TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/26 90/02/0039

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Veröffentlicht am 26.09.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 1. Februar 1990, Zl. MA 70-11/422/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 1. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 8. September 1988 um 16.52 Uhr in Wien 4, A-Straße 4, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt habe, "an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt" gewesen sei und es unterlassen habe, "ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von dem Verkehrsunfall zu verständigen".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht (mehr wie im Verwaltungsstrafverfahren), daß sein Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei. Er macht aber (weiterhin) geltend, daß er vom Verkehrsunfall keine Kenntnis gehabt habe und davon auch nicht hätte Kenntnis haben müssen. Damit hat er an sich richtig erkannt, daß eine Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden kann und es zur Verwirklichung dieses Tatbestandes bereits genügt, wenn dem Beschuldigten bei gehöriger Aufmerksamkeit objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0058, und vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0153). Diese Voraussetzung für seine Bestrafung war aber - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - gegeben.

Unbestritten ist, daß der Geschädigte mit seinem Pkw (in einem seitlichen Abstand von etwa 1/2 m zum rechten Fahrbahnrand) angehalten hat, der Beschwerdeführer mit seinem Motorrad rechts daran vorbeigefahren ist (wobei er teilweise den Gehsteig mit dem Vorderrad befahren hat) und es dabei zu einer Streifung zwischen dem am Motorrad links hinten in einer Halterung mitgeführten Helm und der rechten Vorderseite des betreffenden Pkws gekommen ist. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, daß den Beschwerdeführer eine erhöhte Sorgfaltspflicht getroffen habe, "sodaß bei einer derartig problematischen Verkehrssituation ein Blick in den Spiegel geboten gewesen wäre, insbesondere als der Aufforderer ein Hupdauersignal abgegeben hat", und der Beschwerdeführer bei Aufwendung der demnach erforderlichen Aufmerksamkeit, selbst wenn er - wie er behauptet - das Anstoßgeräusch infolge seines Sturzhelmes akustisch nicht wahrgenommen haben sollte, "die Kontaktierung optisch (durch einen Schulterblick und/oder Blick in den Spiegel) unbedingt hätte bemerken müssen". Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinne schon wiederholt (vgl. außer dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 13. Dezember 1989, Zl. 89/02/0153, jenes vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0086, mit weiteren Judikaturhinweisen) zum Ausdruck gebracht, daß der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden hat und ein Blick in den Rückspiegel in bestimmten Verkehrssituationen geboten ist. Dem Beschwerdeführer hätte schon auf Grund seines Fahrverhaltens bewußt sein müssen, daß er dadurch eine Verkehrslage geschaffen hat, die zu einer Beschädigung des neben ihm stehenden Pkws führen kann, sodaß er verpflichtet gewesen wäre, sich vor seiner Weiterfahrt darüber zu vergewissern, ob er einen Schaden zugefügt hat oder nicht. Wenn der Beschwerdeführer meint, daß er die eingetretenen Schäden auf Grund ihrer Lage auch durch einen Blick in den Rückspiegel nicht bemerkt hätte, so ist für seinen Standpunkt schon deshalb nichts gewonnen, weil er jedenfalls kurz anhalten und sich umwenden hätte können, wobei dahingestellt bleiben kann, ob ihn dazu nicht noch zusätzlich das vom Lenker des betreffenden Pkws abgegebene "Hupdauersignal" hätte veranlassen müssen. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1986, Zl. 85/18/0367, und vom 4. Juli 1986, Zl. 86/18/0123, stehen dem nicht entgegen, ist doch nicht erkennbar, daß die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte mit dem im vorliegenden Beschwerdefall vergleichbar sind. Es ist daher auch nicht als wesentlich anzusehen, daß hinsichtlich einer akustischen Wahrnehmbarkeit des Verkehrsunfalles eine schlüssige Aussage des von der belangten Behörde beigezogenen technischen Sachverständigen fehlt.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990020039.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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