TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/25 90/04/0012

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §370 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §9;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Salzburg vom 6. Juni 1989, Zl. 5/01-12.030/1-1989, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 20. Jänner 1989 schuldig erkannt, "als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der N Gesellschaft m.b.H. dafür verantwortlich" zu sein, "daß diese im Zeitraum 14.4.1988 bis 19.9.1988 im Standort X 432 das Gewerbe 'Zahntechniker gemäß § 94 Z. 83 Gewerbeordnung 1973' ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt hat". Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §§ 366 Abs. 1 Z. 1 und 94 Z. 83 GewO 1973 begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Der Landeshauptmann von Salzburg bestätigte mit Bescheid vom 6. Juni 1989 den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, daß der erste Satz des Spruches folgendermaßen zu lauten hat:

"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ der N Ges.m.b.H. dafür verantwortlich, daß die genannte Gesellschaft im Zeitraum 14.4.1988 bis 19.9.1988 im Standort X Nr. 432 das Anmeldungsgewerbe 'Zahntechniker gemäß § 94 Z. 83 GewO 1973' durch Herstellung und Reparaturen von Zahnersatz ohne erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt hat."

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß mit Eingabe vom 15. September 1986 die N Zahntechnik-Ges.m.b.H. das Gewerbe "Zahntechniker gemäß § 94 Z. 83 GewO 1973" im Standort X 432 bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung angemeldet und zugleich eine näher bezeichnete Person als gewerberechtlichen Geschäftsführer namhaft gemacht habe. Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 22. Dezember 1987 sei die Ausübung dieses Gewerbes wegen Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen untersagt und gleichzeitig die Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht zur Kenntnis genommen worden. Dieser Bescheid sei laut Aktenlage am "23.10.1987 (richtig wohl: 23.12.1987)" an den damaligen Vertreter der Gesellschaft, Herrn Rechtsanwalt Dr. A, abgesandt worden. Ein Rückschein sei der Bezirkshauptmannschaft jedoch nie zugekommen (überdies bestreite Dr. A - laut Aktenvermerk vom 15. Februar 1988 - den Erhalt des Bescheides). Es sei daher der Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung nochmals zugestellt und am 18. Februar 1988 von der Kanzlei Dr. A übernommen worden; ein diesbezüglicher Rückschein sei als Kopie im Strafakte der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zu finden. Den Berufungsausführungen, wonach der Untersagungsbescheid dem damaligen Vertreter des Berufungswerbers nicht zugekommen sei, könne daher nicht gefolgt werden.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom 28. November 1989, B 1217/89-3, abgelehnt und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht "auf ein gesetzeskonformes Verwaltungsverfahren verletzt und"; er sei "damit zusammenhängend zu Unrecht zu einer Geldstrafe von S 5.000,-- und den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 500,--, zusammen sohin S 5.500,-- verurteilt worden wegen der behaupteten unbefugten Ausübung des Gewerbes der Zahntechniker gemäß § 94 Z. 83 nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973". Er bringt in Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, der Beschwerdeführer habe stets damit argumentiert, wobei diese Verantwortung niemals von seiten der belangten Behörde widerlegt worden sei, daß ihm nie der behauptete Untersagungsbescheid zugekommen sei. Daraus folge, daß dieser in dem gegenständlichen Verfahren rechtlich relevante Untersagungsbescheid keine Rechtswirkung habe zeitigen können, denn ein Bescheid könne wohl aus elementaren rechtsstaatlichen Gründen heraus nur dann eine Rechtswirkung zeitigen, wenn dieser dem Bescheidadressaten auch tatsächlich zugekommen sei. Solange dies nicht der Fall sei, könne höchstens von einer "interna" die Rede sein, die aber nach außen hin keine rechtliche Wirkung erzeugen könne. Aus dieser Rechtslage heraus sei aber weiters klargestellt, daß durch diese verfahrensrechtliche Vorgangsweise kein faires Verfahren mehr im Sinne des § 25 VStG 1950 abgewickelt worden sein könne, denn es hätte bei der rechtlichen Würdigung auf den Umstand bedacht genommen werden müssen, daß dem Beschwerdeführer der Untersagungsbescheid nicht zugekommen und sohin die im Verwaltungsstrafverfahren unbedingt erforderliche subjektive Tatseite nicht erfüllt sein könne, denn auch im Verwaltungsstrafverfahren werde auf ein "Verschulden" abgestellt. Eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit liege darin, daß eine willkürliche Spruchergänzung durch die Berufungsbehörde vorliege, die aus jenem Gesichtspunkt heraus beurteilt werden müsse, daß der Gesetzgeber im § 66 Abs. 4 AVG 1950 anordne, die Berufungsbehörde habe nur immer in der "Sache" selbst zu entscheiden. Wie sich aus der erstinstanzlichen Spruchformulierung ergebe, sei Gegenstand des Verfahrens ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ gewesen. Dagegen, welche Rechtsposition dieses Organ habe, sei nicht Sache des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen, sondern sei erst im zweitinstanzlichen Verfahren der Spruch ergänzt und die Rechtsfunktion des Beschuldigten (arg.: ".... handelsrechtlicher Geschäftsführer") eingefügt worden. "Sache" des Berufungsverfahrens sei - und einen anderen denkmöglichen Schluß lasse der grammatikalische Wortlaut des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht zu - nur die Vertretung als ein "nach außen berufenes Organ" aber nicht dessen Rechtsposition als "handelsrechtlicher Geschäftsführer" gewesen. Es gehe nicht an, daß einfach die Tat ausgewechselt werde. Denn zur Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat sei die Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht berechtigt. Das von der Verwaltungsbehörde durchgeführte Verfahren sei insofern mangelhaft geblieben, "weil die einzelnen Entscheidungsgründe keinesfalls zu den verschiedenen Zeitpunkten ausreichend Stellung bezogen". Insbesondere sei ja auch in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid substantiiert vorgetragen worden, daß sich der Beschwerdeführer jeweils damit verantwortet habe, er habe das Anmeldegewerbe "Zahntechniker" ordnungsgemäß bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung angemeldet und ihm sei von einem negativen Bescheid nichts bekannt, der im besonderen die Untersagung des Gewerbes ausgesprochen habe. Auf diese Verantwortung sei von seiten der belangten Behörde nicht eingegangen worden. Es fehlten damit zusammenhängend die notwendigen Tatsachenfeststellungen, beispielsweise daß weder dem ausgewiesenen Rechtsanwalt noch dem Beschuldigten der Bescheid von der Untersagung des Gewerbes zugekommen sei. Die Behörde habe selbst eingeräumt, daß der Rückschein nicht auffindbar sei, wobei auch weiters auf die Aussage des Rechtsanwaltes Dr. A verwiesen werden müsse, der gleichfalls klargestellt habe, daß er niemals ein solches Schreiben erhalten habe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zu einem Erfolg zu führen.

Im Hinblick darauf, daß auch nach dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, für den hier in Betracht kommenden Bereich mit 1. Jänner 1989 (Art. VI Abs. 1) Taten der in Rede stehenden Art weiterhin strafbar bleiben, war für die Beurteilung des vorliegenden Falles und unter weiterer Berücksichtigung der Bestimmung des § 1 Abs. 2 VStG 1950 in Ansehung der Obergrenze der im angefochtenen Bescheid verhängten Geldstrafe die Rechtslage als maßgebend anzusehen, wie sie vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988 bestanden hat.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 - in der hier anzuwendenden Fassung - begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle unter anderem mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu ahnden ist, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers stellt die Neufassung des Schuldspruches durch die belangte Behörde insoweit, als an die Stelle der Formulierung "als das zur Vertretung nach außen berufene Organ" die Wendung "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ" zu treten habe, eine im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Präzisierung des Spruches dar. Von einer Außerachtlassung der Grenzen der "Sache" kann diesfalls keine Rede sein; dies umso weniger, als die Berufungsbehörde sogar berechtigt ist, die Bestrafung eines Beschuldigten mit der Maßgabe aufrecht zuerhalten, daß ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei (vgl. das hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes voom 14. November 1989, Zl. 88/04/0049 und die dort angegebene weitere

hg. Rechtsprechung). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Soweit der Beschwerdeführer zur Stützung seiner Rechtsauffassung Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes anführt, handelt es sich um anders gelagerte Rechtsfragen.

Wie bereits im Verwaltungsstrafverfahren beruft sich der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darauf, daß ihm der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung - mit dem unter anderem festgestellt wurde, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des in Frage stehenden angemeldeten Gewerbes nicht vorliegen und die Ausübung des Gewerbes untersagt wurde - nicht zugekommen sei. Dazu genügt es auf die diesbezüglichen Begründungselemente des angefochtenen Bescheides - die mit der Aktenlage übereinstimmen - hinzuweisen. Im Hinblick auf die - jedenfalls und auch in der Beschwerde unbestritten - erfolgte Zustellung des hier in Frage stehenden Bescheides an den Parteienvertreter am 18. Februar 1988, kann nicht die Rede davon sein, dieser Bescheid sei nicht erlassen worden und vermöge daher keine Rechtswirkungen zu erzeugen. Bedenken gegen die Wirksamkeit DIESER Zustellung werden in der Beschwerde nicht vorgebracht; auch die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten bieten hiezu keinen Anlaß. Im Beschwerdefall kann es daher dahingestellt bleiben, ob (bereits) am 23. Dezember 1987 dieser Bescheid wirksam zugestellt wurde oder nicht. Davon ausgehend vermag aber auch die - auf diesen (ersten) Zustellvorgang bezogene - Verfahrensrüge des Beschwerdeführers nicht durchzudringen. In diesem Sinne geht auch der Beschwerdehinweis auf das mangelnde Verschulden des Beschwerdeführers ins Leere.

Die Beschwerde erweist sich sohin nicht als berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040012.X00

Im RIS seit

25.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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