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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Beachte
Abgegangen hievon mit verstärktem Senat (demonstrative Auflistung): 93/01/0377 E VS 29. Juni 1994 VwSlg 14089 A/1994 RS 5; (RIS: abwh)Betreff
A gegen Bundesminister für Inneres vom 7. Juni 1990, Zl. 4 288.433/2-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, reiste am 3. November 1989 in das Bundesgebiet ein und stellte am 4. Dezember 1989 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 13. Dezember 1989 führte der Beschwerdeführer zur Begründung des Antrages aus, er habe als Angehöriger der kurdischen Volksgruppe keine Menschenrechte und werde nicht als gleichwertiger Staatsbürger behandelt. Diese Benachteiligung äußere sich so, daß er als Kurde immer "zurückgestellt" und bei den öffentlichen Ämtern benachteiligt werde. Nach dem Umsturz nach 1980 hätten sich die Angehörigen seiner Volksgruppe nicht mehr beschweren können und seien immer "rechtloser" geworden. Der Beschwerdeführer habe in der Schule keine kurdischen Gedichte aufsagen und keine kurdische Musik hören dürfen. In der Schule seien nur drei Lehrer für 300 Schüler eingestellt gewesen, weil die Schüler kurdischer Abstammung gewesen seien. Nach dem Gymnasialabschluß habe der Beschwerdeführer Polizist werden wollen, habe jedoch kein Ansuchen gestellt, weil ihm Freunde sagten, als Kurde würde er "nicht aufgenommen" werden; er habe sich daher entschlossen, die Türkei zu verlassen.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 5. Februar 1990 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling ist.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er zunächst im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte und weiters ausführte, er habe nach der Gymnasialzeit eine Arbeitsstelle in einem Einkaufszentrum in Istanbul gefunden. Diese Arbeit sei für ihn eine Notlösung gewesen, da er bereits entschlossen gewesen sei, seine Heimat zu verlassen. Im November 1989 sei er für den Militärdienst gemustert worden. Da er sich aber bereits mit Fluchtabsichten getragen habe, habe er nicht mehr warten wollen, bis er zum Militärdienst eingezogen werde. Der Militärdienst dauere in der Türkei 18 Monate.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Zur Begründung führte sie aus, auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers und der offenkundigen Verhältnisse in dessen Heimat seien weitere Ermittlungen entbehrlich gewesen. Dem Beschwerdeführer sei es im gesamten Verwaltungsverfahren nicht möglich gewesen, konkrete Verfolgungen seiner Person aus einem der in der Konvention taxativ aufgezählten Tatbestände darzutun. Die von ihm angeführten Beeinträchtigungen stellten keine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung im Sinne der Konvention dar. Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei, daß den vom Asylwerber im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Argumenten zu entnehmen sei, er müsse konkrete Verfolgung oder Furcht vor Verfolgung befürchten. Die Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer Minderheit allein könne nicht als Grund für seine Anerkennung als Konventionsflüchtling angesehen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, als Flüchtling anerkannt zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne des Gesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Auszugehen ist zunächst davon, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zentrale Erkenntnisquelle im Asylverfahren das eigene Vorbringen des Asylwerbers ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1988, Zl. 86/01/0155 und andere mehr). Die Verwaltungsbehörden waren auch aus einsichtigen Gründen nicht verhalten, Ermittlungen über die Lage des Asylwerbers in seinem Heimatstaat durchzuführen, dessen Schutz von ihm gerade abgelehnt wird. Im übrigen hat der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren nicht behauptet, politisch verfolgt zu werden, weshalb die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vorliegt.
Soweit sich der Beschwerdeführer darauf berufen hat, die Türkei deshalb verlassen zu haben, weil er befürchtet habe, entsprechend der dort gültigen allgemeinen Wehrpflicht zum Militärdienst eingezogen zu werden, vermag dieser Grund schon deshalb dem Beschwerdeführer nicht die Eigenschaft eines Konventionsflüchtlings zu verschaffen, weil die Militärdienstpflicht alle jungen männlichen türkischen Staatsangehörigen gleichermaßen und unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Volksgruppen trifft.
Da auch die allgemeine Lage der Kurden in der Türkei noch nichts über die allein relevante individuelle Situation des Beschwerdeführers auszusagen vermag, - der Beschwerdeführer hat auch nicht behauptet, in Istanbul während seiner Tätigkeit verfolgt worden zu sein - hat der angefochtene Bescheid, der auf den Angaben des Beschwerdeführers aufbaut, dessen Rechte nicht verletzt.
Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990010108.X00Im RIS seit
06.03.2002