde nahm bei ihren Überlegungen zur Strafbemessung zwar auf die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch Lenker, die sich in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand befinden, Bezug, der Eintritt eines Verkehrsunfalles wurde von ihr bei der Strafbemessung jedoch, wie sich der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmen läßt, nicht als erschwerend berücksichtigt. Daß im gegebenen Zusammenhang ein Milderungsgrund vorgelegen gewesen wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die durch § 19 Abs. 2, erster und dritter Satz VStG 1950 in Verbindung mit § 34 StGB gegebenen Rechtslage nicht zu erkennen. Insofern der Beschwerdeführer in seiner vorliegenden Beschwerde auf den Verkehrsunfall hinweist, vermag er somit in Ansehung der Strafbemessung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der Verwaltungsgerichtshof vermag insbesondere nicht zu erkennen, daß in Ansehung der vom Beschwerdeführer selbst erlittenen Verletzungen ein Milderungsgrund hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO vorgelegen gewesen wäre.
In der Anzeige vom 14. Juli 1988 war festgehalten worden, daß der Beschwerdeführer ledig sei und keine Sorgepflichten habe. In der Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis wandte der Beschwerdeführer gegen die Strafbemessung nicht etwa ein, daß ihn Sorgepflichten treffen würden. In dem im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholten Gendarmeriebericht vom 12. April 1989 wurde neuerlich festgehalten, daß der Beschwerdeführer ledig sei und keine Sorgepflichten habe. Dieser Gendarmeriebericht wurde dem Beschwerdeführer mit Verständigung der von der belangten Behörde beauftragten Erstbehörde vom 18. April 1989 vorgehalten. In der auf Grund dieser Bekanntgabe der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erstattteten Stellungnahme vom 26. April 1989 wandte sich der Beschwerdeführer nicht gegen die Richtigkeit des Gendarmerieberichtes vom 12. April 1989. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in seiner vorliegenden Beschwerde Sorgepflichten für zwei Kinder und eine nicht berufstätige Ehefrau behauptet, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung.
Daß die belangte Behörde ein Überwiegen von Milderungsgründen festzustellen gehabt hätte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde in Verbindung mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis festgestellten Einkommensverhältnisse und selbst unter weiterer Bedachtnahme darauf, daß der Beschwerdeführer für sich den Mildungerungsgrund nach § 19 Abs. 2 VStG 1950 in Verbindung mit § 34 Z. 2 StGB (ordentlicher Lebenswandel und auffallender Widerspruch der Tat mit dem sonstigen Verhalten) in Anspruch nimmt und daß ihm dieser Milderungsgrund von der belangten Behörde mangels Feststellung eines anderweitigen Sachverhaltes auf dem Boden der Aktenlage zuzugestehen war, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde mit der Bemessung der Geldstrafe mit S 12.000,-- innerhalb des von S 8.000,-- bis S 50.000,-- reichenden Strafrahmens von dem ihr in Ansehung der Strafbemessung eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte.
Da sich die vorliegende Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990030024.X00Im RIS seit
12.06.2001