Index
L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der F, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 15. Februar 1990, Zl. MD-5316/1989, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: R), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,--, und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.990,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Haus in Innsbruck steht im Miteigentum mehrerer Wohnungseigentümer. Der Mitbeteiligte hat mit dem am 21. März 1988 beim Stadtmagistrat Innsbruck eingelangten Ansuchen die Erteilung einer Baubewilligung für den Einbau von vier Naßzellen in der bestehenden Wohnung Top Nr. 14 und die Einbeziehung eines Zimmers der Wohnung Nr. 15 beantragt. Überdies sollten verschiedene, nichttragende Wände abgebrochen, neue Wände aufgeführt, bestehende Türöffnungen abgemauert und neue Türöffnungen ausgebrochen werden. Mit Bescheid vom 20. Mai 1988 wurde dem Mitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. Gegen diesen Bescheid erhoben vier Miteigentümer des Hauses, darunter die Beschwerdeführerin, Berufung.
Mit Bescheid vom 7. Oktober 1988 hat die belangte Behörde den Bescheid vom 20. Mai 1988 gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen. Im wesentlichen wurde ausgeführt, daß der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt insofern mangelhaft sei, als etwa über das Erfordernis zusätzlich notwendiger Abstellplätze oder des Einflusses der Mauerdurchbrüche auf das statische Gefüge des Gesamtgebäudes nur oberflächlich, bzw. überhaupt nicht eingegangen worden sei.
Aufgrund einer Anfrage der Behörde erster Instanz beim Stadtbauamt, ob das statische Gefüge durch die geplanten Umbauarbeiten beeinträchtigt würde, wurde folgende Stellungnahme abgegeben: "Durch die vorliegende Einreichung werden zwar Änderungen in tragenden Bauteilen vorgenommen, eine Änderung der Festigkeit des Gebäudes grundsätzlicher Art ist aber auf Grund der hier amtlich aufliegenden Unterlagen nicht zu erwarten."
Mit Bescheid vom 24. April 1989 wurde hierauf dem Mitbeteiligten (neuerlich) die beantragte Baubewilligung erteilt. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde als unzulässig zurückgewiesen. Auch gegen diesen Bescheid brachten vier Miteigentümer, unter ihnen die Beschwerdeführerin, Berufung ein. Im wesentlichen führte die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung aus, die Miteigentümer hätten ihre Zustimmung zum Bauvorhaben verweigert.
Die Berufungen wurden mit dem nun in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 15. Februar 1990 abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die neue Raumeinteilung bewirke, daß in sich abgeschlossene Teile eines Gebäudes, die zur Unterkunft und Haushaltsführung geeignet seien, entstünden und sohin als Wohnungen im Sinne des § 16a Abs. 1 lit. e des Tiroler Raumordnungsgesetzes zu qualifizieren seien. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 7 der Tiroler Bauordnung sei unter Umbau die bauliche Veränderung eines Gebäudes, durch die, ohne die Außenmaße zu vergrößern, die Raumeinteilung oder die äußere Gestalt des Gebäudes so geändert werde, daß das Gebäude nach der Veränderung im Verhältnis zum ursprünglichen Gebäude als ein anderes anzusehen sei, zu verstehen. Das gegenständliche Bauvorhaben sei nicht als Umbau zu qualifizieren, eine Zustimmungserklärung der Miteigentümer im Sinne des § 27 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung sei daher nicht erforderlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete, ebenso wie der Mitbeteiligte, eine Gegenschrift, in der jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist, ob das vorliegende Bauvorhaben als Umbau im Sinne des § 3 Abs. 7 der Tiroler Bauordnung (TBO) zu qualifizieren ist und deshalb die Zustimmungserklärung der Miteigentümer gemäß § 27 Abs. 3 lit. b BO erforderlich ist. § 3 Abs. 7 TBO, LGBl. Nr. 33/1989, lautet:
"(7) Umbau ist die bauliche Veränderung eines Gebäudes, durch die, ohne die Außenmaße zu vergrößern, die Raumeinteilung oder die äußere Gestalt des Gebäudes so geändert wird, daß das Gebäude nach der Veränderung im Verhältnis zum ursprünglichen Gebäude als ein anderes anzusehen ist."
Anders als beispielsweise in der Wiener Bauordnung, ist dieser Definition des Begriffes "Umbau" nicht zu entnehmen, daß ein Umbau auch dann vorliegt, wenn nur ein Geschoß als ein anderes anzusehen ist.
Durch die bereits in der Sachverhaltsdarstellung dargelegten baulichen Änderungen ist das gesamte Gebäude, das insgesamt 14 Wohneinheiten und ein Büro aufweist, nicht als ein anderes anzusehen; die Außenmaße wurden nicht vergrößert, die äußere Gestalt des Gebäudes wurde ebensowenig wie der Verwendungszweck als Wohnhaus verändert. Zutreffend ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, daß kein Umbau im Sinne des § 3 Abs. 7 TBO vorliegt, und daher auch die Zustimmungserklärung der Miteigentümer nicht erforderlich ist. Wenn die Beschwerdeführerin zur Untermauerung ihres Vorbringens auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1984, Zl. 84/06/0126, hinweist, wonach Änderungen, die sowohl zu einer Schädigung des Hauses als auch zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer führen können, der Zustimmung aller Miteigentümer bedürfen, so ist damit für die Beschwerdeführerin schon deshalb nichts gewonnen, weil sich dieses Erkenntnis nicht auf die Tiroler, sondern auf die Kärntner Bauordnung bezieht, die in ihrem § 7 Abs. 1 Z. 2 die Zustimmung des Eigentümers als Belegerfordernis eines Bauansuchens vorsieht. Da die Tiroler Bauordnung keine Anhaltspunkte dafür bietet, daß bei einer allfälligen Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer deren Zustimmung erforderlich ist, geht das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte überprüfen müssen, ob derartige schutzwürdige Interessen anderer Miteigentümer beeinträchtigt werden könnten, ins Leere.
Auch mit dem Vorbringen in der Beschwerde, es müsse zu einer Veränderung der Nutzwerte kommen, ist für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Die allfällige Veränderung der Nutzwerte ist eine privatrechtliche Frage, die allein von den Zivilgerichten zu entscheiden ist. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die Frage, ob schutzwürdige Interessen anderer Miteigentümer beeinträchtigt werden oder nicht, oder der Nutzwert verändert wird, auch keine Vorfrage, die die Baubehörde zu beurteilen hätte oder über die sie eine Entscheidung des Gerichtes abzuwarten hätte.
Die Beschwerdeführerin übersieht vor allem, daß die erteilte Baubewilligung lediglich eine Polizeierlaubnis darstellt, die in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen den Wohnungseigentümern nicht eingreift. Nach ständiger Rechtsprechung steht es jedem Wohnungseigentümer frei, im RECHTSWEG die Unterlassung wesentlicher Änderungen eines Wohnungseigentumsobjektes zu begehren, die ein Wohnungseigentümer ohne Zustimmung der übrigen und ohne Ersetzung der Zustimmung durch den Außerstreitrichter nach § 13 Abs. 2 WEG 1975 vornimmt bzw. vorzunehmen beabsichtigt (vgl. zuletzt OGH 2. März 1987, 5 Ob 24/87 ImmZ 1987, 313 = MietSlg. 39.615). Daß für eine derartige Änderung eine Baubewilligung vorliegt, ändert an einem allfälligen Unterlassunganspruch nichts.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihrem Rechtsvertreter sei am 27. März 1990 bei der belangten Behörde die Akteneinsicht mit dem Bemerken verwehrt worden, der gesamte Akt sei mikroverfilmt worden, vermag keinen Mangel des Verwaltungsverfahrens darzutun, da zu diesem Zeitpunkt das Bauverfahren bereits mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 15. Februar 1990 abgeschlossen war. Daß die Beschwerdeführerin durch den Vorfall vom 27. März 1990 nicht in der Lage gewesen wäre, eine zur Verfolgung ihrer Rechte erforderliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu verfassen, wurde in der Beschwerde nicht einmal behauptet.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 im Rahmen des von der mitbeteiligten Partei gestellten Kostenbegehrens.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990060053.X00Im RIS seit
11.07.2001