TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/20 88/06/0002

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Veröffentlicht am 20.09.1990
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauO Stmk 1968 §73 Abs2;
BauRallg;

Betreff

N-Kommanditgesellschaft gegen Steiermärkische Landesregierung vom 24. November 1987, GZ. 03-12 Na 87/4, betreffend einen baupolizeilichen Abtragungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde F)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. April 1987 wurde der Beschwerdeführerin - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - u.a. gemäß § 73 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung der Auftrag erteilt, die entgegen dem Baubewilligungsbescheid vom 30. März 1987 durchgeführte Bauführung betreffend die Schaufenster, soweit diese über die Straßenfluchtlinie in die Gehsteigfläche hineinragen, abzutragen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß nach dem bewilligten Einreichplan die Schaufensterflächen nicht über die Öffnungsnischen hinausreichen dürfen und bündig mit der Straßenfluchtlinie abzuschließen hätten. Die angebrachten Schaufenster würden jedoch mehr als 30 cm über die Öffnungsnischen hinausragen. Dieser Zustand widerspreche sowohl den genehmigten Planunterlagen als auch dem § 9 der Steiermärkischen Bauordnung 1968. Die Verengung des Gehsteigbereiches durch das Vortreten der Schaufenster über die Straßenfluchtlinie führe zu einer Gefährdung der Passanten.

Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung, in der im wesentlichen vorgebracht worden war, die Schaufenster seien so gebaut worden, wie dies vom Ortsbildsachverständigen in der Niederschrift vom 27. Jänner 1987 vorgeschrieben worden sei, gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 4. Mai 1987 keine Folge.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung führte die Beschwerdeführerin unter anderem aus, es liege eine Konsenswidrigkeit der bescheidmäßig gerügten Bauführung nicht vor. Gegenstand des Ermittlungsverfahrens sei der eingereichte Plan, der ein Auskragen der Schaufensterkonstruktion über die Fensteröffnungen und über die Flucht des Mauerwerkes hinaus vorsehe.

Mit Bescheid vom 24. November 1987 wies die Steiermärkische Landesregierung (belangte Behörde) die Vorstellung der Beschwerdeführerin hinsichtlich des erteilten Abtragungsauftrages mangels Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin ab und führte in der Begründung des Bescheides nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des § 73 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung, wonach vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, zu beseitigen sind, aus, daß nach dem Baubewilligungsbescheid die Schaufenster so errichtet hätten werden müssen, daß sie bereits in den Öffnungsnischen ansetzen und nicht über die Öffnungen hinausgehen. Tatsächlich ragten die Auslagenscheiben jedoch 30 cm über die Öffnungsnischen hinaus. Demnach stehe fest, daß sie nicht dem Bescheid entsprechend errichtet worden seien, sodaß der Abtragungsauftrag nach der vorzitierten Gesetzesbestimmung daher zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete - wie die mitbeteiligte Gemeinde - eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, Grundlage der gegenständlichen Bauführung sei der Bewilligungsbescheid vom 30. März 1987, der hinsichtlich der Schaufensterausbildung folgende Festlegungen enthalte:

"2. Die Schaufenster müßten so ausgebildet werden, daß sie bereits in den Öffnungsnischen ansetzen und nicht über die Öffnung hinausgehen."

Dieselben Ausführungen enthalte die Niederschrift vom 27. Jänner 1987, wozu der Ortsbildschutzsachverständige mit eigener Hand eine "Skizze zu 2." erstellt habe; es sei die ursprünglich eingereichte Konstruktion durchgestrichen und rechts durch eine Konstruktion ersetzt worden, bei welcher "die Schaufenster bereits in den Öffnungsnischen ansetzen und nicht über die Öffnung hinausgehen". Es sei somit aktenwidrig, wenn der angefochtene Bescheid davon spreche, daß die Schaufenster "bündig mit der Straßenfluchtlinie abzuschließen hätten", da sich eine solche Festlegung im ganzen Bewilligungsverfahren nicht finde. In den bewilligten Plänen sei nun zwar die "über die Fensteröffnung hinausgehende Ausbildung" gestrichen worden, ohne daß hinsichtlich der Auskragung über die Straßenflucht hinaus konkrete Festlegungen getroffen worden seien. In diesem Sinne sei daher Bewilligungsinhalt der diesbezügliche Verbalbestandteil des Bewilligungsbescheides (zu interpretieren wiederum anhand der Skizze des Ortsbildschutzsachverständigen, welcher diese Festlegung in ihrer Dimensionierung zeichnerisch festgehalten und somit gutachtlich verfügt habe) und so seien die Schaufenster auch tatsächlich ausgebildet worden. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß diese Bescheidformulierung "widersprüchlich bzw. doppeldeutig" sein könnte, könne jedoch ein solcher Mangel nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen. Dieses Vorbringen steht mit der Aktenlage im Widerspruch:

Auch der Sachverständige hat nämlich in der mündlichen Verhandlung vom 27. Jänner 1987 unter Punkt 2.) des Gutachtens erklärt, die Schaufenster müßten so ausgebildet werden, "daß sie bereits in den Öffnungsnischen ansetzen und nicht über die Öffnung hinausgehen (siehe Skizze)". Es hat somit auch der Sachverständige klar zum Ausdruck gebracht, daß die Schaufenster in einer Linie ("bündig") mit dem aufgehenden Mauerwerk auszubilden sind. Die Baubehörde erster Instanz hat im Spruch ihres Bescheides vom 30. März 1987 ausdrücklich festgehalten, daß der plan- und beschreibungsmäßige Um- und Neubau nach den Plänen eines bestimmten Planverfassers, Plan Nr. 4 und 5, bewilligt wird. In den Plänen Nr. 4 und 5 sind unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Punkt 2.) des Ortsbildgutachtens unter Setzung des Datums des Bescheides vom 30. März 1987 die Änderungen in der Form eingezeichnet worden, daß die vorkragenden Teile der Schaufensterkonstruktion weggestrichen wurden. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Da das diesbezügliche Beschwerdevorbringen somit ins Leere geht, ist darauf auch nicht weiter einzugehen.

Da aber die Ausführung der Schaufenster - auch nach dem Beschwerdevorbringen - nicht so vorgenommen wurde, wie sie

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wie bereits dargelegt - vorzunehmen gewesen wäre, konnte die Baubehörde gemäß § 73 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 hinsichtlich der vorschriftswidrig errichteten Schaufenster auch einen entsprechenden Abtragungsauftrag erteilen. Auch ist die Ansicht der Beschwerdeführerin, während der Anhängigkeit eines nachträglichen Bewilligungsverfahrens könne ein Abtragungsauftrag nicht erteilt werden, verfehlt. Gemäß § 73 Abs. 2 der Stmk. Bauordnung sind vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, zu beseitigen. Vorschriftswidrig ist aber jeder Bau, der

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wie hier - abweichend von einer erteilten Bewilligung errichtet wurde, und zwar solange, bis die tatsächliche Bauführung nachträglich bewilligt wurde. Bis zu einer solchen Bewilligung ist daher ein Abtragungsauftrag gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf ein solcher Auftrag jedoch nicht vollstreckt werden, ein Bewilligungsverfahren anhängig ist.

Damit erweist sich auch das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde als verfehlt.

Die belangte Behörde hat daher Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt, wenn sie mit ihrem Bescheid die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde erhobene Vorstellung hinsichtlich des erteilten Abbruchauftrages mit der von ihr gegebenen Begründung abgewiesen hat.

Die dagegen erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988060002.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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