TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/24 89/10/0251

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Veröffentlicht am 24.09.1990
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §39 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §9 Abs4;
NatSchG OÖ 1982 §9;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 89/10/0252

Betreff

N GesmbH gegen Oberösterreichische Landesregierung

1.) vom 4. Oktober 1989, Zl. N-100128/I/Kra-1989, betreffend Bewilligung von Werbeaufschriften nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz,

2.) vom 18. Oktober 1989, Zl. N-100128/I/Kra-1989, betreffend einen naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 5.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft A vom 22. Dezember 1988 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf nachträgliche Bewilligung der Anbringung von zwei Werbeaufschriften von je 13 x 17 m auf der Süd- und Ostseite des Siloturmes der X-Mühle in Y gemäß § 9 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl. Nr. 80 (O.ö. NSchG 1982), abgewiesen. Begründet wurde diese Entscheidung unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 9. Dezember 1988 im wesentlichen damit, daß durch die Anbringung der zwei Werbeaufschriften in der vorliegenden Form - schwarze Beschriftung auf weißem Untergrund mit einem Firmenemblem "im oberen Viertel" des Silos - das Landschaftsbild empfindlich gestört würde. Infolge seiner gedeckten Farbgebung und des umliegenden Grüns (Bachuferbewuchs und Obstgarten) trete der Siloturm von der Autobahn n 1 her gesehen nicht wesentlich in Erscheinung. Dies sei aber zufolge Anbringung der großflächigen Werbeaufschriften am ca. 40 m hohen Siloturm in einem Ausmaß der Fall, daß dadurch öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes verletzt würden.

Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 4. Oktober 1989 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides keine Folge gegeben. Nach dem in der Begründung wiedergegebenen Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 10. Juli 1989 liege die X-Mühle mit dem gegenständlichen Siloturm westlich der Autobahnstation Y und des daran anschließenden Betriebsbaugebietes auf den vollkommen ebenen Schotterterrassen des B- bzw. Cflusses inmitten eines großräumigen, vollkommen unbebauten und landwirtschaftlich genutzten Grünlandbereiches. Kleinräumig betrachtet bilde der Siloturm mit seinen Förderanlagen einen starken Kontrast zu der weitgehend intakten Bausubstanz des alten Betriebsgebäudes. Allein schon infolge seiner Höhe von über 40 m und der durch die Materialwahl bestimmten Farbgebung sei ein maßgeblicher Eingriff in das Landschaftsbild gegeben, der nur in Anbetracht der betrieblichen Notwendigkeiten akzeptabel erscheine. Großräumig gesehen stelle der unverhältnismäßig hohe Turm in der vollkommen ebenen Landschaft zweifellos eine Landmarke dar, deren dominierende Signifikanz, Form und Farbgebung den rein funktionalen Erfordernissen des Betriebes entspreche und in landschaftsästhetischer Hinsicht jedenfalls einen maßgeblichen Störfaktor darstelle. Diese störende Auswirkung auf das Landschaftsbild werde nun durch die Werbeaufschriften im Ausmaß von 13 x 17 m im obersten Bereich des Siloturmes noch wesentlich verstärkt. Als erschwerend komme das Fehlen eines Bezuges zwischen dem Inhalt der mehrfarbigen Aufschrift und dem Mühlenbetrieb hinzu, sodaß hier für den unbefangenen Betrachter ein eher verwirrender Eindruck bezüglich des Betriebszweckes der Anlage entstehe. Unterhalb dieser Werbung für Paletten sei in blauer Schrift auf weißem Band die Aufschrift "X-Mühle" angebracht. Dieses Schriftband befinde sich jedoch schon unterhalb der halben Höhe des Turmes, sodaß es in der Landschaft nicht mehr sehr störend in Erscheinung trete. Aus diesem Befund folge zwingend, daß die an sich schon gravierende Auswirkung des Siloturmes auf das Landschaftsbild durch die übergroße, mehrfarbige und in keiner Beziehung zur Gesamtanlage stehende Werbeaufschrift noch wesentlich verstärkt werde.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Zitierung des § 9 Abs. 1 und 4 O.ö. NSchG 1982 aus, der Siloturm inmitten des vollkommen unbebauten, landwirtschaftlich genutzten Grünlandbereiches nordwestlich der Autobahn stelle zwar allein schon durch seine Höhe von ca. 40 m einen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild dar und sei nur mit Rücksicht auf die betriebliche Notwendigkeit vertretbar. Durch die gegenständlichen Werbeaufschriften im Ausmaß von 13 x 17 m im oberen Bereich des Siloturmes werde aber diese Eingriffswirkung in das Landschaftsbild allein schon infolge der Größe der Werbeaufschriften wesentlich verstärkt, weil dadurch der Siloturm noch stärker in Erscheinung trete. Daher bilde die Anbringung der Werbeaufschriften einen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild, durch den die öffentlichen Interessen an seiner Erhaltung verletzt würden. Eine Bewilligung sei auch unter Vorschreibung von Auflagen oder Bedingungen nicht möglich, da die Eingriffswirkung in das Landschaftsbild zu maßgeblich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur Zl. 89/10/0251 protokollierte Beschwerde.

1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft A vom 23. Dezember 1988 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 39 O.ö. NSchG 1982 aufgetragen, die auf dem Siloturm der X-Mühle in Y ohne Bewilligung angebrachten Werbeschriften binnen drei Wochen zu entfernen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die O.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 18. Oktober 1989 keine Folge; die Frist zur Entfernung der Werbeaufschriften wurde bis 15. Dezember 1989 erstreckt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die Anbringung der Werbeaufschriften einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfe, eine solche aber nicht vorgelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur Zl. 89/10/0252 protokollierte Beschwerde.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

2.1. § 9 O.ö. NSchG 1982 trägt die Überschrift "Sonderbestimmungen für Werbeeinrichtungen". Nach seinem Abs. 1 erster Satz bedarf außerhalb geschlossener Ortschaften die Errichtung, Aufstellung, Anbringung, Änderung und der Betrieb von Werbeeinrichtungen einer Bewilligung der Behörde.

Nach Abs. 2 ist eine Werbeeinrichtung im Sinne des Abs. 1 eine im Landschaftsbild in Erscheinung tretende Einrichtung, die der Anpreisung dient oder hiefür vorgesehen ist, auch wenn sie die Form einer Ankündigung oder eines Hinweises hat oder auf andere Weise Aufmerksamkeit erregen soll.

Abs. 3 normiert Ausnahmen von der Bewilligungspflicht.

Nach Abs. 4 ist eine Bewilligung gemäß Abs. 1

- erforderlichenfalls auch unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen - zu erteilen, wenn weder durch Größe, Form, Farbgebung oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung noch durch deren Errichtung, Aufstellung, Anbringung, Änderung oder Betrieb am vorgesehenen Ort die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes verletzt werden noch eine Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft zu erwarten ist. Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.

Gemäß § 39 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 kann die Behörde, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

2.2. ZUR VERSAGUNG DER BEWILLIGUNG:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht außer Streit, daß die gegenständliche Werbeeinrichtung "außerhalb geschlossener Ortschaften" angebracht ist. Dafür, daß eine der im § 9 Abs. 3

O.ö. NSchG 1982 normierten Ausnahmen von der Bewilligungspflicht im vorliegenden Fall zutreffen könnte, besteht kein Anhaltspunkt.

Aus dem Umstand, daß es für die Errichtung des Siloturmes selbst auf Grund der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 lit. a O.ö. NSchG 1982 keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung (nach § 4) bedurfte, folgt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht die Bewilligungsfreiheit auch der gegenständlichen Werbeeinrichtung. Vielmehr ist der belangten Behörde darin beizupflichten, daß § 9 leg. cit. als lex specialis (arg.: "Sonderbestimmungen ...") für Werbeeinrichtungen anzusehen ist.

Zuzustimmen ist der Beschwerdeführerin in der Auffassung, ein Antragsteller besitze bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung für eine Werbeeinrichtung; dies ergibt sich aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 9 Abs. 4

O.ö. NSchG 1982.

Soweit die Beschwerdeführerin allerdings unter Hinweis auf Werbeaufschriften eines Fotounternehmens auf einer näher bezeichneten Mühle in Oberösterreich vorbringt, die belangte Behörde wende ganz offensichtlich verschiedene Maßstäbe an, läßt dieses Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkennen. Für dessen Rechtmäßigkeit ist allein maßgebend, ob die mit ihm getroffene Entscheidung dem Gesetz entspricht oder nicht.

Die Beschwerdeführerin ist auch darin nicht im Recht, wenn sie in ihrer Beschwerde mehrfach von einer Ermessensentscheidung, die von der belangten Behörde zu treffen gewesen sei, spricht. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Behörde bei einer Entscheidung gemäß § 9 Abs. 4 O.ö. NSchG 1982 Ermessen im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG eingeräumt ist.

§ 9 O.ö. NSchG 1982 hat nach seinem Abs. 4 den Schutz der öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Erholungswertes der Landschaft zum Gegenstand. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides erachtete die belangte Behörde durch die Anbringung der gegenständlichen Werbeaufschriften allein die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes als verletzt. Daher bedurfte es entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin keiner Feststellungen über eine allfällige Beeinträchtigung auch des Erholungswertes der Landschaft.

Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde sei nicht auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren betreffend "Unrichtigkeiten" in der Beschreibung des Landschaftsbildes durch den Amtssachverständigen eingegangen, wird damit jedenfalls kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt. Da unter dem Begriff Landschaftsbild nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft zu verstehen ist (siehe etwa das Erkenntnis vom 26. September 1988, Zl. 87/10/0174), trifft es zwar zu, daß zu dem hier maßgebenden Landschaftsbild im weiteren auch die D-Autobahn mit der Autobahnraststätte Y einschließlich der in diesem Bereich vorhandenen Bauwerke zählt. Das Vorhandensein dieser Objekte schließt aber die Annahme eines erhaltenswerten, vor zusätzlichen Beeinträchtigungen zu schützenden Landschaftsbildes im Bereich der (nach der unbestritten gebliebenen Feststellung der belangten Behörde rund 550 m entfernt gelegenen) X-Mühle nicht aus. Unerheblich ist entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin die WIDMUNG des Bereiches östlich der X-Mühle als Baugebiet, weil für die Beurteilung der Frage, ob eine Werbeeinrichtung das Landschaftsbild beeinträchtigt, allein das bei Bescheiderlassung vorhandene Landschaftsbild maßgebend sein kann.

Daß die Errichtung des in Rede stehenden Siloturmes an sich schon einen störenden Eingriff in das Landschaftsbild darstellt, schließt keineswegs, wie die Beschwerdeführerin anscheinend meint, die Annahme aus, die Anbringung der Werbeaufschriften bewirke eine zusätzliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und es verletze daher auch diese Maßnahme für sich die öffentlichen Interessen an dessen Erhaltung im Sinne des § 9 Abs. 4 O.ö. NSchG 1982. Der Verwaltungsgerichtshof vermag der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die Anbringung der gegenständlichen übergroßen, mehrfarbigen Werbeaufschriften im oberen Bereich des ca. 40 m hohen Siloturmes mit der durchaus nachvollziehbaren Begründung, der an sich schon einen Störfaktor darstellende Siloturm trete dadurch im Landschaftsbild noch stärker in Erscheinung, als einen zusätzlichen maßgeblichen Eingriff in das Landschaftsbild gewertet und darin eine Verletzung der öffentlichen Interessen an dessen Erhaltung erblickt hat. Bei dieser zutreffenden rechtlichen Beurteilung kam die begehrte Bewilligung nicht in Betracht; die Abweisung des Antrages entspricht dem Gesetz.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.3. ZUM ENTFERNUNGSAUFTRAG:

§ 39 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 räumt der Behörde ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" ein Ermessen im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG nicht ein, vielmehr hat die Naturschutzbehörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Maßnahme nach dieser Gesetzesstelle zu setzen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1986, Zl. 86/10/0057).

Nach dem unter 2.2. Gesagten bedurfte die Anbringung der Werbeaufschriften auf dem Siloturm der X-Mühle einer naturschutzrechtlichen Bewilligung. Eine solche ist unbestritten nie erteilt worden. Damit war der Tatbestand des § 39 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 gegeben und der gegenständliche Entfernungsauftrag zu erteilen. Da seine Erlassung nicht im Ermessen der Behörde stand, bedurfte es nicht der von der Beschwerdeführerin insoweit vermißten Begründung.

Auch die Beschwerde gegen diesen Bescheid ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989100251.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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