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L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §364 Abs2;Betreff
A u. B gegen Salzburger Landesregierung vom 13. April 1989, Zl. 12/01-1435/1-1989, betreffend Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beiden Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der beiden Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 21. November 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Mit diesem war der Antrag der beiden Beschwerdeführer um Zuerkennung der Parteistellung in dem bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung anhängigen Veranstaltungsstättenverfahren nach dem Salzburger Veranstaltungsgesetz 1987 für den Salzburg-Ring (Gemeinden Koppl und Plainfeld) gemäß § 8 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 17 Salzburger Veranstaltungsgesetz 1987 abgewiesen worden.
Die belangte Behörde vertrat nach Wiedergabe der eben zitierten Gesetzesstellen sowie unter Berufung auf mehrere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen die Auffassung, die Frage der Parteistellung sei im vorliegenden Fall nach der materiellen Vorschrift des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1987 zu lösen. Schutzzweck des § 17 leg. cit. sei aber ausschließlich das öffentliche Interesse, woraus sich ergebe, daß den Beschwerdeführern keine Parteistellung zukomme. Auch § 364a ABGB ändere nichts daran, weil er auf andere als gewerbebehördliche Genehmigungen nicht anzuwenden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht "auf Einräumung einer Parteistellung nach § 8 AVG 1950 i.d.g.F. bzw. §§ 16/17 Salzburger Veranstaltungsgesetz i.d.g.F." verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 8 AVG 1950 lautet:
"Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien."
§ 16 Abs. 1 des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1987 in der Fassung der Kundmachung über die Wiederverlautbarung LGBl. für das Land Salzburg Nr. 71/1987 lautet:
"Für die Abhaltung von Veranstaltungen dürfen nur solche Veranstaltungsstätten (Räume, Plätz, Anlagen, Einrichtung usw.) verwendet werden, die für die jeweilige Art der Veranstaltung, unbeschadet der nach sonstigen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, von der Behörde (Abs. 4) nach den folgenden Bestimmungen genehmigt sind."
§ 17 leg. cit. lautet auszugsweise:
"(1) Veranstaltungsstätten dürfen nur genehmigt werden, wenn sie im Hinblick auf die Art der beabsichtigten Veranstaltungen und die voraussichtliche Besucherzahl nach ihrer Lage, Gestaltung und Ausstattung in bau-, feuer-, sicherheits- und gesundheitspolizeilicher Hinsicht so beschaffen sind, daß sie die Hintanhaltung von Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Menschen, insbesondere der Besucher der Veranstaltungen sowie einer Gefährdung und unzumutbaren Beeinträchtigung der Umgebung, insbesondere durch Lärm, Staub, Abgase oder Abwässer, gewährleisten. Soweit nicht ohnedies baurechtliche Bestimmungen anzuwenden sind, muß für eine technisch und hygienisch einwandfreie Abwasserbeseitigung Sorge getragen sein und haben für die zu erwartenden Kraftfahrzeuge der Teilnehmer an der Veranstaltung Abstellplätze in ausreichender Zahl in der Nähe der Veranstaltungsstätte vorhanden zu sein..."
"(6) Im Genehmigungsbescheid sind die Auflagen und Bedingungen vorzuschreiben, bei deren Einhaltung die in den Abs. 1 bis 3 angeführten öffentlichen Interessen gewahrt erscheinen. Hiebei können Ausnahmen von den durch die Verordnung getroffenen Bestimmungen zugelassen werden, wenn im Einzelfall durch andere Maßnahmen die zumindest gleiche Gewähr für die Hintanhaltung von Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Personen sowie von Gefährdungen und unzumutbaren Belästigungen der Umgebung gegeben ist..."
§ 15 Abs. 1 des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1968 in der Fassung der Kundmachung über die neuerliche Wiederverlautbarung LGBl. für das Land Salzburg Nr. 32/1968 hatte folgenden Wortlaut:
"Bei der Abhaltung der Veranstaltung darf sich der Veranstalter nur solcher Betriebsstätten (Räume, Plätze, Anlagen und Einrichtungen) bedienen, die für die jeweilige Art der Veranstaltung vom Standpunkt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit geeignet sind."
§ 16 Abs. 1 und 6 des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1968 hatten auszugsweise folgenden Wortlaut:
"(1) Genehmigungspflichtige Betriebsstätten (§ 15 Abs. 2 lit. d) dürfen nur genehmigt werden, wenn sie im Hinblick auf die Art der Veranstaltung ihrer Anlage, Einrichtung und Beschaffenheit nach in bau-, feuer-, sicherheits- und gesundheitspolizeilicher Hinsicht so gestaltet sind, daß sie die Hintanhaltung von Gefahren für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit von Menschen sowie einer Gefährdung und Belästigung der Umwelt gewährleisten ...."
"(6) Die Behörde hat im Genehmigungsbescheid auszusprechen, ob und unter welchen, nach dem jeweiligen Stand der technischen Erfahrungen vorzuschreibenden Bedingungen und Auflagen die Betriebsstätte vom Standpunkt der im Abs. 1 angeführten öffentlichen Interessen genehmigt wird ..."
§ 364a ABGB normiert:
"Wird jedoch die Beeinträchtigung durch eine Bergwerksanlage oder eine behördlich genehmigte Anlage auf dem nachbarlichen Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise verursacht, so ist der Grundbesitzer nur berechtigt, den Ersatz des zugefügten Schadens gerichtlich zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände verursacht wird, auf die bei der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht genommen wurde."
Vorauszuschicken ist, daß nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre § 8 AVG 1950 darüber, wann von einem Rechtsanspruch oder rechtlichen Interesse die Rede sein kann, keine Vorschriften enthält und demnach die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung hat, allein anhand des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht gelöst werden kann. Die Parteistellung muß vielmehr aus der jeweils maßgebenden Verwaltungsvorschrift abgeleitet werden (vgl. dazu zB. die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I in E 8-12 zu § 8 AVG 1950 referierte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes sowie Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4 Rz 118), wobei als Partei auch eine Person in Betracht kommt, die durch die Erledigung eines anhängigen Verwaltungsverfahrens in einem Privatrecht beeinträchtigt werden kann (vgl. Ringhofer aaO. E 18), was aber voraussetzt, daß der Verwaltungsbehörde im konkreten Fall die Wahrung der Privatrechte vom Gesetz ausdrücklich zur Pflicht gemacht ist (vgl. Ringhofer aaO. E 20 ebenso Walter-Mayer aaO. Rz 121).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen, jeweils zu dem mit § 17 Abs. 1 Salzburger Veranstaltungsgesetz 1987 im wesentlichen gleichlautenden § 16 Abs. 1 des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1968 ergangenen und daher im vorliegenden Fall durchaus einschlägigen Erkenntnissen vom 28. November 1972, Zlen. 2403/71, 2/72, und vom 7. September 1983, Zl. 82/01/0314, ausgesprochen, daß das Verfahren auf Genehmigung einer Betriebsstätte nach dem Salzburger Veranstaltungsgesetz AUSSCHLIESSLICH ÖFFENTLICHEN INTERESSEN dient, und daß insbesondere aus § 16 Abs. 1 des Salzburger Veranstaltungsgesetz 1968 (jetzt § 17 Abs. 1 des Salzburger Veranstaltungsgesetz 1987) die Parteistellung von Betriebsstättenanrainern nicht abgeleitet werden kann. Von dieser Rechtsprechung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, abzugehen bieten weder die Hinweise der Beschwerdeführer auf die hg. Erkenntnisse Slg. N.F. 9151/A, 7488/A, 10476/A und 11364/A noch die auf § 364a ABGB gestützten Beschwerdeargumente Anlaß. Die gerade zitierten hg. Erkenntnisse betrafen nämlich samt und sonders sachlich und rechtlich, anders gelagerte Fälle, und zwar: das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1976, Zl. 722/76 Slg. N.F. 9151/A, die Frage der Pflicht zur Auskunftserteilung nach § 3 Z. 5 Bundesministeriengesetz; das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1969, Zl. 1756/67 Slg. N.F. 7488/A, erging zu §§ 1, 2 des Vorarlberger Fremdenverkehrsgesetzes LGBl. 28/66 sowie zum Reichsnaturschutzgesetz GBlÖ 245/39; das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1981, Zl. 3236/79 Slg. N.F. 10476/A, betraf § 10 des Steiermärkischen Geländefahrzeuggesetzes LGBl. 139/1973 und das hg. Erkenntnis vom 20. März 1984, Zl. 83/04/0119 Slg. N.F. 11364/A, betraf § 4 Dampfkesselemissionsgesetz BGBl. 559/1980.
Dazu kommt, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Veranstaltungswesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1984, Zl. 84/01/0018 Slg. N.F. 11336/A) dort, wo den Anrainern ausdrücklich Parteistellung in baurechtlichen Vorschriften eingeräumt wird und den entsprechenden Vorschriften über das Veranstaltungswesen nichts dergleichen zu entnehmen ist, zu erschließen ist, daß der Landesgesetzgeber damit eine Parteistellung für Anrainer in Sachen des Veranstaltungswesens nicht einräumen wollte. Diese in dem zuletzt zitierten, zum niederösterreichischen Veranstaltungsgesetz LGBl. 251/1970 unter Hinweis auf § 118 Abs. 8 der niederösterreichischen Bauordnung 1976 ergangenen, hg. Erkenntnis ausgesprochene Rechtsmeinung hat auch für das Verhältnis des § 17 Abs. 1 Salzburger Veranstaltungsgesetz 1987 zu § 7 Abs. 1 Z. 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes bzw. zu § 62 Salzburger Bautechnikgesetz zu gelten, wo den Nachbarn jeweils ausdrücklich Parteistellung bzw. sujektive öffentliche Rechte eingeräumt werden.
Was schließlich den Hinweis der Beschwerdeführer auf § 364a ABGB in Verbindung mit § 364 Abs. 2 ABGB anlangt, ist darauf zu verweisen, daß nach einhelliger zivilrechtlicher Lehre und Judikatur von einer behördlich genehmigten Anlage im Sinne des § 364a ABGB zwar nicht nur betreffend das gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren jedoch nur dort gesprochen werden kann, wo die Durchführung eines Verfahrens vorgesehen ist, in dem die Interessen der Nachbarn allgemein zu berücksichtigen sind (vgl. z.B. OGH SZ 48/15 = Miet Slg. XXVII/4; Miet Slg. 34.032 und SZ 55/172), und zwar in ähnlicher Weise wie im Genehmigungsverfahren nach §§ 74 ff GewO 1973 (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II8 41), wo ja die Nachbarn wiederholt ausdrücklich angesprochen werden. § 364a ABGB geht davon aus, daß die für die Betriebsgenehmigung geltenden Vorschriften eine Interessenabwägung hinsichtlich der von der Anlage Betroffenen entweder selbst generell vorgenommen haben oder der Behörde für den Einzelfall auftragen (vgl. Spielbüchler in Rummel, Kommentar zum ABGB I2 Rz 4 zu § 364a ABGB). Da dies im Bereich des Salzburger Veranstaltungsgesetzes, welches nach der schon oben zitierten hg. Judikatur ausschließlich der Wahrung öffentlicher Interessen dient, wegen der in § 17 Abs. 6 Satz 1 leg. cit. ausdrücklichen Klarstellung erkennbar nicht der Fall ist, greift dort § 364a ABGB gar nicht ein (vgl. Spielbüchler aaO.). Es ist somit auch aus dieser Vorschrift für den Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen, weil einer zivilrechtlichen Verfolgung der allenfalls nachteilig betroffenen Interessen der Beschwerdeführer im Wege einer Unterlassungsklage gemäß § 364 Abs. 2 ABGB die Genehmigung einer Anlage gemäß § 16 Abs. 1 des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1987 nicht entgegensteht.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als frei von der geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit und war die belangte Behörde mit Rücksicht auf die dargestellte Rechtslage auch nicht gehalten, die von den Beschwerdeführern in ihrer Verfahrensrüge vermißten Sachverhaltsermittlungen durchzuführen. Da sohin der angefochtene Bescheid auch nicht an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
Schlagworte
Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989010409.X00Im RIS seit
26.11.2001Zuletzt aktualisiert am
08.02.2013