Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des AN und der BN gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. Oktober 1988, Zl. 305.872/2-III-3/88, betreffend Genehmigung der gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A, Zimmerei, Z Nr. 36), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt A wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. Oktober 1988 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 77 GewO 1973 sowie gemäß § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972 die Errichtung einer Betriebsanlage für die Ausübung des Zimmermeistergewerbes auf dem Grundstück Nr. 226/1 der KG Z nach Maßgabe der in der Folge wiedergegebenen Betriebsbeschreibung und der dargestellten Projektsunterlagen unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen sowie unter Vorbehalt der Betriebsbewilligung gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 und Anordnung eines Probebetriebes erteilt (Spruchpunkt A). Gleichzeitig wurde die Vorschreibung der Verwaltungsabgabe im erstbehördlichen Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG abgeändert (Spruchpunkt B). Zur Begründung führte der Bundesminister aus, mit Schreiben vom 9. September 1986 habe die mitbeteiligte Partei um die gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebshalle sowie eines Abbundplatzes auf der Grundparzelle Nr. 226/1 KG Z angesucht. Mit Bescheid vom 7. August 1987 habe die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Errichtung der Betriebshalle und des Abbundplatzes unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen genehmigt. Als Rechtsgrundlagen für diese Entscheidung seien unter anderem die §§ 74, 77 und 81 GewO 1973 angeführt worden. Im Zuge des Berufungsverfahrens habe sich ergeben, daß zwischen der beantragten Betriebsanlage (Betriebshalle und Abbundplatz) und dem in der Nähe befindlichen Sägewerksbetrieb des A kein sachlicher Zusammenhang mehr bestehe. In den Jahren 1986/87 sei eine Trennung nicht nur in den Personen der Betreiber, sondern insbesondere in der betrieblichen Organisation eingetreten - es handle sich nunmehr um zwei voneinander völlig unabhängige Betriebsanlagen. Mit Bescheid vom 10. Mai 1988 habe der Landeshauptmann von Oberösterreich den erstinstanzlichen Bescheid insoferne abgeändert, als er die Errichtung der gegenständlichen Betriebsanlage gemäß § 77 GewO 1973 unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen genehmigt und gemäß § 78 Abs. 2 leg. cit. eine Betriebsbewilligung vorbehalten habe, um die nach Fertigstellung sowie nach Durchführung eines Probebetriebes anzusuchen sei. Dagegen hätten die Beschwerdeführer neuerlich Berufung erhoben. Es folgen sodann Ausführungen, in denen sich die belangte Behörde mit dem die sachliche Richtigkeit des zweitbehördlichen Bescheides betreffenden Berufungsvorbringen auseinandersetzt.
Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen dessen Spruchpunkt A, richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1989, B 1908/88-16, V 207/88-16, abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer "in ihren subjektiven Rechten auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens und auf Nichtbewilligung einer den gesetzlichen Bestimmungen widersprechenden gewerblichen Betriebsanlage verletzt".
Die Beschwerde erweist sich auf Grund folgender Überlegungen als berechtigt.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 (BGBl. Nr. 399) dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen hervorzurufen.
Nach § 81 leg. cit. bedarf, wenn eine genehmigte Anlage so geändert wird, daß sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 ergeben können, auch die Änderung der Anlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Gemäß § 353 GewO 1973 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen und die erforderlichen Pläne oder Skizzen in vierfacher Ausfertigung anzuschließen. Weiters sind unter anderem die sonst für die Beurteilung erforderlichen technischen Unterlagen anzuschließen.
Aus der zuletzt genannten Vorschrift ergibt sich die Qualifikation der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage ebenso wie der Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage als antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Derartige Verwaltungsakte stehen nur dann mit dem Gesetz im Einklang, wenn ein auf ihre Setzung gerichteter, von einer hiezu legitimierten Person gestellter Antrag vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 1985, Zl. 85/04/0065).
In einem Verfahren betreffend eine Betriebsanlage ist daher die Behörde an den Inhalt des Antrages des Konsenswerbers insoferne gebunden, als es ihr nicht freisteht, unabhängig vom Inhalt des dem Verfahren zugrunde liegenden Antrages je nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die Genehmigung zur Errichtung (zum Betrieb) einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne der §§ 74 Abs. 2 und 77 GewO 1973 oder zur Änderung einer bereits genehmigten Anlage im Sinne des § 81 leg. cit. zu erteilen bzw. zu versagen.
Zufolge § 66 Abs. 4 AVG 1950 hat die Berufungsbehörde außer dem (hier nicht in Betracht kommenden) im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall wertete die Behörde erster Instanz - ob zu Recht ist im gegebenen Zusammenhang nicht zu untersuchen - das Ansuchen der mitbeteiligten Partei als solches um Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage und erließ, wie sich aus der Zitierung (auch) des § 81 GewO 1973 im Spruch dieses Bescheides ergibt, einen entsprechenden Genehmigungsbescheid. Gegenstand dieses Bescheides und somit "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 war somit die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage. Dadurch, daß die Behörde zweiter Instanz in der Folge in Abänderung des erstbehördlichen Bescheides einen Genehmigungsbescheid im Sinne des § 77 GewO 1973 erließ, überschritt sie die Grenzen ihrer durch das in § 66 Abs. 4 AVG 1950 normierte Gebot der Entscheidung "in der Sache" bestimmten Zuständigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1986, Zl. 84/04/0245).
Da die belangte Behörde dies verkannte und, anstatt diese Rechtswidrigkeit des zweitbehördlichen Bescheides aufzugreifen, eine Sachentscheidung fällte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990040011.X00Im RIS seit
25.09.1990