Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §63 Abs3;Betreff
N gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 9. Jänner 1990, Zl. Fr-906/89, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer fremdenpolizeilichen Angelegenheit
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 27. November 1989 hatte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (BH) gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer ein auf § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 7 und Abs. 3 iVm § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, gestütztes und mit 27. November 1992 befristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich erlassen; dies verbunden mit der Anordnung, das Bundesgebiet innerhalb von drei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides zu verlassen.
2. Mit Bescheid vom 9. Jänner 1990 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) den "als Berufung bezeichneten Schriftsatz" des Beschwerdeführers gegen den unter 1. bezeichneten Bescheid gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, der mit 27. November 1989 datierte Schriftsatz des Beschwerdeführers an die BH sei offenbar als Berufung gegen das von dieser Behörde gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gedacht gewesen, habe aber weder den Bescheid, gegen den er sich richte, bezeichnet, noch einen begründeten Berufungsantrag enthalten. Der Inhalt des Schriftsatzes habe sich vielmehr in vollem Umfang gegen die Entscheidung im Asylverfahren gerichtet. Da somit gegen die im fremdenpolizeilichen Verfahren ergangene Entscheidung der BH vom 27. November 1989 eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Berufung nicht vorliege, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grund kostenpflichtig aufzuheben.
4. Die belangte Behörde hat unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorweg ist - mit Beziehung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen - festzuhalten, daß Gegenstand der vorliegenden Beschwerdeerledigung nicht (auch) die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes ist, sondern - entsprechend dem Spruch des bekämpften Bescheides - allein darüber zu erkennen ist, ob die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers vom 27. November 1989 gegen den Bescheid der BH vom selben Tag als unzulässig rechtens war oder nicht.
2.1. Der von der belangten Behörde als Rechtsgrundlage ihrer Formalentscheidung herangezogene § 63 Abs. 3 AVG 1950 bestimmt, daß die Berufung den Bescheid zu bezeichnen hat, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat. Im angefochtenen Bescheid wird die Ansicht vertreten, daß der Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 27. November 1989 keines der beiden gesetzlichen Erfordernisse erfülle.
2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hält die Auffassung der belangten Behörde für unzutreffend. Zum ersten ist die Feststellung im bekämpften Bescheid, die Berufung bezeichne nicht den Bescheid, gegen den sie sich richte, aktenwidrig, nennt doch der das Rechtsmittel ausführende Schriftsatz im "Kopf" unter der Anführung der Erstbehörde und deren Anschrift ausdrücklich die Aktenzahl "Sich-07-5197-1989/Stö", also jene Zahl, die der das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer aussprechende Bescheid der BH vom 27. November 1989 aufweist. Was aber das angebliche Fehlen eines begründeten Berufungsantrages anlangt, so ist die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 3 AVG 1950 zu verweisen. Danach liegt ein begründeter Berufungsantrag dann vor, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt zu vertreten können glaubt (vgl. etwa die bei HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3, 1987, auf S. 401 f unter 3. und 4. angeführten Entscheidungen). Beides trifft in Ansehung der Berufung des Beschwerdeführers vom 27. November 1989 zu. Was der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel anstrebte, ist mit der Formulierung "mit der nochmaligen Bitte um eine Änderung ihrer Entscheidung" hinreichend deutlich gemacht, nämlich die Aufhebung des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes. Der Beschwerdeführer hat aber diesem Begehren auch eine Begründung beigegeben, und zwar dergestalt, daß die von ihm im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Gründe - sie werden im einzelnen angeführt - "in der obgenannten Entscheidung keine Berücksichtigung (fanden)". Ob diese Begründung der Berufung stichhältig ist, ist für die Beantwortung der Frage, ob ein begründeter Berufungsantrag i.S. § 63 Abs. 3 AVG 1950 vorliegt, ohne Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1985, Slg. Nr. 11.864/A).
3. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid infolge Verkennung der Rechtslage dem Beschwerdeführer eine Sachentscheidung über seine Berufung verwehrte, war jener gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß infolge Bewilligung der Verfahrenshilfe Stempelgebühren nicht zu entrichten waren.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190259.X00Im RIS seit
24.09.1990Zuletzt aktualisiert am
10.06.2010