TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/25 90/04/0074

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §15 Z2;
GewO 1973 §345;
GewO 1973 §46;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N Fleischwaren Aktiengesellschaft in X, vertreten durch Dr. M und Dr. O, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 13. Februar 1990, Zl. VI/1-532-1990, betreffend weitere Betriebsstätte des Fleischergewerbes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 21. Dezember 1989 wurde die am 24. Juli 1989 gemäß § 46 Abs. 3 GewO 1973 erstattete Anzeige der Beschwerdeführerin als Inhaberin einer Gewerbeberechtigung lautend auf "Fleischer gemäß § 94 Z. 16 GewO 1973" im Standort Y, Z-Gasse 3, über die Ausübung dieses Gewerbes in der weiteren Betriebsstätte im Standort V, W-Straße 65, gemäß § 345 Abs. 9 GewO 1973 nicht zur Kenntnis genommen und die Ausübung des Fleischergewerbes in der angeführten weiteren Betriebsstätte untersagt.

Einer dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Burgenland mit Bescheid vom 13. Februar 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 345 Abs. 9 GewO 1973 sowie §§ 46 Abs. 3 und 15 Abs. 2 GewO 1973 keine Folge. Zur Begründung wurde u.a. unter Bezugnahme auf die angeführten Gesetzesbestimmungen ausgeführt, mit Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 29. November 1989 sei der Z-Warenhandels-Aktiengesellschaft die beantragte Genehmigung zur Errichtung des Verkaufsgebäudes in V, W-Straße 65, - in dem nach dem Beschwerdevorbringen die in Rede stehende weitere Betriebsstätte der Beschwerdeführerin eingerichtet ist - gemäß § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 verweigert worden, da sich ein Teil dieser Betriebsanlage in der Widmungskategorie "Bauland-Wohngebiet" befinde, es sich um eine unteilbare Betriebsanlage handle und daher die Bestimmungen des Burgenländischen Raumordnungsgesetzes i.V.m. mit dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde V der Errichtung dieser Betriebsanlage entgegenstünden. Dieser Bescheid sei zufolge Berufung der Z-Warenhandels-Aktiengesellschaft nicht in Rechtskraft erwachsen. Wenn die Beschwerdeführerin zur Ansicht gelange, daß "nach wie vor eine Betriebsanlagengenehmigung der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 8. März 1989 - jedenfalls ihr gegenüber - vorliege", so könne dies nicht nachvollzogen werden, da sich die von der Beschwerdeführerin angestellten Überlegungen über die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 sowie die Bestimmungen des AVG 1950 hinwegsetzten. Die Beschwerdeführerin habe wohl übersehen, daß die Berufungsbehörde zufolge § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtigt sei, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den bekämpften Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Im Verfahren über die Berufungen gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 8. März 1989 sei von dieser Befugnis dahingehend Gebrauch gemacht worden, daß die Genehmigung der Betriebsanlage verweigert worden sei. Im § 15 Z. 2 GewO 1973 werde auf das Vorliegen einer rechtskräftigen Genehmigung der Betriebsanlage abgestellt. Die Bestimmung der Z. 2 zweiter Satzteil stelle eindeutig klar, daß die Genehmigung der Betriebsanlage - deren Fehlen als gesetzliches Hindernis zu qualifizieren sei - vor der Gewerbeanmeldung vorliegen müsse. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden seien, weil die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf über die Annahme, "daß das gegenständliche Gewerbe auch nicht zum Teil ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden könne", kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, könne gleichfalls nicht gefolgt werden, da von der Beschwerdeführerin auch in ihrer Berufung nicht habe glaubhaft gemacht werden können, daß das gegenständliche Gewerbe wenigstens zum Teil auch ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden könne. Es dürfe als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, daß für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes durch die Beschwerdeführerin die Benützung der Kühl- und Verkaufsräume der umstrittenen Betriebsanlage unerläßlich sei. Eine Ausübung des Fleischergewerbes ohne Benützung der Kühl- und Verkaufsräume der in Rede stehenden Betriebsanlage dürfe schon allein aus hygienischen und lebensmittelpolizeilichen Gründen als denkunmöglich angesehen werden, umso mehr, als dies den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht "auf Ausübung des Fleischergewerbes gemäß § 94 Z. 16 GewO 1973, beschränkt auf das Fleischergewerbe in der weiteren Betriebsstätte im Standort V, W-Straße 65, infolge unrichtiger Anwendung der Bestimmungen der §§ 46 Abs. 3 und 15 Abs. 2 GewO 1973, §§ 74 ff GewO, § 345 Abs. 9 GewO 1973 sowie der §§ 63, 64, 65 und 66 AVG" verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, in der Berufung der Z-Warenhandels-Aktiengesellschaft vom 21. Dezember 1989 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 29. November 1989 habe diese ausgeführt, warum - nach ihrer Rechtsauffassung - eine Betriebsanlagengenehmigung vorliege. Im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 8. März 1989 seien jene Personen und Behörden angeführt, denen der Bescheid zugestellt worden sei. Die im Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 29. November 1989 angeführten "Berufungswerber" seien in der Zustellverfügung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 8. März 1989 nicht angeführt, sodaß davon ausgegangen werden müsse, daß diesen Personen der Bescheid nicht zugestellt worden sei. Daraus folge wiederum, daß die im Bescheid vom 29. November 1989 angeführten Berufungswerber nicht als Parteien, sondern allenfalls als "übergangene Parteien" zu beurteilen seien. Dies habe zur Folge, daß der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf zwar der Z-Warenhandels-Aktiengesellschaft gegenüber, möglicherweise jedoch nicht gegenüber allfällig übergangenen Parteien in Rechtskraft erwachsen sei. Die im Bescheid vom 29. November 1989 angeführten Berufungswerber hätten die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, d.i. der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 8. März 1989, beantragen müssen, um zur Einbringung der Berufung legitimiert zu sein. Da - soweit dies der Zustellverfügung entnommen werden könne - der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf "den Berufungswerbern" nicht zugestellt worden sei, sei der Landeshauptmann von Burgenland nicht zur Berufungsentscheidung im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtigt gewesen. Eine Behebung des erstbehördlichen Bescheides hätte nur nach § 68 Abs. 3 und/oder Abs. 4 AVG 1950 erfolgen können, doch habe der Landeshauptmann von Burgenland von seinem Recht gemäß § 68 AVG 1950 zur Abänderung und Behebung von Amts wegen keinen Gebrauch gemacht. Es sei davon auszugehen, daß die Baubehörde durch ihren Bescheid vom 24. Jänner 1989 (Zl. 030 B-1989 der Stadtgemeinde V) rechtswirksam die Bestimmungen der §§ 14 und 20 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes und somit die Einhaltung des Flächenwidmungsplanes vollzogen habe. In dem genannten Bauverfahren sei die Frage der Zulässigkeit des Geschäftsgebäudes unter dem Gesichtspunkt des § 14 Abs. 3 und § 20 leg. cit. als Hauptfrage beurteilt worden. Die Berufungsbehörde, die primär Gewerbevorschriften und lediglich als Vorfrage Bauvorschriften vollziehe, wäre somit verpflichtet gewesen, die rechtskräftige Entscheidung der Baubehörde unter dem Gesichtspunkt der §§ 14 Abs. 3 und 20 Abs. 1 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes ihrer Entscheidung zugrundezulegen. Der Berufungsbehörde sei auch unter dem Gesichtspunkt des § 77 Abs. 1 GewO 1973 die neuerliche Überprüfung der Vollziehung des Flächenwidmungsplanes in bezug auf Größe der Verkaufsfläche und Warenangebot verwehrt, weil in den Fragen der §§ 14 Abs. 3 und 20 Abs. 1 Burgenländisches Raumplanungsgesetz Bau- und Gewerbebehörde die Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht nach verschiedenen Gesichtspunkten, sondern nach gleichen Gesichtspunkten zu beurteilen hätten. Gegenstand der Überprüfung nach den genannten Bestimmungen durch die Berufungsbehörde seien lediglich die Größe der Verkaufsfläche und das Warenangebot, nicht jedoch allfällige Emissionen, die eine unterschiedliche Beurteilung erfordern würden. Zusammenfassend sei auszuführen, dadurch, daß die belangte Behörde ihrem Bescheid eine rechtsirrige Ansicht zugrundegelegt habe, habe sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Ferner habe die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis, nämlich zur Kenntnisnahme der weiteren Ausübung eines Gewerbes im angeführten Standort, hätte gelangen müssen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 46 Abs. 3 GewO 1973 wird das Recht zur Ausübung eines Anmeldungsgewerbes (§ 5 Z. 1) in einer weiteren Betriebsstätte durch die hievon bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers begründet (§ 345 Abs. 4).

Gemäß § 345 Abs. 4 GewO 1973 sind u.a. die Anzeigen gemäß § 46 Abs. 3 (Ausübung eines Anmeldungsgewerbes in einer weiteren Betriebsstätte) bei der für die weitere Betriebsstätte zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten.

Gemäß § 345 Abs. 9 GewO 1973 hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist, wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind - unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff -, dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

Gemäß § 46 Abs. 2 GewO 1973 darf ein Gewerbe in einer weiteren Betriebsstätte innerhalb wie außerhalb der Gemeinde des Standortes ausgeübt werden, wenn die Ausübung im Standort der weiteren Betriebsstätte zulässig ist (§ 15) und nicht von vornherein durch einen Nachsichtsbescheid örtlich beschränkt worden ist. Die Einschränkung der Ausübung eines Gewerbes im Standort der Gewerbeberechtigung auf den Bürobetrieb steht der Gewerbeausübung ohne diese Einschränkung in einer weiteren Betriebsstätte nicht entgegen. Der Nachweis des Vorliegens der persönlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes, insbesondere der allenfalls vorgeschriebene Nachweis einer besonderen Befähigung, ist nicht erforderlich.

Gemäß § 15 Z. 2 GewO 1973 darf eine gewerbliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden, wenn Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder die hierauf gegründeten Verordnungen dieser Tätigkeit entgegenstehen. Die etwa erforderliche Genehmigung der Betriebsanlage (§ 74) muß bei der Anmeldung des Gewerbes oder der Erteilung der Konzession aber noch nicht vorliegen, sofern das Gewerbe wenigstens zum Teil auch ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden kann.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist daher, bezogen auf den den Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens bildenden normativen Abspruch des angefochtenen Bescheides und der hiefür gegebenen Begründung, ausschließlich die Frage relevant, ob im Sinne der behördlichen Annahme einer bescheidmäßigen Kenntnisnahme im Sinne des § 345 Abs. 8 Z. 2 GewO 1973 die Anordnung des § 15 Z. 2 GewO 1973 entgegensteht, wonach nur dann bei der Anmeldung des Gewerbes die erforderliche Genehmigung der Betriebsanlage (§ 74) noch nicht vorliegen muß, wenn das Gewerbe wenigstens zum Teil auch ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden kann. Der dargestellten entgegenstehenden Annahme der belangten Behörde, die sowohl in Ansehung ihrer sachverhaltsbezogenen als auch rechtlichen Argumentation nicht als unschlüssig erkannt werden kann, wird auch in der Beschwerde in keiner Weise widersprochen, sondern vielmehr geltend gemacht, daß - jedenfalls in Ansehung der Beschwerdeführerin - vom Vorliegen einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung auszugehen sei. In diesem Zusammenhang geht aber die Beschwerdeführerin selbst davon aus, daß der Betriebsanlage der Z-Warenhandels-Aktiengesellschaft - in deren Rahmen auch das in Rede stehende Gewerbe ausgeübt werden soll - mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 29. November 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 die beantragte Genehmigung verweigert worden sei, wobei dieser Bescheid seitens der Z-Warenhandels-Aktiengeselslchaft mit Berufung bekämpft worden sei. Danach folgt aber, daß im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung nicht vorlag, wobei Fragen im Zusammenhang damit, ob der Landeshauptmann von Burgenland zu dieser bescheidmäßigen Absprache funktionell zuständig bzw. materiell berechtigt gewesen sei, nicht Gegenstand des dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden bescheidmäßigen Abspruches des angefochtenen Bescheides bildeten.

Ausgehend davon kann aber der belangten Behörde weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet noch ihr auch ein entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel vorgeworfen werden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen; von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040074.X00

Im RIS seit

25.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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