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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1500;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1991, 509;Betreff
M gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 1. August 1989, Zlen. 6/3-3277/88-06 und 6/3-3025/89-06, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1985, ferner betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1987, Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1985 und Nichtveranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 1987
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Beamter im Ruhestand und bezieht in dieser Eigenschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem hat er in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1982 bis 1987 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, und zwar aus der Vermietung eines in seinem Eigentum stehenden Hauses, und (mit Ausnahme des Jahres 1987) Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Betriebsberater erklärt. In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1982 bis 1987 erklärte er Umsätze aus der Vermietung seines Hauses; für die Jahre 1982 bis 1986 erklärte er zudem die Umsätze aus seiner Tätigkeit als Betriebsberater. Er machte für 1982 bis 1987 die mit den genannten Umsätzen zusammenhängende Vorsteuer geltend. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärte er in den Zeiträumen wie folgt:
1982 - S 103.662,08
1983 - S 95.137,03
1984 - S 72.044,72
1985 - S 152.696,66
1986 - S 80.978,--
1987 + S 43.418,80
Das Finanzamt erließ zunächst für die Jahre 1982 bis 1985 Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide laut Erklärung. Für das Jahr 1986 erließ das Finanzamt nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zunächst vorläufige Abgabenbescheide. Am 8. April 1988 erließ es endgültige Bescheide, in denen ausgesprochen wurde, daß die Umsatzsteuer für das Jahr 1986 nicht festgesetzt wird, und die Einkommensteuer abweichend von der Erklärung unter Nichtberücksichtigung der erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgesetzt wurde.
Mit Bescheiden vom 29. März und 8. April 1988 verfügte das Finanzamt hinsichtlich der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1985 von Amts wegen die Wiederaufnahme des Verfahrens, hob die Vorbescheide auf, setzte die Einkommensteuer abweichend von den Vorbescheiden unter Nichtberücksichtigung der erklärten (negativen) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fest und sprach aus, daß die Umsatzsteuer für diese Jahre nicht festgesetzt wird. Das Finanzamt vertrat in diesen Bescheiden die Auffassung, daß es erst durch eine Mitteilung des Finanzamtes Urfahr vom 28. Juli 1987 erstmals konkret Kenntnis von der Art und Weise, in der der Beschwerdeführer das ihm gehörende Haus nutze, erlangt habe. Die Vermietung von Wohnungen in diesem Haus lasse auf Dauer gesehen Einnahmenüberschüsse nicht erwarten, sodaß keine Einkunftsquelle vorliege und der Beschwerdeführer diesbezüglich nicht als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1972 angesehen werden könne.
Für das Jahr 1987 wurde mit Bescheiden vom 28. Oktober 1988 ausgesprochen, daß die Umsatzsteuer nicht festgesetzt und die Einkommensteuer nicht veranlagt wird.
Der Beschwerdeführer erhob gegen all diese Bescheide, mit Ausnahme des Einkommensteuerbescheides für 1986, Berufungen, in denen er jeweils den Standpunkt vertrat, es liege kein Wiederaufnahmsgrund vor. Die Vermietung von Wohnungen in diesem Haus stelle außerdem eine Einkunftsquelle dar.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Bescheide betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens sowie gegen die Bescheide betreffend die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer für das Jahr 1987 als unbegründet ab. Die Bescheide betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 1983 bis 1985 wurden aufgehoben. Die Bescheide betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1986 und die Einkommensteuer für das Jahr 1982 wurden abgeändert.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die Nutzung der Wohnung Tür Nr. 1 und 2 im Haus des Beschwerdeführers durch dessen Ehegattin aufgrund eines im Jahre 1987 (richtig: 1977) grundbücherlich einverleibten Wohnungs- und Fruchtgenußrechtes erfolgte. Die Wohnung Tür Nr. 7 werde von einem Sohn des Beschwerdeführers aufgrund eines im Jahre 1978 verbücherten Wohnungsrechtes benützt. Die Übertragung dieses Wohnungsrechtes sei auf Lebensdauer erfolgt, für die Nutzung des Wohnrechtes sei kein Entgelt zu leisten. Seit Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes mit 1. Jänner 1982 unterliege das Objekt keinen gesetzlichen Mietzinsbeschränkungen. Der Beschwerdeführer habe mit den Mietern die Mietzinse frei vereinbart. In den Streitjahren habe der Beschwerdeführer unter den Werbungskosten neben der AfA (jährlich S 25.176,--) für Großreparaturen Zehntelabsetzungen im Sinne des § 28 Abs. 2 EStG 1972 vorgenommen, und zwar für 1982 und 1983 je S 7.557,-- für eine Großreparatur aus dem Jahre 1974, weiters von 1982 bis 1987 je S 36.533,-- für eine Großreparatur aus dem Jahre 1979 und weiters für 1987 S 77.495,-- für eine in diesem Jahre vorgenommene Großreparatur. Nach den Behauptungen des Beschwerdeführers würden die in den Aufstellungen enthaltenen Schuldzinsen nach Einantwortung des Vermögens seiner Mutter im Jahre 1988 wegfallen, weil dann alle Darlehen bezahlt würden.
Der Beschwerdeführer habe auch in den Jahren vor 1982 Verluste aus der Vermietung des gegenständlichen Objektes erklärt, und zwar 1978 S 100.650,91, 1979 S 46.563,10, 1980 S 99.775,83 und 1981 S 109.127,08.
Die Vorsteuer aus der Vermietung habe 1982 S 5.234,93, 1983 S 6.113,11, 1984 S 4.418,02, 1985 S 24.574,46, 1986 S 5.076,46 und 1987 S 147.699,18 betragen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, zur Beurteilung der Frage, ob eine Tätigkeit auf Dauer gesehen geeignet sei, Überschüsse abzuwerfen, sei ein längerer Zeitraum zu beobachten. Ein geschlossener Verlustzeitraum von acht und mehr Jahren sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine brauchbare Richtschnur. Im Falle des Beschwerdeführers sei zu beachten, daß die in den Jahren 1982 bis 1987 erlittenen Verluste keine Anlaufverluste gewesen seien, weil er die Vermietungstätigkeit auch schon in den Jahren vorher ausgeübt und dabei ebenfalls Verluste erlitten habe, die - wegen der vor 1982 bestandenen Mietzinsbeschränkungen - bloß im Durchschnitt noch etwas höher gewesen seien als die Verluste im Zeitraum 1982 bis 1987. Aus den vertraglich vereinbarten Mietzinsen und den in den Jahren 1982 bis 1987 entstandenen Aufwendungen könne auf die künftige Entwicklung der Ertragslage geschlossen werden. Die der Ehegattin und dem Sohn des Beschwerdeführers überlassenen Wohnungen könnten von vornherein nicht als Einkunftsquelle in Betracht kommen, weil die Nutzung unentgeltlich erfolge. Der bloße Betriebskostenersatz könne niemals zur Entstehung eines Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten führen. Bei Erstellung einer Rentabilitätsberechnung sei im Hinblick auf den Betriebskostenschlüssel eine Kürzung der Verluste (bzw. des Überschusses im Jahre 1987) um 34,13 % vorzunehmen gewesen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers seien die als Werbungskosten geltend gemachten Zehntelabsetzungen bei der anzustellenden Rentabilitätsberechnung zu berücksichtigen gewesen. Auch wenn man die Aufwendungen für die Großreparaturen auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Hauses aufteile, sei die Erzielung von Überschüssen aus der Vermietung dieses Hauses nicht möglich. Der im Jahre 1987 erzielte Überschuß sei nur deshalb entstanden, weil der Beschwerdeführer den Aufwand für die in diesem Jahr vorgenommene Großreparatur auf zehn Jahre verteilt, die darauf entfallende Vorsteuer aber zur Gänze im Jahre 1987 geltend gemacht habe, wodurch zusätzlich zu den Mietzinseinnahmen atypisch hohe Einnahmen in der Höhe der gutgeschriebenen Vorsteuer entstanden seien.
Für die Vornahme von Zehntelabsetzungen im Sinne des § 28 Abs. 2 Z. 1 EStG 1972 sei Voraussetzung, daß überhaupt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliegen. Habe das Objekt keine Einkunftsquelle dargestellt, komme die Vornahme von Zehntelabsetzungen nicht in Betracht. Die Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide für 1974 bis 1981 hindere die Abgabenbehörde nicht, die Frage, ob im Zeitpunkt der Vornahme der Großreparaturen eine Einkunftsquelle vorgelegen sei, für die Jahre ab 1982 selbständig zu beurteilen. Das Objekt sei auch nach dem Außerkrafttreten des Mietengesetzes nicht zur Erzielung von Einkünften geeignet, woraus sich ergebe, daß die Verluste in den Jahren 1978 bis 1981 nicht nur auf die in diesem Gesetz enthaltenen Vorschriften betreffend die Mietzinsbildung zurückzuführen gewesen seien. Diese Verluste wären allenfalls bei freier Mietzinsvereinbarung geringer gewesen. Das Haus des Beschwerdeführers sei daher bereits im Zeitpunkt der Entstehung des Großreparaturaufwandes 1979 keine Einkunftsquelle gewesen, weshalb die diese Großreparatur betreffenden Zehntelabsetzungen in den Streitjahren nicht als Abzugsposten zu berücksichtigen gewesen seien. Es sei zwar wahrscheinlich, daß die Vermietung des Hauses auch schon im Jahre 1974 keine Einkunftsquelle dargestellt habe, doch könne dies wegen fehlender Unterlagen und im Hinblick auf das Bestehen anderer Nutzungsverhältnisse nicht nachgewiesen werden. Die Zehntelabsetzungen aufgrund der Großreparatur aus dem Jahre 1974 seien daher für die Jahre 1982 und 1983 berücksichtigt worden.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1985 gründe sich auf § 303 Abs. 4 BAO. Im Zeitpunkt der Erlassung der betreffenden Bescheide seien der Abgabenbehörde nur die Höhe der Einnahmen und die Aufgliederung der Aufwendungen aus der Vermietung des gegenständlichen Hauses bekannt gewesen. Aufgrund dieser Unterlagen allein sei das Finanzamt nicht in der Lage gewesen, der Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers die Eigenschaft als Einkunftsquelle abzusprechen. Erst aufgrund der Auskunft des Finanzamtes Urfahr vom 28. Juli 1987 habe die erstinstanzliche Behörde erfahren, wie das Haus beschaffen sei und welche Personen dort gemeldet seien. Aufgrund der Vorhaltsbeantwortungen des Beschwerdeführers vom 10. August, 30. September und 30. Oktober 1987 habe das Finanzamt Kenntnis erlangt, welche Nutzfläche die einzelnen Wohnungen haben, wer sie benutze und ob bzw. in welcher Höhe Mietzins bezahlt werde. Erst durch die Vorhaltsbeantwortung vom 30. Oktober 1987 sei bekannt geworden, daß die vermieteten Wohnungen nicht den Mietzinsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes unterliegen. Erst aufgrund dieser nach Erlassung der Umsatzsteuer- und der Einkommensteuerbescheide für 1982 bis 1985 bekanntgewordenen Tatsachen habe das Finanzamt erkennen können, daß die Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers keine Einkunftsquelle darstelle.
Die Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers sei sohin gemäß § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 umsatzsteuerlich nicht zu beachten. Da der Beschwerdeführer in den Jahren 1982 bis 1986 (geringe) Umsätze aus seiner Tätigkeit als Betriebsberater erzielt und seinerzeit im Jahre 1972 einen Antrag auf Regelbesteuerung gestellt habe, sei für 1982 bis 1986 die Umsatzsteuer entsprechend festzusetzen gewesen. Die Berufung gegen den Bescheid, mit dem ausgesprochen worden sei, daß die Umsatzsteuer für 1987 nicht festgesetzt werde, sei abzuweisen gewesen, weil der Beschwerdeführer in diesem Jahr überhaupt keine Unternehmertätigkeit entfaltet habe.
Für das Jahr 1982 sei die Veranlagung zur Einkommensteuer gemäß § 41 Abs. 2 Z. 2 EStG 1972 vorzunehmen gewesen, weil sich (unter Berücksichtigung der Zehntelabsetzung aufgrund der Großreparatur 1974) ein Verlust von S 1.184,-- ergeben habe. Für die Jahre 1983 bis 1987 sei keiner der Veranlagungstatbestände gegeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Soll eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne dieser Gesetzesstelle zulässig sein, dann muß aktenmäßig erkennbar sein, daß dem Finanzamt nachträglich Tatumstände zugänglich gemacht wurden, von denen es nicht schon zuvor Kenntnis hatte. Eine nachträglich anders geartete rechtliche Beurteilung oder Würdigung des schon bekannt gewesenen Sachverhaltes allein rechtfertigt einen behördlichen Eingriff in die Rechtskraft nicht (vgl. dazu Stoll, BAO-Handbuch, Seite 727 und die dort angeführte hg. Judikatur).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens damit begründet, daß erst durch die Mitteilung des Finanzamtes Urfahr vom 28. Juli 1987 und die folgenden Vorhaltsbeantwortungen die oben angeführten näheren Umstände der Vermietungstätigkeit bekanntgeworden seien, aus denen zu schließen gewesen sei, daß es sich dabei um keine Einkunftsquelle handle. Die belangte Behörde hat damit zu Recht auf das Hervorkommen neuer Tatsachen abgestellt.
Die vom Beschwerdeführer gegen den Standpunkt der belangten Behörde vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Seine Auffassung, die in der Vorhaltsbeantwortung enthaltene Mitteilung, sein Mietwohngrundstück unterliege nicht "den Mietrechtsbestimmungen", betreffe eine rechtliche Beurteilung und könne daher als Tatsache nach § 303 Abs. 4 BAO nicht in Betracht kommen, ist schon deshalb verfehlt, weil sich die Vorhaltsbeantwortungen nicht - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - auf die rechtliche Qualifikation eines bereits bekannten Sachverhaltes beschränken, sondern in der Vorhaltsbeantwortung vom 30. Oktober 1987 erstmals die Tatsache mitgeteilt wurde, daß in dem Wohnhaus nicht mehr als zwei selbständige Wohnungen vorhanden waren, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 4 Z. 2 Mietrechtsgesetz anzuwenden sei. Im übrigen hat der Beschwerdeführer erst in den Vorhaltsbeantwortungen konkret dargestellt, welche Einnahmen er aufgrund der einzelnen Mietverträge erzielte.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die "Rechtsnatur der Nutzungen der Wohnungen Nr. 1 bis 2 und 7" ergebe sich aus dem "offenen Stand des Grundbuches" und gelange "dafür gegenüber Dritten das materielle Publizitätsprinzip zur Anwendung".
Der Beschwerdeführer verkennt damit das Wesen des im Grundbuchsrecht herrschenden materiellen Publizitätsprinzips. Dieses Prinzip kommt zum Tragen, wenn das Grundbuch von der wirklichen Rechtslage abweicht und der Erwerber eines bücherlichen Rechtes auf den Grundbuchstand vertraut (siehe Koziol - Welser II8, Seite 103 f). Es besteht hingegen nicht - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - in der Fiktion, jeder kenne den Grundbuchstand, sowie mangelnde Kenntnis sei als Verschulden anzusehen. Dem Finanzamt kann sohin die mangelnde Kenntnis der grundbücherlichen Eintragungen nicht als Verschulden angelastet werden, ganz abgesehen davon, daß auch ein Verschulden der Abgabenbehörde an ihrer fehlenden Kenntnis von für die Abgabenfestsetzung erheblichen Umständen die amtswegige Wiederaufnahme nicht ausschließen würde (vgl. Stoll, aaO, Seite 728).
Der Beschwerdeführer meint, die zwischen ihm und den Nutzungsberechtigten abgeschlossenen Verträge seien der zuständigen Abgabenbehörde zur Vergebührung angezeigt worden, sodaß sie der "Gesamtorganisation der Abgabenbehörden zur Kenntnis gelangt sind". Angaben über die Art des Hauses seien zudem durch die Einheitswerterklärungen gemacht worden, sodaß von einem "Neuhervorkommen" nicht gesprochen werden könne.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen ist (siehe Erkenntnis vom 13. Mai 1986, Zlen. 83/14/0089, 0094). Es ist daher nicht von Bedeutung, ob andere Abgabenbehörden jene Umstände kannten, aus denen das Nichtvorliegen einer Einkunftsquelle abgeleitet werden konnte.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich wesentlich von jenem Sachverhalt, der dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1985, Zlen. 83/13/0056, 0089 und 0090, zugrunde lag. Während in jenem Fall von der belangten Behörde die Ansicht vertreten wurde, der "durch die Beurteilung eines sechsjährigen Betriebsergebnisses gewonnene zusammenfassende Überblick" rechtfertige die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens, wurden im vorliegenden Fall die für die Beurteilung der Frage, ob eine Einkunftsquelle vorliegt, maßgebenden Tatsachen, insbesondere die Beschaffenheit des Wohnhauses und die konkreten Umstände der Vermietung dem Finanzamt erst nach Erlassung der Umsatzsteuer- und der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1982 bis 1985 bekannt. Die belangte Behörde hat die Berechtigung zur Wiederaufnahme nicht auf das Vorliegen eines langen Beobachtungszeitraumes gestützt, sodaß dahinstehen kann, ob dieser allein oder in Verbindung mit anderen neuen Tatsachen oder Beweismitteln die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen könnte.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers konnte die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Einkunftsquelle nicht allein aufgrund der Abgabenerklärungen beurteilt werden. Schon im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer in anderem Zusammenhang zitierte Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, daß eine ständige Verluste mit sich bringende Tätigkeit dann nicht als Liebhaberei zu qualifizieren ist, wenn die Erzielung von Gewinnen bzw. Einnahmenüberschüssen durch wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen des Gesetzgebers verhindert wird, mußte das Finanzamt mit der Möglichkeit rechnen, daß gesetzliche Mietzinsbeschränkungen dem Beschwerdeführer die Erzielung von Einnahmenüberschüssen unmöglich machen. Außerdem ging aus den Erklärungen, in denen die Einnahmen (bestehend aus vereinnahmten Mietzinsen, eingehobenen Betriebskosten- und Umsatzsteueranteilen sowie gutgeschriebenen Vorsteuern) jeweils mit einem Gesamtbetrag angegeben worden waren, nicht hervor, welche Bestandobjekte zu welchem Bestandzins vermietet waren.
Der Beschwerdeführer vermißt schließlich eine Begründung, welche Umstände die belangte Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt habe. Er vermag damit keinen relevanten Begründungsmangel aufzuzeigen. Richtig ist zwar, daß es sich bei der Entscheidung, ob ein Verfahren von Amts wegen wiederaufzunehmen ist, um eine Ermessensentscheidung handelt (siehe Stoll, aaO, Seite 727), und daß gemäß § 20 BAO Ermessensentscheidungen innerhalb der Grenzen des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen sind. Die belangte Behörde hat in der Gegenschrift mit Recht unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit ins Treffen geführt, daß im öffentlichen Interesse an der richtigen Erhebung der Abgaben materiell unrichtige durch materiell richtige Abgabenbescheide ersetzt werden sollen. Sie weist ferner mit Recht darauf hin, daß der Beschwerdeführer weder im Abgabenverfahren noch in der Beschwerde Umstände vorgebracht hat, welche die Wiederaufnahme des Verfahrens unbillig erscheinen lassen. Da sich zudem auch aus dem Akt keine Anhaltspunkte in dieser Richtung ergeben, bestand für die belangte Behörde kein Grund, sich mit derartigen Umständen näher auseinanderzusetzen, sodaß der vom Beschwerdeführer gerügte Begründungsmangel nicht vorliegt.
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß das Finanzamt Urfahr Erhebungen durchgeführt habe, ohne ihn davon zu verständigen, und daß ihm der Bericht dieses Finanzamtes vom 28. Juli 1987 von der erstinstanzlichen Behörde nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Auch die belangte Behörde habe ihm keine Gelegenheit zur Kenntnisnahme und Äußerung im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO gegeben.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß aufgrund des genannten Berichtes keine Feststellungen getroffen wurden. Dieser Bericht wurde vielmehr zum Anlaß genommen, den Beschwerdeführer aufzufordern, zu einer Reihe von Vorhalten Stellung zu nehmen. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen gründen sich auch nicht auf den genannten Erhebungsbericht, sondern auf die ausführlichen Vorhaltsbeantwortungen des Beschwerdeführers, sodaß für die belangte Behörde kein Grund bestand, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Kenntnisnahme und Äußerung in Ansehung des genannten Erhebungsberichtes zu geben.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, ihm sei vom Finanzamt die Einsicht und Abschriftnahme der Akten verweigert worden, ist darauf schon deshalb nicht einzugehen, weil nur die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde Gegenstand der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sein kann, nicht aber im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verfahrensmängel. Der Beschwerdeführer führt aus, die belangte Behörde habe es nicht für notwendig erachtet, ihm nachträglich Akteneinsicht zu gewähren. Er meint damit offenbar, die Verweigerung der Akteneinsicht sei auch der belangten Behörde anzulasten.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht zur Akteneinsicht aufzufordern, sondern ihm diese bloß zu gestatten hatte. Daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Akteneinsichtnahme verweigert hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht und ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Akten.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde die Überschreitung ihrer Entscheidungsbefugnis vor, weil sie den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1986 abgeändert habe, obwohl dieser nicht mit Berufung angefochten worden sei.
Diese Ausführungen gehen am Akteninhalt vorbei, weil der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 8. April 1988, mit welchem ausgesprochen wurde, daß die Umsatzsteuer für das Jahr 1986 nicht festgesetzt wird, die mit 16. April 1988 datierte und am 18. April 1988 beim Finanzamt überreichte Berufung erhoben hat. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ergibt sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht, daß der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid keine Berufung erhoben hat, sondern das Gegenteil. Die belangte Behörde hat nämlich auf Seite 1 des angefochtenen Bescheides unter den mit Berufung angefochtenen Bescheiden ausdrücklich auch den die Umsatzsteuer für das Jahr 1986 betreffenden Bescheid angeführt.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die belangte Behörde habe zu Unrecht seiner Vermietungstätigkeit die Eigenschaft als Einkunftsquelle aberkannt, und meint, es hätte erst ein Beobachtungszeitraum von acht Jahren seit Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes abgewartet werden müssen. Da er bereits im Jahre 1987 "rechnerisch und abgabenrechtlich" einen Einnahmenüberschuß erzielt habe, hätte die belangte Behörde das Vorliegen einer Einkunftsquelle annehmen müssen.
Die belangte Behörde hält diesen Ausführungen mit Recht entgegen, daß der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren wiederholt vorgebracht hat, ab 1. Jänner 1982 die Mieten frei vereinbart zu haben (siehe z.B. Seite 7 seiner Berufung vom 24. November 1988 gegen den Umsatzsteuer- und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1987). Die belangte Behörde durfte daher aufgrund der Behauptungen des Beschwerdeführers davon ausgehen, daß er bereits seit 1982 frei vereinbarte Mietzinse erhalten habe. Der für das Jahr 1987 erklärte Einnahmenüberschuß spricht nicht für das Vorliegen einer Einkunftsquelle, weil dieser Überschuß nicht aus einer erheblich verbesserten Ertragslage resultiert, sondern - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in Übereinstimmung mit der Aktenlage zutreffend ausgeführt hat - im wesentlichen darauf zurückzuführen ist, daß aufgrund der in diesem Jahr vorgenommenen Großreparatur die Vorsteuer laut Umsatzsteuererklärung in diesem Jahr wesentlich höher war als in den vorangegangenen Jahren. Bei der in der Beschwerde dazu aufgestellten Behauptung, auch für das Folgejahr 1988 habe sich ein rechnerischer Einnahmenüberschuß ergeben, der vom Beschwerdeführer zur Veranlagung erklärt worden sei, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung, auf die nicht eingegangen zu werden brauchte. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß diese Behauptung zudem unrichtig ist, wie sich aus der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden, am 26. September 1989 beim Finanzamt überreichten Einkommensteuererklärung des Beschwerdeführers für 1988 ergibt, in der ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung in der Höhe von S 102.762,-- erklärt wurde.
Der Beschwerdeführer behauptet, die Familienmitglieder, denen "Bestandrechte" eingeräumt worden seien, würden erst ab 1987 vergleichbare Mieten leisten. Sie hätten die Mietgegenstände "in noch rohem bzw. gar nicht vorhandenem Zustand übernommen und sie auf eigene Rechnung ausgebaut".
Bei diesem Vorbringen handelt es sich um unzulässige Neuerungen, auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht einzugehen war. Es widerspricht zudem dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Vertrag mit seinem Sohn vom 25. Juli 1978, in dem das lebenslange Wohnrecht an einer vorhandenen Wohnung eingeräumt wurde.
Der Beschwerdeführer bezeichnet die von der belangten Behörde angestellte Rentabilitätsberechnung als unrichtig und meint, es seien unrichtige Einnahmen angesetzt worden. Tatsächlich hat die belangte Behörde jedoch die vom Beschwerdeführer selbst in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 30. Oktober 1987 genannten Bestandzinse ihrer Berechnung zugrunde gelegt und die Betriebskosten und die Umsatzsteuer weder bei den Einnahmen, noch bei den Ausgaben berücksichtigt. Der Beschwerdeführer unternimmt nicht den Versuch, der Berechnung der belangten Behörde eine nachvollziehbare Rentabilitätsberechnung gegenüberzustellen. Seine allgemein gehaltene Behauptung, er habe die Einnahmen aus dem Mietobjekt wesentlich gesteigert, eine weitere Verbesserung der Ertragslage sei im Hinblick auf die Großreparatur 1987 zu erwarten, läßt nicht erkennen, daß der Beschwerdeführer die Ertragsfähigkeit des Objektes derart verbessert hätte, daß das Objekt in den Streitjahren bereits als Einkunftsquelle anzusehen gewesen wäre. Wesentlich höhere Mieteinnahmen aufgrund geänderter Verträge könnten in der Zukunft allenfalls dazu führen, daß die Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers, die in den Streitjahren nicht als Einkunftsquelle angesehen werden konnte, später zu einer solchen wird (vgl. dazu das Erkenntnis vom 22. Jänner 1985, Zl. 84/14/0048, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Der Beschwerdeführer meint, es widerspreche allen Grundsätzen der Rechtskraft, ihm die Zehntelabsetzung für die Großreparatur 1979 in den Streitjahren nicht zuzuerkennen.
Der Beschwerdeführer folgert offenbar aus der Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1981, daß ihm auch in den Folgejahren die in diesen Jahren berücksichtigte Zehntelabsetzung gewährt werden müsse. Er übersieht dabei, daß die Einkommensteuerbescheide Rechtskraftwirkungen jeweils nur für die von ihnen betroffenen Zeiträume herbeiführen können. Die Beurteilung eines für die Abgabenfestsetzung erheblichen Umstandes in einem Einkommensteuerbescheid entfaltet, wenn sich nicht aus dem Gesetz selbst Abweichendes ergibt, keine bindende Wirkung für die Folgejahre. Die belangte Behörde war somit zur Prüfung berechtigt, ob die Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers im Jahre 1979 eine Einkunftsquelle darstellte oder ob bereits damals das Vorliegen einer Einkunftsquelle zu verneinen war. Die belangte Behörde hat aufgrund der auch nach Außerkrafttreten des Mietengesetzes erklärten Verluste den Schluß gezogen, daß nicht dieses Gesetz die Erzielung von Überschüssen in der Zeit vor 1982 verhindert hat - in diesem Fall wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vermietung die Eignung als Einkunftsquelle nicht abzusprechen gewesen (vgl. das Erkenntnis vom 24. September 1986, Zl. 84/13/0039, mit weiteren Judikaturhinweisen) -, sondern daß die Vermietung von Wohnungen in dem genannten Haus in der vom Beschwerdeführer konkret durchgeführten Art und Weise nicht geeignet war, Einnahmenüberschüsse zu erzielen. Diesem begründeten Schluß der belangten Behörde vermag der Beschwerdeführer nichts entgegenzusetzen, weshalb auch in der Frage der Zehntelabsetzung keine Rechtsverletzung zum Nachteil des Beschwerdeführers zu erkennen ist.
Die Beschwerde erweist sich demnach insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Ermessen besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989130245.X00Im RIS seit
11.07.2001