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22/02 Zivilprozessordnung;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-Ofenbau-GesmbH gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Februar 1990, Zl. IIa-22.039/3, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Gewerbeangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Februar 1990 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 24. August 1989, mit dem festgestellt wurde, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Hafnergewerbes durch die Beschwerdeführerin im Standort Innsbruck nicht vorlägen, und die Ausübung des angemeldeten Gewerbes untersagt würde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin sei zwar fristgerecht, jedoch ohne Beifügung der Unterschrift eines oder mehrerer zu ihrer Vertretung berechtigten Personen eingebracht worden. Mit Schreiben vom 17. November 1989 sei die Beschwerdeführerin eingeladen worden, dieses Formgebrechen binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Aufforderung zu beheben. Laut dem im Akt erliegenden Rückschein sei dieses Schreiben am 3. Jänner 1990 beim zuständigen Postamt hinterlegt worden. Die entsprechende Frist zur Verbesserung des bestehenden Formgebrechens sei mit 17. Jänner 1990 abgelaufen, ohne daß das Formgebrechen von der Beschwerdeführerin behoben worden sei. Da somit die Beschwerdeführerin trotz entsprechenden Verbesserungsauftrages bis heute keine Behebung dieses Mangels vorgenommen habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Unterbleiben des Ausspruches über die Zurückweisung der in Rede stehenden Berufung verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - neben allgemeinen Ausführungen zu den in diesem Zusammenhang gegebenen Begriffsinhalten sowie insbesondere zum Erfordernis der Bescheidbegründung - bezogen auf den im Beschwerdefall in Rede stehenden Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides vor, die belangte Behörde habe, ohne dies in irgendeiner Weise näher zu substantiieren, angenommen, daß der behauptete Verbesserungsauftrag ihr auch tatsächlich zugekommen sei. Hiezu müsse erwidert werden, daß der derzeitigen Geschäftsführerin von einem solchen Auftrag zur Behebung eines Formgebrechens nichts bekannt sei. Es müsse in diesem Zusammenhang auch zur Stützung dieser Verantwortung darauf hingewiesen werden, daß ein Wechsel in der Geschäftsführung stattgefunden habe, denn beim öffentlichen Notar Dr. A sei eine außerordentliche Generalversammlung am 4. August 1989 abgehalten worden. Unter anderem sei beschlossen worden, daß der Geschäftsführer Ing. B abberufen werden und an seine Stelle C als neue Geschäftsführerin bestellt werde. Somit sei sie bereits seit 4. August 1989 durch C vertreten, wobei diese Modifikation des behaupteten Vertretungsverhältnisses auch im Handelsregister eingetragen sei, d.h., daß ab 4. August 1989 der bisher eingetragene Geschäftsführer Ing. B nicht mehr Geschäftsführer sei. Die Eintragung dieser rechtserheblichen Tatsache sei am 4. Oktober 1989 erfolgt. Wenn in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid auch davon ausgegangen werde, daß die Aufforderung zur Behebung des Formgebrechens nur hinterlegt worden sei, bleibe der Sachverhalt, der für die rechtliche Beurteilung maßgebend sei, aus jedem Gesichtspunkt heraus ergänzungsbedürftig. Es hätte eine Klarstellung darüber erfolgen müssen, ob das Bezug habende Schriftstück überhaupt ihrem vertretungsbefugten Organ zugekommen sei. Tatsache sei, daß dies einfach unterlassen worden sei und weiters, daß der Geschäftsführerin C auch ein solches Schriftstück niemals zugekommen sei. Somit könne dieses Schriftstück auch keine Rechtswirkungen gezeitigt haben, denn solange es dem Adressaten nicht zugestellt worden sei, sei allenfalls ein "Interna" der Absendebehörde vorgelegen. Ein behördliches Schriftstück könne nur dann rechtliche Wirkung zeigen, wenn es auch dem Adressaten zugekommen sei. Danach müsse in rechtlicher Hinsicht davon ausgegangen werden, daß keinesfalls im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG 1950 vorgegangen worden sei, denn die Behebung des Mangels sei von Amts wegen keinesfalls veranlaßt worden, wenn die Bezug habende Aufforderung dem vertretungsbefugten Organ nicht zugekommen sei. Eine Aktenwidrigkeit sehe sie darin, daß Feststellungen getroffen worden seien, die in der Aktenlage keine Deckung fänden, denn von einem Verstoß gegen die Wahrheitsfindung infolge Aktenwidrigkeit werde nur dann die Rede sein, wenn die Behörde bei der Sammlung der Unterlagen für ihre Entscheidung sich mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt habe. Dies treffe im gegenständlichen Fall zu, weil die Behauptung, daß der Rückschein mit 3. Jänner 1990 beim zuständigen Postamt hinterlegt worden sei, in Wahrheit keine beweismäßige Grundlage bilde, um daraus die weiteren Tatsachenfeststellungen zu treffen, daß dieses Schreiben tatsächlich dem Adressaten zugekommen sei. Wenn aber trotzdem angenommen werde, daß eine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt sei, liege hinsichtlich einer solchen Tatsachenfeststellung zweifellos eine Aktenwidrigkeit vor, die wesentlich sei und somit gleichfalls zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen müsse. Die belangte Behörde hätte zum einen Teil feststellen müssen, ob der Auftrag zur Verbesserung der behaupteten Formgebrechen überhaupt einem vertretungsbefugten Organ zugestellt worden sei, was sich zweifellos aus dem Rückschein ergeben hätte, denn das Verfahren sei auf jedem Fall ergänzungsbedürftig geblieben, wenn nur auf den im Akt erliegenden Rückschein hingewiesen werde, ohne klarzustellen, wer denselben unterfertigt habe. Zum anderen Teil hätte auch verifiziert werden müssen, wenn keine Unterschrift auf dem Rückschein aufscheine, ob überhaupt eine gesetzeskonforme Zustellung in Gemäßheit der Bestimmungen des Zustellgesetzes erfolgt sei. Diese Sachverhaltsfeststellung wäre schon naheliegend gewesen im Hinblick darauf, daß die Hinterlegung am 3. Jänner 1990 erfolgt sein solle
(arg.: Weihnachtstage), denn es stelle eben eine notorische Tatsache dar, daß viele Betriebe auf Grund erfolgter Einarbeitung zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt nicht besetzt seien. Schließlich entspreche es auch der Rechtsprechung, daß eine dreitägige Abwesenheit bereits als relevant anzusehen sei und demnach von keinem regelmäßigen Aufenthalt mehr die Rede sein könne. Die von der Behörde gezogenen Schlußfolgerungen könnten "nicht denkfolgerichtig sein", dies schon deswegen, weil keine logische Begründung vorliege.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Die hier im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, lauten:
"§ 17
(1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestellen bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten jedoch nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."
"§ 22
(1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden."
Die vom Zusteller erstellten Zustellnachweise sind öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, daß die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO zulässig. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1989, Zl. 88/04/0177, und die dort zitierte weitere Vorjudikatur). Ausgehend von den im angefochtenen Bescheid enthaltenen - und nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens mit den vorangeführten gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen in Übereinstimmung stehenden - Feststellungen, wonach sich aus dem Zustellnachweis ergebe, daß das in Rede stehende Aufforderungsschreiben am 3. Jänner 1990 beim zuständigen Postamt hinterlegt worden sei, ist aber das dargestellte Beschwerdevorbringen nicht geeignet, eine in ihrer rechtlichen Relevanz erkennbare Behauptungsgrundlage zu bieten, die der behördlichen Annahme über die erfolgte Hinterlegung entgegenstünde.
Sofern aber die Beschwerdeführerin in der dargestellten Form zum Ausdruck bringt, die belangte Behörde hätte sich unabhängig davon überzeugen müssen, ob das Schriftstück einer vertretungsbefugten Person auch tatsächlich zugekommen sei, und daß dies in Ansehung der Person der vertretungsbefugten Geschäftsführerin C nicht der Fall gewesen sei, so ist darauf hinzuweisen, daß - wenn auch gemäß § 13 Abs. 3 Zustellgesetz, wenn der Empfänger eines Poststückes keine natürliche Person ist, die Sendung einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen ist - die Nichtanführung der vertretungsbefugten Person einer juristischen Person - die als solche den Bescheidadressaten darstellt - keinen die Rechtsunwirksamkeit der erfolgten Hinterlegung bewirkenden Zustellmangel darstellt (vgl. hiezu u.a. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 13. September 1985, Zl. 84/08/0074).
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990040073.X00Im RIS seit
25.09.1990Zuletzt aktualisiert am
23.06.2009