TE Vfgh Beschluss 1987/12/11 V1/87, V2/87, V3/87, G23/87, G24/87, G25/87

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Veröffentlicht am 11.12.1987
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Index

10 Verfassungsrecht;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z6
B-VG Art12 Abs1 Z1
B-VG Art89 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Oö KAG 1976 idF der Novelle 1985 §§34a ff
AmbulanzgebührenV der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20.10.1986. LGBl 58/1986
Oö KAG-Novelle 1985 ArtI Z27
Oö KAG 1976 idF der Novelle 1985 §34

Leitsatz

Individualanträge auf Aufhebung der Oö AmbulanzgebührenV sowie des ArtI Z24 und Z27 Oö KAG-Novelle 1985; teils kein Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller; Eingriff in die Rechtssphäre der ASt. erst durch die aufgrund der Verordnungsermächtigung des §34 Abs4 Oö KAG erlassenen V - Prüfungsantrag hinsichtlich der Verordnungsermächtigung unzulässig; wenn der Inhalt genereller Rechtsvorschriften zum Inhalt eines privatrechtlichen Vertrages wird, sind diese ausschließlich Inhalt eines zivilrechtlichen Vertrages und nicht Hoheitsakte; Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche auf Ärztehonorar gegen den Rechtsträger der Krankenanstalt; keine Unzumutbarkeit dieses Weges; Mangel der Antragslegitimation

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Die Antragsteller begehren unter Berufung auf Art139 Abs1 B-VG, die V der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Oktober 1986 über die Ambulanzgebühren, LGBl. 58/1986 (künftig: Ambulanzgebührenverordnung 1986), als gesetzwidrig, und unter Berufung auf Art140 Abs1 B-VG, ArtI Z24 (Neufassung des §34) und Z27 (Streichung des §34b) der Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetz-Nov. 1985 vom 9. November 1984, LGBl. 13/1985 (künftig: OÖ KAG-Nov. 1985), als verfassungswidrig aufzuheben; gleichzeitig begehren sie die Feststellung, daß die §§34 und 34b des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1976, LGBl. 10/1976 (künftig: OÖ KAG 1976), wieder in Kraft treten.

1.2.1. Der Antragsteller Dr. H F bringt vor, seit 1. Jänner 1968 im Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz als Leiter der Isotopenstation, früher Fachabteilung für radioaktive Isotope, jetzt Institut für Nuklearmedizin, hauptberuflich tätig zu sein; sein Dienstverhältnis unterliege dem Angestelltengesetz. Sein Einkommen bestehe aus seinem Gehalt als Dienstnehmer des Krankenhauses, aus Ärztehonoraren "von oder für" Sonderklassepatienten (§34a OÖ KAG), bis zum Inkrafttreten der Ambulanzgebührenverordnung 1986 mit 1. Jänner 1987 aus Arzthonoraranteilen an der Ambulanzgebühr (§34b OÖ KAG 1976) diese betrugen etwa 60 % seiner Einkünfte und beliefen sich im Monatsdurchschnitt auf S 134.566,-- brutto - und aus Honorareinnahmen aus seiner Privatordination.

1.2.2. Der Antragsteller Dr. F P bringt vor, daß er seit 12 Jahren mit der Leitung der Fachabteilung für Unfallchirurgie am Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus Wels betraut sei; sein Dienstverhältnis unterliege dem Angestelltengesetz. Sein Einkommen bestehe aus seinem Gehalt als Dienstnehmer des Krankenhauses, aus Ärztehonoraren "von oder für" Sonderklassepatienten (§34a OÖ KAG 1976), bis zum Inkrafttreten der Ambulanzgebührenverordnung 1986 mit 1. Jänner 1987 zusätzlich aus Arzthonoraranteilen an der Ambulanzgebühr (§34b OÖ KAG 1976)

-

diese beliefen sich im Monatsdurchschnitt auf rund S 75.000,-netto

-

und aus Honorareinnahmen aus seiner Privatordination.

1.2.3. Der Antragsteller Dr. H K S bringt vor, mit 1. Juli 1986 von Wien an das Krankenhaus der Elisabethinen in Linz berufen worden zu sein, wo er die Leitung der III. Internen Fachabteilung mit dem größten Dialysezentrum Österreichs übernommen habe; sein Dienstverhältnis unterliege dem Angestelltengesetz. Sein Einkommen bestehe aus seinem Gehalt als Dienstnehmer des Krankenhauses, aus Ärztehonoraren "von oder für" Sonderklassepatienten (§34a OÖ KAG 1976), bis zum Inkrafttreten der Ambulanzgebührenverordnung 1986 mit 1. Jänner 1987 aus Arzthonoraranteilen an der Ambulanzgebühr (§34b OÖ KAG) - diese beliefen sich im Monatsdurchschnitt auf S 130.000,-- bis S 150.000,-- brutto - und aus Honorareinnahmen seiner Privatordination.

1.3. Die Antragsteller begründen ihre Anträge im wesentlichen wie folgt:

Durch die bekämpften Bestimmungen der OÖ KAG-Nov. 1985 sei §34b OÖ KAG 1976 aufgehoben und §34 neu gefaßt worden, mit der Wirkung, daß als Ambulanzgebühr, die bis dahin aus einem Anstaltsaufwandsanteil und einem Ärztehonoraranteil bestanden habe, für die ambulante Untersuchung und Behandlung nur mehr eine Sondergebühr - bei Entfall des Ärztehonoraranteiles - einzuheben sei. Der den Antragstellern auf Grund des außer Kraft getretenen §34b OÖ KAG 1976 zugestandene Ärztehonoraranteil an der Ambulanzgebühr, dessen Berechnungsgrundlage in der V der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. März 1982 über die Ärztehonorare und Ambulanzgebühren, LGBl. 8/1982, festgelegt gewesen sei, sei mit dem Inkrafttreten der Ambulanzgebührenverordnung 1986 am 1. Jänner 1987 weggefallen, weil in dieser V verfügt worden sei, daß gleichzeitig mit ihrem Inkrafttreten die V vom 8. März 1982, LGBl. Nr. 8, außer Kraft trete. Die angefochtene V habe demnach die Antragsteller ab 1. Jänner 1987 tatsächlich und unmittelbar betroffen, indem sie ab diesem Zeitpunkt den bis dahin zustehenden Anspruch auf Arzthonoraranteile an den Ambulanzgebühren entzogen habe. Wenn nämlich auch die Streichung des Arzthonoraranteiles bereits mit der OÖ KAG-Nov. 1985, die nach ihrem ArtII mit 1. Jänner 1985 in Kraft trat, erfolgt sei, habe dies für die Antragsteller keine unmittelbaren Auswirkungen gehabt, solange die V vom 8. März 1982, LGBl. 8/1982, - wenn auch ohne gesetzliche Deckung - noch angewendet worden sei; diese sei nunmehr mit 1. Jänner 1987 weggefallen.

Den Antragstellern stehe zur Bekämpfung der angefochtenen Bestimmungen kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung. Nach der Gesetzeslage vor Inkrafttreten der OÖ KAG-Nov. 1985 seien die Arzthonoraranteile an den Ambulanzgebühren so zu behandeln gewesen wie die Arzthonorare bei Patienten der Sonderklasse (§34b Abs3 zweiter Satz OÖ KAG 1976). Für die Einbringung der Arzthonorare erkläre aber der (weiterhin geltende) Abs5 des §34a OÖ KAG den Rechtsweg für unzulässig, weil er bestimme, daß für die Vorschreibung und Einbringung der Arzthonorare die §§35 und 36 leg. cit. mit der Maßgabe gelten, daß der Rechtsträger der Krankenanstalt die Ärztehonorare namens der Ärzteschaft gleichzeitig mit den Sondergebühren vorzuschreiben und einzubringen habe. Damit sei kraft geltender, unanfechtbarer Bestimmungen für die Antragsteller der Rechtsweg zur Hereinbringung von Arzthonoraranteilen an den Ambulanzgebühren ausgeschlossen. Auch eine Erledigung durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde komme nicht in Frage. Wie bereits dargelegt, seien die Arzthonorare und damit auch die Arzthonoraranteile an der Ambulanzgebühr vom Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt dem Zahlungspflichtigen vorzuschreiben und sei diese Vorschreibung nach Ablauf einer zweiwöchigen Zahlungsfrist als Rückstandsausweis vollstreckbar. Werde gegen die Vorschreibung Einspruch erhoben, so sei darüber wohl durch die Verwaltungsbehörde mit Bescheid abzusprechen; dem betroffenen Arzt komme aber in diesem Verfahren weder die Stellung einer Partei noch die eines Beteiligten zu. Die Antragsteller hätten daher auch auf diesem Wege nicht die Möglichkeit, einen Bescheid zu provozieren. Das Erwirken eines dienstrechtlichen Bescheides komme für die Antragsteller ebenfalls nicht in Frage, weil sie zum Rechtsträger der Krankenanstalt in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehen. Die Individualanträge blieben ihnen somit als einziger Weg.

Gegen die bekämpften Gesetzesstellen bestünden verfassungsrechtliche Bedenken zunächst wegen Kompetenzwidrigkeit. Nach den §§34, 34a und 34b OÖ KAG 1976 in der bis 1. Jänner 1985 geltenden Fassung dieser Bestimmungen sei das Ärztehonorar sowohl für die stationäre als auch für die ambulante Behandlung von Patienten der Sonderklasse ein Teil des von ihnen für Leistungen der Ärzte und der Krankenanstalt als Sondergebühr zu entrichtenden Entgelts. Außer der Feststellung, daß es sich beim Arzthonorar um eine Sondergebühr handle, enthalte das OÖ KAG 1976 keine ausdrückliche Aussage darüber, welchen rechtlichen Charakter die Arzthonorare hätten. In den Geltungsbereich der Arzthonorarregelung fielen völlig verschiedenartige Rechtsverhältnisse: öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Dienstverhältnisse zum Bund, zum Land und zu anderen Rechtsträgern ebenso wie Ausbildungsverhältnisse und Rechtsverhältnisse auf Grund eines Konsiliarvertrages. Bei den Antragstellern sei, da sie jeweils in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Rechtsträger der Krankenanstalt stehen, die Befugnis zur Regelung des Honorars dem Bundesgesetzgeber vorbehalten. Der Landesgesetzgeber sei daher nicht befugt gewesen, die bekämpften Gesetzesstellen zu erlassen. Die angefochtenen Bestimmungen seien aber auch deshalb verfassungswidrig, weil durch sie in gleichheitswidriger Weise wohlerworbene Rechte ohne jede Übergangsregelung entzogen würden. Der Entzug der Arzthonoraranteile an den Ambulanzgebühren bilde auch eine Enteignung und verstoße gegen Art5 StGG und gegen ArtI des 1. Zusatzprotokolles zur MRK. Die Verordnungsermächtigung des §34 OÖ KAG 1976 in der durch die Z24 der OÖ KAG-Nov. 1985 neu formulierten Fassung verstoße schließlich gegen Art18 Abs2 B-VG wegen nicht hinreichender materiell-rechtlicher Determinierung; dem Verordnungsgeber werde vollkommen freie Hand gelassen, was mit dem Legalitätsgebot nicht zu vereinbaren sei.

2. Die Oberösterreichische Landesregierung hat in allen Verfahren Äußerungen erstattet, in denen sie jeweils begehrt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, für den Fall der Zulässigkeit als unbegründet abzuweisen. Für den Fall der Aufhebung der bekämpften Gesetzesstellen wird die Setzung einer Frist von einem Jahr, für den Fall der Aufhebung der bekämpften

V die Setzung einer Frist von sechs Monaten beantragt.

3. Die Antragsteller haben hierauf jeweils repliziert und insbesondere nochmals behauptet, daß ihnen die Inanspruchnahme eines anderen Rechtsweges nicht möglich sei, weil ihnen nicht zumutbar sei, Ansprüche, die sie ziffernmäßig nicht genau berechnen könnten, gegenüber ihren Dienstgebern gerichtlich geltend zu machen.

4. Zur Rechtslage:

4.1.1. Die für die Anspruchslage der Antragsteller maßgeblichen Gesetzesstellen des OÖ KAG 1976 vor der OÖ KAG-Nov. 1985 lauteten in ihrem Zusammenhang wie folgt:

"§34

Sondergebühren

(1) Neben den Pflegegebühren dürfen folgende Sondergebühren eingehoben werden:

a) der Ersatz für die in §33 Abs2 genannten Aufwendungen, soweit sie von der Krankenanstalt getragen wurden;

b) der Ersatz des Entgeltes für den fallweisen Beistand durch eine nicht in der Krankenanstalt angestellte Hebamme;

c) für Pfleglinge, die auf eigenen Wunsch in einem Krankenzimmer der Sonderklasse untergebracht werden, ein Zuschlag zur Pflegegebühr zur Abdeckung erhöhten Sach- und Personalaufwandes (Anstaltsgebühr);

d) gegebenenfalls die Gebühr für den Beistand durch Anstaltshebammen (Hebammengebühr) für die unter litc genannten Pfleglinge.

(2) Die näheren Bestimmungen über die Sondergebühren hat die Landesregierung durch V zu erlassen. Hiebei ist die Anstaltsgebühr (Abs1 litc) in einem Prozentsatz der Pflegegebühr zu bemessen. Vor Erlassung der V ist, soweit es die Gebühren gemäß Abs1 litc betrifft, den Rechtsträgern der Krankenanstalten, soweit es die Gebühren gemäß Abs1 litd betrifft, dem Hebammengremium für Oberösterreich und den Rechtsträgern der Krankenanstalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Auf die Anstaltsgebühr (Abs1 litc) ist §33 Abs5 sinngemäß anzuwenden.

§34a

Ärztehonorare

(1) Die Abteilungs-, Instituts- und Laboratoriumsleiter, die Ärzte, die Einrichtungen führen, die weder eine Abteilung noch ein Institut darstellen, die Konsiliarärzte und die anderen Ärzte des ärztlichen Dienstes sind berechtigt, von Pfleglingen der Sonderklasse ein Honorar zu verlangen (Ärztehonorar).

(2) Die näheren Bestimmungen über die Ärztehonorare hat die Landesregierung durch V zu erlassen. Bei Festsetzung der Höhe der Ärztehonorare ist darauf Bedacht zu nehmen, daß eine ordnungsgemäße Führung der Sonderklasse gewährleistet ist und die Honorare ein angemessenes Entgelt darstellen. Vor Erlassung der V ist der Ärztekammer für Oberösterreich und den Rechtsträgern der Krankenanstalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Das Ärztehonorar gebührt den Ärzten des ärztlichen Dienstes zu Anteilen, die ihre wünschenswerte fachliche Qualifikation sicherstellen und ihre Leistung berücksichtigen. Diese Anteile sind einvernehmlich durch die beteiligten Ärzte mit Zustimmung des Rechtsträgers der Krankenanstalt festzulegen. Jeder der beteiligten Ärzte kann zum Ablauf eines Kalenderjahres eine Änderung der Aufteilung verlangen. Kommt es binnen drei Monaten nicht zur Einigung und Zustimmung, so hat die Landesregierung die Aufteilung festzulegen. Diese Festlegung gilt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es zur Einigung der beteiligten Ärzte mit Zustimmung des Rechtsträgers kommt.

(4) Dem Rechtsträger der Krankenanstalt gebührt für die Bereitstellung der Einrichtungen der Anstalt ein Anteil in der Höhe von 20 v.H. an den festgesetzten Ärztehonoraren.

(5) Für die Vorschreibung und Einbringung der Ärztehonorare gelten die §§35 und 36 sinngemäß mit der Maßgabe, daß der Rechtsträger der Krankenanstalt die Ärztehonorare namens der Ärzteschaft, und zwar gleichzeitig mit den Sondergebühren, vorzuschreiben und einzubringen hat.

§34b

Ambulanzgebühren

(1) Von Personen, die gemäß §32 Abs1 und 2 ambulant untersucht oder behandelt und nicht als Pfleglinge in die Anstalt aufgenommen werden, ist eine Ambulanzgebühr einzuheben. Diese besteht aus einem Anstaltsaufwandsanteil und einem Ärztehonoraranteil.

(2) Der Anstaltsaufwandsanteil ist der Ersatz für den Aufwand der Krankenanstalt aus der ambulanten Untersuchung und Behandlung mit Ausnahme der im §33 Abs2 genannten Leistungen und ist eine Sondergebühr (§34).

(3) Der Ärztehonoraranteil ist das Honorar, das den Ärzten für die Tätigkeit im Rahmen der ambulanten Untersuchung und Behandlung gebührt. Für den Ärztehonoraranteil gelten die Bestimmungen des §34a sinngemäß.

(4) Die näheren Bestimmungen über die Ambulanzgebühren hat die Landesregierung sowohl hinsichtlich des Anstaltsaufwandsanteils als auch hinsichtlich des Ärztehonoraranteils durch V zu erlassen. Vor Erlassung der V ist der Ärztekammer für Oberösterreich und den Rechtsträgern der Krankenanstalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Ambulanzgebühr kann auf Antrag des Anstaltsrechtsträgers pauschaliert werden, und zwar gesondert nach Anstaltsaufwandsanteil und Ärztehonoraranteil.

...

§35

Pflegegebühren, Sondergebühren; Verpflichtete

...

(3) Andere als die in den §§33, 34 und 34a vorgesehenen Gebühren oder Entgelte dürfen vom Pflegling bzw. von den in den Abs1 und 2 genannten Personen nicht eingehoben werden.

(4) Die Bestimmungen der Abs1 bis 3 gelten sinngemäß bezüglich der Ambulanzgebühren (§34b) für Personen, die gemäß §32 Abs1 und 2 ambulant untersucht oder behandelt werden.

§36

Pflegegebühren, Sondergebühren; Einbringung

(1) Die Pflege-(Sonder-)gebühren sind mit dem Entlassungstag oder nach Bedarf mit dem letzten Tag des Monats abzurechnen und, soweit sie nicht im vorhinein entrichtet worden sind, ... zur Zahlung vorzuschreiben. ...

...

(5) Auf Grund von Rückstandsausweisen der Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten ... ist die Vollstreckung im Verwaltungswege zulässig, wenn die Vollstreckbarkeit von der Bezirksverwaltungsbehörde bestätigt wurde. ...

...

(7) Gegen die Vorschreibung (Abs1) steht demjenigen, gegen den sie sich richtet, der Einspruch zu ... Falls dem Einspruch vom Rechtsträger der Krankenanstalt nicht voll Rechnung getragen wird, ist er vom Rechtsträger der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen, die die Pflege-(Sonder-)gebühren dem Verpflichteten mit Bescheid vorzuschreiben hat. Dem Rechtsträger der Krankenanstalt kommt im Verfahren Parteistellung zu. ..."

4.1.2. Durch die OÖ KAG-Nov. 1985 wurden in dem hier maßgeblichen Zusammenhang - angegriffen sind die Z24 (Neufassung des §34) und die Z27 (Entfall des bisherigen §34b) des ArtI - folgende Neuregelungen getroffen:

"24. §34 hat zu lauten:

'§34

Sondergebühren

(1) Neben den Pflegegebühren dürfen folgende Sondergebühren eingehoben werden:

a) der Ersatz für die im §33 Abs2 genannten Aufwendungen, soweit sie von der Krankenanstalt getragen wurden;

b) der Ersatz des Entgeltes für den fallweisen Beistand durch eine nicht in der Krankenanstalt angestellte Hebamme;

c) für Pfleglinge, die auf eigenen Wunsch in einem Krankenzimmer der Sonderklasse untergebracht werden, ein Zuschlag zur Pflegegebühr zur Abdeckung erhöhten Sach- und Personalaufwandes (Anstaltsgebühr);

d) gebenenfalls die Gebühr für den Beistand durch Anstaltshebammen (Hebammengebühr) für die unter litc genannten Pfleglinge.

Weiters darf für ambulante Untersuchungen und Behandlungen (§32) die Ambulanzgebühr eingehoben werden.

(2) Die Anstaltsgebühr (Abs1 litc) ist in einem Prozentsatz der Pflegegebühr zu bemessen.

(3) Die Ambulanzgebühr ist für die ambulante Untersuchung und Behandlung mit Ausnahme der im §33 Abs2 genannten Leistungen einzuheben. Wird eine Person auf Grund des Ergebnisses der ambulanten Untersuchung oder Behandlung am selben Tag als Pflegling in die Anstalt aufgenommen, so ist die auf den Aufnahmetag entfallende Ambulanzgebühr nicht zu entrichten.

(4) Die näheren Bestimmungen über die Sondergebühren hat die Landesregierung durch V zu erlassen, wobei die Ambulanzgebühr pauschaliert werden kann. Vor Erlassung der V ist den Rechtsträgern der Krankenanstalten, soweit es die Gebühren gemäß Abs1 litb und d betrifft, auch dem Hebammengremium für Oberösterreich, soweit es die Ambulanzgebühren betrifft, auch der Ärztekammer für Oberösterreich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(5) Auf die Anstaltsgebühr (Abs1 litc) ist §33 Abs5 sinngemäß anzuwenden.'

25. Dem §34a Abs2 ist folgender Satz anzufügen:

'Die von der Landesregierung festgelegten Ärztehonorare sind Höchstsätze, die nicht überschritten werden dürfen.'

26. §34a Abs4 hat zu lauten:

'(4) Dem Rechtsträger der Krankenanstalt gebührt für die Bereitstellung der Einrichtungen der Anstalt ein Anteil in der Höhe von 25 v.H. an den festgesetzten Ärztehonoraren.'

27. §34b hat zu entfallen."

Gemäß ArtII trat dieses Gesetz mit 1. Jänner 1985 in Kraft.

4.2.1. Mit V der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. März 1982, LGBl. Nr. 8, wurden auf Grund des §34a Abs2 und des §34b Abs4 OÖ KAG 1976 die Ärztehonorare und Ambulanzgebühren geregelt.

4.2.2. Mit der Ambulanzgebührenverordnung 1986 wurden mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1987 auf Grund des §34 Abs1, 3 und 4 des OÖ KAG 1976 idF der OÖ KAG-Nov. 1985 die Ambulanzgebühren neu geregelt; gleichzeitig wurde verfügt, daß die V der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. März 1982, LGBl. Nr. 8, über die Ärztehonorare und Ambulanzgebühren, soweit sie die Ambulanzgebühren betrifft, außer Kraft tritt.

5. Der VfGH hat erwogen:

5.1. Nach Art140 Abs1 letzter Satz (Art139 Abs1 letzter Satz) B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen (die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen) auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

5.2.1. Die Antragsteller bekämpfen Z24 des ArtI der OÖ KAG-Nov. 1985 insgesamt. Mit dieser Bestimmung wird eine Neufassung des §34 OÖ KAG 1976 bewirkt, die für die Antragsteller nur durch den letzten Satz des Abs1 und durch Abs3 Rechtswirkungen auslöst; von den übrigen Regelungen dieser Gesetzesstelle wird die Rechtssphäre der Antragsteller an sich nicht betroffen, sodaß ihre Anträge insoweit schon aus diesem Grunde unzulässig sind.

5.2.2. Abs4 des §34 enthält eine Verordnungsermächtigung zur Erlassung näherer Vorschriften über die Sondergebühren. Schon daraus ergibt sich, daß diese Gesetzesbestimmung nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreift, daß vielmehr ein solcher Eingriff erst durch die auf Grund dieser Bestimmung erlassene V bewirkt werden konnte. Die Gesetzesprüfungsanträge sind daher insoweit ebenfalls unzulässig.

5.3. Der letzte Satz des §34 Abs1 leg. cit. bestimmt, daß Ambulanzgebühren als Sondergebühren eingehoben werden können; Abs3 leg. cit. gibt eine nähere Definition der Ambulanzgebühren: demnach sind Ambulanzgebühren für die ambulante Untersuchung und Behandlung einzuheben. Dies bedeutet, daß ein gesondert verrechenbares Ärztehonorar nicht (mehr) einzuheben ist. Damit steht im Einklang, daß durch ArtI Z27 der OÖ KAG-Nov. 1985 §34b OÖ KAG 1976 aufgehoben wurde; durch §34b OÖ KAG 1976 wurden bis zur Aufhebung dieser Gesetzesstelle die Ambulanzgebühren dahin definiert, daß sie aus einem Anstaltsaufwandsanteil und einem Ärztehonoraranteil (Abs1 leg. cit.) bestanden, die durch V gesondert festzulegen waren (Abs4). Die Aufhebung des §34b leg. cit. iVm der Neuregelung der Ambulanzgebühren in §34 Abs1 letzter Satz und Abs3 greift somit in die Rechtssphäre der Antragsteller ein, dies allerdings nur mittelbar, weil erst die Ambulanzgebührenverordnung konkrete Ansprüche festlegte. Ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller liegt jedoch darin, daß mit der Ambulanzgebührenverordnung die V der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. März 1982, soweit sie die Ambulanzgebühren (und die in der V festgelegten Ärztehonoraranteile) betraf, aufgehoben wurde und die neue V gesonderte Ärztehonoraranteile nicht mehr vorsieht, womit der vorausgehenden Regelung auch materiell derogiert wurde.

5.4. Die vorliegenden Anträge sind aber dennoch insgesamt - unzulässig, weil die Antragsteller die Möglichkeit einer gerichtlichen Klage haben und ihnen damit ein anderer Weg der Rechtsverfolgung zur Verfügung steht:

5.4.1. Die Antragsteller bestreiten dies und meinen, daß ihnen ein solcher Weg jedenfalls nicht zumutbar sei. Eine gerichtliche Klage sei, obwohl sie zum Rechtsträger der Krankenanstalt in einem Angestelltenverhältnis stehen, gegen diesen deshalb nicht möglich, weil das Ärztehonorar nach §34a OÖ KAG 1976 - diese Regelung sei auch für den Ärztehonoraranteil der Ambulanzgebühren nach dem aufgehobenen §34b Abs3 sinngemäß anzuwenden gewesen - den anspruchsberechtigten Ärzten gegenüber den Pfleglingen (Patienten) der Sonderklasse direkt zustehe. Auch eine Klage gegen die Patienten sei nicht zulässig, weil für die Einbringung der Ärztehonorare nach Abs5 des §34a die sinngemäße Anwendung der §§35 und 36 OÖ KAG 1976 vorgeschrieben sei; danach komme aber nur dem Rechtsträger der Krankenanstalt Parteistellung zu, womit den Antragstellern letztendlich auch der Verwaltungsweg verschlossen sei. Die Oberösterreichische Landesregierung meint hingegen, daß für die Geltendmachung von Ärztehonoraren der ordentliche Rechtsweg zulässig sei, weil den Antragstellern - worauf die Materialien zur OÖ KAG-Nov. 1985 hinwiesen - die Möglichkeit offen stünde, mit ihrem Dienstgeber eine dienstvertragliche Vereinbarung hinsichtlich eines Anspruches auf Ärztehonorar für ambulante Untersuchungen und Behandlungen abzuschließen und diesen beim Arbeitsgericht geltend zu machen.

5.4.2. Der Oberösterreichischen Landesregierung ist zunächst entgegenzuhalten, daß ihre Ausführungen schon deshalb nicht zielführend sind, weil dann, wenn der Inhalt genereller Rechtsvorschriften kraft privatautonomer Gestaltungsfreiheit zum Inhalt eines privatrechtlichen Vertrages wird, diese Rechtsvorschriften dadurch nicht etwa eine Ausdehnung ihres persönlichen Geltungsbereiches als Rechtsnormen erfahren; sie sind insoweit vielmehr ausschließlich Inhalt des Privatrechtsgeschäftes, nämlich Bestimmungen eines zivilrechtlichen Vertrages und nicht etwa Hoheitsakte, sodaß sie folglich auch nicht zum Gegenstand eines Prüfungsantrages durch das Gericht gemacht werden könnten (vgl. VfSlg. 8977/1980).

Es ist aber auch die von den Antragstellern geäußerte Ansicht, daß ihnen kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung stünde, unzutreffend. Entscheidend ist, ob die Antragsteller Ansprüche, die ihnen vor der OÖ KAG-Nov. 1985 zustanden, gegen ihren (privatrechtlichen) Dienstgeber gerichtlich geltend machen könnten; dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen: §34a OÖ KAG legt fest, daß Ärzte berechtigt sind, von Pfleglingen der Sonderklasse ein Honorar, das sogenannte Ärztehonorar, zu verlangen; diese Regelung war auch für den Ärztehonoraranteil an den Ambulanzgebühren nach §34b Abs3 OÖ KAG 1976 maßgeblich. Daraus abzuleiten, daß es sich hiebei um einen unmittelbaren Anspruch der Ärzte gegenüber den Pfleglingen der Krankenanstalten handle, ist jedoch verfehlt, wenn auch der Gesetzgeber (vgl. die Beilage 111/1975 zum kurzschriftlichen Bericht des Oberösterreichischen Landtages, XXI.GP) darauf abzielte. Das OÖ KAG begründet, auch was die Sondergebühren betrifft, eine Rechtsbeziehung der Patienten einer Krankenanstalt nur zu deren Rechtsträger. Angestellte Ärzte stehen hingegen nur in einer Rechtsbeziehung zum Rechtsträger der Krankenanstalt. Damit gilt das gleiche, was in VfSlg. 10066/1984 zur Salzburger Krankenanstaltenordnung (KAO) ausgesagt wurde, nämlich, daß der Anspruch auf Honorar für ärztliche Dienstleistungen vom Arzt gegenüber dem Rechtsträger der Krankenanstalt auf Grund der Rechtsbeziehungen geltend zu machen ist, auf denen sein Rechtsverhältnis diesem gegenüber beruht. Dies bedeutet für die Antragsteller, daß ihr Rechtsanspruch dienstvertraglicher Natur ist. Aus §34a OÖ KAG läßt sich Gegenteiliges nicht ableiten; der normative Gehalt der Bestimmung spricht vielmehr - wie bereits dargelegt - dafür, daß für das OÖ KAG das gleiche gilt, was für die Salzburger KAO in VfSlg. 10066/1984 ausgesagt wurde. Dafür spricht insbesondere auch, daß §36 OÖ KAG für die Einbringung der Sondergebühren (dies gilt nach §34a Abs5 leg. cit. auch für die Ärztehonorare) nur dem Rechtsträger der Krankenanstalt Parteistellung einräumt. Folgte man der Rechtsmeinung der Antragsteller, dann wären sie auf dem Boden der bereits erwähnten Gesetzesstellen überhaupt nicht in der Lage, die ihnen nach ihrer Meinung zustehenden Ansprüche auf Ärztehonorar, auf welchem Rechtsweg immer, zu verfolgen. Der normative Gehalt der Regelungen kann demnach nur dahin verstanden werden, daß §36 ausschließlich den Rechtsweg regelt, der dem Rechtsträger einer Krankenanstalt zur Hereinbringung ihm zustehender Ansprüche an sogenannten Sondergebühren für bestimmte Sachleistungen und von Ärztehonoraren für ärztliche Leistungen gegen Pfleglinge (Patienten) der Sonderklasse zur Verfügung steht. Hingegen sind für die Geltendmachung der Ansprüche der Ärzte auf eine ihnen zustehende Entlohnung (Ärztehonorar) für ärztliche Dienste, die sie Pfleglingen von Krankenanstalten angedeihen ließen, die allgemeinen Verfahrensregeln anzuwenden, die für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Rechtsverhältnis zur Verfügung stehen, das zwischen den Ärzten und dem Rechtsträger der Krankenanstalt besteht (vgl. hiezu insbesondere VfSlg. 10066/1984 S. 575/576).

Daraus resultiert für die Antragsteller, daß die Bestimmungen des OÖ KAG 1976 (auch nach der OÖ KAG-Nov. 1985) einer gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche auf Ärztehonorar gegen den Rechtsträger der Krankenanstalt nicht entgegenstehen. Auf diesem Wege könnten die Antragsteller auch anregen, daß das Gericht zweiter Instanz oder der Oberste Gerichtshof einen Antrag auf Prüfung der von den Antragstellern als verfassungs-(gesetz-)widrig erachteten Bestimmungen stellt. Nach Ansicht des VfGH kann auch nicht gesagt werden, daß den Anfechtungswerbern eine Klagsführung nach den besonderen Umständen dieses Falles unzumutbar wäre, also etwa eine besondere Härte für die Antragsteller bilden würde. Irgendwelche Umstände, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, haben weder die Anfechtungswerber (ungeachtet der Ausführungen in ihren Repliken) vorgebracht noch haben sich solche auf Grund der Aktenlage ergeben (vgl. hiezu VfSlg. 8979/1980, zuletzt weiters VfGH vom 11. Dezember 1987 G133/86, V57/86 = VfSlg. 11576/1987).

5.4. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß den Antragstellern die Antragsberechtigung fehlt, sodaß ihre Anträge insgesamt zurückzuweisen waren.

Schlagworte

Krankenanstalten, Gesetz, Verordnung, VfGH / Individualantrag, Kompetenz Bund - Länder Krankenanstalten, Kompetenz Bund - Länder Zivilrechtswesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:V1.1987

Dokumentnummer

JFT_10128789_87V00001_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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