Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N in X, vertreten durch Dr. Y, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. Dezember 1989, Zl. 308.926/5-III/5/89, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. Dezember 1989 wurde der Beschwerdeführerin die Konzession für das Berufsdetektivgewerbe mit dem Standort X entzogen.
Zur Begründung wurde, nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage, ausgeführt, nach Erlangung der den Gegenstand der Entziehung bildenden Konzession seien Anträge von Gläubigern auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Für die rechtserhebliche Tatsache, daß die Anträge durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden seien, fehlten nach der Aktenlage entsprechende Anhaltspunkte und sei auch von der Beschwerdeführerin ein entsprechendes Vorbringen nicht erstattet worden. Die Entziehungsvoraussetzungen gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 lägen daher im gegenständlichen Fall vor. Was die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 für ein Absehen von der vorgesehenen Entziehung der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin betreffe, so könne schon im Hinblick darauf, daß mehrere Konkursanträge gegen die Beschwerdeführerin mangels kostendeckenden Vermögens hätten abgewiesen werden müssen und bis heute in den Jahren 1982 bis 1989 zahlreiche Exekutionen hätten geführt werden müssen, mangels eines entsprechenden Vorbringens und Bescheinigungsanbietens nicht auf das Vorhandensein der für die Gewerbeausübung erforderlichen Mittel geschlossen werden. Auf Grund ihrer wirtschaftlichen Lage könne daher nicht angenommen werden, daß die Beschwerdeführerin in Hinkunft den mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbes der Berufsdetekive verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde und somit eine weitere Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Eine Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 87 Abs. 2 GewO 1973 sei daher im gegenständlichen Fall nicht in Betracht gekommen. Was den auf § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in Verbindung mit § 13 Abs. 5 GewO 1973 gestützten Entziehungsgrund betreffe, so gelte auch hier, daß auf Grund der Aktenlage kein Anhaltspunkt dafür bestehe, daß ein in Umständen des § 13 Abs. 3 zweiter Halbsatz gelegener Grund vorliege, der einem Ausschluß von der Ausübung des Gewerbes entgegenstehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem sich aus § 87 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 ergebenden Recht auf Nichtentziehung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der Behörde sei in der Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO, wonach von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abgesehen werden könne, kein Ermessen eingeräumt. Vielmehr habe die Behörde bei Vorliegen der in Abs. 2 umschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen von der Entziehung abzusehen. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung sei nicht als Strafe zu qualifizieren, sondern als eine von der Gewerbebehörde zu treffende administrative Maßnahme anzusehen. Für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 87 Abs. 2 GewO sprächen folgende Umstände:
Selbst die belangte Behörde habe festgestellt, daß im Jahr 1989 gegen sie nur mehr insgesamt fünf Exekutionsverfahren anhängig gewesen seien, und der letzte Konkursantrag im Jahr 1988 mangels eines kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden sei. Ob die Ausnahmebestimmung anzuwenden sei, hänge davon ab, ob auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der Person erwartet werden könne, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. Die belangte Behörde habe in ihrem Bescheid die Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Lage in letzter Zeit zu wenig berücksichtigt. Richtigerweise hätte die belangte Behörde ihre derzeitige wirtschaftliche Situation berücksichtigen müssen. Dabei hätte sie festgestellt, daß die Anzahl der Exekutionsverfahren und die Höhe der gegen sie betriebenen Forderungen seit 1989 wesentlich zurückgegangen sei und daß seit 1988 kein Konkursantrag mehr abgewiesen worden sei. Unrichtigerweise stütze sich der angefochtene Bescheid auf ihre wirtschaftliche Situation, wie sie sich vor Jahren dargestellt habe, anstatt die gegenwärtigen Umstände entsprechend zu berücksichtigen. Sehr wohl hätte bei richtiger Anwendung der einschlägigen Bestimmungen festgestellt werden müssen, daß sie in Zukunft den mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbes der Berufsdetektive verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde und somit eine weitere Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung sei eine Maßnahme; es sei daher bei der Lösung der Frage, ob die Konzession zu entziehen sei oder nicht, auf den Zeitpunkt der Entscheidung und nicht auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung abzustellen. Wäre die Konzessionsentziehung tatsächlich erforderlich gewesen, dann hätten die Verwaltungsbehörden diese zum Schutz der Gläubiger eingerichtete Maßnahme umgehend ergreifen müssen. Es entstehe in diesem Verfahren unweigerlich der Eindruck, daß die Entscheidung der belangten Behörde am Gesetzeszweck, "dem Rechtsinstrument eine Sicherungsmaßnahme zum Schutz anderer, am Rechtsverkehr beteiligter Personen", weit vorbeigehe, wenn die Konzession erst fünf Jahre nach dem erstinstanzlichen Bescheid und zudem zu einem Zeitpunkt, in dem sich ihre wirtschaftliche Lage entschieden verbessert habe, entzogen werde.
Der § 87 Abs. 1 und 2 GewO 1973 lautet:
"(1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
1. auf den Gewerbeinhaber die Voraussetzungen für einen Ausschluß gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen oder wenn einer der in § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt oder
2. ...
(2) Die Behörde kann von der im Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder zweimaliger Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist."
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 ist eine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft des Handesrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen; ein solcher Ausschluß ist nicht auszusprechen, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Nach Abs. 4 ist die Bestimmung des Abs. 3 auch anzuwenden, wenn es sich um eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes handelt, gegen die schon einmal der Antrag auf Eröffnung des Konkurses gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden ist.
Gemäß § 13 Abs. 5 GewO 1973 ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes zusteht oder zugestanden ist, auf die der Abs. 3 oder 4 anzuwenden ist oder anzuwenden war.
Im vorliegenden Fall bekämpft die Beschwerdeführerin die Annahme der belangten Behörde über das Vorliegen der Entziehungsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 nicht. Sie erachtet jedoch die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 für ein Absehen von der vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung im Gläubigerinteresse als gegeben.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 von der im Abs. 1 Z. 1 dieses Paragraphen - in Verbindung mit § 13 Abs. 3 und 4 leg. cit.- vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage von der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen LIQUIDEN Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. hiezu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0086).
Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen ist an objektiven Maßstäben zu messen, wobei, abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen, im Sinne der obigen Darlegungen auch zu berücksichtigen ist, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1990, Zl. 89/04/0167).
Im Sinn dieser Rechtslage vermag der bloße Hinweis der Beschwerdeführerin, daß sich ihre wirtschaftliche Lage insoferne geändert habe, als die Anzahl der Exekutionsverfahren und die Höhe der gegen sie betriebenen Forderungen seit 1989 wesentlich zurückgegangen sei und daß seit 1988 kein Konkursantrag mehr abgewiesen worden sei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen; zumal laut Mitteilungen des Bezirksgerichtes Salzburg vom 26. Juni 1989 bzw. 16. Juni 1989 auch im Jahre 1989 noch 14 Exekutionen gegen die Beschwerdeführerin anhängig waren (mit Beträgen von S 999,-- bis S 1,094.350,18) bzw. im Jahr 1989 gegen sie fünf Exekutionsverfahren anhängig gemacht wurden.
In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf hinzuweisen, daß mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes korrespondiert, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, was auch für die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 insofern zutrifft, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein ENTSPRECHENDES Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen (vgl. hiezu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1988, Zl. 88/04/0159).
Ein solches Vorbringen wurde von der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage im Verwaltungsverfahren, trotz der ihr hiezu mehrmals, letztmals mit Schreiben vom 23. Oktober 1989, eingeräumten Gelegenheit, jedoch nicht erstattet.
Auch in der vorliegenden Beschwerde wird von der Beschwerdeführerin lediglich in allgemeiner Form vorgebracht, die Behörde hätte im Hinblick auf ihre nunmehrige wirtschaftliche Lage zur Auffassung gelangen müssen, daß sie in Hinkunft den mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde und somit eine weitere Gewerbeausübung vorwiegend im Gläubigerinteresse gelegen sei, ohne daß etwa durch konkrete Hinweise dargetan würde, daß sie bereits im Verwaltungsverfahren in diesem Zusammenhang ein Vorbringen erstattet hätte, das die belangte Behörde schon behauptungsmäßig zur Annahme hätte veranlassen müssen, daß im Hinblick auf ihre nummehrige wirtschaftliche Lage sowohl eine Tilgung der bereits bestehenden Forderungen als auch die Abdeckung der laufenden, mit einer weiteren Gewerbeausübung verbundenen Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin in ausreichender Weise gesichert wären.
Danach kann aber der belangten Behörde weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung noch auch ein ihr unterlaufener entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 nicht als erfüllt erachtete.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf dei §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990040039.X00Im RIS seit
25.09.1990