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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VVG §10 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des FJ in L, vertreten durch Dr. A, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. November 1986, Zl. 8 BauR1-226/1/1986, betreffend Vollstreckung durch Anwendung unmittelbaren Zwanges, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer zu Handen des bestellten Vertreters Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der in Rechtskraft erwachsenen Einstellungsverfügung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Finkenstein vom 5. August 1986 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, die begonnenen Arbeiten beim Garagen- und Hallenzubau auf den Parzellen 620/1 und 620/2, KG X, gemäß § 28 Abs. 1 und 2 der Kärntner Bauordnung mit sofortiger Wirkung einzustellen und den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen.
Weiters wurde darauf hingewiesen, daß einer allfälligen Berufung gegen die Einstellungsverfügung keine aufschiebende Wirkung zukomme.
Auf Grund einer Mitteilung der Gemeinde, daß der Beschwerdeführer, wie Organe des Gendarmeriepostens Faak am See im Zuge örtlicher Kontrollen am 6. und am 13. August 1986 sowie ein Organ der Baubehörde am 13. August 1986 festgestellt hätten, die Bauarbeiten ungeachtet der Verfügung fortgesetzt habe, verfügte die Bezirkshauptmannschaft Villach mit Bescheid vom 25. August 1986 gemäß den §§ 7 und 9 VVG 1950 die sofortige Herstellung des dem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Finkenstein vom 5. August 1986 entsprechenden Zustandes, das ist die Einstellung der Bauarbeiten an der Errichtung eines Garagen- und Hallenzubaues auf den Parzellen Nr. 620/1 und 620/2, KG X, gegenüber dem Beschwerdeführer als Bauherrn durch Anwendung unmittelbaren Zwanges. Eine Begründung dafür, warum die Vollstreckung nur im Wege unmittelbaren Zwanges möglich ist, ist dieser Vollstreckungsverfügung nicht zu entnehmen.
Die gegen die erstinstanzliche Vollstreckungsverfügung erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Nach Widerlegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, daß es sich bei den Arbeiten nicht um bewilligungspflichtige Arbeiten gehandelt habe, begründete sie auch die Notwendigkeit der Anwendung unmittelbaren Zwanges: Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers habe nämlich gezeigt, daß eine andere Maßnahme als eine solche nach § 7 VVG 1950 nicht zielführend wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 bis 3 und § 7 VVG 1950 lauten:
"§ 2. (1) Bei Handhabung der in diesem Gesetz geregelten Zwangsbefugnisse haben die Vollstreckungsbehörden an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziele führende Zwangsmittel anzuwenden ist."
"§ 5. (1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit sich durch einen Dritten nicht bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.
(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Saumsal zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
(3) Die Zwangsmittel dürfen in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 10.000 S an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen."
"§ 7. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, kann der einem Bescheid entsprechende Zustand durch Anwendung unmittelbaren Zwanges hergestellt werden, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist."
Wohl ist es ohne Bedeutung, ob die als Vollstreckungstitel herangezogene Baueinstellungsverfügung der objektiven Rechtslage entsprach oder nicht, da derartige Fragen im Vollstreckungsverfahren nicht mehr zu prüfen sind.
Hingegen reicht die erstmals im Berufungsbescheid für die Anwendung unmittelbaren Zwanges herangezogene Begründung trotz dessen gesetzlich ausdrücklich angeordneter Subsidiarität nach Ansicht des Gerichtshofes nicht aus, um diese Art der Vollstreckung zu rechtfertigen. Die Behörden haben keineswegs dargetan, weshalb die nach einer entsprechenden Androhung gemäß § 5 Abs. 2 VVG 1950 zu verhängenden Zwangsstrafen - bei vermögenslosen und wenig einsichtigen Personen wie dem Beschwerdeführer eben auch durch entsprechende Haft - der dem Einstellungsbescheid entsprechende Zustand nicht hätte hergestellt werden können. Damit entsprach die sofortige Anordnung unmittelbaren Zwanges nicht dem Gesetz, sodaß der Berufung gemäß § 10 Abs. 2 lit. c VVG 1950 Folge zu geben gewesen wäre.
Da die belangte Behörde dies nicht erkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1987050086.X00Im RIS seit
25.09.1990Zuletzt aktualisiert am
24.09.2009