TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/24 90/19/0260

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Veröffentlicht am 24.09.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;

Betreff

N Gesellschaft m.b.H. gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. Jänner 1990, Zl. 312.092/1-III-3/89, betreffend Erteilung einer Betriebsbewilligung

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk) vom 7. September 1987 war die Betriebsanlage der Beschwerdeführerin im Standort Wien 11., W.-Straße, gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 unter Vorbehalt der Betriebsbewilligung gewerbebehördlich genehmigt worden. In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin zunächst mit Schreiben vom 14. Juli 1988 die Erteilung einer "Teilbetriebsbewilligung", mit Schreiben vom 5. September 1988 sodann die Erteilung einer Betriebsbewilligung für die gesamte Betriebsanlage. Bei der Verhandlung am 19. September 1988 vor der Behörde erster Instanz wies der Vertreter des Arbeitsinspektorates unter anderem auf verschiedene Änderungen hin, denen aus der Sicht des Arbeitnehmerschutzes nicht zugestimmt werden könne. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk) vom 4. Jänner 1989 wurde für die mit Bescheid vom 16. August 1988 (richtig wohl: 7. September 1987) genehmigte Betriebsanlage gemäß § 78 GewO 1973 unter Vorschreibung bestimmter zusätzlicher Auflagen gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 und Bedingungen gemäß § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz die Betriebsbewilligung erteilt. Gegen diesen Bescheid erhob das Arbeitsinspektorat für den 2. Aufsichtsbezirk gemäß § 9 Abs. 1 ArbIG 1974 Berufung, die der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 7. April 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 abwies. Über die dagegen erhobene Berufung des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk wurde "gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950" der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen, mit dem "der angefochtene und der diesem zugrundeliegende Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 11. Bezirk

vom 4.1.1989 ... behoben" wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 66 Abs. 4 erster Satz AVG 1950 hat die Berufungsbehörde, sofern sie - was für den Beschwerdefall nicht zutrifft - nicht mit einer Rückverweisung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG 1950 oder einer Zurückweisung der Berufung wegen Unzulässigkeit oder Verspätung vorgeht, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Dem zweiten Satz des § 66 Abs. 4 AVG 1950 zufolge ist die Berufungsbehörde hiebei berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60 AVG 1950) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. In Fällen, in denen über einen Parteienantrag zu erkennen ist, wird bei einem Vorgehen der Berufungsbehörde im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 der Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache nicht entsprochen, wenn zwar der mittels Berufung angefochtene Bescheid aufgehoben wird, im übrigen aber ein Abspruch über den dem Bescheid zugrundeliegenden Antrag der Partei unterbleibt (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1987, Zl. 87/08/0017).

Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem mit dem angefochtenen Bescheid zwar die Bescheide erster und zweiter Instanz "behoben" wurden, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der Betriebsbewilligung jedoch unerledigt blieb. Damit verletzte die belangte Behörde in Verkennung des rechtlichen Gehaltes ihrer sich aus § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergebenden Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst das Gesetz.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Antrages der Beschwerdeführerin auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190260.X00

Im RIS seit

24.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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