Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
N. gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Dezember 1989, Zl. SD 246/89, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. November 1988 wurde gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, ein auf § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 und 7 und Abs. 3 iVm § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, mit 31. Dezember 1991 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen.
2. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1989 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Abänderung, "daß das Aufenthaltsverbot auf § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 des Fremdenpolizeigesetzes in der derzeit geltenden Fassung gestützt wird". (Ein inhaltsgleicher Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juni 1989 war, da erst nach Einbringung eines Devolutionsantrages erlassen, vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 13. Dezember 1989 - unter gleichzeitiger Abweisung des Devolutionsantrages - gemäß § 68 Abs. 4 lit. a AVG 1950 aufgehoben worden.)
Ihren Bescheid vom 21. Dezember 1989 begründete die belangte Behörde im wesentlichen wie folgt: Der Beschwerdeführer sei 1982 als Tourist in Österreich eingereist und habe in der Folge Sichtvermerke erhalten, weil er eine Tätigkeit als Zeitungskolporteur habe nachweisen können. Im Zuge einer Einvernahme im September 1986 habe er bekanntgegeben, daß er seinen Unterhalt lediglich "vom Verteilen von Werbeprospekten" bestreiten könne, wobei er im Zeitraum von zweieinhalb Monaten nur einen Betrag von
S 6.200,-- erhalten habe. Im November 1988 habe er zugegeben, in den vergangenen Jahren nur von illegaler Beschäftigung bzw. von Gelegenheitsarbeiten gelebt zu haben; einer geregelten Beschäftigung sei er nicht nachgegangen; dementsprechend habe auch keine Sozialversicherung bestanden. In der Berufung habe der Beschwerdeführer seine Mittellosigkeit bestritten und als Beweis dafür ein Sparbuch und eine Verpflichtungserklärung angeführt, wobei bis dato weder das Sparbuch noch eine Verpflichtungserklärung vorgelegt worden sei. Allein der Umstand der Mittellosigkeit verwirkliche den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG. Aufgrund dessen gefährde der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung und laufe den öffentlichen Interessen am Schutz des wirtschaftlichen Wohles Österreichs und der Verhinderung strafbarer Handlungen zuwider. Den öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich stehe sein privates Interesse, nach einem Aufenthalt von sieben Jahren im Bundesgebiet weiterhin in Österreich zu bleiben, gegenüber. Sonstige private Interessen seien vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht worden. Gerade die in den unklaren finanziellen Verhältnissen begründeten öffentlichen Interessen am Ausschluß vom weiteren Aufenthalt in Österreich bzw. die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von einem Aufenthaltsverbot würden unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Die Befristung des Aufenthaltsverbotes entspreche etwa jenem Zeitraum, in dem eine Besinnung des Beschwerdeführers auf die Verpflichtungen gegenüber der Rechtsordnung eines Gastlandes erwartet werden könne.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der begehrt wird, ihn wegen "Rechtswidrigkeit" aufzuheben.
4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 3 Abs. 1 FrPolG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958 (MRK), genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Nach § 3 Abs. 2 FrPolG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, daß er innerhalb der letzten fünf Jahre im Inland insgesamt drei Jahre einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
2.1. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich in der Bestreitung des Vorliegens der von der belangten Behörde angenommenen Mittellosigkeit des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer zur Vorlage des "entsprechenden" Sparbuches aufzufordern. Außerdem habe der Beschwerdeführer zwischenzeitlich aus seinen Ersparnissen nicht nur ein Büroobjekt angemietet, sondern auch Geschäftsanteile an einer (namentlich genannten) Gesellschaft m.b.H., die zu HRB nn des Handelsgerichtes Wien protokolliert sei, erworben; er sei auch Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die dem Beschwerdeführer "angelastete Mittellosigkeit zu objektivieren, weshalb der angefochtene Bescheid rechtsirrig ist".
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Was das angestrebte Versäumnis der belangten Behörde anlangt, den Beschwerdeführer zur Vorlage des "entsprechenden" Sparbuches aufzufordern, ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 12. Dezember 1988 behauptet hat, er sei "nicht mittellos, sodaß eine finanzielle Belastung der Republik Österreich ausgeschlossen ist". Als Beweis hiefür hat er angeboten: "vorzulegendes Sparbuch; vorzulegende Verpflichtungserklärung". Die dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Feststellung, daß bis zu dessen Erlassung keines der beiden Beweismittel vorgelegt worden ist, stimmt mit der Aktenlage überein und wurde auch in der Beschwerde nicht bestritten. Die Ansicht, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, auf dieses Beweisanbot zurückzukommen und den Beschwerdeführer aufzufordern, seiner Ankündigung nachzukommen, kann nicht geteilt werden. Es wäre vielmehr dem Beschwerdeführer als demjenigen, der die Vorlage eines Beweismittels angekündigt hat, oblegen, von sich aus dafür zu sorgen, daß es nicht bei der bloßen Ankündigung bleibt. Ein allfälliger Einwand dahingehend, es wäre dem Beschwerdeführer für die Vorlage der Beweismittel nicht ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, scheidet angesichts des bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides verstrichenen Zeitraumes von mehr als einem Jahr von vornherein aus dem Kreis der Überlegungen aus. Demgegenüber ist im vorliegenden Fall aber zu beachten und von wesentlicher Bedeutung, daß nach dem von der Behörde zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogenen § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG eine "bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1" und damit die gerechtfertigte Annahme einer Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen dann vorliegt, wenn der Fremde den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen in der Lage ist. Will er diese Rechtsfolgen vermeiden, so liegt es an ihm, VON SICH AUS (INITIATIV) ZU BEWEISEN, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfügt. Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Beweislast entsprechend zu handeln, sind demnach keineswegs geboten.
Was die Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, er habe "zwischenzeitlich" aus seinen Ersparnissen ein Büroobjekt angemietet und Geschäftsanteile an einer Gesellschaft erworben, so ist dieses Tatsachenvorbringen, abgesehen davon, daß es für sich allein nicht geeignet ist, den Nachweis über den Besitz ausreichender Mittel zum Unterhalt des Beschwerdeführers zu erbringen, schon deshalb unbeachtlich, weil es nach Ausweis der Akten erstmals NACH Erlassung des angefochtenen Bescheides und zudem in einem anderen Verwaltungsverfahren (betreffend Antrag auf Vollstreckungsaufschub) geltend gemacht worden ist (vgl. die Eingabe des Beschwerdeführers an die Bundespolizeidirektion Wien vom 9. Februar 1990), somit von der belangten Behörde in den von ihr als maßgeblich angenommenen Sachverhalt nicht miteinbezogen werden konnte (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
Es kann somit der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf dem Boden der von ihr in der Begründung des bekämpften Bescheides getroffenen Tatsachenfeststellungen zu dem Ergebnis gelangte, daß aufgrund des fehlenden Nachweises des Vorhandenseins der erforderlichen Mittel zum Unterhalt des Beschwerdeführers - daß die hievon im § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG vorgesehene Ausnahme für ihn zum Tragen käme, hat selbst der Beschwerdeführer nicht behauptet - eine "bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1" vorliegt und damit die Annahme gerechtfertigt ist, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet laufe bestimmten, im § 3 Abs. 1 FrPolG angesprochenen öffentlichen Interessen zuwider.
3. Die belangte Behörde hat im Grunde des § 3 Abs. 3 FrPolG den für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer sprechenden, in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, im Schutz des wirtschaftlichen Wohles Österreichs und in der Verhinderung von strafbaren Handlungen begründeten öffentlichen Interessen (vgl. Art. 8 Abs. 2 MRK) das in der bisherigen Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich im Ausmaß von sieben Jahren begründete private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet gegenübergestellt. Sie kam hiebei in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise zu dem - im übrigen in der Beschwerde unbekämpft gebliebenen - Ergebnis, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen würden als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
4. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt. Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190266.X00Im RIS seit
24.09.1990