TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/21 89/11/0265

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.09.1990
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AVG §13;
IESG §3 Abs4;
IESG §6 Abs1 idF vor 1980/580;
IESG §6 Abs2 idF vor 1980/580;
IESG §6 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

N gegen Landesarbeitsamt Wien vom 5. August 1988, Zl. IVc/7022/7400 B (Betreff: 920/213/205H/82), betreffend Insolvenz-Ausfallgeld

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begehrte mit Antrag vom 1. Oktober 1982 auf Grund der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Maschinenfabrik Z-Gesellschaft m.b.H. mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 25. Juni 1982, die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von insgesamt S 4,287.292,-- brutto, davon für Abfertigung in der Dauer von zwölf Monaten in Höhe von S 2,535,192,-- brutto. Laut der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 15. Oktober 1982 "berichtigte" der Beschwerdeführer beim Arbeitsamt Versicherungsdienste in Wien seine "offenen Forderungen" auf insgesamt S 2,661.542,-- netto, wovon danach auf die Abfertigung für zwölf Monate ein Betrag von S 1,637.776,-- netto entfiel. Mit Bescheiden des Arbeitsamtes Versicherungsdienste in Wien vom 6. Februar 1983 und vom 9. Mai 1983 wurde dem Beschwerdeführer Insolvenz-Ausfallgeld zuerkannt, darunter für Abfertigung in der Höhe von insgesamt S 518.400,--. Mit weiterem Bescheid derselben Behörde vom 9. Mai 1983 wurden die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld, soweit sie über die zuerkannten Ansprüche hinausgehen (dabei handelte es sich nach der Begründung dieses Bescheides ausschließlich um restliche Abfertigung in Höhe von S 1,119.376,--), gemäß § 1 Abs. 3 Z. 4 IESG abgelehnt. Mit Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 10. Juli 1985 wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der betreffende erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1985, B 528/85, wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer durch den genannten Bescheid vom 10. Juli 1985 im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden sei, und dieser Bescheid aufgehoben. Dabei war maßgebend, daß der Verfassungsgerichtshof nach Durchführung einer Verhandlung am 15. Oktober 1985 mit Erkenntnis vom selben Tag, G 102/85 u.a., § 1 Abs. 3 Z. 4 IESG, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 580/1980, als verfassungswidrig aufgehoben und diesen Beschwerdefall im Hinblick darauf, daß er zu Beginn der Verhandlung im Normenprüfungsverfahren bereits anhängig war, einem Anlaßfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG gleichgehalten hat. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 21. Mai 1986 Insolvenz-Ausfallgeld auch in Höhe von S 1,119.376,-- netto zuerkannt.

Mit Schreiben einer näher bezeichneten Steuerberatungsgesellschaft vom 8. Oktober 1986 wurde namens des Beschwerdeführers der Antrag gestellt, "die Ermittlung" der dem Beschwerdeführer "auf Grund des Insolvenzentgeltsicherungsgesetzes zustehenden Nettovergütungen neu ermitteln zu wollen bzw. die an diesen zuwenig ausbezahlten Insolvenz-Ausfallgelder rückzuvergüten". Begründet wurde dieser Antrag im wesentlichen damit, daß eine nunmehr vorgenommene detaillierte Berechnung ergeben habe, "daß der gesamte Nettoauszahlungsbetrag S 3,097.708,-- beträgt, wogegen an unseren Mandanten auf Grund der genannten, offensichtlich schätzungsweisen Berechnung bisher nur ein Betrag von S 2,661.542,-- zur Auszahlung gelangte, sodaß ein Restanspruch unseres Klienten von S 436.166,-- verbleibt". Der diesem Schreiben zugrundeliegenden Aufstellung ist zu entnehmen, daß sich die Abfertigung, ausgehend von einem Bruttobetrag von S 2,535.192,--, mit S 2,383.080,-- errechnet. Dies hatte zur Folge, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste in Wien vom 6. Mai 1988 einerseits weiteres Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von S 15.453,-- (für andere Ansprüche als für Abfertigung) zuerkannt wurde und andererseits mit Bescheid derselben Behörde vom 9. Mai 1988 die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche, soweit sie über die zuerkannten Ansprüche hinausgehen (nach der Begründung dieses Bescheides in Höhe von S 420.713,--), gemäß § 1 Abs. 2 und § 1 Abs. 3 Z. 4 IESG abgelehnt wurden. Mit Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 5. August 1988 wurde der gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Gegen diesen Berufungsbescheid vom 5. August 1988 richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. September 1989, B 1570/88, nach Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die nach dem zweiten Satz des § 6 Abs. 2 IESG erforderliche Anführung des Betrages der Forderung im Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld ein wesentliches Inhaltserfordernis dieses Antrages dar, weil erst durch sie der öffentlich-rechtliche Leistungsanspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld bestimmt wird (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 25. Mai 1982, Slg. Nr. 10.745/A, und vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/11/0144). Es ist daher im Antrag auch die Höhe der Forderung anzugeben, wobei - ungeachtet des Umstandes, daß gemäß (dem im vorliegenden Beschwerdefall bei Antragstellung anzuwendenden) § 3 Abs. 3 IESG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 395/1986, nunmehr § 3 Abs. 4 leg. cit., bei Zuerkennung des Insolvenz-Ausfallgeldes dieses um die gesetzlichen Abzüge zu vermindern ist - das Gesetz keine Verpflichtung enthält, daß die Höhe der Forderung in Nettobeträgen anzugeben ist, dies allerdings auch nicht ausgeschlossen erscheint (vgl. Schwarz-Holler-Holzer, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, 161). Im vorliegenden Beschwerdefall wurde diesem Erfordernis im Antrag vom 1. Oktober 1982 durch Angabe der Höhe der Forderung in Bruttobeträgen Rechnung getragen. Der Beschwerdeführer hat es aber nicht dabei belassen, sondern am 15. Oktober 1982 seine "offenen Forderungen" "berichtigt", indem er die von ihm vorgenommene Angabe der Höhe der Forderung auf eine solche in Nettobeträgen änderte. Auf diese Weise wurde der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch - mag er nun auf Grund der erfolgten Umrechnung der Beträge von brutto auf netto dem ursprünglich erhobenen Anspruch entsprechen oder nicht - insofern neu bestimmt, als die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld in der Folge jedenfalls durch das vom Beschwerdeführer gestellte, geänderte Begehren betraglich begrenzt war und ihm daher ab der "Berichtigung" - ebenso, wie wenn sein Antrag von vornherein dahingehend gelautet hätte - kein über diese Nettobeträge hinausgehendes Insolvenz-Ausfallgeld hätte zuerkannt werden dürfen. Dabei ist rechtlich ohne Bedeutung, daß der Beschwerdeführer zur "Angabe der Ansprüche in Nettobeträgen" nach der Aktenlage durch die Erstbehörde veranlaßt worden ist und er sich bei der (jedenfalls von ihm damals akzeptierten) Umrechnung der Beträge von brutto auf netto in einem Irrtum befunden hat, kommt es doch allein auf den Inhalt der vom Beschwerdeführer abgegebenen Erklärung im Verwaltungsverfahren an (vgl. die die Abgabe eines Berufungsverzichtes betreffenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1981, Zl. 81/03/0077, und vom 21. Jänner 1988, Zlen. 88/02/0002 bis 0005), hinsichtlich deren er selbst nicht etwa eine Unwirksamkeit infolge Vorliegens seiner Handlungsunfähigkeit behauptet hat (vgl. dazu die ebenfalls zu § 63 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1980, Zl. 324/80, und vom 18. September 1981, Zl. 81/02/0058). Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, eine allenfalls von der Erstbehörde stammende Berechnung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, bzw. hat er es sich gleichfalls selbst zuzuschreiben, wenn ihm selbst bei der Berechnung ein Fehler unterlaufen ist. Auch die belangte Behörde vertritt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

-

zumindest in ihrer schriftlichen Äußerung vom 5. Juni 1990 - im Ergebnis diesen Standpunkt, indem sie meint, daß der Beschwerdeführer am 15. Oktober 1982 seinen Antrag vom 1. Oktober 1982 "eingeschränkt" habe. Dies trifft dann zu, wenn

-

wie vom Beschwerdeführer vorgebracht und von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt - den im ursprünglichen Antrag angeführten Bruttobeträgen höhere Nettobeträge, als sie der Berechnung am 15. Oktober 1982 zugrundegelegt wurden, entsprochen hätten. Der gegenteiligen, in seiner schriftlichen Äußerung vom 25. Juni 1990 zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht des Beschwerdeführers kann aus den bereits dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.

Sowohl der Beschwerdeführer als auch die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind, wie sich - entgegen der nunmehrigen Auffassung des Beschwerdeführers in seiner schriftlichen Äußerung vom 25. Juni 1990 - aus den jeweiligen behördlichen Erledigungen und den betreffenden Schriftsätzen des Beschwerdeführers zweifelsfrei ergibt, auf Grund der erfolgten Antragsänderung bis zur Erlassung des Bescheides vom 21. Mai 1986 (einschließlich), mit dem dem geänderten Antrag des Beschwerdeführers letztlich zur Gänze stattgegeben worden war, (zutreffend) davon ausgegangen, daß Gegenstand des Verwaltungsverfahrens ausschließlich die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld in der vom Beschwerdeführer "berichtigten" Höhe ist und eine darüber hinausgehende Entscheidung weder zu treffen war noch (im abweislichen Sinne) getroffen wurde. Es handelt sich daher im Antrag vom 8. Oktober 1986 nicht um ein Begehren, das noch aufrecht gewesen und bisher noch unerledigt geblieben ist, und auch nicht um ein solches, über das bereits rechtskräftig entschieden wurde und weshalb zufolge Identität der Sache die Bestimmung des § 68 Abs. 1 AVG 1950 zum Tragen gekommen wäre. Es lag vielmehr ein neuer Antrag vor, der von der belangten Behörde unter Bezugnahme auf die Regelung des § 1 Abs. 3 Z. 4 IESG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 395/1986 abgewiesen worden ist.

Der Beschwerdeführer führt gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ins Treffen, daß - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1985 diesbezüglich ein Anlaßfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG gegeben sei. Darauf braucht aber nicht eingegangen zu werden, weil gemäß § 6 Abs. 1 IESG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 395/1986 der (wie schon gesagt, im Sinne des Abs. 2 zweiter Satz dieser Gesetzesstelle bestimmte) Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld bei sonstigem Ausschluß binnen vier Monaten ab Eröffnung des Konkurses zu stellen gewesen wäre, ein amtswegiges Nachsichtsverfahren im Sinne des § 6 Abs. 1 leg. cit. nicht mehr in Betracht kam, war doch im Zeitpunkt der Stellung des Antrages vom 8. Oktober 1986 die absolute Frist von drei Jahren ab Eröffnung des Konkurses bereits verstrichen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1989, Zl. 89/11/0032), und daher dem Antrag schon aus diesem Grunde nicht hätte stattgegeben werden können. Der Umstand, daß mit dem angefochtenen Bescheid (entsprechend dem damit bestätigten Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 9. Mai 1988) die mit Antrag des Beschwerdeführers "vom 3.10.82" (gemeint ist der mit 1. Oktober 1982 datierte Antrag) geltend gemachten Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld "abgelehnt" worden sind, vermag daran nichts zu ändern, daß es sich in Wirklichkeit um die Ablehnung des Antrages vom 8. Oktober 1986 gehandelt hat. Für seinen Standpunkt ist auch damit nichts zu gewinnen, daß es in der Begründung des Bescheides vom 9. Mai 1988 heißt, es sei, da dem Beschwerdeführer bisher nur "ein Abfertigungsbetrag von S 1,946.914,-- zuerkannt wurde", ihm "jedoch ein Abfertigungsanspruch von S 2,383.080,-- gebühren würde, "über den Betrag von S 436.166,-- noch bescheidmäßig abzusprechen gewesen". Die sich darauf beziehende Ansicht des Beschwerdeführers in seiner schriftlichen Äußerung vom 25. Juni 1990, diese Begründung sei "im Ergebnis einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 des § 68 AVG gleichzuhalten", ist verfehlt, ist doch daraus klar erkennbar, daß mit diesem Bescheid über seinen Antrag vom 8. Oktober 1986 entschieden wurde und nicht eine amtswegige Abänderung früherer Bescheide erfolgte. Schließlich ist das Beschwerdevorbringen, in dem sich der Beschwerdeführer auf eine der belangten Behörde erteilte Weisung des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf Zuerkennung weiteren Insolvenz-Ausfallgeldes in der von ihm begehrten Höhe beruft, rechtlich unbeachtlich, weil ein angefochtener Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof am Gesetz und nicht an einer (nicht befolgten) Weisung zu messen ist, auf deren Befolgung dem Beschwerdeführer kein subjektives Recht zustand (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. März 1967, Slg. Nr. 7101/A, und vom 28. Jänner 1986, Zl. 85/05/0158).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das (auf nochmaligen Zuspruch des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes im Hinblick auf die schriftliche Äußerung vom 5. Juni 1990 lautende) Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Aufwand, der für die belangte Behörde mit der Vorlage der Verwaltungsakten an den Verwaltungsgerichtshof verbunden war, nur einmal und der Schriftsatzaufwand lediglich für die Einbringung der Gegenschrift ersetzt werden kann.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter WeisungenOrganisationsrecht Diverses Weisung Aufsicht VwRallg5/4Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989110265.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten